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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867.

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besucht haben. Die alte Jury medical hören auf und die Prüfungen
finden jetzt an den Anstalten selber statt. -- In England beruht das
neueste Recht auf dem Stat. 21, 22 Vict. 90, die einzige allgemeine,
öffentlich-rechtliche ärztliche Ordnung, welche England besitzt. Darnach
sind neun medicinische, namhaft gemachte Körperschaften ausschließlich
berechtigt, ihre Fellows und Licentiates als praktische Aerzte anerkennen
zu lassen. Eine förmliche Prüfung ist auch hier wieder nicht gesetzlich
vorgeschrieben; der Erwerb des Doktorgrades ist frei; die Sicherung
gegen Unfähigkeit besteht nur darin, daß die von jenen Körperschaften
gebildeten Aerzte neben den promovirten Doktoren amtlich registrirt
werden im Medicalregister; die Körperschaften sollen Berichte über ihre
Studirenden einsenden, sie prüfen und materiell sie von der Praxis
zurückweisen. (Vergl. die specielle Darstellung bei Gneist, Verwal-
tungsrecht II. §. 114 ff.) Dem Ganzen steht das General Council of
Medical Art
vor. Allein von einem ausschließlichen Recht auf ärztliche
Praxis ist für diese "registrirten" Aerzte trotzdem keine Rede. -- In
Holland ist mit der neuesten allgemeinen Organisation des Gesund-
heitswesens zugleich ein allgemeines Gesetz über die Prüfung der Aerzte
ergangen (1. Juni 1865), welches allerdings das gesammte berufsmäßige
Heilpersonal umfaßt. Nach diesem Gesetz können auch diejenigen zur
ärztlichen Praxis zugelassen werden, welche keine Universität besucht
haben, aber nachweisen können, daß sie zwei Jahre bei einem Arzte
gedient haben. Daher ist eine eigene Staatsprüfungscommission einge-
setzt. Das Ganze ist ohne Zweifel der oben citirten französischen Ver-
ordnung von 1854 nachgebildet bis auf den Namen (Officieren van
gezondheit
). Die Prüfung selbst ist doppelt: naturwissenschaftlich und
ärztlich; übrigens gibt das Examen Recht auf Praxis im ganzen Reich,
und nicht wie in Frankreich nur in einer Provinz. (Früherer Zustand
de Bosch-Kemper, neederländisches Staatsregt 1865 p. 812.)

3) Das Recht der Praxis.

Das Recht der Praxis ist nun die gesetzlich formulirte Entwick-
lung des Begriffes des öffentlichen Berufes und der daraus folgenden
rechtlichen Bestimmungen. Dasselbe enthält zunächst das Verhältniß
zu dem nicht fachmännisch Gebildeten, dann die örtliche Bestimmung
des Rechts zum Praktiziren, endlich wo das noch besteht, das Recht auf
bestimmte Arten der Ausübung.

Das Recht zur berufsmäßigen Praxis ist ursprünglich ein rein
berufsmäßiges und durch das Doktorat an und für sich erworbenes;
neben demselben beruht das Recht zur gewerbsmäßigen Praxis auf den

beſucht haben. Die alte Jury médical hören auf und die Prüfungen
finden jetzt an den Anſtalten ſelber ſtatt. — In England beruht das
neueſte Recht auf dem Stat. 21, 22 Vict. 90, die einzige allgemeine,
öffentlich-rechtliche ärztliche Ordnung, welche England beſitzt. Darnach
ſind neun mediciniſche, namhaft gemachte Körperſchaften ausſchließlich
berechtigt, ihre Fellows und Licentiates als praktiſche Aerzte anerkennen
zu laſſen. Eine förmliche Prüfung iſt auch hier wieder nicht geſetzlich
vorgeſchrieben; der Erwerb des Doktorgrades iſt frei; die Sicherung
gegen Unfähigkeit beſteht nur darin, daß die von jenen Körperſchaften
gebildeten Aerzte neben den promovirten Doktoren amtlich regiſtrirt
werden im Medicalregiſter; die Körperſchaften ſollen Berichte über ihre
Studirenden einſenden, ſie prüfen und materiell ſie von der Praxis
zurückweiſen. (Vergl. die ſpecielle Darſtellung bei Gneiſt, Verwal-
tungsrecht II. §. 114 ff.) Dem Ganzen ſteht das General Council of
Medical Art
vor. Allein von einem ausſchließlichen Recht auf ärztliche
Praxis iſt für dieſe „regiſtrirten“ Aerzte trotzdem keine Rede. — In
Holland iſt mit der neueſten allgemeinen Organiſation des Geſund-
heitsweſens zugleich ein allgemeines Geſetz über die Prüfung der Aerzte
ergangen (1. Juni 1865), welches allerdings das geſammte berufsmäßige
Heilperſonal umfaßt. Nach dieſem Geſetz können auch diejenigen zur
ärztlichen Praxis zugelaſſen werden, welche keine Univerſität beſucht
haben, aber nachweiſen können, daß ſie zwei Jahre bei einem Arzte
gedient haben. Daher iſt eine eigene Staatsprüfungscommiſſion einge-
ſetzt. Das Ganze iſt ohne Zweifel der oben citirten franzöſiſchen Ver-
ordnung von 1854 nachgebildet bis auf den Namen (Officieren van
gezondheit
). Die Prüfung ſelbſt iſt doppelt: naturwiſſenſchaftlich und
ärztlich; übrigens gibt das Examen Recht auf Praxis im ganzen Reich,
und nicht wie in Frankreich nur in einer Provinz. (Früherer Zuſtand
de Bosch-Kemper, neederländisches Staatsregt 1865 p. 812.)

