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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867.

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entstehen theils durch Thiere, theils aus elementaren Verhält-
nissen
. Es ist Sache der Ortsbehörden, in beiden Beziehungen solche
Vorschriften zu erlassen und zur Geltung zu bringen, welche in beiden
Beziehungen der öffentlichen Sicherheit genügen. Auch hier erscheint
diese ganze Sicherheitspolizei im Grunde nur als das Vollzugsorgan
für die polizeilichen Forderungen gewisser größerer Verwaltungsgebiete;
es ist festzuhalten, daß die elementare Sicherheitspolizei ebenso wie die
gewerbliche keine wissenschaftliche oder systematische Selbständigkeit hat,
und daß die von der übrigen Verwaltung getrennte Darstellung der-
selben im Grunde nur auf der Verwechslung der Vollziehung und der
Verwaltung im Kleinen beruht.

In der That ist die örtliche Polizei der Hunde (Hundswuth), des
Viehes, der Epizootie ein Theil der reinen Gesundheitspolizei, ebenso
die Sicherheitspolizei der Badestellen etc. Die Polizei der Gefahren auf
öffentlichen Wegen gehört dem Wegewesen; die Polizei des Feuers
dem Feuerwesen u. s. w. Die Aufgabe der Doctrin kann es hier nur
sein, den innern Zusammenhang darzulegen; die Aufgabe der Praxis
ist meist nichts anders, als eine vernünftige Anwendung des gesunden
Menschenverstandes auf gewisse öffentliche Bedürfnisse, welche in nur
zu vielen Fällen statt von der Bevölkerung selbst, erst von der Orts-
behörde angeordnet werden muß, um überhaupt zu geschehen. Die
Selbständigkeit dieser elementaren Sicherheitspolizei beruht demnach dar-
auf, daß eben die Polizeiorgane gleichsam das Sicherheitsgewissen der
Bevölkerung sind; und es ist nicht zu verkennen, daß dieß seinen
Werth hat.


Es darf dabei, indem wir für alle speziellen Vorschriften auf die
Landespolizeiordnungen aller Art verweisen müssen, doch der hier wieder
erscheinende specifische Charakter des Polizeirechts der großen
Völker nicht übergangen werden. In England beruht das ganze Ge-
biet auf zwei Dingen. Zuerst auf der Removal Nuisances Act
(Gesundheitswesen S. 33), welche die Behörde gesetzlich berechtigt, solche
polizeiliche Sicherheitsmaßregeln vorzunehmen, wie sie das öffentliche
Bedürfniß fordert. Allein es gibt dafür gar keine Art von amtlicher
Inspektion. Es ist den Selbstverwaltungskörpern vollständig über-
lassen, ob sie und wie weit sie im Sinne jenes Gesetzes derartige Vor-
schriften selbst erlassen und über ihre Ausführung wachen wollen.
Dagegen hat der Einzelne das Recht und auch das Mittel, die be-
treffenden Behörden für die wirkliche Ausübung dieser Sicherheitsmaß-
regeln zu zwingen. Dieß geschieht durch das System und Recht der
Popular Actions gegen jedes Organ der Verwaltung, eine Klage des

entſtehen theils durch Thiere, theils aus elementaren Verhält-
niſſen
. Es iſt Sache der Ortsbehörden, in beiden Beziehungen ſolche
Vorſchriften zu erlaſſen und zur Geltung zu bringen, welche in beiden
Beziehungen der öffentlichen Sicherheit genügen. Auch hier erſcheint
dieſe ganze Sicherheitspolizei im Grunde nur als das Vollzugsorgan
für die polizeilichen Forderungen gewiſſer größerer Verwaltungsgebiete;
es iſt feſtzuhalten, daß die elementare Sicherheitspolizei ebenſo wie die
gewerbliche keine wiſſenſchaftliche oder ſyſtematiſche Selbſtändigkeit hat,
und daß die von der übrigen Verwaltung getrennte Darſtellung der-
ſelben im Grunde nur auf der Verwechslung der Vollziehung und der
Verwaltung im Kleinen beruht.

In der That iſt die örtliche Polizei der Hunde (Hundswuth), des
Viehes, der Epizootie ein Theil der reinen Geſundheitspolizei, ebenſo
die Sicherheitspolizei der Badeſtellen ꝛc. Die Polizei der Gefahren auf
öffentlichen Wegen gehört dem Wegeweſen; die Polizei des Feuers
dem Feuerweſen u. ſ. w. Die Aufgabe der Doctrin kann es hier nur
ſein, den innern Zuſammenhang darzulegen; die Aufgabe der Praxis
iſt meiſt nichts anders, als eine vernünftige Anwendung des geſunden
Menſchenverſtandes auf gewiſſe öffentliche Bedürfniſſe, welche in nur
zu vielen Fällen ſtatt von der Bevölkerung ſelbſt, erſt von der Orts-
behörde angeordnet werden muß, um überhaupt zu geſchehen. Die
Selbſtändigkeit dieſer elementaren Sicherheitspolizei beruht demnach dar-
auf, daß eben die Polizeiorgane gleichſam das Sicherheitsgewiſſen der
Bevölkerung ſind; und es iſt nicht zu verkennen, daß dieß ſeinen
Werth hat.


