die höhere Elementarbildung an und erscheinen in ihren untersten Stufen geradezu als die höheren Bürgerschulen, von denen aus jeder zu jedem Gewerbe übergehen kann, während die Gewerbeschulen für das reifere Jugendalter bestimmt sind. Jene ersteren entsprechen daher dem System der gelehrten Schulen, während die letzteren vielmehr selbständig da- stehen. Realschulen sind demnach für alle Zweige des Erwerbes die geeignete Vorbildung, Gewerbeschulen dagegen nur für das eigentliche Handwerk. Das System der Gewerbeschulen ist aus demselben Grunde stets örtlich und seinen Fächern nach beschränkt. Das System der Realschulen dagegen ist offenbar ein integrirender, ja ein organischer Theil des gesammten Bildungswesens; und das ist es auch, was das öffentliche Recht derselben bestimmt hat. Ihre historische Wichtigkeit beruht auf dieser ihrer Stellung; sie sind es, in denen sich die wirth- schaftliche Berufsbildung von der gelehrten losgelöst und in denen die letzteren eigentlich erst ihre systematische, öffentlich anerkannte Stellung empfangen hat. Es darf uns daher wohl nicht wundern, wenn man vielfach das ganze wirthschaftliche Bildungswesen oft als das Realschul- wesen bezeichnet, oft aber auch das erstere mit dem letzteren erschöpft zu haben glaubt, wodurch wieder der Zusammenhang mit dem Ganzen, der sich das wirkliche Leben in trefflicher Weise zu bewahren verstanden hat, theoretisch nur zu leicht verwischt wird.
Das Realgymnasium endlich bildet den Uebergang von der gelehrten Bildung zur wirthschaftlichen und umgekehrt. Der Ausdruck dieser innigen Verbindung beider ist die Aufnahme der lateinischen Classicität, mit dem Anschluß der griechischen. Wir glauben im Hin- blick auf das früher Gesagte damit den Charakter der Realgymnasien hinreichend zu bezeichnen. Die große Frage der Zukunft, die auch die Verwaltungslehre nicht nebensächlich betrachten sollte, ist die, ob und wie weit die absolvirte Bildung in einem Realgymnasium zu dem Eintritt in die Universität berechtigt. Und es ist vorauszusehen, daß sie diese Berechtigung für gewisse Berufe dereinst ganz bestimmt ge- winnen wird.
An dieses System der wirthschaftlichen Vorbildungsanstalten schließt sich nun dasjenige, was wir als das öffentliche Recht derselben be- zeichnen müssen.
III. Das öffentliche Recht des wirthschaftlichen Vorbildungssystems.
Während nun Objekt und System dieser Anstalten in der ange- gebenen Weise aus der Natur der Sache folgen, entsteht das öffentliche Recht derselben, indem diese Vorbildung zum Gegenstand des öffent- lichen Willens und damit zum Objekt von Gesetzen und Verordnungen
die höhere Elementarbildung an und erſcheinen in ihren unterſten Stufen geradezu als die höheren Bürgerſchulen, von denen aus jeder zu jedem Gewerbe übergehen kann, während die Gewerbeſchulen für das reifere Jugendalter beſtimmt ſind. Jene erſteren entſprechen daher dem Syſtem der gelehrten Schulen, während die letzteren vielmehr ſelbſtändig da- ſtehen. Realſchulen ſind demnach für alle Zweige des Erwerbes die geeignete Vorbildung, Gewerbeſchulen dagegen nur für das eigentliche Handwerk. Das Syſtem der Gewerbeſchulen iſt aus demſelben Grunde ſtets örtlich und ſeinen Fächern nach beſchränkt. Das Syſtem der Realſchulen dagegen iſt offenbar ein integrirender, ja ein organiſcher Theil des geſammten Bildungsweſens; und das iſt es auch, was das öffentliche Recht derſelben beſtimmt hat. Ihre hiſtoriſche Wichtigkeit beruht auf dieſer ihrer Stellung; ſie ſind es, in denen ſich die wirth- ſchaftliche Berufsbildung von der gelehrten losgelöſt und in denen die letzteren eigentlich erſt ihre ſyſtematiſche, öffentlich anerkannte Stellung empfangen hat. Es darf uns daher wohl nicht wundern, wenn man vielfach das ganze wirthſchaftliche Bildungsweſen oft als das Realſchul- weſen bezeichnet, oft aber auch das erſtere mit dem letzteren erſchöpft zu haben glaubt, wodurch wieder der Zuſammenhang mit dem Ganzen, der ſich das wirkliche Leben in trefflicher Weiſe zu bewahren verſtanden hat, theoretiſch nur zu leicht verwiſcht wird.