3) Das Recht der Praxis.

Das Recht der Praxis iſt nun die geſetzlich formulirte Entwick-
lung des Begriffes des öffentlichen Berufes und der daraus folgenden
rechtlichen Beſtimmungen. Daſſelbe enthält zunächſt das Verhältniß
zu dem nicht fachmänniſch Gebildeten, dann die örtliche Beſtimmung
des Rechts zum Praktiziren, endlich wo das noch beſteht, das Recht auf
beſtimmte Arten der Ausübung.

Das Recht zur berufsmäßigen Praxis iſt urſprünglich ein rein
berufsmäßiges und durch das Doktorat an und für ſich erworbenes;
neben demſelben beruht das Recht zur gewerbsmäßigen Praxis auf den

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[105/0121] beſucht haben. Die alte Jury médical hören auf und die Prüfungen finden jetzt an den Anſtalten ſelber ſtatt. — In England beruht das neueſte Recht auf dem Stat. 21, 22 Vict. 90, die einzige allgemeine, öffentlich-rechtliche ärztliche Ordnung, welche England beſitzt. Darnach ſind neun mediciniſche, namhaft gemachte Körperſchaften ausſchließlich berechtigt, ihre Fellows und Licentiates als praktiſche Aerzte anerkennen zu laſſen. Eine förmliche Prüfung iſt auch hier wieder nicht geſetzlich vorgeſchrieben; der Erwerb des Doktorgrades iſt frei; die Sicherung gegen Unfähigkeit beſteht nur darin, daß die von jenen Körperſchaften gebildeten Aerzte neben den promovirten Doktoren amtlich regiſtrirt werden im Medicalregiſter; die Körperſchaften ſollen Berichte über ihre Studirenden einſenden, ſie prüfen und materiell ſie von der Praxis zurückweiſen. (Vergl. die ſpecielle Darſtellung bei Gneiſt, Verwal- tungsrecht II. §. 114 ff.) Dem Ganzen ſteht das General Council of Medical Art vor. Allein von einem ausſchließlichen Recht auf ärztliche Praxis iſt für dieſe „regiſtrirten“ Aerzte trotzdem keine Rede. — In Holland iſt mit der neueſten allgemeinen Organiſation des Geſund- heitsweſens zugleich ein allgemeines Geſetz über die Prüfung der Aerzte ergangen (1. Juni 1865), welches allerdings das geſammte berufsmäßige Heilperſonal umfaßt. Nach dieſem Geſetz können auch diejenigen zur ärztlichen Praxis zugelaſſen werden, welche keine Univerſität beſucht haben, aber nachweiſen können, daß ſie zwei Jahre bei einem Arzte gedient haben. Daher iſt eine eigene Staatsprüfungscommiſſion einge- ſetzt. Das Ganze iſt ohne Zweifel der oben citirten franzöſiſchen Ver- ordnung von 1854 nachgebildet bis auf den Namen (Officieren van gezondheit). Die Prüfung ſelbſt iſt doppelt: naturwiſſenſchaftlich und ärztlich; übrigens gibt das Examen Recht auf Praxis im ganzen Reich, und nicht wie in Frankreich nur in einer Provinz. (Früherer Zuſtand de Bosch-Kemper, neederländisches Staatsregt 1865 p. 812.) 3) Das Recht der Praxis. Das Recht der Praxis iſt nun die geſetzlich formulirte Entwick- lung des Begriffes des öffentlichen Berufes und der daraus folgenden rechtlichen Beſtimmungen. Daſſelbe enthält zunächſt das Verhältniß zu dem nicht fachmänniſch Gebildeten, dann die örtliche Beſtimmung des Rechts zum Praktiziren, endlich wo das noch beſteht, das Recht auf beſtimmte Arten der Ausübung. Das Recht zur berufsmäßigen Praxis iſt urſprünglich ein rein berufsmäßiges und durch das Doktorat an und für ſich erworbenes; neben demſelben beruht das Recht zur gewerbsmäßigen Praxis auf den

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 3 (2,2). Stuttgart, 1867, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre03_1867/121>, abgerufen am 19.11.2024.