Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.Element der alten Geschlechter, natürlich lebhaft unterstützt ward. Dennoch giebt es bereits ein sehr bedeutendes öffentliches Unter- Ueber dieß Princip hat sich das letztere bisher nicht zu erheben Jedoch sind es gerade diese einzelnen Bewegungen, welche die Demnach muß das Elementarunterrichtswesen Englands in zwei Element der alten Geſchlechter, natürlich lebhaft unterſtützt ward. Dennoch giebt es bereits ein ſehr bedeutendes öffentliches Unter- Ueber dieß Princip hat ſich das letztere bisher nicht zu erheben Jedoch ſind es gerade dieſe einzelnen Bewegungen, welche die Demnach muß das Elementarunterrichtsweſen Englands in zwei <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0122" n="94"/> Element der alten Geſchlechter, natürlich lebhaft unterſtützt ward.<lb/> Der Erwerb der Bildung iſt daher auch für den Volksunterricht grund-<lb/> ſätzlich <hi rendition="#g">Sache der Einzelnen</hi>, welche die Verwaltung nicht<lb/> kümmert, ſo wenig als der Erwerb ſeines Vermögens; und da nun bei<lb/> dem gänzlichen Mangel einer organiſchen Volksſchule die nichtbeſitzende<lb/> Klaſſe zu keiner Bildung gelangen kann, ſo iſt der Unterſchied zwiſchen<lb/> Beſitzenden und Nichtbeſitzenden für identiſch mit dem <hi rendition="#g">Unterſchied<lb/> zwiſchen Gebildeten und Nichtgebildeten</hi> geworden. Das iſt<lb/> die Baſis des Verſtändniſſes alles engliſchen Unterrichtsweſens.</p><lb/> <p>Dennoch giebt es bereits ein ſehr bedeutendes öffentliches Unter-<lb/> richtsweſen, und zwar theils im Volksſchulweſen der Vereine, theils<lb/> der (Armen-) Gemeinden, mit anerkannter Unterſtützung der Regierung.<lb/> Die Erklärung dieſer großen Thatſache gegenüber dem obigen Princip<lb/> liegt darin, daß das öffentliche Volksſchulweſen Englands noch immer<lb/> nicht, wie auf dem Continent, der Idee des Bildungsweſens gehört,<lb/> ſondern nur noch <hi rendition="#g">einen Theil des Hülfsweſens bildet</hi>. Für<lb/> die Beſitzenden <hi rendition="#g">gibt es kein</hi> Volksſchulweſen, ſondern nur für die<lb/><hi rendition="#g">Nichtbeſitzenden</hi>. Und das iſt es, was uns Deutſchen das engliſche<lb/> Volksſchulweſen ſo unverſtändlich macht.</p><lb/> <p>Ueber dieß Princip hat ſich das letztere bisher <hi rendition="#g">nicht</hi> zu erheben<lb/> vermocht; ſelbſt die letzte große Geſetzgebung, der <hi rendition="#aq">Revised Code</hi> iſt nicht<lb/> eben ein Volksſchulgeſetz, ſondern nur in ſeinem neueſten Weſen ein<lb/><hi rendition="#g">Armenſchulgeſetz</hi>. Die Idee eines Volksſchulgeſetzes auf Grundlage<lb/> der allgemeinen und gleichen Schulpflicht des ganzen Volkes wird nur<lb/> noch von Einzelnen, nicht aber vom Volke ſelbſt verſtanden.</p><lb/> <p>Jedoch ſind es gerade dieſe einzelnen Bewegungen, welche die<lb/> Bahn für eine höhere Auffaſſung des Volksbildungsweſens brechen, und<lb/> den Kampf mit dem ſtändiſchen Widerwillen der Kirche und der Ge-<lb/> ſchlechter eröffnen. Ihnen zu Hülfe kommt namentlich in neuerer Zeit<lb/> die höhere, ſociale Richtung der Nationalökonomie, wie ſie von J. St.<lb/><hi rendition="#g">Mill</hi> und von <hi rendition="#g">Senior</hi> vertreten wird, die den unendlichen volkswirth-<lb/> ſchaftlichen Werth der Volksbildung ſchätzen und den Mangel deſſelben<lb/> ſtatiſtiſch nachweiſen oder, wie <hi rendition="#g">Kay</hi>, den Zuſtand mit dem des übrigen<lb/> Europas vergleichen lehrt. Englands Volksſchulweſen wird damit zwar<lb/> nicht zu einer Urſache und Aufgabe, wohl aber zu einer Folge der<lb/> großen Reformbewegung werden, die die ſocialen Verhältniſſe umzu-<lb/> geſtalten im Begriff iſt.</p><lb/> <p>Demnach muß das Elementarunterrichtsweſen Englands in zwei<lb/> großen Grundformen aufgefaßt werden. Die erſte iſt die des <hi rendition="#g">freien<lb/> Privatunterrichts</hi>, die zweite iſt die des öffentlichen <hi rendition="#g">Armenun-<lb/> terrichts</hi>. Beide ſtehen in gar keiner Verbindung unter einander,<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [94/0122]
Element der alten Geſchlechter, natürlich lebhaft unterſtützt ward.
