Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866.aber heißt, daß vermöge jenes Rechts der Gemeinde eine im Wesen des Das nun kann der Staat, als ihm widersprechend, nicht dulden. Unter diesen Umständen muß es sich nun allerdings fragen, ob aber heißt, daß vermöge jenes Rechts der Gemeinde eine im Weſen des Das nun kann der Staat, als ihm widerſprechend, nicht dulden. Unter dieſen Umſtänden muß es ſich nun allerdings fragen, ob <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p><pb facs="#f0306" n="284"/> aber heißt, daß vermöge jenes Rechts der Gemeinde eine im Weſen des<lb/> Staats liegende Aufgabe überhaupt nicht mehr vollzogen wird.</p><lb/> <p>Das nun kann der Staat, als ihm widerſprechend, nicht dulden.<lb/> Er <hi rendition="#g">muß</hi> dafür ſorgen, daß die Verwaltungsaufgaben unter allen Um-<lb/> ſtänden vollzogen werden. Es bleiben ihm daher gegenüber jenem Recht<lb/> der Gemeinde nur zwei Wege. <hi rendition="#g">Entweder</hi> er muß eine ſolche Aufgabe<lb/> überhaupt zur Aufgabe der <hi rendition="#g">Staatsverwaltung</hi> machen, und ſie<lb/> mithin der Selbſtverwaltung entziehen, womit die Gemeindeangehörig-<lb/> keit als Bedingung zur Aufgabe überhaupt wegfällt, <hi rendition="#g">oder</hi> er muß die<lb/> Gemeinde in Beziehung auf dieſe Aufgabe vermöge ſeiner Organiſations-<lb/> gewalt <hi rendition="#g">verpflichten</hi>, die Angehörigkeit unter gewiſſen Bedingungen<lb/> anzuerkennen, und damit die Erhaltung jener fraglich gewordenen Auf-<lb/> gabe zu übernehmen. In dieſem Falle wird der Selbſtverwaltungs-<lb/> körper ſelbſt ein Organ des <hi rendition="#g">amtlichen</hi> Organismus, und functionirt<lb/> nur <hi rendition="#g">ſtatt</hi> des Amtes. In <hi rendition="#g">beiden</hi> Fällen hat die Gemeindeangehörig-<lb/> keit ihren wahren Charakter verloren. Sie iſt zur Gemeinde<hi rendition="#g">zuſtändig-<lb/> keit</hi> geworden. Das ſcheint klar.</p><lb/> <p>Unter dieſen Umſtänden muß es ſich nun allerdings fragen, ob<lb/> damit überhaupt noch eine Gemeindeangehörigkeit fortbeſtehen kann, da ja<lb/> am Ende <hi rendition="#g">alle</hi> Aufgaben der Gemeinde localiſirte Staatsaufgaben, und<lb/> ihre Vollziehung daher überhaupt nicht mehr von der Zuſtimmung der<lb/> Gemeinde abhangen kann. Und in der That iſt es eigentlich die Ant-<lb/> wort auf dieſe Frage, welche das Rechtsprincip der adminiſtrativen Be-<lb/> völkerungsordnung zur Entſcheidung bringt, indem ſie die <hi rendition="#g">Gränze</hi><lb/> zwiſchen der amtlichen Verwaltung und der Selbſtverwaltung in Be-<lb/> ziehung auf die Angehörigkeit des Einzelnen beſtimmt und damit die<lb/> Grundlage für die letztere gibt. Ob nämlich eine Gemeinde die in<lb/> ihren Kreis fallenden Aufgaben vollziehen will, oder nicht, iſt überhaupt<lb/><hi rendition="#g">nicht fraglich</hi>. Die Selbſtverwaltung beſteht ja nicht darin, daß der<lb/> Selbſtverwaltungskörper entſcheidet, <hi rendition="#g">ob</hi> er das Geſetz oder die Verwal-<lb/> tung vollziehen will. Sondern das Weſen derſelben erſcheint vielmehr<lb/> in dem Recht, die Organe <hi rendition="#g">ſich ſelbſt zu wählen</hi>, welche die örtliche<lb/> Vollziehung haben; dieſe haben dann als vollziehendes Organ der<lb/><hi rendition="#g">Staatsv</hi>erwaltung zu funktioniren. Das iſt wohl klar. Aber eben<lb/> aus dieſem Satze folgt dann nun auch das Princip für das Recht der<lb/> Gemeinden, über die Angehörigkeit durch die Zuſtimmung zur Aufnahme<lb/> zu entſcheiden. <hi rendition="#g">Inſofern</hi> nämlich die Angehörigkeit das Recht des<lb/> Einzelnen enthält, an der Vollziehung der Verwaltung als Gemeinde-<lb/> glied <hi rendition="#g">Theil zu nehmen</hi>, alſo für die Gemeindeverwaltung wählbar<lb/> und wahlfähig zu ſein u. ſ. w., <hi rendition="#g">inſofern</hi> muß dieſe Angehörigkeit auf<lb/> dem freien Beſchluß der Gemeinde beruhen. Inſofern es ſich dagegen<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [284/0306]
aber heißt, daß vermöge jenes Rechts der Gemeinde eine im Weſen des
Staats liegende Aufgabe überhaupt nicht mehr vollzogen wird.
