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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865.

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der aus der Versicherung entstandenen Ansprüche jedes Einzelnen in
der Haftung aller Uebrigen zu suchen, als ein Kapitalsunternehmen,
bei welchem ein bestimmtes gesellschaftliches Kapital diese Haftung über-
nimmt. Im letzteren Falle wird der Hülfsverein zugleich eine Erwerbs-
gesellschaft, und steht damit unter den Regeln, welche für diese gelten.
Es ist nutzlos, zu streiten, wohin man ihn alsdann rechnen soll; ohne
allen Zweifel ist sein Hauptzweck stets das sociale Element der Kapitals-
bildung, und seinem eigentlichen Wesen nach muß er daher den Hülfs-
vereinen zugezählt werden.

3) Ganz dasselbe gilt von der dritten Form, die wir als die Ge-
fahrversicherungen
bezeichnen. Nur gehören diese letzteren, wie
zum Theil schon die Kapitalsversicherungen, keineswegs immer der nicht
besitzenden Klasse an; sie haben vielmehr ihre sociale Aufgabe in jeder
Klasse der Gesellschaft, und während jene das Kapital als die Grund-
lage der socialen Stellung des Einzelnen bilden, sollen diese dieß
Kapital erhalten. Die Gefahrversicherungen unterscheiden sich daher
von den Kapitalversicherungen darin, daß sie ihr Gebiet da suchen, wo
ein Kapital schon vorhanden ist; sie sind daher die Form der Hülfs-
vereine wesentlich für die besitzende Klasse, und zwar in dem weitesten
Sinne des Wortes, daß sie sich in der nichtbesitzenden Klasse zugleich
an die wenig Besitzenden anschließen. Ihr Werth und ihre Wirkung
in nationalökonomischer Hinsicht darf als anerkannt vorausgesetzt werden;
in socialer Hinsicht haben sie zur Aufgabe das Zurückfallen des Ein-
zelnen in eine niedere sociale Stellung durch den zufälligen Verlust
seines Kapitals zu hindern. Sie selbst aber können wieder gegenseitige
oder Kapitalsunternehmungen sein; die allgemeine Nothwendigkeit des
Schutzes des Kapitals gegen zufälligen Verlust macht sie aber zu so
nothwendigen Instituten, daß unter allen Hülfsvereinen am meisten
den Charakter von Anstalten der Staatsverwaltung annehmen, und
zum Theil sogar direkt als solche auftreten. Sie bilden daher nach
dieser Seite die Gränze des Vereinswesens, wie die folgenden nach
einer andern Seite.

c) Die dritte große Gruppe der Hülfsvereine können wir mit einem
Worte als die socialen Kreditvereine bezeichnen. Das Wesen
derselben, und ihr Unterschied von den früher erwähnten, die im Gegen-
satze zu denselben Kapitals-Kreditvereine heißen können, besteht darin,
daß diese die Grundlage ihres Kredits in irgend einem bei dem Kredit-
nehmer vorhandenen Kapitale setzen, während die socialen Kreditvereine
die Aufgaben haben, den Kredit zu geben, wo nur ein persönliches
Kapital
vorhanden ist. Ihre Stellung im socialen Organismus be-
steht mithin darin, dem Elemente der persönlichen, aber kapitallosen

der aus der Verſicherung entſtandenen Anſprüche jedes Einzelnen in
der Haftung aller Uebrigen zu ſuchen, als ein Kapitalsunternehmen,
bei welchem ein beſtimmtes geſellſchaftliches Kapital dieſe Haftung über-
nimmt. Im letzteren Falle wird der Hülfsverein zugleich eine Erwerbs-
geſellſchaft, und ſteht damit unter den Regeln, welche für dieſe gelten.
Es iſt nutzlos, zu ſtreiten, wohin man ihn alsdann rechnen ſoll; ohne
allen Zweifel iſt ſein Hauptzweck ſtets das ſociale Element der Kapitals-
bildung, und ſeinem eigentlichen Weſen nach muß er daher den Hülfs-
vereinen zugezählt werden.

