Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866.hervorragenden Punkte hinzuweisen. Aus der innern Behandlung ist 2) Das öffentliche Eherecht des Lehnwesens. Es versteht sich von selbst, daß dieser Theil des öffentlichen Ehe- Das erste ist das des Lehnsherr zum eigentlichen Vasallen, der hervorragenden Punkte hinzuweiſen. Aus der innern Behandlung iſt 2) Das öffentliche Eherecht des Lehnweſens. Es verſteht ſich von ſelbſt, daß dieſer Theil des öffentlichen Ehe- Das erſte iſt das des Lehnsherr zum eigentlichen Vaſallen, der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p><pb facs="#f0157" n="135"/> hervorragenden Punkte hinzuweiſen. Aus der innern Behandlung iſt<lb/> mit der ſtaatsbürgerlichen Periode die ganze Frage und leider mit ihr<lb/> das hiſtoriſche Bewußtſein ziemlich gründlich verſchwunden. Wir be-<lb/> gegnen ihr nur noch im <hi rendition="#g">reinen</hi> bürgerlichen Rechte.</p> </div><lb/> <div n="7"> <head>2) <hi rendition="#g">Das öffentliche Eherecht des Lehnweſens</hi>.</head><lb/> <p>Es verſteht ſich von ſelbſt, daß dieſer Theil des öffentlichen Ehe-<lb/> rechts nicht anders von den beiden folgenden geſchieden werden kann,<lb/> als indem man ihn zurückführt auf das dem Lehnsweſen zum Grunde<lb/> liegende eigenthümliche Moment; und das iſt eben der <hi rendition="#g">Beſitz des<lb/> Lehnsgutes</hi>. Ein Eheconſens des Lehnsweſens als ſolcher iſt daher<lb/> nur inſofern denkbar, als der Beſitz des Vaſallen die Eingehung einer<lb/> Ehe von ſeiner Seite von dem Willen des Lehnsherrn dadurch abhängig<lb/> macht, daß die Ehe ſelbſt als Bedingung der Erfüllung derjenigen Ver-<lb/> pflichtungen erſcheint, die der Vaſall mit dem Gute ſelbſt übernommen<lb/> hat. Und hier muß man in dem allgemeinen Ausdruck Lehnsherr zwei<lb/> weſentlich verſchiedene Verhältniſſe unterſcheiden.</p><lb/> <p>Das <hi rendition="#g">erſte</hi> iſt das des <choice><sic>Lehnsherrr</sic><corr>Lehnsherr</corr></choice> zum eigentlichen Vaſallen, der<lb/> ſelbſt ein freier Mann iſt. Ueber die Ehe dieſes freien Mannes hat<lb/> der Lehnsherr <hi rendition="#g">nichts</hi> zu entſcheiden; <hi rendition="#g">wenn</hi> aber dieſelbe keine ſtandes-<lb/> gemäße war, ſo war die Verleihung des Lehns an die Kinder damit<lb/> urſprünglich nicht thunlich; erſt die ſpätere Zeit machte die Erhaltung<lb/> des Lehns möglich. Eine direkte Bewilligung der Ehe von Seiten des<lb/> Lehnsherrn fand nicht ſtatt. Wenn aber das Lehn auf die Tochter<lb/> fällt, ſo hat der Lehnsherr das Recht des väterlichen Vormundes, die<lb/> Tochter nach ſeinem Willen zur Ehe zu zwingen, wenn ſie nicht ihr<lb/> Lehn verlieren will. Die Härte dieſes namentlich in England ſcharf<lb/> ausgeprägten Grundſatzes verliert ſich erſt in der ſpätern Zeit, in Eng-<lb/> land durch das berühmte Geſetz (<hi rendition="#aq">Stat. 24, C. II. 12),</hi> das von Macaulay<lb/> (<hi rendition="#aq">History of England, C. II.</hi>) ſo gut charakteriſirt wird. Dahin gehört<lb/> auch die Frage bei <hi rendition="#g">Vitriarius</hi>: <hi rendition="#aq">Si primogenitus sit natus ex Ple-<lb/> beja, Secundogenitus ex Illustri, quis Appanagiatus fieri debeat?<lb/> Non conveniunt. III. XX.</hi> 74. — Das zweite Verhältniß iſt das des<lb/> Unfreien, der auf unfreiem Boden ſitzt. Grundſatz war hier, wie der<lb/><hi rendition="#aq">Grand Coustumier (Paris 1539)</hi> ſagt <hi rendition="#aq">(fol. 75): „telles personnes<lb/> serves ne se peuvent marier avec une personne d’autre condition<lb/> et en autre justice</hi> (d. h. deren Beſitz einer andern Grundherrlichkeit<lb/> angehört) <hi rendition="#aq">sans le congé de leur seigneur.“</hi> Der Grund dieſer Be-<lb/> ſtimmung war hier nicht die Unfreiheit, ſondern eben das Recht auf<lb/> den Beſitz der <hi rendition="#aq">„serfs“,</hi> das durch die Eingehung der Ehe beeinflußt<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [135/0157]
hervorragenden Punkte hinzuweiſen. Aus der innern Behandlung iſt
mit der ſtaatsbürgerlichen Periode die ganze Frage und leider mit ihr
das hiſtoriſche Bewußtſein ziemlich gründlich verſchwunden. Wir be-
gegnen ihr nur noch im reinen bürgerlichen Rechte.
