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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866.

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reichischen Kronländern, 2. Aufl. 1861, wo zugleich die Novellen zum
Auswanderungspatent, Seite 79 ff., so wie die Verträge zwischen
Oesterreich und den Nachbarstaaten genau mitgetheilt sind, Seite 186 ff.)
-- Auf demselben Standpunkt steht Bayern, dessen Bestimmungen
auch in Bezug auf die Sequestration des unbefugten Auswandernden
genau mit denen des österreichischen Patents übereinstimmen; höchst
zweckmäßig ist die Bestimmung, daß die Polizeibehörde eine öffentliche
Ausschreibung der Auswanderung am Wohnorte des Auswandernden
erlassen soll (Ministerial-Erlaß vom 13. August 1846); es wäre zu
wünschen, daß dieß ein ganz allgemeines Princip würde. Auch die
Gabella ist gerade wie in Preußen und Oesterreich auf die Retorsion
beschränkt. (Pötzl, Verfassungsrecht, §. 31.) -- In Sachsen ist die
Auswanderung allerdings schon durch die Verfassung von 1831 frei;
jedoch auch mit Beschränkung auf die Wehrpflicht; das Mandat vom
6. Februar 1830 enthält genauere Darstellung der Auswanderungspässe;
doch sind Auswanderungsconsense nicht erforderlich. (Funke, Sächsische
Polizeigesetze, Abschnitt VIII. Cap. IV.) Eine Strafandrohung finde
ich bei unbefugter Auswanderung nicht. -- Auch Württemberg hat
das freie Auswanderungsrecht, das 1811 aufgehoben war, schon durch
den Verfassungsentwurf von 1817 und dann durch das ausführliche
Gesetz vom 15. August 1817 zurückgegeben; das Gesetz vom 19. No-
vember 1833 beschränkte dasselbe auch hier speciell nur in Beziehung
auf die Militärpflicht; doch ist zu bemerken, was wir sonst nicht finden,
daß Schuldner während des Gantverfahrens nur mit Zustimmung
der Gläubiger (aller?) auswandern dürfen; ebenso nur derjenige, der
keine Verpflichtung übernommen hat, die nur durch persönliche Anwesen-
heit erfüllt werden kann. (Mohl, Verfassungsrecht, §. 75.)

Faßt man die obige, wenn auch unvollständige Darstellung des
Auswanderungsrechts zusammen, so ergibt sich als allgemeines Resultat,
daß die deutschen Gesetze ziemlich gleichartig die Auswanderung principiell
frei lassen, und nur die Verpflichtung zur Anzeige aufstellen, wesentlich
damit der Wehrpflicht genügt werde; das letztere wird außerdem durch die
Cartell-Convention der deutschen Bundesstaaten wegen wechselseitiger
Auslieferung der Deserteure vom 12. Mai 1851 vervollständigt; der
Grundsatz, den z. B. Bayern in der Convention mit Oesterreich (Swieceny
a. a. O., Seite 187) und Sachsen für alle deutschen Bundesstaaten
(Funke a. a. O.) aufgestellt haben, daß die Aufnahme in den andern
Staatsverband nachgewiesen sein muß, ehe die Entlassung erfolgt, ist
eigentlich ein Widerspruch. Das, was Deutschland fehlt, ist die Erweite-
rung des Art. 18 der Bundesakte zu einem gemeinsamen und auf der
Höhe unserer Zeit stehenden Bundesrecht der Auswanderung
.

reichiſchen Kronländern, 2. Aufl. 1861, wo zugleich die Novellen zum
Auswanderungspatent, Seite 79 ff., ſo wie die Verträge zwiſchen
Oeſterreich und den Nachbarſtaaten genau mitgetheilt ſind, Seite 186 ff.)
— Auf demſelben Standpunkt ſteht Bayern, deſſen Beſtimmungen
auch in Bezug auf die Sequeſtration des unbefugten Auswandernden
genau mit denen des öſterreichiſchen Patents übereinſtimmen; höchſt
zweckmäßig iſt die Beſtimmung, daß die Polizeibehörde eine öffentliche
Ausſchreibung der Auswanderung am Wohnorte des Auswandernden
erlaſſen ſoll (Miniſterial-Erlaß vom 13. Auguſt 1846); es wäre zu
wünſchen, daß dieß ein ganz allgemeines Princip würde. Auch die
Gabella iſt gerade wie in Preußen und Oeſterreich auf die Retorſion
beſchränkt. (Pötzl, Verfaſſungsrecht, §. 31.) — In Sachſen iſt die
Auswanderung allerdings ſchon durch die Verfaſſung von 1831 frei;
jedoch auch mit Beſchränkung auf die Wehrpflicht; das Mandat vom
6. Februar 1830 enthält genauere Darſtellung der Auswanderungspäſſe;
doch ſind Auswanderungsconſenſe nicht erforderlich. (Funke, Sächſiſche
Polizeigeſetze, Abſchnitt VIII. Cap. IV.) Eine Strafandrohung finde
ich bei unbefugter Auswanderung nicht. — Auch Württemberg hat
das freie Auswanderungsrecht, das 1811 aufgehoben war, ſchon durch
den Verfaſſungsentwurf von 1817 und dann durch das ausführliche
Geſetz vom 15. Auguſt 1817 zurückgegeben; das Geſetz vom 19. No-
vember 1833 beſchränkte daſſelbe auch hier ſpeciell nur in Beziehung
auf die Militärpflicht; doch iſt zu bemerken, was wir ſonſt nicht finden,
daß Schuldner während des Gantverfahrens nur mit Zuſtimmung
der Gläubiger (aller?) auswandern dürfen; ebenſo nur derjenige, der
keine Verpflichtung übernommen hat, die nur durch perſönliche Anweſen-
heit erfüllt werden kann. (Mohl, Verfaſſungsrecht, §. 75.)

