Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866.b) Der Stand der staatsbürgerlichen Gesellschaft ist der Beruf, c) Für die staatsbürgerliche Gesellschaft muß man nun zwei Ge- b) Der Stand der ſtaatsbürgerlichen Geſellſchaft iſt der Beruf, c) Für die ſtaatsbürgerliche Geſellſchaft muß man nun zwei Ge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <pb facs="#f0181" n="159"/> <p><hi rendition="#aq">b)</hi> Der <hi rendition="#g">Stand</hi> der ſtaatsbürgerlichen Geſellſchaft iſt der Beruf,<lb/><hi rendition="#g">inſofern</hi> er von der Gemeinſchaft ſeine wirthſchaftliche Exiſtenz em-<lb/> pfängt. Die beiden dauernd gültigen Formen deſſelben ſind der Wehr-<lb/> ſtand und der Stand der Staatsdiener. Das Verhältniß des öffent-<lb/> lichen Eherechts zu beiden iſt äußerlich verſchieden; <hi rendition="#g">innerlich aber<lb/> daſſelbe</hi>. Unter dem Wehrſtand in der ſtaatsbürgerlichen Geſellſchaft<lb/> kann nämlich nicht die Geſammtheit der wehrhaften und damit wehr-<lb/> pflichtigen Staatsbürger, ſondern nur die Geſammtheit derer verſtan-<lb/> den werden, welche die Waffen zu ihrem <hi rendition="#g">Lebensberuf</hi> gemacht haben;<lb/> unter dem Stande der Staatsdiener gleichfalls nicht jeder, der das Amt<lb/> verwaltet, ſondern nur die berufsmäßig gebildeten Staatsdiener. Für<lb/> beide muß nun die Ehe nicht bloß <hi rendition="#g">frei</hi>, ſondern ſie muß auch wirth-<lb/> ſchaftlich <hi rendition="#g">möglich</hi> ſein. Allein da ſie ſelbſt der höchſte Ausdruck der<lb/> wirthſchaftlichen Selbſtändigkeit iſt, ſo kann ſie auch nicht <hi rendition="#g">unbedingt</hi><lb/> für jeden Theilnehmer an dieſem Berufe geſtattet werden; es muß viel-<lb/> mehr erſt eine beſtimmte <hi rendition="#g">Stufe</hi> des Berufes die wirthſchaftlichen Be-<lb/> dingungen der Ehe darbieten, oder es tritt das Recht zur Verehelichung<lb/> erſt bei dieſer Stufe der militäriſchen und amtlichen Laufbahn ein.<lb/> Daran ſchließen ſich zwei Formen. <hi rendition="#g">Erſtlich</hi>, daß die Eingehung der<lb/> Ehe <hi rendition="#g">unterhalb</hi> dieſer Stufe zwar frei iſt, daß ſie aber den Austritt<lb/> aus der ſtandesmäßigen Laufbahn zur Folge hat; <hi rendition="#g">zweitens</hi>, daß wenn<lb/> der Betreffende die wirthſchaftlichen Bedingungen der Ehe und Familie<lb/><hi rendition="#g">außerhalb</hi> ſeines ſtandesmäßigen Einkommens hat, die Ehe auf <hi rendition="#g">jeder</hi><lb/> Stufe frei ſein muß. Der Begriff und die Form einer eigentlichen<lb/> „Bewilligung“ der Ehe widerſtreitet dem Weſen derſelben. Die Dar-<lb/> ſtellung dieſes ſtandesmäßigen Eherechts gehört dem Militär- und Staats-<lb/> dienerrecht an; die Gültigkeit deſſelben wird ſtets von der berufsmäßigen<lb/> Auffaſſung des Standes bedingt ſein. Daher iſt in England gar kein<lb/><hi rendition="#g">Staatsdiener-Eherecht</hi> vorhanden, während das Militär-Eherecht bei<lb/> den untern Graden durch den Mangel der allgemeinen Wehrpflicht viel<lb/> ſtrenger iſt als auf dem Continent. Leider mangeln uns die Quellen,<lb/> um dieſe Verhältniſſe genauer zu verfolgen. Wir können nur das Be-<lb/> dauern ausſprechen, daß die noch immer auf Grundlage des bürgerlichen<lb/> Rechts einſeitig aufgefaßte Behandlung des Eherechts von Seiten der<lb/> Jurisprudenz auch dieſen Theil des bürgerlichen Verwaltungsrechts nicht<lb/> in ſeinem Stoffe aufgenommen hat. Im Allgemeinen kann dasjenige<lb/> als im Weſentlichen auch jetzt gültig angeſehen werden, was wir oben<lb/> unter der polizeilichen Epoche angeführt haben.