erscheint, tritt auch die Anerkennung als Pflicht des Staats auf, die Bedingungen der Berufsbildung in den dafür geeigneten Anstalten herzustellen. Diese Herstellung wird damit eine Aufgabe der Verwaltung des geistigen Lebens eines Volkes. Es ist natürlich, daß sich dieselbe nach der Auffassung richtet, welche das Volk selbst von dem Wesen und den Arten des Berufes hat. Es wird daher stets mit der Herstellung solcher Bildungsanstalten für den geistigen Beruf begonnen und erst allmählig zu den wirthschaftlichen und künstlerischen übergehen. Je höher nun ein Volk steht, um so mehr wird dasselbe in dem System seiner wirklich vorhandenen Berufsbildungsanstalten den oben ausge- sprochenen Grundsatz zur Gültigkeit bringen, nach welchem die Vor- bildung gleichartig und die Fachbildung specialisirt sein muß, um dem Wesen des Berufes selbst zu entsprechen. Die Statistik der bestehen- den Berufsbildungsanstalten ist daher, auf das obige Princip zurückge- führt, eines der wichtigsten Mittel, um das geistige Leben eines Volkes zu beurtheilen, und es muß daher ein entscheidender Fortschritt aner- kannt werden, wenn die reinere Statistik, wie namentlich in der schönen Arbeit von Brachelli (Staaten Europas) grundsätzlich dieß System und die allgemeinen Zustände dieser Bildungsanstalten nicht bloß an- führt, sondern auf die großen Kategorien der Vorbildung und Fach- bildung in ihren Grundformen zurückführt. Hält man die obigen Dar- stellungen im Auge, so wird die Betrachtung solcher statistischen Nach- weisungen zu einer Quelle der reichsten Beobachtungen.
Die Verwaltung der errichteten Anstalten enthält nun drei Punkte. Sie betrifft zuerst die wirthschaftlichen Mittel derselben, die ökonomische Verwaltung; dann das Recht des besondern Personals; end- lich das Recht der Lehrordnung. Der leitende Grundsatz für dieß Recht ist, daß die Bestimmungen über die ersten beiden Punkte von dem An- theil abhängen, den die Staatsverwaltung für den Unterhalt der Anstalt hingibt. Dagegen hat der Staat das Recht, für diejenigen Zweige der Berufsbildung, welche zu öffentlichen Funktionen vorbereiten, nicht bloß über die Fähigkeit der Lehrer, sondern auch über die Lehr- ordnung in entscheidender Weise zu bestimmen. Auch hier nun ergeben sich leitende Gesichtspunkte, welche für den gesammten Zustand des Berufsbildungswesens maßgebend sind und ihrerseits aus dem Wesen des Berufes folgen. Es ist für die höhere Vergleichung von großer Be- deutung, dieselben festzustellen.
Zuerst nämlich wird jede Verwaltung die Lehre selbst da, wo die Anstalten nicht ihr gehören, nicht sich selbst überlassen. Sie wird ihr Oberaufsichtsrecht in der Weise zur Geltung bringen, daß sie das Lehren hier wie beim Volksschulwesen selbst wieder als Beruf erkennt, daher
erſcheint, tritt auch die Anerkennung als Pflicht des Staats auf, die Bedingungen der Berufsbildung in den dafür geeigneten Anſtalten herzuſtellen. Dieſe Herſtellung wird damit eine Aufgabe der Verwaltung des geiſtigen Lebens eines Volkes. Es iſt natürlich, daß ſich dieſelbe nach der Auffaſſung richtet, welche das Volk ſelbſt von dem Weſen und den Arten des Berufes hat. Es wird daher ſtets mit der Herſtellung ſolcher Bildungsanſtalten für den geiſtigen Beruf begonnen und erſt allmählig zu den wirthſchaftlichen und künſtleriſchen übergehen. Je höher nun ein Volk ſteht, um ſo mehr wird daſſelbe in dem Syſtem ſeiner wirklich vorhandenen Berufsbildungsanſtalten den oben ausge- ſprochenen Grundſatz zur Gültigkeit bringen, nach welchem die Vor- bildung gleichartig und die Fachbildung ſpecialiſirt ſein muß, um dem Weſen des Berufes ſelbſt zu entſprechen. Die Statiſtik der beſtehen- den Berufsbildungsanſtalten iſt daher, auf das obige Princip zurückge- führt, eines der wichtigſten Mittel, um das geiſtige Leben eines Volkes zu beurtheilen, und es muß daher ein entſcheidender Fortſchritt aner- kannt werden, wenn die reinere Statiſtik, wie namentlich in der ſchönen Arbeit von Brachelli (Staaten Europas) grundſätzlich dieß Syſtem und die allgemeinen Zuſtände dieſer Bildungsanſtalten nicht bloß an- führt, ſondern auf die großen Kategorien der Vorbildung und Fach- bildung in ihren Grundformen zurückführt. Hält man die obigen Dar- ſtellungen im Auge, ſo wird die Betrachtung ſolcher ſtatiſtiſchen Nach- weiſungen zu einer Quelle der reichſten Beobachtungen.
