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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867.

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in den strafrechtlichen Folgen der unerlaubten Errichtung derselben.
Dadurch war nun das Polizeirecht wieder auf das enge Maß der ge-
richtlichen Polizei zurückgeführt; die Polizei hatte, wieder mit oder ohne
Befehl, nur zu bewachen, daß nicht solche unerlaubte Verbindungen
entstehen, und die Uebertreter an das Gericht zu liefern. Das Recht
der Verbindungen ward zum reinen Strafrecht. Man kann dieß,
wie gesagt, als die zweite Epoche des letzteren betrachten.

Die dritte Epoche tritt nun da ein, wo diese politischen Verbin-
dungen "erlaubt" sind. Erst hier kann es sich um ein eigentliches
Sicherheitspolizeirecht handeln. Denn es ist doch kein Zweifel, daß,
mag auch die Absicht der Verbindungen oder politischen Vereine noch so
edel und an sich unbedenklich sein, die Thatsache derselben eine Gefahr
für die öffentliche Rechtsordnung enthält. Während daher hier die ge-
richtliche Polizei diesen Verbindungen als solchen gegenüber ausgeschlossen
ist, und höchstens gegen die Vornahmen Einzelner innerhalb der Vereine
gerichtet werden kann -- wie wenn in denselben Einzelne zum Hoch-
verrath etc. auffordern -- tritt statt derselben die höhere Sicherheitspolizei
ein. Und das Recht dieser Sicherheitspolizei ist nun hier das eigentliche
öffentliche Recht der "politischen Vereine" oder Verbindungen.

Man wird es dem Obigen nach nunmehr wohl nicht unerklärlich
finden, wenn dieß Recht noch keineswegs ein fertiges und klares ist.
Es ist, wenigstens in den deutschen Staaten, noch sehr in der Entwick-
lung begriffen, und es scheint daher, abgesehen von dem positiven gel-
tenden Recht, nicht unwichtig, die Grundkategorien des Sicherheits-
polizeirechts der Verbindungen hier aufzustellen. Als diese erscheinen
uns folgende:

Erstlich darf die Sicherheitspolizei selbst bei völliger Freiheit der
Verbindungen -- natürlich stets unter Ausschluß jeder geheimen Ge-
sellschaft -- fordern, daß ihr von dem Dasein, der Organisation, den
leitenden Persönlichkeiten und den Zusammenkünften regelmäßige und
genaue Anzeige gemacht werde. Mit Recht soll man auch die staats-
bürgerliche Mündigkeit als Bedingung des Eintritts verlangen.

Zweitens muß die Sicherheitspolizei das Recht der Kenntniß
jedes Aktes solcher Verbindungen besitzen, und daher ihre Organe zur
Theilnahme an den Versammlungen senden dürfen, so wie man ihr
das Recht der Einsicht in die Beschlüsse nicht vorenthalten kann. Das
Recht der Beschlagnahme soll jedoch unter die Grundsätze der Einzel-
polizei fallen (siehe unten).

Drittens muß man den Grundsatz der Localisirung festhalten.
Unter Localisirung ist dasjenige Recht zu verstehen, vermöge dessen die
Bildung gemeinsamer Beschlüsse verschiedener Verbindungen an

in den ſtrafrechtlichen Folgen der unerlaubten Errichtung derſelben.
Dadurch war nun das Polizeirecht wieder auf das enge Maß der ge-
richtlichen Polizei zurückgeführt; die Polizei hatte, wieder mit oder ohne
Befehl, nur zu bewachen, daß nicht ſolche unerlaubte Verbindungen
entſtehen, und die Uebertreter an das Gericht zu liefern. Das Recht
der Verbindungen ward zum reinen Strafrecht. Man kann dieß,
wie geſagt, als die zweite Epoche des letzteren betrachten.

Die dritte Epoche tritt nun da ein, wo dieſe politiſchen Verbin-
dungen „erlaubt“ ſind. Erſt hier kann es ſich um ein eigentliches
Sicherheitspolizeirecht handeln. Denn es iſt doch kein Zweifel, daß,
mag auch die Abſicht der Verbindungen oder politiſchen Vereine noch ſo
edel und an ſich unbedenklich ſein, die Thatſache derſelben eine Gefahr
für die öffentliche Rechtsordnung enthält. Während daher hier die ge-
richtliche Polizei dieſen Verbindungen als ſolchen gegenüber ausgeſchloſſen
iſt, und höchſtens gegen die Vornahmen Einzelner innerhalb der Vereine
gerichtet werden kann — wie wenn in denſelben Einzelne zum Hoch-
verrath ꝛc. auffordern — tritt ſtatt derſelben die höhere Sicherheitspolizei
ein. Und das Recht dieſer Sicherheitspolizei iſt nun hier das eigentliche
öffentliche Recht der „politiſchen Vereine“ oder Verbindungen.

