selbständiges Bildungssystem erst im Jahre 1860 und 1861 geordnet worden (Gugler a. a. O. S. 877. Brachelli a. a. O. S. 541).
Hannover. Hier sind die Gewerbeschulen selbständig, vertreten zum Theil die Sonntagsschulen; daneben eine selbständige "Handwerker- schule" in Hannover (Gugler, S. 877). Das Realschulwesen in Hannover ist dagegen nicht zur Selbständigkeit neben dem Gymnasial- wesen gediehen; es erscheint in der Form der Realklassen an den Gymnasien und Progymnasien (Geffers bei Schmid Bd. III. 310 ff).
Kurhessen. Handwerkerschulen seit der Zunftordnung von 1816 in den größeren Städten vorgeschrieben, vertreten die Gewerbeschulen; Realschulen seit Verordnung vom 15. Oktober 1838 gesetzlich geordnet, waren schon örtlich vorhanden seit den dreißiger Jahren. (Bezzen- berger bei SchmidIII. 491 ff.)
Hessen-Darmstadt. Realschulen seit 1834 unter staatlicher Hülfe; doch wie es scheint, ohne gesetzliche Ordnung; die Regierung gibt eine Instruction (Strack bei SchmidIII. 526); die Handwerkerschulen seit 1837 durch den Landgewerbeverein gegründet (Gugler ebend. S. 878).
Man erkennt aus den hier angedeuteten Thatsachen, daß im Großen und Ganzen die Elemente des Systems vorhanden, das System selbst aber noch nicht ausgebildet ist. Hier ist daher noch sehr viel zu thun; es fehlt Gleichförmigkeit der Ausführung bei entschiedener Anerkennung des gemeinsamen Princips; doch mag uns auch wegen Mangels an Material sehr viel entgangen sein, was wir künftigen Arbeiten über- weisen. Zum Theil liegt dieß auch an der Unklarheit der technischen Fachbildungsanstalten, die ein noch verschiedeneres Bild geben.
Holland. Von besonderem Interesse ist die neue holländische Organisation des wirthschaftlichen Vorbildungswesens, das hier der mittlere Unterricht (middelbar Onderwiis) genannt wird. Das betreffende ausführliche Gesetz ist vom 2. Mai 1863. Eine ausführ- liche, mit genauen Angaben aller betreffenden Bestimmungen versehene commentirende Ausgabe desselben von Dr. D. J. Stein 1863. Das ganze sehr ausführliche Prüfungswesen ist für jedes specielle Gebiet geordnet durch nicht weniger als sechzehn verschiedene Reglements vom 2. Februar 1864. Das Gesetz unterscheidet öffentliche und besondere Mittelschulen; letztere sind Privatlehranstalten. Die ersteren werden entweder von den Gemeinden oder von den Provinzen hergestellt und erhalten; das Reich unterstützt sie eventuell. Die Lehrerbildung wird nach Gesetz vom 13. August 1857 geregelt. Das System dieses wirthschaft- lichen Bildungswesens hat vier Abtheilungen, von denen allerdings nur die beiden ersten dem Vorbildungswesen angehören: Bürgerschulen, höhere Bürgerschulen, Landwirthschaftsschulen, die polytechnische Anstalt. Eine
ſelbſtändiges Bildungsſyſtem erſt im Jahre 1860 und 1861 geordnet worden (Gugler a. a. O. S. 877. Brachelli a. a. O. S. 541).
Hannover. Hier ſind die Gewerbeſchulen ſelbſtändig, vertreten zum Theil die Sonntagsſchulen; daneben eine ſelbſtändige „Handwerker- ſchule“ in Hannover (Gugler, S. 877). Das Realſchulweſen in Hannover iſt dagegen nicht zur Selbſtändigkeit neben dem Gymnaſial- weſen gediehen; es erſcheint in der Form der Realklaſſen an den Gymnaſien und Progymnaſien (Geffers bei Schmid Bd. III. 310 ff).
Kurheſſen. Handwerkerſchulen ſeit der Zunftordnung von 1816 in den größeren Städten vorgeſchrieben, vertreten die Gewerbeſchulen; Realſchulen ſeit Verordnung vom 15. Oktober 1838 geſetzlich geordnet, waren ſchon örtlich vorhanden ſeit den dreißiger Jahren. (Bezzen- berger bei SchmidIII. 491 ff.)
Heſſen-Darmſtadt. Realſchulen ſeit 1834 unter ſtaatlicher Hülfe; doch wie es ſcheint, ohne geſetzliche Ordnung; die Regierung gibt eine Inſtruction (Strack bei SchmidIII. 526); die Handwerkerſchulen ſeit 1837 durch den Landgewerbeverein gegründet (Gugler ebend. S. 878).
Man erkennt aus den hier angedeuteten Thatſachen, daß im Großen und Ganzen die Elemente des Syſtems vorhanden, das Syſtem ſelbſt aber noch nicht ausgebildet iſt. Hier iſt daher noch ſehr viel zu thun; es fehlt Gleichförmigkeit der Ausführung bei entſchiedener Anerkennung des gemeinſamen Princips; doch mag uns auch wegen Mangels an Material ſehr viel entgangen ſein, was wir künftigen Arbeiten über- weiſen. Zum Theil liegt dieß auch an der Unklarheit der techniſchen Fachbildungsanſtalten, die ein noch verſchiedeneres Bild geben.
