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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866.

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Wir wiederholen nun, daß die genaue Darlegung dieser so wich-
tigen Geschichte einer eignen Arbeit bedarf, für die wir hier nur einige
leitende Gesichtspunkte aufstellen konnten; wir schließen aber mit dem
Satze, daß die Zukunft des Zählungswesens auf der Annahme und
rationellen Durchführung des Satzes beruht, dessen Beispiel uns Frank-
reich gegeben, daß die Zählungen der örtlichen Bevölkerung
die Grundlage für die Berechnung der Leistungen derselben

in der örtlichen amtlichen wie der Selbstverwaltung sein müssen. Hat
man einmal diesen Grundsatz angenommen, so wird die admini-
strative Zählung vermöge des Interesses der Selstverwal-
tung von selbst zu einer physiologischen Volkszählung
werden
!

II.
Die Standesregister.
(Die Verwaltung und die Bewegung der Bevölkerung.)

(Die Standesregister sind ihrem Wesen nach die öffentlich rechtliche Con-
statirung der Thatsache von Geburt, Ehe und Tod, und ihre Geschichte sowie
ihr gegenwärtig geltendes Recht enthalten die Verwirklichung dieses Gedankens.)

1) Wesen und administrative Bedeutung der Standes-
register
.

Das was die Bevölkerungslehre die Bewegung der Bevölkerung
nennt, die Zu- und Abnahme derselben, beruht vor allem auf den drei
Thatsachen der Geburt, der Ehe und des Todes der Einzelnen. Es ist
keinem Zweifel unterworfen, daß diese Thatsachen mehr sind als einfache
Facta. Sie erscheinen bei tieferer Betrachtung des menschlichen Lebens
einerseits als Ergebnisse wirkender Kräfte, die theils im Gebiete des
persönlichen, theils des wirthschaftlichen, theils des gesellschaftlichen
Lebens liegen, andererseits erzeugen sie eine Reihe der wichtigsten Folgen
für dasselbe. Man kann sie daher aus dem Gesichtspunkte aller der-
jenigen Fragen behandeln, mit denen sie so innig zusammenhangen.
Die Betrachtungen, die sich daraus ergeben, die wichtigen Thatsachen,
die sich dafür feststellen lassen und die man, wenn auch nicht mit Recht,
als Gesetze bezeichnet hat, bilden einen der bedeutendsten Theile der-
jenigen Wissenschaft, welche wir als die Lebenslehre oder Physiologie
der Bevölkerung bezeichnet haben.

Allein so wichtig auch diese Thatsachen und Gesetze sind, so muß

Wir wiederholen nun, daß die genaue Darlegung dieſer ſo wich-
tigen Geſchichte einer eignen Arbeit bedarf, für die wir hier nur einige
leitende Geſichtspunkte aufſtellen konnten; wir ſchließen aber mit dem
Satze, daß die Zukunft des Zählungsweſens auf der Annahme und
rationellen Durchführung des Satzes beruht, deſſen Beiſpiel uns Frank-
reich gegeben, daß die Zählungen der örtlichen Bevölkerung
die Grundlage für die Berechnung der Leiſtungen derſelben

in der örtlichen amtlichen wie der Selbſtverwaltung ſein müſſen. Hat
man einmal dieſen Grundſatz angenommen, ſo wird die admini-
ſtrative Zählung vermöge des Intereſſes der Selſtverwal-
tung von ſelbſt zu einer phyſiologiſchen Volkszählung
werden
!

II.
Die Standesregiſter.
(Die Verwaltung und die Bewegung der Bevölkerung.)

(Die Standesregiſter ſind ihrem Weſen nach die öffentlich rechtliche Con-
ſtatirung der Thatſache von Geburt, Ehe und Tod, und ihre Geſchichte ſowie
ihr gegenwärtig geltendes Recht enthalten die Verwirklichung dieſes Gedankens.)

1) Weſen und adminiſtrative Bedeutung der Standes-
regiſter
.

