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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

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nur in seinem organischen Zusammenhange mit dem aller übrigen
Bildungsanstalten und Stufen betrachtet werden müsse, ist zwar nie be-
stritten, aber auch nie ausgesprochen. Es gibt daher bis jetzt weder eine
gründliche systematische Behandlung des Universitätswesens in Beziehung
auf sein Recht, noch in Beziehung auf seine Geschichte. Es wird daher
gestattet sein, ohne auf Einzelnes einzugehen, im Allgemeinen den
Gang der Literatur über das Universitätswesen hier zu charakterisiren.

Man wird in dieser Beziehung zwei große Epochen zu unterscheiden
haben, von denen die erste bis zum Anfang unsres Jahrhunderts reicht,
während wir uns jetzt in der zweiten, noch nicht vollständig entwickelten
befinden. Wenn die Frage gründlicher behandelt wäre, so würden wir
dabei namentlich im Stande sein, den Charakter und Inhalt des
18. Jahrhunderts als der Uebergangsepoche von der ersten zur zweiten
mit Hinweisung auf bestimmte Verwaltungsmaßregeln viel bestimmter
zu formuliren, als uns das jetzt noch möglich ist. -- In der ersten
Epoche nun beschäftigt sich die Literatur des Universitätswesens mit zwei
Fragen. Zuerst mit der nach dem Recht, Universitäten zu gründen.
Darüber besteht bereits im 16. Jahrhundert und mehr noch im 17.
eine vollständige Literatur. Diese Frage nach dem "Jus Academias
erigendi"
umfaßte zugleich die Gymnasia und Scholas, und bildete
einen der Punkte, auf welchen sich die Ansprüche einerseits der Kirche
und andrerseits des Kaiserthums gegenüber der sich rasch entwickelnden
Territorialhoheit begegnen. Es ist dabei höchst bezeichnend, daß man sich
über den eigentlichen Unterschied zwischen Universitas, Schola und Colle-
gien keineswegs ganz einig war. Rechtlich faßte man sie alle zusammen
unter dem Ausdruck Academia. Der Gang dieses Streites war folgen-
der. Ursprünglich war man ziemlich darüber einig, daß ohne Unter-
schied nur der Kaiser das Recht habe, Academias erigendi, indem die
anfängliche juristische Literatur das Recht als ein kaiserliches Regal be-
trachtete; vergl. Boierus de Regalibus, Cap. 2 §. 121; Limnaeus Jus
Publ. L. VIII;
vergl. die vollständige Literatur bei Pfeffinger, Vitr.
III. III. II.
55, obwohl Vitriarius selbst noch der strengeren Meinung ist.
Mit der Mitte des 16. Jahrhunderts scheint jedoch schon praktisch der
Unterschied sich festzustellen, daß die Territorialherrn das Recht auf Er-
richtung von Scholis und Academiis besitzen, so weit dieselben keine aca-
demischen Würden ertheilen, während die eigentlichen Universitäten
mit der "potestas omne genus honorum Academicorum per totum
Imperium
conferendi"
nur unter Bestätigung des Kaisers er-
richtet werden dürfen. S. die Distinction von Pfeffinger a. a. O.;
ebenso bei Seckendorf Teutscher Fürstenstaat (1660) Th. II. S. 227.
(Stiftung und kaiserliche Begnadigung); dieser Grundsatz bleibt bestehen

nur in ſeinem organiſchen Zuſammenhange mit dem aller übrigen
Bildungsanſtalten und Stufen betrachtet werden müſſe, iſt zwar nie be-
ſtritten, aber auch nie ausgeſprochen. Es gibt daher bis jetzt weder eine
gründliche ſyſtematiſche Behandlung des Univerſitätsweſens in Beziehung
auf ſein Recht, noch in Beziehung auf ſeine Geſchichte. Es wird daher
geſtattet ſein, ohne auf Einzelnes einzugehen, im Allgemeinen den
Gang der Literatur über das Univerſitätsweſen hier zu charakteriſiren.

