Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867.Epochen als die einzelnen Länder scheiden. In der ersten Epoche gibt Stein, die Verwaltungslehre. IV. 8
Epochen als die einzelnen Länder ſcheiden. In der erſten Epoche gibt Stein, die Verwaltungslehre. IV. 8
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0135" n="113"/> Epochen als die einzelnen Länder ſcheiden. In der <hi rendition="#g">erſten</hi> Epoche gibt<lb/> es kein Landes-Vereinsrecht, ſondern an deſſen Stelle tritt das Bundes-<lb/> Vereinsrecht, deſſen Formulirung im Bundesbeſchluß vom 8. Juli 1832<lb/> gegeben iſt. Die bekannte Grundlage iſt das <hi rendition="#g">Verbot</hi> jedes politiſchen<lb/> Vereins, alſo die rechtliche Unzuläſſigkeit der Erlaubniß; die geheimen<lb/> Geſellſchaften ſind außerdem ſtrafbar. Dieß Syſtem fällt mit der Reichs-<lb/> verfaſſung vom 28. März 1849, welche das Vereinsrecht unbeſchränkt<lb/> anerkennt. Es war gleich anfangs wohl klar, daß es ſich dabei nur<lb/> um ein Princip handle, und daß eine beſondere Geſetzgebung die ſpe-<lb/> ziellen Fragen zu regeln habe. Die legislative Bewegung, die darauf<lb/> entſtand, ſcheidet ſich daher zunächſt in zwei Richtungen. Einerſeits<lb/> wird jenes allgemeine Princip in den einzelnen neuen Verfaſſungen an-<lb/> erkannt: <hi rendition="#g">Oldenburg</hi>, Verfaſſungsurkunde 1852, Art. 51, 1; <hi rendition="#g">Preußen</hi>,<lb/> 1850, §. 30; <hi rendition="#g">Schwarzburg-Sondershauſen</hi>, Geſetz vom 2. Aug.<lb/> 1852; <hi rendition="#g">Anhalt-Bernburg</hi>, Verfaſſung von 1850, §. 10; <hi rendition="#g">Coburg-<lb/> Gotha</hi>, 1852, §. 46; <hi rendition="#g">Reuß</hi>, 1852; zugleich aber in den meiſten,<lb/> neben der gänzlich überflüſſigen Beſtimmung, daß die Vereine den be-<lb/> ſtehenden Strafgeſetzen nicht zuwiderlaufen ſollen, eine beſondere Rege-<lb/> lung des Vereinsrechts verſprochen, wie ſchon das Erfurter Parlament<lb/> gefordert. Dieſe Regelung iſt nun in <hi rendition="#g">einzelnen</hi> Bundesſtaaten wirk-<lb/> lich eingetreten, und zwar in der Weiſe, daß einige Staaten ſofort<lb/> beſondere Vereinsgeſetze erließen, andere nicht, ſo daß wieder erneuert<lb/> der Bund eintrat, und das Bundesgeſetz vom 13. Juli 1854 das Vereins-<lb/> weſen betreffend erließ. Das deutſche Vereinsrecht hat daher jetzt eine<lb/> zweifache Geſtalt; es iſt ein Bundesrecht, und ein Recht der einzelnen Staa-<lb/> ten, ſo daß auch nach Auflöſung des deutſchen Bundes das Geſetz von 1854<lb/> da als gültig angeſehen werden muß, wo es publicirt worden iſt. Das<lb/> letztere enthält nun im Weſentlichen die leitenden Gedanken der Terri-<lb/> torialgeſetze, in ein Ganzes zuſammengefaßt. Die grundſätzlichen Be-<lb/> ſtimmungen ſind: jeder politiſche Verein ſoll der <hi rendition="#g">Erlaubniß</hi> bedürfen,<lb/> und überwacht werden; jeder ſolcher Verein <hi rendition="#g">kann</hi>, jeder Verein von<lb/> Arbeitern mit ſocialiſtiſchen Zwecken (!) <hi rendition="#g">ſoll</hi> verboten werden; Minder-<lb/> jährige dürfen nicht beitreten; und jede Verbindung der Vereine unter<lb/> einander iſt an und für ſich verboten (die Principien der Publicität,<lb/> der Localiſirung und der obrigkeitlichen Erlaubniß). <hi rendition="#g">Zöpfl</hi>, deutſches<lb/> Staatsrecht <hi rendition="#aq">II.</hi> §§. 468, 469. Im Allgemeinen ſind nun die territorialen<lb/> Geſetze viel freiheitlicher als dieß <hi rendition="#g">letzte</hi> Geſetz des deutſchen Bundes.