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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.

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vorzugsweise das Schulhaus zu bauen habe, der Gehalt der Lehrer
aber nach den Formen der grundherrlichen Abgaben (Naturalleistun-
gen und Zehenten) von den Ansäßigen zusammen zu bringen sei. Erst
mit dem Siege der staatsbürgerlichen Gemeinde auch auf dem Lande
tritt an die Stelle dieser Naturalleistungen eine dem staatlichen Steuer-
system sich anschließende Steuer für das Schulwesen; das Einkommen
des Lehrers wird ein fester Gehalt, und jetzt scheiden sich die beiden
Systeme, nachdem die Verwaltung der Schule in materieller Beziehung
entweder durchgreifend amtliche oder Selbstverwaltung ist. Da
wo im Sinne der ersteren Princip und Ausführung des Schulwesens
Sache der amtlichen Verwaltung wird (Frankreich), wird die erforder-
liche Summe amtlich festgestellt, durch den Staat erforderlichen Falles
ergänzt und durch die Gemeinde höchstens repartirt, während der Gehalt
der Lehrer ein fester und von einem Schulgeld keine Rede ist. Da wo
im Sinne der zweiten die Volksschule zwar im Princip Staatssache, in
der Ausführung aber Gemeindesache ist, verwaltet die Gemeinde selbst
das Schuleinkommen, und erscheint in den höchsten Formen (Preußen)
als selbständige Corporation mit dem Rechte der Selbstbesteuerung, der
Erhöhung der Gehalte und einem Schulgelde, das jedoch meistens von
den Behörden festgestellt wird. Die historischen Verhältnisse bei der
Entstehung des Schulwesens haben dabei vielfache Einzelheiten in den
örtlichen Rechtsverhältnissen hervorgerufen, namentlich in Beziehung
auf die Verpflichtung der früheren Gutsherren, welche jedoch mehr und
mehr in den Hintergrund traten vor der Frage, ob und wie weit die
Gemeinde ein Selbstbesteuerungsrecht für die Schule ausüben,
die Einnahmen selbständig verwalten und endlich das Schulgeld
aufrecht halten solle. Das erstere erscheint nothwendig, das zweite,
jedoch unter Genehmigung der Landesverwaltung, richtig, und das letztere
trotz aller Gegengründe, als die materielle Basis für das individuelle
Vorwärtsstreben
der einzelnen Lehrer, vorbehaltlich der Modifika-
tionen, die in Bestimmung der Höhe und der Erhebung desselben im
Interesse des Lehrerstandes erforderlich scheinen.


Es bleibt die Aufgabe spezieller Arbeiten, in diesem Gebiete die
Richtigkeit des Satzes nachzuweisen, daß die Competenzen der Ver-
waltungsorgane
sich stets nach dem Verhältniß der Theil-
nahme
von Staat, Gemeinde und Einzelnen (Schulgeld) an der Schul-
last richten. Die hervorragenden Systeme des geltenden Rechts sind
folgende.

Das englische System ist sehr interessant, weil es dieses Verhältniß

vorzugsweiſe das Schulhaus zu bauen habe, der Gehalt der Lehrer
aber nach den Formen der grundherrlichen Abgaben (Naturalleiſtun-
gen und Zehenten) von den Anſäßigen zuſammen zu bringen ſei. Erſt
mit dem Siege der ſtaatsbürgerlichen Gemeinde auch auf dem Lande
tritt an die Stelle dieſer Naturalleiſtungen eine dem ſtaatlichen Steuer-
ſyſtem ſich anſchließende Steuer für das Schulweſen; das Einkommen
des Lehrers wird ein feſter Gehalt, und jetzt ſcheiden ſich die beiden
Syſteme, nachdem die Verwaltung der Schule in materieller Beziehung
entweder durchgreifend amtliche oder Selbſtverwaltung iſt. Da
wo im Sinne der erſteren Princip und Ausführung des Schulweſens
Sache der amtlichen Verwaltung wird (Frankreich), wird die erforder-
liche Summe amtlich feſtgeſtellt, durch den Staat erforderlichen Falles
ergänzt und durch die Gemeinde höchſtens repartirt, während der Gehalt
der Lehrer ein feſter und von einem Schulgeld keine Rede iſt. Da wo
im Sinne der zweiten die Volksſchule zwar im Princip Staatsſache, in
der Ausführung aber Gemeindeſache iſt, verwaltet die Gemeinde ſelbſt
das Schuleinkommen, und erſcheint in den höchſten Formen (Preußen)
als ſelbſtändige Corporation mit dem Rechte der Selbſtbeſteuerung, der
Erhöhung der Gehalte und einem Schulgelde, das jedoch meiſtens von
den Behörden feſtgeſtellt wird. Die hiſtoriſchen Verhältniſſe bei der
Entſtehung des Schulweſens haben dabei vielfache Einzelheiten in den
örtlichen Rechtsverhältniſſen hervorgerufen, namentlich in Beziehung
auf die Verpflichtung der früheren Gutsherren, welche jedoch mehr und
mehr in den Hintergrund traten vor der Frage, ob und wie weit die
Gemeinde ein Selbſtbeſteuerungsrecht für die Schule ausüben,
die Einnahmen ſelbſtändig verwalten und endlich das Schulgeld
aufrecht halten ſolle. Das erſtere erſcheint nothwendig, das zweite,
jedoch unter Genehmigung der Landesverwaltung, richtig, und das letztere
trotz aller Gegengründe, als die materielle Baſis für das individuelle
Vorwärtsſtreben
der einzelnen Lehrer, vorbehaltlich der Modifika-
tionen, die in Beſtimmung der Höhe und der Erhebung deſſelben im
Intereſſe des Lehrerſtandes erforderlich ſcheinen.


