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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867.

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ist (friendly societies, caisses de secours mutuels, Krankenversiche-
rungen). Freilich fehlt dieser ganzen Richtung nach dem Charakter
ihres Ursprunges und ihres nächsten Zweckes das ärztliche Element;
sie hat sich bisher nur auf die wirthschaftliche Hülfe beschränkt und sieht
ihrer höheren sanitären Entwicklung noch entgegen. Es wäre wohl
Sache der Gemeinden, hier im öffentlichen Interesse der Gesundheit
die Bedingungen dieses Fortschrittes zu bieten.


Die Behandlung der Lehre von den Hospitälern ist noch immer
strenge in die rein medicinische und rein juristische geschieden, und nur
in einzelnen Werken eine beide umfassende. Freilich gehört das öffent-
liche Recht hier zum großen Theil dem Heimaths- und Armenwesen an,
und in dieser Beziehung ist der Charakter Englands, Frankreichs und
Deutschlands sehr verschieden.

In England gibt es kein allgemeines öffentliches Recht dieser
Heilanstalten; die einzelnen Hospitäler sind meist Vereinshospitäler mit
eigener statutarischer Verwaltung. Die Gesundheitsverwaltung nimmt
dabei kein direkt anerkanntes Recht auf Oberaufsicht in Anspruch. Das
Armenkrankenwesen bildet keinen besonderen Theil der allgemeinen
Armenverwaltung; Armenärzte gibt es nicht. Von den wenigen Staats-
hospitälern hat das große Greenwich-Hospital durch 28, 29 Vict. 89
eine neue Organisation erhalten. -- Ganz anders ist das System
Frankreichs. Das Hospitalwesen Frankreichs war vor der Revolution
als Glied der ständischen Verwaltung sehr ausgebildet, aber nur örtlich
und ohne Einheit. Durch die Revolution empfing das Hospitalwesen
seinen Charakter als allgemein staatliche Organisation der Hülfe für
Arbeitsunfähige und Kranke zugleich
, wesentlich auf Grundlage
einer allgemeinen Amensteuer (1 Cent. pr. Entreebillet in das Theater).
Daneben besitzen Einzelne noch ein eigenes Vermögen. Die Hospitäler
Frankreichs scheiden sich demgemäß nach ihren Aufgaben in hospices
(für Alte und Schwache), hopitaux (für eigentliche Kranke) und hos-
pices-hopitaux
(für beide Classen). Die Organisation derselben ist auf
Grundlage des Gesetzes vom 16. Vend. an. V (1796) errichtet. Grund-
gedanke war Selbstverwaltung durch gewählte Organe; das Gesetz vom
7. Mess. an XI (7. August 1801) gab dagegen einen wesentlichen Theil
der Verwaltung den Behörden, was dann die Ordonnanz vom 31. Okto-
ber 1821 genauer bestimmte und das Gesetz vom 6. Juni 1830 änderte.
-- Die Errichtung ward durch Dekret vom 17. Januar 1806 von
der behördlichen Genehmigung abhängig; das Dekret vom 25. März 1852
läßt alle verwaltenden Organe von Präfekten ernennen. Die wirth-

iſt (friendly societies, caisses de secours mutuels, Krankenverſiche-
rungen). Freilich fehlt dieſer ganzen Richtung nach dem Charakter
ihres Urſprunges und ihres nächſten Zweckes das ärztliche Element;
ſie hat ſich bisher nur auf die wirthſchaftliche Hülfe beſchränkt und ſieht
ihrer höheren ſanitären Entwicklung noch entgegen. Es wäre wohl
Sache der Gemeinden, hier im öffentlichen Intereſſe der Geſundheit
die Bedingungen dieſes Fortſchrittes zu bieten.


Die Behandlung der Lehre von den Hoſpitälern iſt noch immer
ſtrenge in die rein mediciniſche und rein juriſtiſche geſchieden, und nur
in einzelnen Werken eine beide umfaſſende. Freilich gehört das öffent-
liche Recht hier zum großen Theil dem Heimaths- und Armenweſen an,
und in dieſer Beziehung iſt der Charakter Englands, Frankreichs und
Deutſchlands ſehr verſchieden.