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">c)</hi> Für die ſtaatsbürgerliche Geſellſchaft muß man nun <hi rendition="#g">zwei</hi> Ge-<lb/> ſichtspunkte wohl unterſcheiden, den der <hi rendition="#g">Bedingungen</hi> der Ehe, und<lb/> den der <hi rendition="#g">Ehebeſchränkung</hi>.</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [159/0181]
b) Der Stand der ſtaatsbürgerlichen Geſellſchaft iſt der Beruf,
inſofern er von der Gemeinſchaft ſeine wirthſchaftliche Exiſtenz em-
pfängt. Die beiden dauernd gültigen Formen deſſelben ſind der Wehr-
ſtand und der Stand der Staatsdiener. Das Verhältniß des öffent-
lichen Eherechts zu beiden iſt äußerlich verſchieden; innerlich aber
daſſelbe. Unter dem Wehrſtand in der ſtaatsbürgerlichen Geſellſchaft
kann nämlich nicht die Geſammtheit der wehrhaften und damit wehr-
pflichtigen Staatsbürger, ſondern nur die Geſammtheit derer verſtan-
den werden, welche die Waffen zu ihrem Lebensberuf gemacht haben;
unter dem Stande der Staatsdiener gleichfalls nicht jeder, der das Amt
verwaltet, ſondern nur die berufsmäßig gebildeten Staatsdiener. Für
beide muß nun die Ehe nicht bloß frei, ſondern ſie muß auch wirth-
ſchaftlich möglich ſein. Allein da ſie ſelbſt der höchſte Ausdruck der
wirthſchaftlichen Selbſtändigkeit iſt, ſo kann ſie auch nicht unbedingt
für jeden Theilnehmer an dieſem Berufe geſtattet werden; es muß viel-
mehr erſt eine beſtimmte Stufe des Berufes die wirthſchaftlichen Be-
dingungen der Ehe darbieten, oder es tritt das Recht zur Verehelichung
erſt bei dieſer Stufe der militäriſchen und amtlichen Laufbahn ein.
Daran ſchließen ſich zwei Formen. Erſtlich, daß die Eingehung der
Ehe unterhalb dieſer Stufe zwar frei iſt, daß ſie aber den Austritt
aus der ſtandesmäßigen Laufbahn zur Folge hat; zweitens, daß wenn
der Betreffende die wirthſchaftlichen Bedingungen der Ehe und Familie
außerhalb ſeines ſtandesmäßigen Einkommens hat, die Ehe auf jeder
Stufe frei ſein muß. Der Begriff und die Form einer eigentlichen
„Bewilligung“ der Ehe widerſtreitet dem Weſen derſelben. Die Dar-
ſtellung dieſes ſtandesmäßigen Eherechts gehört dem Militär- und Staats-
dienerrecht an; die Gültigkeit deſſelben wird ſtets von der berufsmäßigen
Auffaſſung des Standes bedingt ſein. Daher iſt in England gar kein
Staatsdiener-Eherecht vorhanden, während das Militär-Eherecht bei
den untern Graden durch den Mangel der allgemeinen Wehrpflicht viel
ſtrenger iſt als auf dem Continent. Leider mangeln uns die Quellen,
um dieſe Verhältniſſe genauer zu verfolgen. Wir können nur das Be-
dauern ausſprechen, daß die noch immer auf Grundlage des bürgerlichen
Rechts einſeitig aufgefaßte Behandlung des Eherechts von Seiten der
Jurisprudenz auch dieſen Theil des bürgerlichen Verwaltungsrechts nicht
in ſeinem Stoffe aufgenommen hat. Im Allgemeinen kann dasjenige
als im Weſentlichen auch jetzt gültig angeſehen werden, was wir oben
unter der polizeilichen Epoche angeführt haben.
c) Für die ſtaatsbürgerliche Geſellſchaft muß man nun zwei Ge-
ſichtspunkte wohl unterſcheiden, den der Bedingungen der Ehe, und
den der Ehebeſchränkung.
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