Der Erwerb der Bildung iſt daher auch für den Volksunterricht grund-
ſätzlich Sache der Einzelnen, welche die Verwaltung nicht
kümmert, ſo wenig als der Erwerb ſeines Vermögens; und da nun bei
dem gänzlichen Mangel einer organiſchen Volksſchule die nichtbeſitzende
Klaſſe zu keiner Bildung gelangen kann, ſo iſt der Unterſchied zwiſchen
Beſitzenden und Nichtbeſitzenden für identiſch mit dem Unterſchied
zwiſchen Gebildeten und Nichtgebildeten geworden. Das iſt
die Baſis des Verſtändniſſes alles engliſchen Unterrichtsweſens.
Dennoch giebt es bereits ein ſehr bedeutendes öffentliches Unter-
richtsweſen, und zwar theils im Volksſchulweſen der Vereine, theils
der (Armen-) Gemeinden, mit anerkannter Unterſtützung der Regierung.
Die Erklärung dieſer großen Thatſache gegenüber dem obigen Princip
liegt darin, daß das öffentliche Volksſchulweſen Englands noch immer
nicht, wie auf dem Continent, der Idee des Bildungsweſens gehört,
ſondern nur noch einen Theil des Hülfsweſens bildet. Für
die Beſitzenden gibt es kein Volksſchulweſen, ſondern nur für die
Nichtbeſitzenden. Und das iſt es, was uns Deutſchen das engliſche
Volksſchulweſen ſo unverſtändlich macht.
Ueber dieß Princip hat ſich das letztere bisher nicht zu erheben
vermocht; ſelbſt die letzte große Geſetzgebung, der Revised Code iſt nicht
eben ein Volksſchulgeſetz, ſondern nur in ſeinem neueſten Weſen ein
Armenſchulgeſetz. Die Idee eines Volksſchulgeſetzes auf Grundlage
der allgemeinen und gleichen Schulpflicht des ganzen Volkes wird nur
noch von Einzelnen, nicht aber vom Volke ſelbſt verſtanden.
Jedoch ſind es gerade dieſe einzelnen Bewegungen, welche die
Bahn für eine höhere Auffaſſung des Volksbildungsweſens brechen, und
den Kampf mit dem ſtändiſchen Widerwillen der Kirche und der Ge-
ſchlechter eröffnen. Ihnen zu Hülfe kommt namentlich in neuerer Zeit
die höhere, ſociale Richtung der Nationalökonomie, wie ſie von J. St.
Mill und von Senior vertreten wird, die den unendlichen volkswirth-
ſchaftlichen Werth der Volksbildung ſchätzen und den Mangel deſſelben
ſtatiſtiſch nachweiſen oder, wie Kay, den Zuſtand mit dem des übrigen
Europas vergleichen lehrt. Englands Volksſchulweſen wird damit zwar
nicht zu einer Urſache und Aufgabe, wohl aber zu einer Folge der
großen Reformbewegung werden, die die ſocialen Verhältniſſe umzu-
geſtalten im Begriff iſt.
Demnach muß das Elementarunterrichtsweſen Englands in zwei
großen Grundformen aufgefaßt werden. Die erſte iſt die des freien
Privatunterrichts, die zweite iſt die des öffentlichen Armenun-
terrichts. Beide ſtehen in gar keiner Verbindung unter einander,
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