Das nun kann der Staat, als ihm widerſprechend, nicht dulden.
Er muß dafür ſorgen, daß die Verwaltungsaufgaben unter allen Um-
ſtänden vollzogen werden. Es bleiben ihm daher gegenüber jenem Recht
der Gemeinde nur zwei Wege. Entweder er muß eine ſolche Aufgabe
überhaupt zur Aufgabe der Staatsverwaltung machen, und ſie
mithin der Selbſtverwaltung entziehen, womit die Gemeindeangehörig-
keit als Bedingung zur Aufgabe überhaupt wegfällt, oder er muß die
Gemeinde in Beziehung auf dieſe Aufgabe vermöge ſeiner Organiſations-
gewalt verpflichten, die Angehörigkeit unter gewiſſen Bedingungen
anzuerkennen, und damit die Erhaltung jener fraglich gewordenen Auf-
gabe zu übernehmen. In dieſem Falle wird der Selbſtverwaltungs-
körper ſelbſt ein Organ des amtlichen Organismus, und functionirt
nur ſtatt des Amtes. In beiden Fällen hat die Gemeindeangehörig-
keit ihren wahren Charakter verloren. Sie iſt zur Gemeindezuſtändig-
keit geworden. Das ſcheint klar.
Unter dieſen Umſtänden muß es ſich nun allerdings fragen, ob
damit überhaupt noch eine Gemeindeangehörigkeit fortbeſtehen kann, da ja
am Ende alle Aufgaben der Gemeinde localiſirte Staatsaufgaben, und
ihre Vollziehung daher überhaupt nicht mehr von der Zuſtimmung der
Gemeinde abhangen kann. Und in der That iſt es eigentlich die Ant-
wort auf dieſe Frage, welche das Rechtsprincip der adminiſtrativen Be-
völkerungsordnung zur Entſcheidung bringt, indem ſie die Gränze
zwiſchen der amtlichen Verwaltung und der Selbſtverwaltung in Be-
ziehung auf die Angehörigkeit des Einzelnen beſtimmt und damit die
Grundlage für die letztere gibt. Ob nämlich eine Gemeinde die in
ihren Kreis fallenden Aufgaben vollziehen will, oder nicht, iſt überhaupt
nicht fraglich. Die Selbſtverwaltung beſteht ja nicht darin, daß der
Selbſtverwaltungskörper entſcheidet, ob er das Geſetz oder die Verwal-
tung vollziehen will. Sondern das Weſen derſelben erſcheint vielmehr
in dem Recht, die Organe ſich ſelbſt zu wählen, welche die örtliche
Vollziehung haben; dieſe haben dann als vollziehendes Organ der
Staatsverwaltung zu funktioniren. Das iſt wohl klar. Aber eben
aus dieſem Satze folgt dann nun auch das Princip für das Recht der
Gemeinden, über die Angehörigkeit durch die Zuſtimmung zur Aufnahme
zu entſcheiden. Inſofern nämlich die Angehörigkeit das Recht des
Einzelnen enthält, an der Vollziehung der Verwaltung als Gemeinde-
glied Theil zu nehmen, alſo für die Gemeindeverwaltung wählbar
und wahlfähig zu ſein u. ſ. w., inſofern muß dieſe Angehörigkeit auf
dem freien Beſchluß der Gemeinde beruhen. Inſofern es ſich dagegen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |