Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 2 (2,1). Stuttgart, 1866.letztere ist nämlich vertreten durch das System der Gesandtschaften; Das Objekt dieser Verwaltung ist nun das einer jeden Verwaltung. Dieß internationale Gesammtleben hat nun zwei Grundformen, letztere iſt nämlich vertreten durch das Syſtem der Geſandtſchaften; Das Objekt dieſer Verwaltung iſt nun das einer jeden Verwaltung. Dieß internationale Geſammtleben hat nun zwei Grundformen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0118" n="96"/> letztere iſt nämlich vertreten durch das Syſtem der <hi rendition="#g">Geſandtſchaften;</hi><lb/> die Lebensgemeinſchaft der Verwaltungszwecke dagegen iſt ausgedrückt<lb/> und hat ihren Organismus in dem <hi rendition="#g">Conſulatweſen</hi>. Das Zwangs-<lb/> recht der Staatengemeinſchaft aber iſt gleichfalls kein einfaches. Es<lb/> enthält erſtlich das Syſtem der <hi rendition="#g">Repreſſalien</hi>, zweitens den <hi rendition="#g">Krieg</hi>.<lb/> Seit der Entſtehung der internationalen Verwaltung gibt es, wir<lb/> möchten ſagen poſitive Kriege, deren Inhalt nicht mehr das rohe,<lb/> quantitative Machtverhältniß iſt, wie früher, ſondern vielmehr die Voll-<lb/> ziehung der Bedürfniſſe und Forderungen des internationalen Verwal-<lb/> tungsrechts. Es iſt eine neue Zeit auch in dieſer Welt der Staaten<lb/> durch das Weſen der Verwaltung eingetreten. Denn auch der Begriff<lb/> und Inhalt des Friedens iſt ein anderer wie früher. Es iſt nicht mehr<lb/> ein rein negativer Zuſtand des Aufhörens der Feindſeligkeiten, ſondern<lb/> ein poſitives Zuſammenwirken für gewiſſe Zwecke. Und einen ſolchen<lb/> Frieden kennt Europa erſt ſeit unſerm Jahrhundert. Mit ihm beginnt<lb/> eine neue Aera des Weltlebens, die beſtimmt iſt, noch ungeahnte<lb/> Wunder für die Menſchheit zu wecken. Wohl denen, die dieſe kommende<lb/> Epoche ſehen und genießen werden!</p><lb/> <p>Das Objekt dieſer Verwaltung iſt nun das einer jeden Verwaltung.<lb/> Es gibt eine internationale Verwaltung der <hi rendition="#g">Staatswirthſchaft</hi>,<lb/> eine internationale Verwaltung der <hi rendition="#g">Rechtspflege</hi>, und eine inter-<lb/> nationale Verwaltung des <hi rendition="#g">Innern</hi>. Es liegt in der Natur der Sache,<lb/> daß die beiden erſten Gebiete faſt nur negativ ſind, und das Recht der<lb/> gegenſeitigen Berührungen der Staaten vermöge ihrer einzelnen Ange-<lb/> hörigen enthalten, wie Zollcartelle, Auslieferungsverträge u. ſ. w.<lb/> Erſt in der innern Verwaltung empfängt das Völkerleben einen poſi-<lb/> tiven Inhalt, und zwar zunächſt durch die Erzielung der Gleichartigkeit<lb/> der Maßregeln, welche die Geſammtintereſſen ihrer Angehörigen betreffen,<lb/> und welche für dieſelben einen hohen Werth hat. Erſt allmählig und<lb/> bis jetzt nur in ſehr einzelnen Punkten ſieht man eine Gemeinſamkeit<lb/> dieſer Maßregeln entſtehen. Die Geſchichte hat einen weiten Weg<lb/> durchzumachen, bis ſie dieſe Gemeinſamkeit zur poſitiven und allgemeinen<lb/> Baſis des Völkerrechts erhebt; aber die Zeit <hi rendition="#g">wird</hi> kommen, in welcher<lb/> dieß geſchieht, und <hi rendition="#g">wenn</hi> die Menſchheit glücklich ſein kann, ſo wird<lb/> ſie <hi rendition="#g">dann</hi> beginnen es zu werden. —</p><lb/> <p>Dieß internationale Geſammtleben hat nun <hi rendition="#g">zwei</hi> Grundformen,<lb/> an welche ſich ſchon jetzt die dritte Grundform, wenn auch nur noch<lb/> gleichſam leiſe und vorſichtig, kaum in ihren erſten Umriſſen erſcheinend,<lb/> anſchließt. Die erſte Grundform iſt der <hi rendition="#g">Vertrag</hi> mit ſeiner Baſis der<lb/> Selbſtändigkeit der einzelnen Contrahenten, ſeiner beſchränkten und<lb/> ſcharf beſtimmten Auslegung in Beziehung auf ſeine Objekte, und<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [96/0118]
letztere iſt nämlich vertreten durch das Syſtem der Geſandtſchaften;
die Lebensgemeinſchaft der Verwaltungszwecke dagegen iſt ausgedrückt
und hat ihren Organismus in dem Conſulatweſen. Das Zwangs-
recht der Staatengemeinſchaft aber iſt gleichfalls kein einfaches. Es
enthält erſtlich das Syſtem der Repreſſalien, zweitens den Krieg.