Holland. Von beſonderem Intereſſe iſt die neue holländiſche Organiſation des wirthſchaftlichen Vorbildungsweſens, das hier der mittlere Unterricht (middelbar Onderwiis) genannt wird. Das betreffende ausführliche Geſetz iſt vom 2. Mai 1863. Eine ausführ- liche, mit genauen Angaben aller betreffenden Beſtimmungen verſehene commentirende Ausgabe deſſelben von Dr. D. J. Stein 1863. Das ganze ſehr ausführliche Prüfungsweſen iſt für jedes ſpecielle Gebiet geordnet durch nicht weniger als ſechzehn verſchiedene Reglements vom 2. Februar 1864. Das Geſetz unterſcheidet öffentliche und beſondere Mittelſchulen; letztere ſind Privatlehranſtalten. Die erſteren werden entweder von den Gemeinden oder von den Provinzen hergeſtellt und erhalten; das Reich unterſtützt ſie eventuell. Die Lehrerbildung wird nach Geſetz vom 13. Auguſt 1857 geregelt. Das Syſtem dieſes wirthſchaft- lichen Bildungsweſens hat vier Abtheilungen, von denen allerdings nur die beiden erſten dem Vorbildungsweſen angehören: Bürgerſchulen, höhere Bürgerſchulen, Landwirthſchaftsſchulen, die polytechniſche Anſtalt. Eine
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[260/0288]
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Hannover. Hier ſind die Gewerbeſchulen ſelbſtändig, vertreten
zum Theil die Sonntagsſchulen; daneben eine ſelbſtändige „Handwerker-
ſchule“ in Hannover (Gugler, S. 877). Das Realſchulweſen in
Hannover iſt dagegen nicht zur Selbſtändigkeit neben dem Gymnaſial-
weſen gediehen; es erſcheint in der Form der Realklaſſen an den
Gymnaſien und Progymnaſien (Geffers bei Schmid Bd. III. 310 ff).
Kurheſſen. Handwerkerſchulen ſeit der Zunftordnung von 1816
in den größeren Städten vorgeſchrieben, vertreten die Gewerbeſchulen;
Realſchulen ſeit Verordnung vom 15. Oktober 1838 geſetzlich geordnet,
waren ſchon örtlich vorhanden ſeit den dreißiger Jahren. (Bezzen-
berger bei Schmid III. 491 ff.)
Heſſen-Darmſtadt. Realſchulen ſeit 1834 unter ſtaatlicher Hülfe;
doch wie es ſcheint, ohne geſetzliche Ordnung; die Regierung gibt eine
Inſtruction (Strack bei Schmid III. 526); die Handwerkerſchulen ſeit
1837 durch den Landgewerbeverein gegründet (Gugler ebend. S. 878).
Man erkennt aus den hier angedeuteten Thatſachen, daß im Großen
und Ganzen die Elemente des Syſtems vorhanden, das Syſtem ſelbſt
aber noch nicht ausgebildet iſt. Hier iſt daher noch ſehr viel zu thun;
es fehlt Gleichförmigkeit der Ausführung bei entſchiedener Anerkennung
des gemeinſamen Princips; doch mag uns auch wegen Mangels an
Material ſehr viel entgangen ſein, was wir künftigen Arbeiten über-
weiſen. Zum Theil liegt dieß auch an der Unklarheit der techniſchen
Fachbildungsanſtalten, die ein noch verſchiedeneres Bild geben.
Holland. Von beſonderem Intereſſe iſt die neue holländiſche
Organiſation des wirthſchaftlichen Vorbildungsweſens, das hier der
mittlere Unterricht (middelbar Onderwiis) genannt wird. Das
betreffende ausführliche Geſetz iſt vom 2. Mai 1863. Eine ausführ-
liche, mit genauen Angaben aller betreffenden Beſtimmungen verſehene
commentirende Ausgabe deſſelben von Dr. D. J. Stein 1863. Das
ganze ſehr ausführliche Prüfungsweſen iſt für jedes ſpecielle Gebiet
geordnet durch nicht weniger als ſechzehn verſchiedene Reglements vom
2. Februar 1864. Das Geſetz unterſcheidet öffentliche und beſondere
Mittelſchulen; letztere ſind Privatlehranſtalten. Die erſteren werden
entweder von den Gemeinden oder von den Provinzen hergeſtellt und
erhalten; das Reich unterſtützt ſie eventuell. Die Lehrerbildung wird nach
Geſetz vom 13. Auguſt 1857 geregelt. Das Syſtem dieſes wirthſchaft-
lichen Bildungsweſens hat vier Abtheilungen, von denen allerdings nur
die beiden erſten dem Vorbildungsweſen angehören: Bürgerſchulen, höhere
Bürgerſchulen, Landwirthſchaftsſchulen, die polytechniſche Anſtalt. Eine
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/288>, abgerufen am 16.02.2025.
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