Die Verwaltung der errichteten Anſtalten enthält nun drei Punkte. Sie betrifft zuerſt die wirthſchaftlichen Mittel derſelben, die ökonomiſche Verwaltung; dann das Recht des beſondern Perſonals; end- lich das Recht der Lehrordnung. Der leitende Grundſatz für dieß Recht iſt, daß die Beſtimmungen über die erſten beiden Punkte von dem An- theil abhängen, den die Staatsverwaltung für den Unterhalt der Anſtalt hingibt. Dagegen hat der Staat das Recht, für diejenigen Zweige der Berufsbildung, welche zu öffentlichen Funktionen vorbereiten, nicht bloß über die Fähigkeit der Lehrer, ſondern auch über die Lehr- ordnung in entſcheidender Weiſe zu beſtimmen. Auch hier nun ergeben ſich leitende Geſichtspunkte, welche für den geſammten Zuſtand des Berufsbildungsweſens maßgebend ſind und ihrerſeits aus dem Weſen des Berufes folgen. Es iſt für die höhere Vergleichung von großer Be- deutung, dieſelben feſtzuſtellen.
Zuerſt nämlich wird jede Verwaltung die Lehre ſelbſt da, wo die Anſtalten nicht ihr gehören, nicht ſich ſelbſt überlaſſen. Sie wird ihr Oberaufſichtsrecht in der Weiſe zur Geltung bringen, daß ſie das Lehren hier wie beim Volksſchulweſen ſelbſt wieder als Beruf erkennt, daher
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des geiſtigen Lebens eines Volkes. Es iſt natürlich, daß ſich dieſelbe
nach der Auffaſſung richtet, welche das Volk ſelbſt von dem Weſen und
den Arten des Berufes hat. Es wird daher ſtets mit der Herſtellung
ſolcher Bildungsanſtalten für den geiſtigen Beruf begonnen und erſt
allmählig zu den wirthſchaftlichen und künſtleriſchen übergehen. Je
höher nun ein Volk ſteht, um ſo mehr wird daſſelbe in dem Syſtem
ſeiner wirklich vorhandenen Berufsbildungsanſtalten den oben ausge-
ſprochenen Grundſatz zur Gültigkeit bringen, nach welchem die Vor-
bildung gleichartig und die Fachbildung ſpecialiſirt ſein muß, um dem
Weſen des Berufes ſelbſt zu entſprechen. Die Statiſtik der beſtehen-
den Berufsbildungsanſtalten iſt daher, auf das obige Princip zurückge-
führt, eines der wichtigſten Mittel, um das geiſtige Leben eines Volkes
zu beurtheilen, und es muß daher ein entſcheidender Fortſchritt aner-
kannt werden, wenn die reinere Statiſtik, wie namentlich in der ſchönen
Arbeit von Brachelli (Staaten Europas) grundſätzlich dieß Syſtem
und die allgemeinen Zuſtände dieſer Bildungsanſtalten nicht bloß an-
führt, ſondern auf die großen Kategorien der Vorbildung und Fach-
bildung in ihren Grundformen zurückführt. Hält man die obigen Dar-
ſtellungen im Auge, ſo wird die Betrachtung ſolcher ſtatiſtiſchen Nach-
weiſungen zu einer Quelle der reichſten Beobachtungen.
Die Verwaltung der errichteten Anſtalten enthält nun drei
Punkte. Sie betrifft zuerſt die wirthſchaftlichen Mittel derſelben, die
ökonomiſche Verwaltung; dann das Recht des beſondern Perſonals; end-
lich das Recht der Lehrordnung. Der leitende Grundſatz für dieß Recht
iſt, daß die Beſtimmungen über die erſten beiden Punkte von dem An-
theil abhängen, den die Staatsverwaltung für den Unterhalt der
Anſtalt hingibt. Dagegen hat der Staat das Recht, für diejenigen
Zweige der Berufsbildung, welche zu öffentlichen Funktionen vorbereiten,
nicht bloß über die Fähigkeit der Lehrer, ſondern auch über die Lehr-
ordnung in entſcheidender Weiſe zu beſtimmen. Auch hier nun ergeben
ſich leitende Geſichtspunkte, welche für den geſammten Zuſtand des
Berufsbildungsweſens maßgebend ſind und ihrerſeits aus dem Weſen
des Berufes folgen. Es iſt für die höhere Vergleichung von großer Be-
deutung, dieſelben feſtzuſtellen.
Zuerſt nämlich wird jede Verwaltung die Lehre ſelbſt da, wo die
Anſtalten nicht ihr gehören, nicht ſich ſelbſt überlaſſen. Sie wird ihr
Oberaufſichtsrecht in der Weiſe zur Geltung bringen, daß ſie das Lehren
hier wie beim Volksſchulweſen ſelbſt wieder als Beruf erkennt, daher
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/190>, abgerufen am 17.02.2025.
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