Man wird in dieſer Beziehung zwei große Epochen zu unterſcheiden
haben, von denen die erſte bis zum Anfang unſres Jahrhunderts reicht,
während wir uns jetzt in der zweiten, noch nicht vollſtändig entwickelten
befinden. Wenn die Frage gründlicher behandelt wäre, ſo würden wir
dabei namentlich im Stande ſein, den Charakter und Inhalt des
18. Jahrhunderts als der Uebergangsepoche von der erſten zur zweiten
mit Hinweiſung auf beſtimmte Verwaltungsmaßregeln viel beſtimmter
zu formuliren, als uns das jetzt noch möglich iſt. — In der erſten
Epoche nun beſchäftigt ſich die Literatur des Univerſitätsweſens mit zwei
Fragen. Zuerſt mit der nach dem Recht, Univerſitäten zu gründen.
Darüber beſteht bereits im 16. Jahrhundert und mehr noch im 17.
eine vollſtändige Literatur. Dieſe Frage nach dem „Jus Academias
erigendi“
umfaßte zugleich die Gymnasia und Scholas, und bildete
einen der Punkte, auf welchen ſich die Anſprüche einerſeits der Kirche
und andrerſeits des Kaiſerthums gegenüber der ſich raſch entwickelnden
Territorialhoheit begegnen. Es iſt dabei höchſt bezeichnend, daß man ſich
über den eigentlichen Unterſchied zwiſchen Universitas, Schola und Colle-
gien keineswegs ganz einig war. Rechtlich faßte man ſie alle zuſammen
unter dem Ausdruck Academia. Der Gang dieſes Streites war folgen-
der. Urſprünglich war man ziemlich darüber einig, daß ohne Unter-
ſchied nur der Kaiſer das Recht habe, Academias erigendi, indem die
anfängliche juriſtiſche Literatur das Recht als ein kaiſerliches Regal be-
trachtete; vergl. Boierus de Regalibus, Cap. 2 §. 121; Limnaeus Jus
Publ. L. VIII;
vergl. die vollſtändige Literatur bei Pfeffinger, Vitr.
III. III. II.
55, obwohl Vitriarius ſelbſt noch der ſtrengeren Meinung iſt.
Mit der Mitte des 16. Jahrhunderts ſcheint jedoch ſchon praktiſch der
Unterſchied ſich feſtzuſtellen, daß die Territorialherrn das Recht auf Er-
richtung von Scholis und Academiis beſitzen, ſo weit dieſelben keine aca-
demiſchen Würden ertheilen, während die eigentlichen Univerſitäten
mit der „potestas omne genus honorum Academicorum per totum
Imperium
conferendi“
nur unter Beſtätigung des Kaiſers er-
richtet werden dürfen. S. die Diſtinction von Pfeffinger a. a. O.;
ebenſo bei Seckendorf Teutſcher Fürſtenſtaat (1660) Th. II. S. 227.
(Stiftung und kaiſerliche Begnadigung); dieſer Grundſatz bleibt beſtehen

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[229/0257] nur in ſeinem organiſchen Zuſammenhange mit dem aller übrigen Bildungsanſtalten und Stufen betrachtet werden müſſe, iſt zwar nie be- ſtritten, aber auch nie ausgeſprochen. Es gibt daher bis jetzt weder eine gründliche ſyſtematiſche Behandlung des Univerſitätsweſens in Beziehung auf ſein Recht, noch in Beziehung auf ſeine Geſchichte. Es wird daher geſtattet ſein, ohne auf Einzelnes einzugehen, im Allgemeinen den Gang der Literatur über das Univerſitätsweſen hier zu charakteriſiren. Man wird in dieſer Beziehung zwei große Epochen zu unterſcheiden haben, von denen die erſte bis zum Anfang unſres Jahrhunderts reicht, während wir uns jetzt in der zweiten, noch nicht vollſtändig entwickelten befinden. Wenn die Frage gründlicher behandelt wäre, ſo würden wir dabei namentlich im Stande ſein, den Charakter und Inhalt des 18. Jahrhunderts als der Uebergangsepoche von der erſten zur zweiten mit Hinweiſung auf beſtimmte Verwaltungsmaßregeln viel beſtimmter zu formuliren, als uns das jetzt noch möglich iſt. — In der erſten Epoche nun beſchäftigt ſich die Literatur des Univerſitätsweſens mit zwei Fragen. Zuerſt mit der nach dem Recht, Univerſitäten zu gründen. Darüber beſteht bereits im 16. Jahrhundert und mehr noch im 17. eine vollſtändige Literatur. Dieſe Frage nach dem „Jus Academias erigendi“ umfaßte zugleich die Gymnasia und Scholas, und bildete einen der Punkte, auf welchen ſich die Anſprüche einerſeits der Kirche und andrerſeits des Kaiſerthums gegenüber der ſich raſch entwickelnden Territorialhoheit begegnen. Es iſt dabei höchſt bezeichnend, daß man ſich über den eigentlichen Unterſchied zwiſchen Universitas, Schola und Colle- gien keineswegs ganz einig war. Rechtlich faßte man ſie alle zuſammen unter dem Ausdruck Academia. Der Gang dieſes Streites war folgen- der. Urſprünglich war man ziemlich darüber einig, daß ohne Unter- ſchied nur der Kaiſer das Recht habe, Academias erigendi, indem die anfängliche juriſtiſche Literatur das Recht als ein kaiſerliches Regal be- trachtete; vergl. Boierus de Regalibus, Cap. 2 §. 121; Limnaeus Jus Publ. L. VIII; vergl. die vollſtändige Literatur bei Pfeffinger, Vitr. III. III. II. 55, obwohl Vitriarius ſelbſt noch der ſtrengeren Meinung iſt. Mit der Mitte des 16. Jahrhunderts ſcheint jedoch ſchon praktiſch der Unterſchied ſich feſtzuſtellen, daß die Territorialherrn das Recht auf Er- richtung von Scholis und Academiis beſitzen, ſo weit dieſelben keine aca- demiſchen Würden ertheilen, während die eigentlichen Univerſitäten mit der „potestas omne genus honorum Academicorum per totum Imperium conferendi“ nur unter Beſtätigung des Kaiſers er- richtet werden dürfen. S. die Diſtinction von Pfeffinger a. a. O.; ebenſo bei Seckendorf Teutſcher Fürſtenſtaat (1660) Th. II. S. 227. (Stiftung und kaiſerliche Begnadigung); dieſer Grundſatz bleibt beſtehen

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/257>, abgerufen am 25.11.2024.