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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867.

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oder drei Mitglieder desselben gewisse Maßregeln zur Verhütung der
Ausbreitung epidemischer Krankheiten zu erlassen, die dann in Spezial-
verordnungen weiter ausgeführt werden können. Dieß ist zuletzt bestimmt
formulirt in 18. 19. Vict. c. 116, begonnen 9. 10. Vict. c. 96. Eine
Sammlung ist mir nicht bekannt; auch gelten diese Ordres meist nur
für einzelne und temporäre Verhältnisse. (Gneist, Englisches Verwaltungs-
recht II. §. 113.) -- In Frankreich ward die allgemeine Grundlage
schon durch das organische Gesetz vom 16.--24. August 1790 gelegt,
dessen Charakter sich bis jetzt erhalten hat; Laferriere Droit adm. I. 1.
"la comme en beaucoup d'autres matieres, la loi laisse faire aux
hommes
."
Die Ortsbehörde hat, wie bei der Pest, die precautions
convenables
zu ergreifen. Seit Dekret vom 2. Mai 1805 waren medecins
des epidemies
in jedem Arrondissement ernannt; die erste allgemeine
Instruktion für dieselben ist von 1813. Die genauere dagegen, wieder
in Veranlassung der Cholera, Circ. vom 13. April 1835; charakteristisch
dabei eben die Ausdehnung auf das gesammte Seuchenwesen, und
dem entsprechend die Allgemeinheit der Vorschriften mit speziellem Hin-
weis auf die Thätigkeit des Heilpersonals. Arret 1. Sept. 1851. (Tar-
dieu
a. a. O.) -- Oesterreich. Die Natur der Cholera brachte hier
den großen Fortschritt, daß die ganze Pestgesetzgebung, also namentlich
die Absperrung auf dieselbe für unanwendbar erklärt ward (11. Okt.
1831). Dann entstand die sehr genaue und umfassende Seucheninstruk-
tion vom 15. Aug. 1838 (Stubenrauch II. §. 300). -- Preußen.
Hier ist die systematische Entwicklung des allgemeinen Seuchenwesens
in Folge der Cholera eingetreten, nachdem sie schon vielfach vorher in
einzelnen Anordnungen begonnen war. Der Anfang war die Nie-
dersetzung einer eigenen Commission durch Kabinetsordre vom 19. Jan.
1832; daraus ging dann das große Regulativ vom 8. August 1835
hervor, das alle Seuchen umfaßt; nebst Instruktion und öffentlicher
Belehrung, publicirt 28. Okt. 1835; theils aus allgemeinen Vorschriften
bestehend, theils Vorschriften für die einzelnen Seuchen und das Ver-
fahren bei denselben enthaltend (Rönne, Staatsrecht §. 362; namentlich
Horn, preuß. Medicinalwesen a. a. O.). -- In Württemberg hat die
Cholera seit der ersten Verordnung vom 13. Juli 1831 eine Reihe von
einzelnen, speziell auf dieselbe bezüglichen Bestimmungen hervorgerufen
(Roller, württemb. Polizeigesetz §. 158). -- In Bayern hat das Straf-
Polizeigesetzbuch die Anzeige von ansteckenden Krankheiten zur Pflicht ge-
macht, und sogar die Nichtreinigung von gebrauchten Kleidern etc. mit
Bußen belegt (Art. 120. 121). In anderen Staaten dürfte kaum eine
spezielle Gesetzgebung vorhanden sein. Baden, Polizeistrafrecht von 1863,
§. 85 ff., wie Bayern. S. Stempf D. Polizeistrafgesetzbuch, 1865, S. 182.

oder drei Mitglieder deſſelben gewiſſe Maßregeln zur Verhütung der
Ausbreitung epidemiſcher Krankheiten zu erlaſſen, die dann in Spezial-
verordnungen weiter ausgeführt werden können. Dieß iſt zuletzt beſtimmt
formulirt in 18. 19. Vict. c. 116, begonnen 9. 10. Vict. c. 96. Eine
Sammlung iſt mir nicht bekannt; auch gelten dieſe Ordres meiſt nur
für einzelne und temporäre Verhältniſſe. (Gneiſt, Engliſches Verwaltungs-
recht II. §. 113.) — In Frankreich ward die allgemeine Grundlage
ſchon durch das organiſche Geſetz vom 16.—24. Auguſt 1790 gelegt,
deſſen Charakter ſich bis jetzt erhalten hat; Laferrière Droit adm. I. 1.
„là comme en beaucoup d’autres matières, la loi laisse faire aux
hommes
.“
Die Ortsbehörde hat, wie bei der Peſt, die précautions
convenables
zu ergreifen. Seit Dekret vom 2. Mai 1805 waren médecins
des epidémies
in jedem Arrondiſſement ernannt; die erſte allgemeine
Inſtruktion für dieſelben iſt von 1813. Die genauere dagegen, wieder
in Veranlaſſung der Cholera, Circ. vom 13. April 1835; charakteriſtiſch
dabei eben die Ausdehnung auf das geſammte Seuchenweſen, und
dem entſprechend die Allgemeinheit der Vorſchriften mit ſpeziellem Hin-
weis auf die Thätigkeit des Heilperſonals. Arrêt 1. Sept. 1851. (Tar-
dieu
a. a. O.) — Oeſterreich. Die Natur der Cholera brachte hier
den großen Fortſchritt, daß die ganze Peſtgeſetzgebung, alſo namentlich
die Abſperrung auf dieſelbe für unanwendbar erklärt ward (11. Okt.
1831). Dann entſtand die ſehr genaue und umfaſſende Seucheninſtruk-
tion vom 15. Aug. 1838 (Stubenrauch II. §. 300). — Preußen.
Hier iſt die ſyſtematiſche Entwicklung des allgemeinen Seuchenweſens
in Folge der Cholera eingetreten, nachdem ſie ſchon vielfach vorher in
einzelnen Anordnungen begonnen war. Der Anfang war die Nie-
derſetzung einer eigenen Commiſſion durch Kabinetsordre vom 19. Jan.
1832; daraus ging dann das große Regulativ vom 8. Auguſt 1835
hervor, das alle Seuchen umfaßt; nebſt Inſtruktion und öffentlicher
Belehrung, publicirt 28. Okt. 1835; theils aus allgemeinen Vorſchriften
beſtehend, theils Vorſchriften für die einzelnen Seuchen und das Ver-
fahren bei denſelben enthaltend (Rönne, Staatsrecht §. 362; namentlich
Horn, preuß. Medicinalweſen a. a. O.). — In Württemberg hat die
Cholera ſeit der erſten Verordnung vom 13. Juli 1831 eine Reihe von
einzelnen, ſpeziell auf dieſelbe bezüglichen Beſtimmungen hervorgerufen
(Roller, württemb. Polizeigeſetz §. 158). — In Bayern hat das Straf-
Polizeigeſetzbuch die Anzeige von anſteckenden Krankheiten zur Pflicht ge-
macht, und ſogar die Nichtreinigung von gebrauchten Kleidern ꝛc. mit
Bußen belegt (Art. 120. 121). In anderen Staaten dürfte kaum eine
ſpezielle Geſetzgebung vorhanden ſein. Baden, Polizeiſtrafrecht von 1863,
§. 85 ff., wie Bayern. S. Stempf D. Polizeiſtrafgeſetzbuch, 1865, S. 182.

