Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 5. Stuttgart, 1868.die Oberaufsicht des Staats gestellt, und (wenigstens von der Reichs- die Oberaufſicht des Staats geſtellt, und (wenigſtens von der Reichs- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0119" n="91"/> die Oberaufſicht des <hi rendition="#g">Staats</hi> geſtellt, und (wenigſtens von der Reichs-<lb/> verfaſſung §. 153) der Grundſatz ausgeſprochen, daß ſie der Beaufſichti-<lb/> gung der <hi rendition="#g">Geiſtlichkeit</hi> entzogen werden ſoll (die Verfaſſungsurkunde);<lb/> doch hat weit verſtändiger <hi rendition="#g">Oldenburg</hi> (Verfaſſung von 1852 Art. 82)<lb/> für das Verhältniß zwiſchen Schule und Kirche ein <hi rendition="#g">eigenes</hi> (nicht er-<lb/> ſchienenes) Geſetz in Ausſicht geſtellt und Preußen die Frage in unent-<lb/> ſchiedener Weiſe beantwortet §. 24. Die <hi rendition="#g">Reichsverfaſſung</hi> gibt dann<lb/> zugleich die allgemeinſten Grundzüge der Elementarbildung und ihrer<lb/> Verwaltung. Von ihr iſt das Syſtem der geltenden Grundzüge in<lb/> viele deutſche Verfaſſungen übergegangen. (<hi rendition="#g">Reichsverfaſſung</hi> §. 153 ff.)<lb/> Die Grundſätze ſind, wenn ſie gleich nicht formell in allen Verfaſſungen<lb/> der fünfziger Jahre aufgenommen ſind, ſo bezeichnend, daß wir ſie hier<lb/> angeben müſſen; ſie bilden den klarſten Ausdruck des Charakters des<lb/> deutſchen Volksſchulweſens. Darnach ſoll <hi rendition="#aq">a)</hi> die Gründung von Unter-<lb/> richtsanſtalten und Erziehungsanſtalten <hi rendition="#g">jedem</hi> Deutſchen freiſtehen, jedoch<lb/> gegen Nachweis der Befähigung an die <hi rendition="#g">Staatsgewalt</hi> (Oberaufſicht),<lb/> Reichsverfaſſung §. 154; <hi rendition="#aq">b)</hi> der häusliche Unterricht iſt <hi rendition="#g">frei</hi>, ebendſ.;<lb/><hi rendition="#aq">c)</hi> für die Bildung der deutſchen Jugend ſoll durch öffentliche Schulen<lb/><hi rendition="#g">überall</hi> geſorgt werden (ebendaſ. §. 155) und dürfen Eltern und<lb/> deren Stellvertreter die Kinder nicht ohne Elementarunterricht laſſen,<lb/> ebendaſ.; <hi rendition="#aq">d)</hi> die öffentlichen Lehrer haben die Rechte der Staatsdiener,<lb/> ebendaſ. 156; der Staat <hi rendition="#g">ſtellt ſie an</hi> unter Betheiligung der Gemeinden,<lb/> §. 156; <hi rendition="#aq">e)</hi> für die Volksſchulen <hi rendition="#g">kein</hi> Schulgeld §. 157. Dieſe Sätze<lb/> gehen mit Modificationen in die meiſten <hi rendition="#g">nord</hi> deutſchen Verfaſſungen über,<lb/> wohl deßhalb, weil ſie ohnehin praktiſch galten. <hi rendition="#g">Preußiſche Verfaſ-<lb/> ſung</hi>, Art. 20—26. <hi rendition="#g">Anhalt-Bernburg</hi>, 1850, 24. <hi rendition="#g">Schwarzburg-<lb/> Sondershauſen</hi>, 1849, 25. <hi rendition="#g">Oldenburg</hi> §. 82. <hi rendition="#g">Reuß</hi> §. 20.<lb/><hi rendition="#g">Waldeck</hi> §. 44. <hi rendition="#g">Sachſen-Coburg</hi> §. 38. Man muß nur bei dieſen<lb/> kleinen Staaten nie vergeſſen, daß ſie im Grunde ſouveraine Gemeinden<lb/> ſind, und daher die großen organiſchen Begriffe der Verwaltung, nament-<lb/> lich der Unterſchied zwiſchen <hi rendition="#g">Staats-</hi> und <hi rendition="#g">Gemeinde</hi> anſtalten und Recht<lb/> auf ſie keine rechte Anwendung finden. Je größer der Staat, um ſo noth-<lb/> wendiger werden natürlich <hi rendition="#g">eigene</hi> Schulgeſetze (ſ. unten). Die <hi rendition="#g">Literatur</hi><lb/> hat in Deutſchland ſich wenig mit dieſer ganzen Frage nach dem öffentlich<lb/> rechtlichen Charakter des Ganzen beſchäftigt. Sie