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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866.

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ferner die verschiedenen Aufgaben durch die Selbstbesteurung vollzogen
werden müssen, so hat auch der Angehörige gar kein Recht darauf,
etwa nicht Bürger seiner Verwaltungsgemeinde werden zu wollen. So
wie er sich in derselben aufhält und zahlen kann, so muß er zahlen,
wie gegenüber dem Staat. Er wird daher in die Verwaltungsgemeinde
nicht etwa aufgenommen, wie auf dem Continent, sondern er wird
einbezogen. Es ist dann seine Sache, seine Wahlrechte auszuüben
oder nicht. -- Endlich ist es selbstverständlich, daß jeder nicht etwa bloß
nur Bürger Einer Gemeinde sein, und nur in Einer seine Stimme
abgeben kann, sondern er ist ohne weiteres Verwaltungsbürger in
allen Körpern, in denen er die Lasten derselben mitträgt. Alle diese
Sätze, welche das Gebiet der Angehörigkeit in England bestimmen, er-
geben sich, denken wir, einfach aus dem Unterschiede zwischen Orts-
und Verwaltungsgemeinde. --

Dies nun sind die Grundlagen, von denen aus sich auch der Be-
griff und die Gestalt der englischen Armenheimath, wie wir glauben,
leicht erklärt. Es mag uns zu dem Ende erlaubt sein, hier noch einen
Blick auf den allgemeinen Bildungsproceß der englischen Verwaltungs-
gemeinden zu werfen.

Das System und die Vertheilung jener Verwaltungsgemeinden
kann sich nämlich offenbar auf zwei Wegen bilden, die freilich mit ein-
ander beständig auf das Engste in Berührung treten. Es kann nämlich
eine beliebige Genossenschaft sich selbst einen speciellen Verwaltungszweck
innerhalb ihrer örtlichen Gränzen setzen -- die örtliche Begränzung
ist es, welche sie vom Verein unterscheidet -- oder es kann das Gesetz
die Gesammtheit der Bewohner innerhalb örtlicher Gränzen zur Voll-
ziehung einer solchen Aufgabe verpflichten. Die Natur der Sache
bringt es dabei mit sich, daß da, wo für Einen Zweck bereits eine
Gemeinschaft oder eine Verwaltungsgemeinde besteht, das Gesetz sich
für andere Verwaltungszwecke wohl auch der Regel nach an diese schon
bestehende Gemeinschaft anschließen wird. Und eben so natürlich ist es,
daß auch die für den ersten Zweck, aus dem sich die Gemeinschaft ge-
bildet hat, auferlegten und vertheilten Steuern gleichfalls für die Selbst-
besteurung der folgenden Zwecke zum Grunde gelegt werden. So wird
es sich allerdings von selbst machen, daß die erste Verwaltungsgemeinde
den Körper und die Gränzen für die folgenden abgeben
wird, so daß auf diese Weise ein Verhältniß entsteht, in welchem eine
und dieselbe Verwaltungsgemeinde eine ganze Reihe von Verwaltungs-
zwecken zu erfüllen hat, und sich damit der continentalen Orts-
gemeinde nähert
. Das ist nun in der That in England der Fall
gewesen. Die ursprüngliche Verwaltungsgemeinde war das Parish, das

ferner die verſchiedenen Aufgaben durch die Selbſtbeſteurung vollzogen
werden müſſen, ſo hat auch der Angehörige gar kein Recht darauf,
etwa nicht Bürger ſeiner Verwaltungsgemeinde werden zu wollen. So
wie er ſich in derſelben aufhält und zahlen kann, ſo muß er zahlen,
wie gegenüber dem Staat. Er wird daher in die Verwaltungsgemeinde
nicht etwa aufgenommen, wie auf dem Continent, ſondern er wird
einbezogen. Es iſt dann ſeine Sache, ſeine Wahlrechte auszuüben
oder nicht. — Endlich iſt es ſelbſtverſtändlich, daß jeder nicht etwa bloß
nur Bürger Einer Gemeinde ſein, und nur in Einer ſeine Stimme
abgeben kann, ſondern er iſt ohne weiteres Verwaltungsbürger in
allen Körpern, in denen er die Laſten derſelben mitträgt. Alle dieſe
Sätze, welche das Gebiet der Angehörigkeit in England beſtimmen, er-
geben ſich, denken wir, einfach aus dem Unterſchiede zwiſchen Orts-
und Verwaltungsgemeinde. —

Dies nun ſind die Grundlagen, von denen aus ſich auch der Be-
griff und die Geſtalt der engliſchen Armenheimath, wie wir glauben,
leicht erklärt. Es mag uns zu dem Ende erlaubt ſein, hier noch einen
Blick auf den allgemeinen Bildungsproceß der engliſchen Verwaltungs-
gemeinden zu werfen.