In England gibt es kein allgemeines öffentliches Recht dieſer
Heilanſtalten; die einzelnen Hoſpitäler ſind meiſt Vereinshoſpitäler mit
eigener ſtatutariſcher Verwaltung. Die Geſundheitsverwaltung nimmt
dabei kein direkt anerkanntes Recht auf Oberaufſicht in Anſpruch. Das
Armenkrankenweſen bildet keinen beſonderen Theil der allgemeinen
Armenverwaltung; Armenärzte gibt es nicht. Von den wenigen Staats-
hoſpitälern hat das große Greenwich-Hoſpital durch 28, 29 Vict. 89
eine neue Organiſation erhalten. — Ganz anders iſt das Syſtem
Frankreichs. Das Hoſpitalweſen Frankreichs war vor der Revolution
als Glied der ſtändiſchen Verwaltung ſehr ausgebildet, aber nur örtlich
und ohne Einheit. Durch die Revolution empfing das Hoſpitalweſen
ſeinen Charakter als allgemein ſtaatliche Organiſation der Hülfe für
Arbeitsunfähige und Kranke zugleich
, weſentlich auf Grundlage
einer allgemeinen Amenſteuer (1 Cent. pr. Entréebillet in das Theater).
Daneben beſitzen Einzelne noch ein eigenes Vermögen. Die Hoſpitäler
Frankreichs ſcheiden ſich demgemäß nach ihren Aufgaben in hospices
(für Alte und Schwache), hôpitaux (für eigentliche Kranke) und hos-
pices-hôpitaux
(für beide Claſſen). Die Organiſation derſelben iſt auf
Grundlage des Geſetzes vom 16. Vend. an. V (1796) errichtet. Grund-
gedanke war Selbſtverwaltung durch gewählte Organe; das Geſetz vom
7. Mess. an XI (7. Auguſt 1801) gab dagegen einen weſentlichen Theil
der Verwaltung den Behörden, was dann die Ordonnanz vom 31. Okto-
ber 1821 genauer beſtimmte und das Geſetz vom 6. Juni 1830 änderte.
— Die Errichtung ward durch Dekret vom 17. Januar 1806 von
der behördlichen Genehmigung abhängig; das Dekret vom 25. März 1852
läßt alle verwaltenden Organe von Präfekten ernennen. Die wirth-

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[124/0140] iſt (friendly societies, caisses de secours mutuels, Krankenverſiche- rungen). Freilich fehlt dieſer ganzen Richtung nach dem Charakter ihres Urſprunges und ihres nächſten Zweckes das ärztliche Element; ſie hat ſich bisher nur auf die wirthſchaftliche Hülfe beſchränkt und ſieht ihrer höheren ſanitären Entwicklung noch entgegen. Es wäre wohl Sache der Gemeinden, hier im öffentlichen Intereſſe der Geſundheit die Bedingungen dieſes Fortſchrittes zu bieten. Die Behandlung der Lehre von den Hoſpitälern iſt noch immer ſtrenge in die rein mediciniſche und rein juriſtiſche geſchieden, und nur in einzelnen Werken eine beide umfaſſende. Freilich gehört das öffent- liche Recht hier zum großen Theil dem Heimaths- und Armenweſen an, und in dieſer Beziehung iſt der Charakter Englands, Frankreichs und Deutſchlands ſehr verſchieden. In England gibt es kein allgemeines öffentliches Recht dieſer Heilanſtalten; die einzelnen Hoſpitäler ſind meiſt Vereinshoſpitäler mit eigener ſtatutariſcher Verwaltung. Die Geſundheitsverwaltung nimmt dabei kein direkt anerkanntes Recht auf Oberaufſicht in Anſpruch. Das Armenkrankenweſen bildet keinen beſonderen Theil der allgemeinen Armenverwaltung; Armenärzte gibt es nicht. Von den wenigen Staats- hoſpitälern hat das große Greenwich-Hoſpital durch 28, 29 Vict. 89 eine neue Organiſation erhalten. — Ganz anders iſt das Syſtem Frankreichs. Das Hoſpitalweſen Frankreichs war vor der Revolution als Glied der ſtändiſchen Verwaltung ſehr ausgebildet, aber nur örtlich und ohne Einheit. Durch die Revolution empfing das Hoſpitalweſen ſeinen Charakter als allgemein ſtaatliche Organiſation der Hülfe für Arbeitsunfähige und Kranke zugleich, weſentlich auf Grundlage einer allgemeinen Amenſteuer (1 Cent. pr. Entréebillet in das Theater). Daneben beſitzen Einzelne noch ein eigenes Vermögen. Die Hoſpitäler Frankreichs ſcheiden ſich demgemäß nach ihren Aufgaben in hospices (für Alte und Schwache), hôpitaux (für eigentliche Kranke) und hos- pices-hôpitaux (für beide Claſſen). Die Organiſation derſelben iſt auf Grundlage des Geſetzes vom 16. Vend. an. V (1796) errichtet. Grund- gedanke war Selbſtverwaltung durch gewählte Organe; das Geſetz vom 7. Mess. an XI (7. Auguſt 1801) gab dagegen einen weſentlichen Theil der Verwaltung den Behörden, was dann die Ordonnanz vom 31. Okto- ber 1821 genauer beſtimmte und das Geſetz vom 6. Juni 1830 änderte. — Die Errichtung ward durch Dekret vom 17. Januar 1806 von der behördlichen Genehmigung abhängig; das Dekret vom 25. März 1852 läßt alle verwaltenden Organe von Präfekten ernennen. Die wirth-

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre03_1867/140>, abgerufen am 22.11.2024.