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[50/0066] oder drei Mitglieder deſſelben gewiſſe Maßregeln zur Verhütung der Ausbreitung epidemiſcher Krankheiten zu erlaſſen, die dann in Spezial- verordnungen weiter ausgeführt werden können. Dieß iſt zuletzt beſtimmt formulirt in 18. 19. Vict. c. 116, begonnen 9. 10. Vict. c. 96. Eine Sammlung iſt mir nicht bekannt; auch gelten dieſe Ordres meiſt nur für einzelne und temporäre Verhältniſſe. (Gneiſt, Engliſches Verwaltungs- recht II. §. 113.) — In Frankreich ward die allgemeine Grundlage ſchon durch das organiſche Geſetz vom 16.—24. Auguſt 1790 gelegt, deſſen Charakter ſich bis jetzt erhalten hat; Laferrière Droit adm. I. 1. „là comme en beaucoup d’autres matières, la loi laisse faire aux hommes.“ Die Ortsbehörde hat, wie bei der Peſt, die précautions convenables zu ergreifen. Seit Dekret vom 2. Mai 1805 waren médecins des epidémies in jedem Arrondiſſement ernannt; die erſte allgemeine Inſtruktion für dieſelben iſt von 1813. Die genauere dagegen, wieder in Veranlaſſung der Cholera, Circ. vom 13. April 1835; charakteriſtiſch dabei eben die Ausdehnung auf das geſammte Seuchenweſen, und dem entſprechend die Allgemeinheit der Vorſchriften mit ſpeziellem Hin- weis auf die Thätigkeit des Heilperſonals. Arrêt 1. Sept. 1851. (Tar- dieu a. a. O.) — Oeſterreich. Die Natur der Cholera brachte hier den großen Fortſchritt, daß die ganze Peſtgeſetzgebung, alſo namentlich die Abſperrung auf dieſelbe für unanwendbar erklärt ward (11. Okt. 1831). Dann entſtand die ſehr genaue und umfaſſende Seucheninſtruk- tion vom 15. Aug. 1838 (Stubenrauch II. §. 300). — Preußen. Hier iſt die ſyſtematiſche Entwicklung des allgemeinen Seuchenweſens in Folge der Cholera eingetreten, nachdem ſie ſchon vielfach vorher in einzelnen Anordnungen begonnen war. Der Anfang war die Nie- derſetzung einer eigenen Commiſſion durch Kabinetsordre vom 19. Jan. 1832; daraus ging dann das große Regulativ vom 8. Auguſt 1835 hervor, das alle Seuchen umfaßt; nebſt Inſtruktion und öffentlicher Belehrung, publicirt 28. Okt. 1835; theils aus allgemeinen Vorſchriften beſtehend, theils Vorſchriften für die einzelnen Seuchen und das Ver- fahren bei denſelben enthaltend (Rönne, Staatsrecht §. 362; namentlich Horn, preuß. Medicinalweſen a. a. O.). — In Württemberg hat die Cholera ſeit der erſten Verordnung vom 13. Juli 1831 eine Reihe von einzelnen, ſpeziell auf dieſelbe bezüglichen Beſtimmungen hervorgerufen (Roller, württemb. Polizeigeſetz §. 158). — In Bayern hat das Straf- Polizeigeſetzbuch die Anzeige von anſteckenden Krankheiten zur Pflicht ge- macht, und ſogar die Nichtreinigung von gebrauchten Kleidern ꝛc. mit Bußen belegt (Art. 120. 121). In anderen Staaten dürfte kaum eine ſpezielle Geſetzgebung vorhanden ſein. Baden, Polizeiſtrafrecht von 1863, §. 85 ff., wie Bayern. S. Stempf D. Polizeiſtrafgeſetzbuch, 1865, S. 182.

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre03_1867/66>, abgerufen am 22.11.2024.