Das was die Bevölkerungslehre die Bewegung der Bevölkerung
nennt, die Zu- und Abnahme derſelben, beruht vor allem auf den drei
Thatſachen der Geburt, der Ehe und des Todes der Einzelnen. Es iſt
keinem Zweifel unterworfen, daß dieſe Thatſachen mehr ſind als einfache
Facta. Sie erſcheinen bei tieferer Betrachtung des menſchlichen Lebens
einerſeits als Ergebniſſe wirkender Kräfte, die theils im Gebiete des
perſönlichen, theils des wirthſchaftlichen, theils des geſellſchaftlichen
Lebens liegen, andererſeits erzeugen ſie eine Reihe der wichtigſten Folgen
für daſſelbe. Man kann ſie daher aus dem Geſichtspunkte aller der-
jenigen Fragen behandeln, mit denen ſie ſo innig zuſammenhangen.
Die Betrachtungen, die ſich daraus ergeben, die wichtigen Thatſachen,
die ſich dafür feſtſtellen laſſen und die man, wenn auch nicht mit Recht,
als Geſetze bezeichnet hat, bilden einen der bedeutendſten Theile der-
jenigen Wiſſenſchaft, welche wir als die Lebenslehre oder Phyſiologie
der Bevölkerung bezeichnet haben.

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[229/0251] Wir wiederholen nun, daß die genaue Darlegung dieſer ſo wich- tigen Geſchichte einer eignen Arbeit bedarf, für die wir hier nur einige leitende Geſichtspunkte aufſtellen konnten; wir ſchließen aber mit dem Satze, daß die Zukunft des Zählungsweſens auf der Annahme und rationellen Durchführung des Satzes beruht, deſſen Beiſpiel uns Frank- reich gegeben, daß die Zählungen der örtlichen Bevölkerung die Grundlage für die Berechnung der Leiſtungen derſelben in der örtlichen amtlichen wie der Selbſtverwaltung ſein müſſen. Hat man einmal dieſen Grundſatz angenommen, ſo wird die admini- ſtrative Zählung vermöge des Intereſſes der Selſtverwal- tung von ſelbſt zu einer phyſiologiſchen Volkszählung werden! II. Die Standesregiſter. (Die Verwaltung und die Bewegung der Bevölkerung.) (Die Standesregiſter ſind ihrem Weſen nach die öffentlich rechtliche Con- ſtatirung der Thatſache von Geburt, Ehe und Tod, und ihre Geſchichte ſowie ihr gegenwärtig geltendes Recht enthalten die Verwirklichung dieſes Gedankens.) 1) Weſen und adminiſtrative Bedeutung der Standes- regiſter. Das was die Bevölkerungslehre die Bewegung der Bevölkerung nennt, die Zu- und Abnahme derſelben, beruht vor allem auf den drei Thatſachen der Geburt, der Ehe und des Todes der Einzelnen. Es iſt keinem Zweifel unterworfen, daß dieſe Thatſachen mehr ſind als einfache Facta. Sie erſcheinen bei tieferer Betrachtung des menſchlichen Lebens einerſeits als Ergebniſſe wirkender Kräfte, die theils im Gebiete des perſönlichen, theils des wirthſchaftlichen, theils des geſellſchaftlichen Lebens liegen, andererſeits erzeugen ſie eine Reihe der wichtigſten Folgen für daſſelbe. Man kann ſie daher aus dem Geſichtspunkte aller der- jenigen Fragen behandeln, mit denen ſie ſo innig zuſammenhangen. Die Betrachtungen, die ſich daraus ergeben, die wichtigen Thatſachen, die ſich dafür feſtſtellen laſſen und die man, wenn auch nicht mit Recht, als Geſetze bezeichnet hat, bilden einen der bedeutendſten Theile der- jenigen Wiſſenſchaft, welche wir als die Lebenslehre oder Phyſiologie der Bevölkerung bezeichnet haben. Allein ſo wichtig auch dieſe Thatſachen und Geſetze ſind, ſo muß

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre02_1866/251>, abgerufen am 25.11.2024.