Es bleibt die Aufgabe ſpezieller Arbeiten, in dieſem Gebiete die
Richtigkeit des Satzes nachzuweiſen, daß die Competenzen der Ver-
waltungsorgane
ſich ſtets nach dem Verhältniß der Theil-
nahme
von Staat, Gemeinde und Einzelnen (Schulgeld) an der Schul-
laſt richten. Die hervorragenden Syſteme des geltenden Rechts ſind
folgende.

Das engliſche Syſtem iſt ſehr intereſſant, weil es dieſes Verhältniß

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[123/0151] vorzugsweiſe das Schulhaus zu bauen habe, der Gehalt der Lehrer aber nach den Formen der grundherrlichen Abgaben (Naturalleiſtun- gen und Zehenten) von den Anſäßigen zuſammen zu bringen ſei. Erſt mit dem Siege der ſtaatsbürgerlichen Gemeinde auch auf dem Lande tritt an die Stelle dieſer Naturalleiſtungen eine dem ſtaatlichen Steuer- ſyſtem ſich anſchließende Steuer für das Schulweſen; das Einkommen des Lehrers wird ein feſter Gehalt, und jetzt ſcheiden ſich die beiden Syſteme, nachdem die Verwaltung der Schule in materieller Beziehung entweder durchgreifend amtliche oder Selbſtverwaltung iſt. Da wo im Sinne der erſteren Princip und Ausführung des Schulweſens Sache der amtlichen Verwaltung wird (Frankreich), wird die erforder- liche Summe amtlich feſtgeſtellt, durch den Staat erforderlichen Falles ergänzt und durch die Gemeinde höchſtens repartirt, während der Gehalt der Lehrer ein feſter und von einem Schulgeld keine Rede iſt. Da wo im Sinne der zweiten die Volksſchule zwar im Princip Staatsſache, in der Ausführung aber Gemeindeſache iſt, verwaltet die Gemeinde ſelbſt das Schuleinkommen, und erſcheint in den höchſten Formen (Preußen) als ſelbſtändige Corporation mit dem Rechte der Selbſtbeſteuerung, der Erhöhung der Gehalte und einem Schulgelde, das jedoch meiſtens von den Behörden feſtgeſtellt wird. Die hiſtoriſchen Verhältniſſe bei der Entſtehung des Schulweſens haben dabei vielfache Einzelheiten in den örtlichen Rechtsverhältniſſen hervorgerufen, namentlich in Beziehung auf die Verpflichtung der früheren Gutsherren, welche jedoch mehr und mehr in den Hintergrund traten vor der Frage, ob und wie weit die Gemeinde ein Selbſtbeſteuerungsrecht für die Schule ausüben, die Einnahmen ſelbſtändig verwalten und endlich das Schulgeld aufrecht halten ſolle. Das erſtere erſcheint nothwendig, das zweite, jedoch unter Genehmigung der Landesverwaltung, richtig, und das letztere trotz aller Gegengründe, als die materielle Baſis für das individuelle Vorwärtsſtreben der einzelnen Lehrer, vorbehaltlich der Modifika- tionen, die in Beſtimmung der Höhe und der Erhebung deſſelben im Intereſſe des Lehrerſtandes erforderlich ſcheinen. Es bleibt die Aufgabe ſpezieller Arbeiten, in dieſem Gebiete die Richtigkeit des Satzes nachzuweiſen, daß die Competenzen der Ver- waltungsorgane ſich ſtets nach dem Verhältniß der Theil- nahme von Staat, Gemeinde und Einzelnen (Schulgeld) an der Schul- laſt richten. Die hervorragenden Syſteme des geltenden Rechts ſind folgende. Das engliſche Syſtem iſt ſehr intereſſant, weil es dieſes Verhältniß

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre05_1868/151>, abgerufen am 24.11.2024.