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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867.

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einzige bedeutende Erscheinung ist die Gesetzgebung über die gewerblichen
Anlagen. Dieselben waren früher, wie alles übrige jetzt noch, "aban-
donnes a la prudence des intendants."
Erst das Decret vom 15. Oct.
1810 organisirte die Anlage im gesundheitspolizeilichen Sinne, am um-
sichtigsten in Europa, durch Aufstellung der drei Classen der Etablisse-
ments dangereux, insalubres
und incommodes. Grundsatz, daß die
erste Classe nur vom Staatsrath, die zweite vom Präfekten, die dritte
vom Unterpräfekten erlaubt werden; das Gesetz vom 27. Januar 1837
zählt mehr als 300 Arten der Gewerbe auf, die dahin gehören. (La-
ferriere
Dr. admin. T. I.
1. 3. nebst Literatur.) Etabl. dangereux
(Block, Dict. de l'admin.).
Die sociale Seite der Verwaltung ward
erst nachdrücklich in den Vordergrund gestellt durch den Rapport sur
les habitations des classes ouvrieres
von Villerme 1840; doch ist
allerdings eine wesentliche Aenderung in den Verhältnissen nicht ein-
getreten, während die gewerbliche, in den obigen Bestimmungen liegende
niedere Sanitätspolizei streng entwickelt ist. Das ausschließlich berech-
tigte Organ ist auch jetzt noch der Maire. Die Commissions des loge-
ments insalubres
in den einzelnen Gemeinden (durch Gesetz vom 30. April
1850 eingesetzt), haben nach Trebuchet noch nichts gewirkt. (Block
voc. hygiene publique.
(Levy Traite d'hygiene publique et privee
2 Bde. 1850. Baupolizei, speciell. I. 591.)

Deutschland. Die deutsche Baupolizei liefert den Beweis, daß
bei aller Entwicklung der Theorie doch erst entweder direkte Gefahr oder
die Dichtigkeit der Bevölkerung dieselbe zur praktischen Ausbildung
bringen. Franks Darstellungen blieben für die Gesetzgebung fast
unbeachtet, selbst Berg schreibt nur Frank ab (II. Bd. III. 2. Hauptst. 3).
Das geltende Recht war im ganzen vorigen Jahrhundert nur Sicher-
heitspolizei des Bauwesens, namentlich gegen Feuer. Das öffentliche
Bauwesen hat sich unterdessen durch fachmännische technische Bildung im
Baufache sehr gehoben; allein es ist ein großer Mangel, daß in dieser
Bildung das Berücksichtigen des sanitären Elementes gänzlich fehlt. Die
Anfänge sind jedoch vorhanden. Geschichte dieser Verordnung bei Frank
IV. I. 1; das Beste über die Verbindung des sanitären mit dem sicher-
heitspolizeilichen Standpunkt bei Kopetz, Oesterr. Polizeirecht II. §. 738
bis 748 ff. Oesterreich hat schon seit Maria Theresia eine Menge
einzelner Verordnungen, die seit Joseph II. zu den allgemeinen Bau-
ordnungen
für ganze Länder und Städte führen. Stubenrauch,
Verwaltungsgesetzkunde §. 230 mit Literatur. Kopetz §. 749 ff. (Polizei-
Maßregeln zur gesunden Beschaffenheit der Wohnungen). Spezielle Vor-
schriften über den Bau von Schulhäusern (Kopetz 757); Versuche,
durch Aufklärung bei dem Volke zu wirken; Einführung des Wohnungs-

einzige bedeutende Erſcheinung iſt die Geſetzgebung über die gewerblichen
Anlagen. Dieſelben waren früher, wie alles übrige jetzt noch, „aban-
donnés à la prudence des intendants.“
Erſt das Decret vom 15. Oct.
1810 organiſirte die Anlage im geſundheitspolizeilichen Sinne, am um-
ſichtigſten in Europa, durch Aufſtellung der drei Claſſen der Etablisse-
ments dangereux, insalubres
und incommodes. Grundſatz, daß die
erſte Claſſe nur vom Staatsrath, die zweite vom Präfekten, die dritte
vom Unterpräfekten erlaubt werden; das Geſetz vom 27. Januar 1837
zählt mehr als 300 Arten der Gewerbe auf, die dahin gehören. (La-
ferrière
Dr. admin. T. I.
1. 3. nebſt Literatur.) Etabl. dangereux
(Block, Dict. de l’admin.).
Die ſociale Seite der Verwaltung ward
erſt nachdrücklich in den Vordergrund geſtellt durch den Rapport sur
les habitations des classes ouvrières
von Villermé 1840; doch iſt
allerdings eine weſentliche Aenderung in den Verhältniſſen nicht ein-
getreten, während die gewerbliche, in den obigen Beſtimmungen liegende
niedere Sanitätspolizei ſtreng entwickelt iſt. Das ausſchließlich berech-
tigte Organ iſt auch jetzt noch der Maire. Die Commissions des loge-
ments insalubres
in den einzelnen Gemeinden (durch Geſetz vom 30. April
1850 eingeſetzt), haben nach Trebuchet noch nichts gewirkt. (Block
voc. hygiène publique.
(Levy Traité d’hygiène publique et privée
2 Bde. 1850. Baupolizei, ſpeciell. I. 591.)

