Württemberg. 1) Polytechnische Schule seit 1829, neue Organisation von 1847 und 1862 (s. Mohl, Württemb. Verwaltungs- recht §. 214). 2) Bauwesen: Prüfungsordnung vom 22. August 1843 (mit einer theoretischen und einer praktischen Prüfung). 3) Landwirth- schaft und Forstwirthschaft: Institut zu Hohenheim seit 1818. 4) Prü- fungsordnung für das Berg-, Hütten- und Salinenfach (theoretische und praktische) vom 30. December 1852. 5) Prüfungsordnung für die Feldmesser vom 25. November 1849 (ohne nothwendige polytechnische Vorbildung). 6) Kaufmännische Fortbildungsschule in Stuttgart (mit unterem und oberem Curs).
In Braunschweig ist seit 1835 zu dem Carolinum eine technische und eine mercantile Abtheilung hinzugetreten. In Kurhessen besteht die höhere Gewerbeschule seit 1832, reorganisirt 1853; in Hessen-Darm- stadt eine ähnliche seit 1835; welche so weit thunlich alle Aufgaben der obigen Fachbildungsanstalten haben.
Die speciellen statistischen (kurzen) Angaben über alle einzelnen in den deutschen kleineren Staaten bestehenden wirthschaftlichen Fachbil- dungsanstalten enthält wohl allein Brachelli in seiner Staatenkunde Europas S. 566 ff.
Was Holland betrifft, so ist seine wirthschaftliche Fachbildung in das Gesetz vom 2. Mai 1863 über den mittleren Unterricht als integri- render Theil desselben aufgenommen und zwar im (einseitigen) Gegen- satz zum gelehrten ("höheren") Unterricht. Das Gesetz erkennt dabei die landwirthschaftliche Schule und die polytechnische Schule als Theile des ersteren an und gibt das genauere Programm Art. 19. Die polytechnische Schule (Hauptstück II.) ist selbständig behandelt und bestimmt, namentlich für Ingenieure; die Bau- und Schiffsbaukunde sind darin aufgenommen; ebenso Volkswirthschaftslehre und Verwaltungs- recht. Auch dieß Programm ist offenbar zu weitumfassend und beruht auf denselben Vorstellungen, wie das des Wiener polytechnischen Insti- tuts, mit all seinen Vorzügen und üblen Folgen.
Vergleicht man die vorliegenden Angaben mit dem, was im Wesen der volkswirthschaftlichen Fachbildung liegt und von derselben gefordert werden muß, so ist es kein Zweifel, daß die letztere in Deutschland noch weit hinter der wissenschaftlichen sowohl in organischer innerer Klarheit und Einheit als in allgemeiner Ausdehnung zurücksteht. Die große Lebendigkeit, die in diesem Gebiete herrscht, läßt jedoch mit Bestimmt- heit vorhersagen, daß dasselbe an Gleichmäßigkeit und Durchbildung nicht lange auf einen entscheidenden Fortschritt zu warten haben wird, wenn nur erst die Grundbegriffe über das Nothwendige und Erreichbare sich auch hier geklärt haben werden.
Württemberg. 1) Polytechniſche Schule ſeit 1829, neue Organiſation von 1847 und 1862 (ſ. Mohl, Württemb. Verwaltungs- recht §. 214). 2) Bauweſen: Prüfungsordnung vom 22. Auguſt 1843 (mit einer theoretiſchen und einer praktiſchen Prüfung). 3) Landwirth- ſchaft und Forſtwirthſchaft: Inſtitut zu Hohenheim ſeit 1818. 4) Prü- fungsordnung für das Berg-, Hütten- und Salinenfach (theoretiſche und praktiſche) vom 30. December 1852. 5) Prüfungsordnung für die Feldmeſſer vom 25. November 1849 (ohne nothwendige polytechniſche Vorbildung). 6) Kaufmänniſche Fortbildungsſchule in Stuttgart (mit unterem und oberem Curs).
In Braunſchweig iſt ſeit 1835 zu dem Carolinum eine techniſche und eine mercantile Abtheilung hinzugetreten. In Kurheſſen beſteht die höhere Gewerbeſchule ſeit 1832, reorganiſirt 1853; in Heſſen-Darm- ſtadt eine ähnliche ſeit 1835; welche ſo weit thunlich alle Aufgaben der obigen Fachbildungsanſtalten haben.
Die ſpeciellen ſtatiſtiſchen (kurzen) Angaben über alle einzelnen in den deutſchen kleineren Staaten beſtehenden wirthſchaftlichen Fachbil- dungsanſtalten enthält wohl allein Brachelli in ſeiner Staatenkunde Europas S. 566 ff.