<lb/> Die erſte große Geſetzgebung über das Vereinsweſen war das <hi rendition="#g">preußiſche</hi><lb/> Vereinsgeſetz vom 11. März 1850, das ſich an die Verfaſſung von 1848<lb/> und 1850 anſchloß. Beide hatten ihrerſeits das Recht der Vereine <hi rendition="#g">un-<lb/> beſchränkt</hi> anerkannt, jedoch hatte die Verfaſſung von 1850 (Art. 30)<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Stein</hi>, die Verwaltungslehre. <hi rendition="#aq">IV.</hi> 8</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [113/0135]
Epochen als die einzelnen Länder ſcheiden. In der erſten Epoche gibt
es kein Landes-Vereinsrecht, ſondern an deſſen Stelle tritt das Bundes-
Vereinsrecht, deſſen Formulirung im Bundesbeſchluß vom 8. Juli 1832
gegeben iſt. Die bekannte Grundlage iſt das Verbot jedes politiſchen
Vereins, alſo die rechtliche Unzuläſſigkeit der Erlaubniß; die geheimen
Geſellſchaften ſind außerdem ſtrafbar. Dieß Syſtem fällt mit der Reichs-
verfaſſung vom 28. März 1849, welche das Vereinsrecht unbeſchränkt
anerkennt. Es war gleich anfangs wohl klar, daß es ſich dabei nur
um ein Princip handle, und daß eine beſondere Geſetzgebung die ſpe-
ziellen Fragen zu regeln habe. Die legislative Bewegung, die darauf
entſtand, ſcheidet ſich daher zunächſt in zwei Richtungen. Einerſeits
wird jenes allgemeine Princip in den einzelnen neuen Verfaſſungen an-
erkannt: Oldenburg, Verfaſſungsurkunde 1852, Art. 51, 1; Preußen,
1850, §. 30; Schwarzburg-Sondershauſen, Geſetz vom 2. Aug.
1852; Anhalt-Bernburg, Verfaſſung von 1850, §. 10; Coburg-
Gotha, 1852, §. 46; Reuß, 1852; zugleich aber in den meiſten,
neben der gänzlich überflüſſigen Beſtimmung, daß die Vereine den be-
ſtehenden Strafgeſetzen nicht zuwiderlaufen ſollen, eine beſondere Rege-
lung des Vereinsrechts verſprochen, wie ſchon das Erfurter Parlament
gefordert. Dieſe Regelung iſt nun in einzelnen Bundesſtaaten wirk-
lich eingetreten, und zwar in der Weiſe, daß einige Staaten ſofort
beſondere Vereinsgeſetze erließen, andere nicht, ſo daß wieder erneuert
der Bund eintrat, und das Bundesgeſetz vom 13. Juli 1854 das Vereins-
weſen betreffend erließ. Das deutſche Vereinsrecht hat daher jetzt eine
zweifache Geſtalt; es iſt ein Bundesrecht, und ein Recht der einzelnen Staa-
ten, ſo daß auch nach Auflöſung des deutſchen Bundes das Geſetz von 1854
da als gültig angeſehen werden muß, wo es publicirt worden iſt. Das
letztere enthält nun im Weſentlichen die leitenden Gedanken der Terri-
torialgeſetze, in ein Ganzes zuſammengefaßt. Die grundſätzlichen Be-
ſtimmungen ſind: jeder politiſche Verein ſoll der Erlaubniß bedürfen,
und überwacht werden; jeder ſolcher Verein kann, jeder Verein von
Arbeitern mit ſocialiſtiſchen Zwecken (!) ſoll verboten werden; Minder-
jährige dürfen nicht beitreten; und jede Verbindung der Vereine unter
einander iſt an und für ſich verboten (die Principien der Publicität,
der Localiſirung und der obrigkeitlichen Erlaubniß). Zöpfl, deutſches
Staatsrecht II. §§. 468, 469. Im Allgemeinen ſind nun die territorialen
Geſetze viel freiheitlicher als dieß letzte Geſetz des deutſchen Bundes.
Die erſte große Geſetzgebung über das Vereinsweſen war das preußiſche
Vereinsgeſetz vom 11. März 1850, das ſich an die Verfaſſung von 1848
und 1850 anſchloß. Beide hatten ihrerſeits das Recht der Vereine un-
beſchränkt anerkannt, jedoch hatte die Verfaſſung von 1850 (Art. 30)
Stein, die Verwaltungslehre. IV. 8
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