Man wird es dem Obigen nach nunmehr wohl nicht unerklärlich
finden, wenn dieß Recht noch keineswegs ein fertiges und klares iſt.
Es iſt, wenigſtens in den deutſchen Staaten, noch ſehr in der Entwick-
lung begriffen, und es ſcheint daher, abgeſehen von dem poſitiven gel-
tenden Recht, nicht unwichtig, die Grundkategorien des Sicherheits-
polizeirechts der Verbindungen hier aufzuſtellen. Als dieſe erſcheinen
uns folgende:

Erſtlich darf die Sicherheitspolizei ſelbſt bei völliger Freiheit der
Verbindungen — natürlich ſtets unter Ausſchluß jeder geheimen Ge-
ſellſchaft — fordern, daß ihr von dem Daſein, der Organiſation, den
leitenden Perſönlichkeiten und den Zuſammenkünften regelmäßige und
genaue Anzeige gemacht werde. Mit Recht ſoll man auch die ſtaats-
bürgerliche Mündigkeit als Bedingung des Eintritts verlangen.

Zweitens muß die Sicherheitspolizei das Recht der Kenntniß
jedes Aktes ſolcher Verbindungen beſitzen, und daher ihre Organe zur
Theilnahme an den Verſammlungen ſenden dürfen, ſo wie man ihr
das Recht der Einſicht in die Beſchlüſſe nicht vorenthalten kann. Das
Recht der Beſchlagnahme ſoll jedoch unter die Grundſätze der Einzel-
polizei fallen (ſiehe unten).

Drittens muß man den Grundſatz der Localiſirung feſthalten.
Unter Localiſirung iſt dasjenige Recht zu verſtehen, vermöge deſſen die
Bildung gemeinſamer Beſchlüſſe verſchiedener Verbindungen an

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[110/0132] in den ſtrafrechtlichen Folgen der unerlaubten Errichtung derſelben. Dadurch war nun das Polizeirecht wieder auf das enge Maß der ge- richtlichen Polizei zurückgeführt; die Polizei hatte, wieder mit oder ohne Befehl, nur zu bewachen, daß nicht ſolche unerlaubte Verbindungen entſtehen, und die Uebertreter an das Gericht zu liefern. Das Recht der Verbindungen ward zum reinen Strafrecht. Man kann dieß, wie geſagt, als die zweite Epoche des letzteren betrachten. Die dritte Epoche tritt nun da ein, wo dieſe politiſchen Verbin- dungen „erlaubt“ ſind. Erſt hier kann es ſich um ein eigentliches Sicherheitspolizeirecht handeln. Denn es iſt doch kein Zweifel, daß, mag auch die Abſicht der Verbindungen oder politiſchen Vereine noch ſo edel und an ſich unbedenklich ſein, die Thatſache derſelben eine Gefahr für die öffentliche Rechtsordnung enthält. Während daher hier die ge- richtliche Polizei dieſen Verbindungen als ſolchen gegenüber ausgeſchloſſen iſt, und höchſtens gegen die Vornahmen Einzelner innerhalb der Vereine gerichtet werden kann — wie wenn in denſelben Einzelne zum Hoch- verrath ꝛc. auffordern — tritt ſtatt derſelben die höhere Sicherheitspolizei ein. Und das Recht dieſer Sicherheitspolizei iſt nun hier das eigentliche öffentliche Recht der „politiſchen Vereine“ oder Verbindungen. Man wird es dem Obigen nach nunmehr wohl nicht unerklärlich finden, wenn dieß Recht noch keineswegs ein fertiges und klares iſt. Es iſt, wenigſtens in den deutſchen Staaten, noch ſehr in der Entwick- lung begriffen, und es ſcheint daher, abgeſehen von dem poſitiven gel- tenden Recht, nicht unwichtig, die Grundkategorien des Sicherheits- polizeirechts der Verbindungen hier aufzuſtellen. Als dieſe erſcheinen uns folgende: Erſtlich darf die Sicherheitspolizei ſelbſt bei völliger Freiheit der Verbindungen — natürlich ſtets unter Ausſchluß jeder geheimen Ge- ſellſchaft — fordern, daß ihr von dem Daſein, der Organiſation, den leitenden Perſönlichkeiten und den Zuſammenkünften regelmäßige und genaue Anzeige gemacht werde. Mit Recht ſoll man auch die ſtaats- bürgerliche Mündigkeit als Bedingung des Eintritts verlangen. Zweitens muß die Sicherheitspolizei das Recht der Kenntniß jedes Aktes ſolcher Verbindungen beſitzen, und daher ihre Organe zur Theilnahme an den Verſammlungen ſenden dürfen, ſo wie man ihr das Recht der Einſicht in die Beſchlüſſe nicht vorenthalten kann. Das Recht der Beſchlagnahme ſoll jedoch unter die Grundſätze der Einzel- polizei fallen (ſiehe unten). Drittens muß man den Grundſatz der Localiſirung feſthalten. Unter Localiſirung iſt dasjenige Recht zu verſtehen, vermöge deſſen die Bildung gemeinſamer Beſchlüſſe verſchiedener Verbindungen an

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre04_1867/132>, abgerufen am 04.12.2024.