Es darf dabei, indem wir für alle ſpeziellen Vorſchriften auf die
Landespolizeiordnungen aller Art verweiſen müſſen, doch der hier wieder
erſcheinende ſpecifiſche Charakter des Polizeirechts der großen
Völker nicht übergangen werden. In England beruht das ganze Ge-
biet auf zwei Dingen. Zuerſt auf der Removal Nuisances Act
(Geſundheitsweſen S. 33), welche die Behörde geſetzlich berechtigt, ſolche
polizeiliche Sicherheitsmaßregeln vorzunehmen, wie ſie das öffentliche
Bedürfniß fordert. Allein es gibt dafür gar keine Art von amtlicher
Inſpektion. Es iſt den Selbſtverwaltungskörpern vollſtändig über-
laſſen, ob ſie und wie weit ſie im Sinne jenes Geſetzes derartige Vor-
ſchriften ſelbſt erlaſſen und über ihre Ausführung wachen wollen.
Dagegen hat der Einzelne das Recht und auch das Mittel, die be-
treffenden Behörden für die wirkliche Ausübung dieſer Sicherheitsmaß-
regeln zu zwingen. Dieß geſchieht durch das Syſtem und Recht der
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[172/0194] entſtehen theils durch Thiere, theils aus elementaren Verhält- niſſen. Es iſt Sache der Ortsbehörden, in beiden Beziehungen ſolche Vorſchriften zu erlaſſen und zur Geltung zu bringen, welche in beiden Beziehungen der öffentlichen Sicherheit genügen. Auch hier erſcheint dieſe ganze Sicherheitspolizei im Grunde nur als das Vollzugsorgan für die polizeilichen Forderungen gewiſſer größerer Verwaltungsgebiete; es iſt feſtzuhalten, daß die elementare Sicherheitspolizei ebenſo wie die gewerbliche keine wiſſenſchaftliche oder ſyſtematiſche Selbſtändigkeit hat, und daß die von der übrigen Verwaltung getrennte Darſtellung der- ſelben im Grunde nur auf der Verwechslung der Vollziehung und der Verwaltung im Kleinen beruht. In der That iſt die örtliche Polizei der Hunde (Hundswuth), des Viehes, der Epizootie ein Theil der reinen Geſundheitspolizei, ebenſo die Sicherheitspolizei der Badeſtellen ꝛc. Die Polizei der Gefahren auf öffentlichen Wegen gehört dem Wegeweſen; die Polizei des Feuers dem Feuerweſen u. ſ. w. Die Aufgabe der Doctrin kann es hier nur ſein, den innern Zuſammenhang darzulegen; die Aufgabe der Praxis iſt meiſt nichts anders, als eine vernünftige Anwendung des geſunden Menſchenverſtandes auf gewiſſe öffentliche Bedürfniſſe, welche in nur zu vielen Fällen ſtatt von der Bevölkerung ſelbſt, erſt von der Orts- behörde angeordnet werden muß, um überhaupt zu geſchehen. Die Selbſtändigkeit dieſer elementaren Sicherheitspolizei beruht demnach dar- auf, daß eben die Polizeiorgane gleichſam das Sicherheitsgewiſſen der Bevölkerung ſind; und es iſt nicht zu verkennen, daß dieß ſeinen Werth hat. Es darf dabei, indem wir für alle ſpeziellen Vorſchriften auf die Landespolizeiordnungen aller Art verweiſen müſſen, doch der hier wieder erſcheinende ſpecifiſche Charakter des Polizeirechts der großen Völker nicht übergangen werden. In England beruht das ganze Ge- biet auf zwei Dingen. Zuerſt auf der Removal Nuisances Act (Geſundheitsweſen S. 33), welche die Behörde geſetzlich berechtigt, ſolche polizeiliche Sicherheitsmaßregeln vorzunehmen, wie ſie das öffentliche Bedürfniß fordert. Allein es gibt dafür gar keine Art von amtlicher Inſpektion. Es iſt den Selbſtverwaltungskörpern vollſtändig über- laſſen, ob ſie und wie weit ſie im Sinne jenes Geſetzes derartige Vor- ſchriften ſelbſt erlaſſen und über ihre Ausführung wachen wollen. Dagegen hat der Einzelne das Recht und auch das Mittel, die be- treffenden Behörden für die wirkliche Ausübung dieſer Sicherheitsmaß- regeln zu zwingen. Dieß geſchieht durch das Syſtem und Recht der Popular Actions gegen jedes Organ der Verwaltung, eine Klage des

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre04_1867/194>, abgerufen am 24.11.2024.