Seit der Entſtehung der internationalen Verwaltung gibt es, wir
möchten ſagen poſitive Kriege, deren Inhalt nicht mehr das rohe,
quantitative Machtverhältniß iſt, wie früher, ſondern vielmehr die Voll-
ziehung der Bedürfniſſe und Forderungen des internationalen Verwal-
tungsrechts. Es iſt eine neue Zeit auch in dieſer Welt der Staaten
durch das Weſen der Verwaltung eingetreten. Denn auch der Begriff
und Inhalt des Friedens iſt ein anderer wie früher. Es iſt nicht mehr
ein rein negativer Zuſtand des Aufhörens der Feindſeligkeiten, ſondern
ein poſitives Zuſammenwirken für gewiſſe Zwecke. Und einen ſolchen
Frieden kennt Europa erſt ſeit unſerm Jahrhundert. Mit ihm beginnt
eine neue Aera des Weltlebens, die beſtimmt iſt, noch ungeahnte
Wunder für die Menſchheit zu wecken. Wohl denen, die dieſe kommende
Epoche ſehen und genießen werden!
Das Objekt dieſer Verwaltung iſt nun das einer jeden Verwaltung.
Es gibt eine internationale Verwaltung der Staatswirthſchaft,
eine internationale Verwaltung der Rechtspflege, und eine inter-
nationale Verwaltung des Innern. Es liegt in der Natur der Sache,
daß die beiden erſten Gebiete faſt nur negativ ſind, und das Recht der
gegenſeitigen Berührungen der Staaten vermöge ihrer einzelnen Ange-
hörigen enthalten, wie Zollcartelle, Auslieferungsverträge u. ſ. w.
Erſt in der innern Verwaltung empfängt das Völkerleben einen poſi-
tiven Inhalt, und zwar zunächſt durch die Erzielung der Gleichartigkeit
der Maßregeln, welche die Geſammtintereſſen ihrer Angehörigen betreffen,
und welche für dieſelben einen hohen Werth hat. Erſt allmählig und
bis jetzt nur in ſehr einzelnen Punkten ſieht man eine Gemeinſamkeit
dieſer Maßregeln entſtehen. Die Geſchichte hat einen weiten Weg
durchzumachen, bis ſie dieſe Gemeinſamkeit zur poſitiven und allgemeinen
Baſis des Völkerrechts erhebt; aber die Zeit wird kommen, in welcher
dieß geſchieht, und wenn die Menſchheit glücklich ſein kann, ſo wird
ſie dann beginnen es zu werden. —
Dieß internationale Geſammtleben hat nun zwei Grundformen,
an welche ſich ſchon jetzt die dritte Grundform, wenn auch nur noch
gleichſam leiſe und vorſichtig, kaum in ihren erſten Umriſſen erſcheinend,
anſchließt. Die erſte Grundform iſt der Vertrag mit ſeiner Baſis der
Selbſtändigkeit der einzelnen Contrahenten, ſeiner beſchränkten und
ſcharf beſtimmten Auslegung in Beziehung auf ſeine Objekte, und
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