Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867.Bundesbeschluß vom 5. Juli 1832, der alle politischen Vereine verbot, Bundesbeſchluß vom 5. Juli 1832, der alle politiſchen Vereine verbot, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0140" n="118"/> Bundesbeſchluß vom 5. Juli 1832, der alle politiſchen Vereine verbot,<lb/> ſtellte ſogar den Grundſatz auf, daß nicht bloß Volksverſammlungen,<lb/> ſondern ſogar <hi rendition="#g">Volksfeſte</hi>, die „nicht üblich“ waren, der Genehmigung<lb/> bedürfen, mit ſpezieller Beſtimmung, daß in den erlaubten Verſamm-<lb/> lungen keine politiſchen <hi rendition="#g">Reden</hi>, keine Adreſſen und keine Beſchlüſſe ſtatt-<lb/> finden dürfen. (Vergl. <hi rendition="#g">Zöpfl</hi>, deutſches Staatsrecht <hi rendition="#aq">II.</hi> §. 462.) Die<lb/> Reichsverfaſſung von 1849 brach auch dieſes Princip, und ward maß-<lb/> gebend für die folgende Geſetzgebung. Sie ſtellte nämlich einerſeits das<lb/><hi rendition="#g">Recht</hi> auf, ſich „friedlich und ohne Waffen“ und ohne Erlaubniß zu<lb/> verſammeln, aber auch das Recht der Polizei, Verſammlungen „unter<lb/> freiem Himmel“ bei Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu verbieten<lb/> (§. 161). Das Erfurter Parlament beſchränkte jenes Volksrecht auf Ver-<lb/> ſammlung in „geſchloſſenen Räumen.“ Dieſe Sätze wurden dann mit<lb/> mehr oder weniger Klarheit zur Grundlage des öffentlichen Verſamm-<lb/> lungsrechts. Einige Verfaſſungsurkunden blieben bei einigermaßen un-<lb/> beſtimmten Ausdrücken; <hi rendition="#g">Oldenburg</hi>, Verfaſſung von 1852, Art. 50;<lb/><hi rendition="#g">Sachſen-Coburg</hi>, Verfaſſung von 1852, 44; <hi rendition="#g">Anhalt-Bernburg</hi>,<lb/> 1850, §. 9; <hi rendition="#g">Hannover</hi>, Geſetz vom 5. September 1848, §. 4; doch<lb/> wird das Recht der polizeilichen Ueberwachung und meiſtens auch die<lb/> Beſchränkung der Freiheit zu Verſammlungen in geſchloſſenen Räumen<lb/> ausdrücklich anerkannt, während die Erlaubniß und das Recht der Auf-<lb/> löſung als ſelbſtverſtändlich angenommen wird. (<hi rendition="#g">Zöpfl</hi>, deutſches Staats-<lb/> recht <hi rendition="#aq">II.</hi> §. 294.) Andere haben ausdrückliche Beſtimmungen darüber,<lb/> die aber ſtets mit dem Vereinsrecht verbunden ſind; Grundlage iſt das<lb/> preußiſche Vereinsgeſetz von 1850: Vorgängige Anzeige (24 Stunden),<lb/> Erlaubniß, Recht des Verbots und der Auflöſung, Waffenloſigkeit,<lb/> Beſchränkung auf Verſammlungsfreiheit in geſchloſſenen Räumen; Streit-<lb/> frage über den Begriff der letzteren. (<hi rendition="#g">Rönne</hi>, Strafrecht <hi rendition="#aq">I.</hi> §. 100.)<lb/><hi rendition="#g">Bayern</hi>, Vereinsgeſetz von 1850: gleichfalls Erlaubniß bei Verſamm-<lb/> lungen unter freiem Himmel. (<hi rendition="#g">Pözl</hi>, Verfaſſungsrecht §. 65, Verwal-<lb/> tungsrecht §. 104.) <hi rendition="#g">Württemberg</hi>: Grundſatz der Erlaubniß all-<lb/> gemein. (Verordnung vom 12. Juni 1832 und Verhandlungen darüber<lb/> bei <hi rendition="#g">Mohl</hi>, württemb. Verfaſſungsrecht §. 73.) Das neueſte Recht iſt<lb/> die Verordnung vom 25. Januar 1855, welche aber nur von den Ver-<lb/> einsverſammlungen redet, und bei politiſchen Vereinen jedesmal 12<lb/> Stunden vorher eine Anzeige fordert. (<hi rendition="#g">Roller</hi>, württemb. Polizeirecht<lb/> §. 