Was Holland betrifft, ſo iſt ſeine wirthſchaftliche Fachbildung in das Geſetz vom 2. Mai 1863 über den mittleren Unterricht als integri- render Theil deſſelben aufgenommen und zwar im (einſeitigen) Gegen- ſatz zum gelehrten („höheren“) Unterricht. Das Geſetz erkennt dabei die landwirthſchaftliche Schule und die polytechniſche Schule als Theile des erſteren an und gibt das genauere Programm Art. 19. Die polytechniſche Schule (Hauptſtück II.) iſt ſelbſtändig behandelt und beſtimmt, namentlich für Ingenieure; die Bau- und Schiffsbaukunde ſind darin aufgenommen; ebenſo Volkswirthſchaftslehre und Verwaltungs- recht. Auch dieß Programm iſt offenbar zu weitumfaſſend und beruht auf denſelben Vorſtellungen, wie das des Wiener polytechniſchen Inſti- tuts, mit all ſeinen Vorzügen und üblen Folgen.
Vergleicht man die vorliegenden Angaben mit dem, was im Weſen der volkswirthſchaftlichen Fachbildung liegt und von derſelben gefordert werden muß, ſo iſt es kein Zweifel, daß die letztere in Deutſchland noch weit hinter der wiſſenſchaftlichen ſowohl in organiſcher innerer Klarheit und Einheit als in allgemeiner Ausdehnung zurückſteht. Die große Lebendigkeit, die in dieſem Gebiete herrſcht, läßt jedoch mit Beſtimmt- heit vorherſagen, daß daſſelbe an Gleichmäßigkeit und Durchbildung nicht lange auf einen entſcheidenden Fortſchritt zu warten haben wird, wenn nur erſt die Grundbegriffe über das Nothwendige und Erreichbare ſich auch hier geklärt haben werden.
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Württemberg. 1) Polytechniſche Schule ſeit 1829, neue
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recht §. 214). 2) Bauweſen: Prüfungsordnung vom 22. Auguſt 1843
(mit einer theoretiſchen und einer praktiſchen Prüfung). 3) Landwirth-
ſchaft und Forſtwirthſchaft: Inſtitut zu Hohenheim ſeit 1818. 4) Prü-
fungsordnung für das Berg-, Hütten- und Salinenfach (theoretiſche
und praktiſche) vom 30. December 1852. 5) Prüfungsordnung für die
Feldmeſſer vom 25. November 1849 (ohne nothwendige polytechniſche
Vorbildung). 6) Kaufmänniſche Fortbildungsſchule in Stuttgart
(mit unterem und oberem Curs).
In Braunſchweig iſt ſeit 1835 zu dem Carolinum eine techniſche
und eine mercantile Abtheilung hinzugetreten. In Kurheſſen beſteht
die höhere Gewerbeſchule ſeit 1832, reorganiſirt 1853; in Heſſen-Darm-
ſtadt eine ähnliche ſeit 1835; welche ſo weit thunlich alle Aufgaben
der obigen Fachbildungsanſtalten haben.
Die ſpeciellen ſtatiſtiſchen (kurzen) Angaben über alle einzelnen in
den deutſchen kleineren Staaten beſtehenden wirthſchaftlichen Fachbil-
dungsanſtalten enthält wohl allein Brachelli in ſeiner Staatenkunde
Europas S. 566 ff.
Was Holland betrifft, ſo iſt ſeine wirthſchaftliche Fachbildung in
das Geſetz vom 2. Mai 1863 über den mittleren Unterricht als integri-
render Theil deſſelben aufgenommen und zwar im (einſeitigen) Gegen-
ſatz zum gelehrten („höheren“) Unterricht. Das Geſetz erkennt dabei
die landwirthſchaftliche Schule und die polytechniſche Schule
als Theile des erſteren an und gibt das genauere Programm Art. 19.
Die polytechniſche Schule (Hauptſtück II.) iſt ſelbſtändig behandelt und
beſtimmt, namentlich für Ingenieure; die Bau- und Schiffsbaukunde
ſind darin aufgenommen; ebenſo Volkswirthſchaftslehre und Verwaltungs-
recht. Auch dieß Programm iſt offenbar zu weitumfaſſend und beruht
auf denſelben Vorſtellungen, wie das des Wiener polytechniſchen Inſti-
tuts, mit all ſeinen Vorzügen und üblen Folgen.
Vergleicht man die vorliegenden Angaben mit dem, was im Weſen
der volkswirthſchaftlichen Fachbildung liegt und von derſelben gefordert
werden muß, ſo iſt es kein Zweifel, daß die letztere in Deutſchland noch
weit hinter der wiſſenſchaftlichen ſowohl in organiſcher innerer Klarheit
und Einheit als in allgemeiner Ausdehnung zurückſteht. Die große
Lebendigkeit, die in dieſem Gebiete herrſcht, läßt jedoch mit Beſtimmt-
heit vorherſagen, daß daſſelbe an Gleichmäßigkeit und Durchbildung nicht
lange auf einen entſcheidenden Fortſchritt zu warten haben wird, wenn
nur erſt die Grundbegriffe über das Nothwendige und Erreichbare ſich
auch hier geklärt haben werden.
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/309>, abgerufen am 17.07.2024.
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