iſt <hi rendition="#g">ſehr</hi> reich in Betreff<lb/> der pädagogiſchen Grundſätze; <hi rendition="#g">einige</hi> Staaten haben auch ihre ſelbſtändige<lb/> Literatur über das öffentliche Recht ihrer Volksſchulen, jedoch meiſtens<lb/> nur in den Verwaltungsgeſetzkunden. In <hi rendition="#g">Schmids</hi> Encyclopädie des<lb/> Erziehungs- und Unterrichtsweſens (ſeit 1859) ſind jedoch vortreffliche<lb/> einzelne Nachweiſungen ſpeciell über die kleinen deutſchen Staaten, deren<lb/> Verhältniſſe ohne die betreffenden Aufſätze gar nicht zu erfahren wäre.</p> </div><lb/> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [91/0119]
die Oberaufſicht des Staats geſtellt, und (wenigſtens von der Reichs-
verfaſſung §. 153) der Grundſatz ausgeſprochen, daß ſie der Beaufſichti-
gung der Geiſtlichkeit entzogen werden ſoll (die Verfaſſungsurkunde);
doch hat weit verſtändiger Oldenburg (Verfaſſung von 1852 Art. 82)
für das Verhältniß zwiſchen Schule und Kirche ein eigenes (nicht er-
ſchienenes) Geſetz in Ausſicht geſtellt und Preußen die Frage in unent-
ſchiedener Weiſe beantwortet §. 24. Die Reichsverfaſſung gibt dann
zugleich die allgemeinſten Grundzüge der Elementarbildung und ihrer
Verwaltung. Von ihr iſt das Syſtem der geltenden Grundzüge in
viele deutſche Verfaſſungen übergegangen. (Reichsverfaſſung §. 153 ff.)
Die Grundſätze ſind, wenn ſie gleich nicht formell in allen Verfaſſungen
der fünfziger Jahre aufgenommen ſind, ſo bezeichnend, daß wir ſie hier
angeben müſſen; ſie bilden den klarſten Ausdruck des Charakters des
deutſchen Volksſchulweſens. Darnach ſoll a) die Gründung von Unter-
richtsanſtalten und Erziehungsanſtalten jedem Deutſchen freiſtehen, jedoch
gegen Nachweis der Befähigung an die Staatsgewalt (Oberaufſicht),
Reichsverfaſſung §. 154; b) der häusliche Unterricht iſt frei, ebendſ.;
c) für die Bildung der deutſchen Jugend ſoll durch öffentliche Schulen
überall geſorgt werden (ebendaſ. §. 155) und dürfen Eltern und
deren Stellvertreter die Kinder nicht ohne Elementarunterricht laſſen,
ebendaſ.; d) die öffentlichen Lehrer haben die Rechte der Staatsdiener,
ebendaſ. 156; der Staat ſtellt ſie an unter Betheiligung der Gemeinden,
§. 156; e) für die Volksſchulen kein Schulgeld §. 157. Dieſe Sätze
gehen mit Modificationen in die meiſten nord deutſchen Verfaſſungen über,
wohl deßhalb, weil ſie ohnehin praktiſch galten. Preußiſche Verfaſ-
ſung, Art. 20—26. Anhalt-Bernburg, 1850, 24. Schwarzburg-
Sondershauſen, 1849, 25. Oldenburg §. 82. Reuß §. 20.
Waldeck §. 44. Sachſen-Coburg §. 38. Man muß nur bei dieſen
kleinen Staaten nie vergeſſen, daß ſie im Grunde ſouveraine Gemeinden
ſind, und daher die großen organiſchen Begriffe der Verwaltung, nament-
lich der Unterſchied zwiſchen Staats- und Gemeinde anſtalten und Recht
auf ſie keine rechte Anwendung finden. Je größer der Staat, um ſo noth-
wendiger werden natürlich eigene Schulgeſetze (ſ. unten). Die Literatur
hat in Deutſchland ſich wenig mit dieſer ganzen Frage nach dem öffentlich
rechtlichen Charakter des Ganzen beſchäftigt. Sie iſt ſehr reich in Betreff
der pädagogiſchen Grundſätze; einige Staaten haben auch ihre ſelbſtändige
Literatur über das öffentliche Recht ihrer Volksſchulen, jedoch meiſtens
nur in den Verwaltungsgeſetzkunden. In Schmids Encyclopädie des
Erziehungs- und Unterrichtsweſens (ſeit 1859) ſind jedoch vortreffliche
einzelne Nachweiſungen ſpeciell über die kleinen deutſchen Staaten, deren
Verhältniſſe ohne die betreffenden Aufſätze gar nicht zu erfahren wäre.
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