263.) <hi rendition="#g">Baden</hi>, Geſetz von 1851, ſiehe oben; ebenſo über <hi rendition="#g">Sachſen</hi>,<lb/> ſiehe <hi rendition="#g">Funke</hi>, a. a. O. — Das <hi rendition="#g">belgiſche</hi> Recht hat die alte franzö-<lb/> ſiſche Beſtimmung der vollen Freiheit beibehalten. (<hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">Const.</hi></hi> von 1831,<lb/> Art. 19, 20.) Doch hat die Ortspolizei das Recht, die Verſammlungen<lb/> zu geſtatten, wenn ſie an einem <hi rendition="#g">öffentlichen Orte</hi> abgehalten werden<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [118/0140]
Bundesbeſchluß vom 5. Juli 1832, der alle politiſchen Vereine verbot,
ſtellte ſogar den Grundſatz auf, daß nicht bloß Volksverſammlungen,
ſondern ſogar Volksfeſte, die „nicht üblich“ waren, der Genehmigung
bedürfen, mit ſpezieller Beſtimmung, daß in den erlaubten Verſamm-
lungen keine politiſchen Reden, keine Adreſſen und keine Beſchlüſſe ſtatt-
finden dürfen. (Vergl. Zöpfl, deutſches Staatsrecht II. §. 462.) Die
Reichsverfaſſung von 1849 brach auch dieſes Princip, und ward maß-
gebend für die folgende Geſetzgebung. Sie ſtellte nämlich einerſeits das
Recht auf, ſich „friedlich und ohne Waffen“ und ohne Erlaubniß zu
verſammeln, aber auch das Recht der Polizei, Verſammlungen „unter
freiem Himmel“ bei Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu verbieten
(§. 161). Das Erfurter Parlament beſchränkte jenes Volksrecht auf Ver-
ſammlung in „geſchloſſenen Räumen.“ Dieſe Sätze wurden dann mit
mehr oder weniger Klarheit zur Grundlage des öffentlichen Verſamm-
lungsrechts. Einige Verfaſſungsurkunden blieben bei einigermaßen un-
beſtimmten Ausdrücken; Oldenburg, Verfaſſung von 1852, Art. 50;
Sachſen-Coburg, Verfaſſung von 1852, 44; Anhalt-Bernburg,
1850, §. 9; Hannover, Geſetz vom 5. September 1848, §. 4; doch
wird das Recht der polizeilichen Ueberwachung und meiſtens auch die
Beſchränkung der Freiheit zu Verſammlungen in geſchloſſenen Räumen
ausdrücklich anerkannt, während die Erlaubniß und das Recht der Auf-
löſung als ſelbſtverſtändlich angenommen wird. (Zöpfl, deutſches Staats-
recht II. §. 294.) Andere haben ausdrückliche Beſtimmungen darüber,
die aber ſtets mit dem Vereinsrecht verbunden ſind; Grundlage iſt das
preußiſche Vereinsgeſetz von 1850: Vorgängige Anzeige (24 Stunden),
Erlaubniß, Recht des Verbots und der Auflöſung, Waffenloſigkeit,
Beſchränkung auf Verſammlungsfreiheit in geſchloſſenen Räumen; Streit-
frage über den Begriff der letzteren. (Rönne, Strafrecht I. §. 100.)
Bayern, Vereinsgeſetz von 1850: gleichfalls Erlaubniß bei Verſamm-
lungen unter freiem Himmel. (Pözl, Verfaſſungsrecht §. 65, Verwal-
tungsrecht §. 104.) Württemberg: Grundſatz der Erlaubniß all-
gemein. (Verordnung vom 12. Juni 1832 und Verhandlungen darüber
bei Mohl, württemb. Verfaſſungsrecht §. 73.) Das neueſte Recht iſt
die Verordnung vom 25. Januar 1855, welche aber nur von den Ver-
einsverſammlungen redet, und bei politiſchen Vereinen jedesmal 12
Stunden vorher eine Anzeige fordert. (Roller, württemb. Polizeirecht
§. 263.) Baden, Geſetz von 1851, ſiehe oben; ebenſo über Sachſen,
ſiehe Funke, a. a. O. — Das belgiſche Recht hat die alte franzö-
ſiſche Beſtimmung der vollen Freiheit beibehalten. (Const. von 1831,
Art. 19, 20.) Doch hat die Ortspolizei das Recht, die Verſammlungen
zu geſtatten, wenn ſie an einem öffentlichen Orte abgehalten werden
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