Das Syſtem und die Vertheilung jener Verwaltungsgemeinden
kann ſich nämlich offenbar auf zwei Wegen bilden, die freilich mit ein-
ander beſtändig auf das Engſte in Berührung treten. Es kann nämlich
eine beliebige Genoſſenſchaft ſich ſelbſt einen ſpeciellen Verwaltungszweck
innerhalb ihrer örtlichen Gränzen ſetzen — die örtliche Begränzung
iſt es, welche ſie vom Verein unterſcheidet — oder es kann das Geſetz
die Geſammtheit der Bewohner innerhalb örtlicher Gränzen zur Voll-
ziehung einer ſolchen Aufgabe verpflichten. Die Natur der Sache
bringt es dabei mit ſich, daß da, wo für Einen Zweck bereits eine
Gemeinſchaft oder eine Verwaltungsgemeinde beſteht, das Geſetz ſich
für andere Verwaltungszwecke wohl auch der Regel nach an dieſe ſchon
beſtehende Gemeinſchaft anſchließen wird. Und eben ſo natürlich iſt es,
daß auch die für den erſten Zweck, aus dem ſich die Gemeinſchaft ge-
bildet hat, auferlegten und vertheilten Steuern gleichfalls für die Selbſt-
beſteurung der folgenden Zwecke zum Grunde gelegt werden. So wird
es ſich allerdings von ſelbſt machen, daß die erſte Verwaltungsgemeinde
den Körper und die Gränzen für die folgenden abgeben
wird, ſo daß auf dieſe Weiſe ein Verhältniß entſteht, in welchem eine
und dieſelbe Verwaltungsgemeinde eine ganze Reihe von Verwaltungs-
zwecken zu erfüllen hat, und ſich damit der continentalen Orts-
gemeinde nähert
. Das iſt nun in der That in England der Fall
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[291/0313] ferner die verſchiedenen Aufgaben durch die Selbſtbeſteurung vollzogen werden müſſen, ſo hat auch der Angehörige gar kein Recht darauf, etwa nicht Bürger ſeiner Verwaltungsgemeinde werden zu wollen. So wie er ſich in derſelben aufhält und zahlen kann, ſo muß er zahlen, wie gegenüber dem Staat. Er wird daher in die Verwaltungsgemeinde nicht etwa aufgenommen, wie auf dem Continent, ſondern er wird einbezogen. Es iſt dann ſeine Sache, ſeine Wahlrechte auszuüben oder nicht. — Endlich iſt es ſelbſtverſtändlich, daß jeder nicht etwa bloß nur Bürger Einer Gemeinde ſein, und nur in Einer ſeine Stimme abgeben kann, ſondern er iſt ohne weiteres Verwaltungsbürger in allen Körpern, in denen er die Laſten derſelben mitträgt. Alle dieſe Sätze, welche das Gebiet der Angehörigkeit in England beſtimmen, er- geben ſich, denken wir, einfach aus dem Unterſchiede zwiſchen Orts- und Verwaltungsgemeinde. — Dies nun ſind die Grundlagen, von denen aus ſich auch der Be- griff und die Geſtalt der engliſchen Armenheimath, wie wir glauben, leicht erklärt. Es mag uns zu dem Ende erlaubt ſein, hier noch einen Blick auf den allgemeinen Bildungsproceß der engliſchen Verwaltungs- gemeinden zu werfen. Das Syſtem und die Vertheilung jener Verwaltungsgemeinden kann ſich nämlich offenbar auf zwei Wegen bilden, die freilich mit ein- ander beſtändig auf das Engſte in Berührung treten. Es kann nämlich eine beliebige Genoſſenſchaft ſich ſelbſt einen ſpeciellen Verwaltungszweck innerhalb ihrer örtlichen Gränzen ſetzen — die örtliche Begränzung iſt es, welche ſie vom Verein unterſcheidet — oder es kann das Geſetz die Geſammtheit der Bewohner innerhalb örtlicher Gränzen zur Voll- ziehung einer ſolchen Aufgabe verpflichten. Die Natur der Sache bringt es dabei mit ſich, daß da, wo für Einen Zweck bereits eine Gemeinſchaft oder eine Verwaltungsgemeinde beſteht, das Geſetz ſich für andere Verwaltungszwecke wohl auch der Regel nach an dieſe ſchon beſtehende Gemeinſchaft anſchließen wird. Und eben ſo natürlich iſt es, daß auch die für den erſten Zweck, aus dem ſich die Gemeinſchaft ge- bildet hat, auferlegten und vertheilten Steuern gleichfalls für die Selbſt- beſteurung der folgenden Zwecke zum Grunde gelegt werden. So wird es ſich allerdings von ſelbſt machen, daß die erſte Verwaltungsgemeinde den Körper und die Gränzen für die folgenden abgeben wird, ſo daß auf dieſe Weiſe ein Verhältniß entſteht, in welchem eine und dieſelbe Verwaltungsgemeinde eine ganze Reihe von Verwaltungs- zwecken zu erfüllen hat, und ſich damit der continentalen Orts- gemeinde nähert. Das iſt nun in der That in England der Fall geweſen. Die urſprüngliche Verwaltungsgemeinde war das Parish, das

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre02_1866/313>, abgerufen am 24.11.2024.