2) Das öffentliche Eherecht des Lehnweſens.
Es verſteht ſich von ſelbſt, daß dieſer Theil des öffentlichen Ehe-
rechts nicht anders von den beiden folgenden geſchieden werden kann,
als indem man ihn zurückführt auf das dem Lehnsweſen zum Grunde
liegende eigenthümliche Moment; und das iſt eben der Beſitz des
Lehnsgutes. Ein Eheconſens des Lehnsweſens als ſolcher iſt daher
nur inſofern denkbar, als der Beſitz des Vaſallen die Eingehung einer
Ehe von ſeiner Seite von dem Willen des Lehnsherrn dadurch abhängig
macht, daß die Ehe ſelbſt als Bedingung der Erfüllung derjenigen Ver-
pflichtungen erſcheint, die der Vaſall mit dem Gute ſelbſt übernommen
hat. Und hier muß man in dem allgemeinen Ausdruck Lehnsherr zwei
weſentlich verſchiedene Verhältniſſe unterſcheiden.
Das erſte iſt das des Lehnsherr zum eigentlichen Vaſallen, der
ſelbſt ein freier Mann iſt. Ueber die Ehe dieſes freien Mannes hat
der Lehnsherr nichts zu entſcheiden; wenn aber dieſelbe keine ſtandes-
gemäße war, ſo war die Verleihung des Lehns an die Kinder damit
urſprünglich nicht thunlich; erſt die ſpätere Zeit machte die Erhaltung
des Lehns möglich. Eine direkte Bewilligung der Ehe von Seiten des
Lehnsherrn fand nicht ſtatt. Wenn aber das Lehn auf die Tochter
fällt, ſo hat der Lehnsherr das Recht des väterlichen Vormundes, die
Tochter nach ſeinem Willen zur Ehe zu zwingen, wenn ſie nicht ihr
Lehn verlieren will. Die Härte dieſes namentlich in England ſcharf
ausgeprägten Grundſatzes verliert ſich erſt in der ſpätern Zeit, in Eng-
land durch das berühmte Geſetz (Stat. 24, C. II. 12), das von Macaulay
(History of England, C. II.) ſo gut charakteriſirt wird. Dahin gehört
auch die Frage bei Vitriarius: Si primogenitus sit natus ex Ple-
beja, Secundogenitus ex Illustri, quis Appanagiatus fieri debeat?
Non conveniunt. III. XX. 74. — Das zweite Verhältniß iſt das des
Unfreien, der auf unfreiem Boden ſitzt. Grundſatz war hier, wie der
Grand Coustumier (Paris 1539) ſagt (fol. 75): „telles personnes
serves ne se peuvent marier avec une personne d’autre condition
et en autre justice (d. h. deren Beſitz einer andern Grundherrlichkeit
angehört) sans le congé de leur seigneur.“ Der Grund dieſer Be-
ſtimmung war hier nicht die Unfreiheit, ſondern eben das Recht auf
den Beſitz der „serfs“, das durch die Eingehung der Ehe beeinflußt
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