Deutſchland. Die deutſche Baupolizei liefert den Beweis, daß
bei aller Entwicklung der Theorie doch erſt entweder direkte Gefahr oder
die Dichtigkeit der Bevölkerung dieſelbe zur praktiſchen Ausbildung
bringen. Franks Darſtellungen blieben für die Geſetzgebung faſt
unbeachtet, ſelbſt Berg ſchreibt nur Frank ab (II. Bd. III. 2. Hauptſt. 3).
Das geltende Recht war im ganzen vorigen Jahrhundert nur Sicher-
heitspolizei des Bauweſens, namentlich gegen Feuer. Das öffentliche
Bauweſen hat ſich unterdeſſen durch fachmänniſche techniſche Bildung im
Baufache ſehr gehoben; allein es iſt ein großer Mangel, daß in dieſer
Bildung das Berückſichtigen des ſanitären Elementes gänzlich fehlt. Die
Anfänge ſind jedoch vorhanden. Geſchichte dieſer Verordnung bei Frank
IV. I. 1; das Beſte über die Verbindung des ſanitären mit dem ſicher-
heitspolizeilichen Standpunkt bei Kopetz, Oeſterr. Polizeirecht II. §. 738
bis 748 ff. Oeſterreich hat ſchon ſeit Maria Thereſia eine Menge
einzelner Verordnungen, die ſeit Joſeph II. zu den allgemeinen Bau-
ordnungen
für ganze Länder und Städte führen. Stubenrauch,
Verwaltungsgeſetzkunde §. 230 mit Literatur. Kopetz §. 749 ff. (Polizei-
Maßregeln zur geſunden Beſchaffenheit der Wohnungen). Spezielle Vor-
ſchriften über den Bau von Schulhäuſern (Kopetz 757); Verſuche,
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[71/0087] einzige bedeutende Erſcheinung iſt die Geſetzgebung über die gewerblichen Anlagen. Dieſelben waren früher, wie alles übrige jetzt noch, „aban- donnés à la prudence des intendants.“ Erſt das Decret vom 15. Oct. 1810 organiſirte die Anlage im geſundheitspolizeilichen Sinne, am um- ſichtigſten in Europa, durch Aufſtellung der drei Claſſen der Etablisse- ments dangereux, insalubres und incommodes. Grundſatz, daß die erſte Claſſe nur vom Staatsrath, die zweite vom Präfekten, die dritte vom Unterpräfekten erlaubt werden; das Geſetz vom 27. Januar 1837 zählt mehr als 300 Arten der Gewerbe auf, die dahin gehören. (La- ferrière Dr. admin. T. I. 1. 3. nebſt Literatur.) Etabl. dangereux (Block, Dict. de l’admin.). Die ſociale Seite der Verwaltung ward erſt nachdrücklich in den Vordergrund geſtellt durch den Rapport sur les habitations des classes ouvrières von Villermé 1840; doch iſt allerdings eine weſentliche Aenderung in den Verhältniſſen nicht ein- getreten, während die gewerbliche, in den obigen Beſtimmungen liegende niedere Sanitätspolizei ſtreng entwickelt iſt. Das ausſchließlich berech- tigte Organ iſt auch jetzt noch der Maire. Die Commissions des loge- ments insalubres in den einzelnen Gemeinden (durch Geſetz vom 30. April 1850 eingeſetzt), haben nach Trebuchet noch nichts gewirkt. (Block voc. hygiène publique. (Levy Traité d’hygiène publique et privée 2 Bde. 1850. Baupolizei, ſpeciell. I. 591.) Deutſchland. Die deutſche Baupolizei liefert den Beweis, daß bei aller Entwicklung der Theorie doch erſt entweder direkte Gefahr oder die Dichtigkeit der Bevölkerung dieſelbe zur praktiſchen Ausbildung bringen. Franks Darſtellungen blieben für die Geſetzgebung faſt unbeachtet, ſelbſt Berg ſchreibt nur Frank ab (II. Bd. III. 2. Hauptſt. 3). Das geltende Recht war im ganzen vorigen Jahrhundert nur Sicher- heitspolizei des Bauweſens, namentlich gegen Feuer. Das öffentliche Bauweſen hat ſich unterdeſſen durch fachmänniſche techniſche Bildung im Baufache ſehr gehoben; allein es iſt ein großer Mangel, daß in dieſer Bildung das Berückſichtigen des ſanitären Elementes gänzlich fehlt. Die Anfänge ſind jedoch vorhanden. Geſchichte dieſer Verordnung bei Frank IV. I. 1; das Beſte über die Verbindung des ſanitären mit dem ſicher- heitspolizeilichen Standpunkt bei Kopetz, Oeſterr. Polizeirecht II. §. 738 bis 748 ff. Oeſterreich hat ſchon ſeit Maria Thereſia eine Menge einzelner Verordnungen, die ſeit Joſeph II. zu den allgemeinen Bau- ordnungen für ganze Länder und Städte führen. Stubenrauch, Verwaltungsgeſetzkunde §. 230 mit Literatur. Kopetz §. 749 ff. (Polizei- Maßregeln zur geſunden Beſchaffenheit der Wohnungen). Spezielle Vor- ſchriften über den Bau von Schulhäuſern (Kopetz 757); Verſuche, durch Aufklärung bei dem Volke zu wirken; Einführung des Wohnungs-

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre03_1867/87>, abgerufen am 22.11.2024.