Das Realgymnaſium endlich bildet den Uebergang von der gelehrten Bildung zur wirthſchaftlichen und umgekehrt. Der Ausdruck dieſer innigen Verbindung beider iſt die Aufnahme der lateiniſchen Claſſicität, mit dem Anſchluß der griechiſchen. Wir glauben im Hin- blick auf das früher Geſagte damit den Charakter der Realgymnaſien hinreichend zu bezeichnen. Die große Frage der Zukunft, die auch die Verwaltungslehre nicht nebenſächlich betrachten ſollte, iſt die, ob und wie weit die abſolvirte Bildung in einem Realgymnaſium zu dem Eintritt in die Univerſität berechtigt. Und es iſt vorauszuſehen, daß ſie dieſe Berechtigung für gewiſſe Berufe dereinſt ganz beſtimmt ge- winnen wird.
An dieſes Syſtem der wirthſchaftlichen Vorbildungsanſtalten ſchließt ſich nun dasjenige, was wir als das öffentliche Recht derſelben be- zeichnen müſſen.
III. Das öffentliche Recht des wirthſchaftlichen Vorbildungsſyſtems.
Während nun Objekt und Syſtem dieſer Anſtalten in der ange- gebenen Weiſe aus der Natur der Sache folgen, entſteht das öffentliche Recht derſelben, indem dieſe Vorbildung zum Gegenſtand des öffent- lichen Willens und damit zum Objekt von Geſetzen und Verordnungen
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die höhere Elementarbildung an und erſcheinen in ihren unterſten Stufen
geradezu als die höheren Bürgerſchulen, von denen aus jeder zu jedem
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Jugendalter beſtimmt ſind. Jene erſteren entſprechen daher dem Syſtem
der gelehrten Schulen, während die letzteren vielmehr ſelbſtändig da-
ſtehen. Realſchulen ſind demnach für alle Zweige des Erwerbes die
geeignete Vorbildung, Gewerbeſchulen dagegen nur für das eigentliche
Handwerk. Das Syſtem der Gewerbeſchulen iſt aus demſelben Grunde
ſtets örtlich und ſeinen Fächern nach beſchränkt. Das Syſtem der
Realſchulen dagegen iſt offenbar ein integrirender, ja ein organiſcher
Theil des geſammten Bildungsweſens; und das iſt es auch, was
das öffentliche Recht derſelben beſtimmt hat. Ihre hiſtoriſche Wichtigkeit
beruht auf dieſer ihrer Stellung; ſie ſind es, in denen ſich die wirth-
ſchaftliche Berufsbildung von der gelehrten losgelöſt und in denen die
letzteren eigentlich erſt ihre ſyſtematiſche, öffentlich anerkannte Stellung
empfangen hat. Es darf uns daher wohl nicht wundern, wenn man
vielfach das ganze wirthſchaftliche Bildungsweſen oft als das Realſchul-
weſen bezeichnet, oft aber auch das erſtere mit dem letzteren erſchöpft
zu haben glaubt, wodurch wieder der Zuſammenhang mit dem Ganzen,
der ſich das wirkliche Leben in trefflicher Weiſe zu bewahren verſtanden
hat, theoretiſch nur zu leicht verwiſcht wird.
Das Realgymnaſium endlich bildet den Uebergang von der
gelehrten Bildung zur wirthſchaftlichen und umgekehrt. Der Ausdruck
dieſer innigen Verbindung beider iſt die Aufnahme der lateiniſchen
Claſſicität, mit dem Anſchluß der griechiſchen. Wir glauben im Hin-
blick auf das früher Geſagte damit den Charakter der Realgymnaſien
hinreichend zu bezeichnen. Die große Frage der Zukunft, die auch die
Verwaltungslehre nicht nebenſächlich betrachten ſollte, iſt die, ob und
wie weit die abſolvirte Bildung in einem Realgymnaſium zu dem
Eintritt in die Univerſität berechtigt. Und es iſt vorauszuſehen, daß
ſie dieſe Berechtigung für gewiſſe Berufe dereinſt ganz beſtimmt ge-
winnen wird.
An dieſes Syſtem der wirthſchaftlichen Vorbildungsanſtalten ſchließt
ſich nun dasjenige, was wir als das öffentliche Recht derſelben be-
zeichnen müſſen.
III. Das öffentliche Recht des wirthſchaftlichen Vorbildungsſyſtems.
Während nun Objekt und Syſtem dieſer Anſtalten in der ange-
gebenen Weiſe aus der Natur der Sache folgen, entſteht das öffentliche
Recht derſelben, indem dieſe Vorbildung zum Gegenſtand des öffent-
lichen Willens und damit zum Objekt von Geſetzen und Verordnungen
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/281>, abgerufen am 22.02.2025.
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