Faßt man die obige, wenn auch unvollſtändige Darſtellung des
Auswanderungsrechts zuſammen, ſo ergibt ſich als allgemeines Reſultat,
daß die deutſchen Geſetze ziemlich gleichartig die Auswanderung principiell
frei laſſen, und nur die Verpflichtung zur Anzeige aufſtellen, weſentlich
damit der Wehrpflicht genügt werde; das letztere wird außerdem durch die
Cartell-Convention der deutſchen Bundesſtaaten wegen wechſelſeitiger
Auslieferung der Deſerteure vom 12. Mai 1851 vervollſtändigt; der
Grundſatz, den z. B. Bayern in der Convention mit Oeſterreich (Swieceny
a. a. O., Seite 187) und Sachſen für alle deutſchen Bundesſtaaten
(Funke a. a. O.) aufgeſtellt haben, daß die Aufnahme in den andern
Staatsverband nachgewieſen ſein muß, ehe die Entlaſſung erfolgt, iſt
eigentlich ein Widerſpruch. Das, was Deutſchland fehlt, iſt die Erweite-
rung des Art. 18 der Bundesakte zu einem gemeinſamen und auf der
Höhe unſerer Zeit ſtehenden Bundesrecht der Auswanderung
.

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[205/0227] reichiſchen Kronländern, 2. Aufl. 1861, wo zugleich die Novellen zum Auswanderungspatent, Seite 79 ff., ſo wie die Verträge zwiſchen Oeſterreich und den Nachbarſtaaten genau mitgetheilt ſind, Seite 186 ff.) — Auf demſelben Standpunkt ſteht Bayern, deſſen Beſtimmungen auch in Bezug auf die Sequeſtration des unbefugten Auswandernden genau mit denen des öſterreichiſchen Patents übereinſtimmen; höchſt zweckmäßig iſt die Beſtimmung, daß die Polizeibehörde eine öffentliche Ausſchreibung der Auswanderung am Wohnorte des Auswandernden erlaſſen ſoll (Miniſterial-Erlaß vom 13. Auguſt 1846); es wäre zu wünſchen, daß dieß ein ganz allgemeines Princip würde. Auch die Gabella iſt gerade wie in Preußen und Oeſterreich auf die Retorſion beſchränkt. (Pötzl, Verfaſſungsrecht, §. 31.) — In Sachſen iſt die Auswanderung allerdings ſchon durch die Verfaſſung von 1831 frei; jedoch auch mit Beſchränkung auf die Wehrpflicht; das Mandat vom 6. Februar 1830 enthält genauere Darſtellung der Auswanderungspäſſe; doch ſind Auswanderungsconſenſe nicht erforderlich. (Funke, Sächſiſche Polizeigeſetze, Abſchnitt VIII. Cap. IV.) Eine Strafandrohung finde ich bei unbefugter Auswanderung nicht. — Auch Württemberg hat das freie Auswanderungsrecht, das 1811 aufgehoben war, ſchon durch den Verfaſſungsentwurf von 1817 und dann durch das ausführliche Geſetz vom 15. Auguſt 1817 zurückgegeben; das Geſetz vom 19. No- vember 1833 beſchränkte daſſelbe auch hier ſpeciell nur in Beziehung auf die Militärpflicht; doch iſt zu bemerken, was wir ſonſt nicht finden, daß Schuldner während des Gantverfahrens nur mit Zuſtimmung der Gläubiger (aller?) auswandern dürfen; ebenſo nur derjenige, der keine Verpflichtung übernommen hat, die nur durch perſönliche Anweſen- heit erfüllt werden kann. (Mohl, Verfaſſungsrecht, §. 75.) Faßt man die obige, wenn auch unvollſtändige Darſtellung des Auswanderungsrechts zuſammen, ſo ergibt ſich als allgemeines Reſultat, daß die deutſchen Geſetze ziemlich gleichartig die Auswanderung principiell frei laſſen, und nur die Verpflichtung zur Anzeige aufſtellen, weſentlich damit der Wehrpflicht genügt werde; das letztere wird außerdem durch die Cartell-Convention der deutſchen Bundesſtaaten wegen wechſelſeitiger Auslieferung der Deſerteure vom 12. Mai 1851 vervollſtändigt; der Grundſatz, den z. B. Bayern in der Convention mit Oeſterreich (Swieceny a. a. O., Seite 187) und Sachſen für alle deutſchen Bundesſtaaten (Funke a. a. O.) aufgeſtellt haben, daß die Aufnahme in den andern Staatsverband nachgewieſen ſein muß, ehe die Entlaſſung erfolgt, iſt eigentlich ein Widerſpruch. Das, was Deutſchland fehlt, iſt die Erweite- rung des Art. 18 der Bundesakte zu einem gemeinſamen und auf der Höhe unſerer Zeit ſtehenden Bundesrecht der Auswanderung.

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre02_1866/227>, abgerufen am 24.11.2024.