3) Ganz daſſelbe gilt von der dritten Form, die wir als die Ge-
fahrverſicherungen
bezeichnen. Nur gehören dieſe letzteren, wie
zum Theil ſchon die Kapitalsverſicherungen, keineswegs immer der nicht
beſitzenden Klaſſe an; ſie haben vielmehr ihre ſociale Aufgabe in jeder
Klaſſe der Geſellſchaft, und während jene das Kapital als die Grund-
lage der ſocialen Stellung des Einzelnen bilden, ſollen dieſe dieß
Kapital erhalten. Die Gefahrverſicherungen unterſcheiden ſich daher
von den Kapitalverſicherungen darin, daß ſie ihr Gebiet da ſuchen, wo
ein Kapital ſchon vorhanden iſt; ſie ſind daher die Form der Hülfs-
vereine weſentlich für die beſitzende Klaſſe, und zwar in dem weiteſten
Sinne des Wortes, daß ſie ſich in der nichtbeſitzenden Klaſſe zugleich
an die wenig Beſitzenden anſchließen. Ihr Werth und ihre Wirkung
in nationalökonomiſcher Hinſicht darf als anerkannt vorausgeſetzt werden;
in ſocialer Hinſicht haben ſie zur Aufgabe das Zurückfallen des Ein-
zelnen in eine niedere ſociale Stellung durch den zufälligen Verluſt
ſeines Kapitals zu hindern. Sie ſelbſt aber können wieder gegenſeitige
oder Kapitalsunternehmungen ſein; die allgemeine Nothwendigkeit des
Schutzes des Kapitals gegen zufälligen Verluſt macht ſie aber zu ſo
nothwendigen Inſtituten, daß unter allen Hülfsvereinen am meiſten
den Charakter von Anſtalten der Staatsverwaltung annehmen, und
zum Theil ſogar direkt als ſolche auftreten. Sie bilden daher nach
dieſer Seite die Gränze des Vereinsweſens, wie die folgenden nach
einer andern Seite.

c) Die dritte große Gruppe der Hülfsvereine können wir mit einem
Worte als die ſocialen Kreditvereine bezeichnen. Das Weſen
derſelben, und ihr Unterſchied von den früher erwähnten, die im Gegen-
ſatze zu denſelben Kapitals-Kreditvereine heißen können, beſteht darin,
daß dieſe die Grundlage ihres Kredits in irgend einem bei dem Kredit-
nehmer vorhandenen Kapitale ſetzen, während die ſocialen Kreditvereine
die Aufgaben haben, den Kredit zu geben, wo nur ein perſönliches
Kapital
vorhanden iſt. Ihre Stellung im ſocialen Organismus be-
ſteht mithin darin, dem Elemente der perſönlichen, aber kapitalloſen

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[564/0588] der aus der Verſicherung entſtandenen Anſprüche jedes Einzelnen in der Haftung aller Uebrigen zu ſuchen, als ein Kapitalsunternehmen, bei welchem ein beſtimmtes geſellſchaftliches Kapital dieſe Haftung über- nimmt. Im letzteren Falle wird der Hülfsverein zugleich eine Erwerbs- geſellſchaft, und ſteht damit unter den Regeln, welche für dieſe gelten. Es iſt nutzlos, zu ſtreiten, wohin man ihn alsdann rechnen ſoll; ohne allen Zweifel iſt ſein Hauptzweck ſtets das ſociale Element der Kapitals- bildung, und ſeinem eigentlichen Weſen nach muß er daher den Hülfs- vereinen zugezählt werden. 3) Ganz daſſelbe gilt von der dritten Form, die wir als die Ge- fahrverſicherungen bezeichnen. Nur gehören dieſe letzteren, wie zum Theil ſchon die Kapitalsverſicherungen, keineswegs immer der nicht beſitzenden Klaſſe an; ſie haben vielmehr ihre ſociale Aufgabe in jeder Klaſſe der Geſellſchaft, und während jene das Kapital als die Grund- lage der ſocialen Stellung des Einzelnen bilden, ſollen dieſe dieß Kapital erhalten. Die Gefahrverſicherungen unterſcheiden ſich daher von den Kapitalverſicherungen darin, daß ſie ihr Gebiet da ſuchen, wo ein Kapital ſchon vorhanden iſt; ſie ſind daher die Form der Hülfs- vereine weſentlich für die beſitzende Klaſſe, und zwar in dem weiteſten Sinne des Wortes, daß ſie ſich in der nichtbeſitzenden Klaſſe zugleich an die wenig Beſitzenden anſchließen. Ihr Werth und ihre Wirkung in nationalökonomiſcher Hinſicht darf als anerkannt vorausgeſetzt werden; in ſocialer Hinſicht haben ſie zur Aufgabe das Zurückfallen des Ein- zelnen in eine niedere ſociale Stellung durch den zufälligen Verluſt ſeines Kapitals zu hindern. Sie ſelbſt aber können wieder gegenſeitige oder Kapitalsunternehmungen ſein; die allgemeine Nothwendigkeit des Schutzes des Kapitals gegen zufälligen Verluſt macht ſie aber zu ſo nothwendigen Inſtituten, daß unter allen Hülfsvereinen am meiſten den Charakter von Anſtalten der Staatsverwaltung annehmen, und zum Theil ſogar direkt als ſolche auftreten. Sie bilden daher nach dieſer Seite die Gränze des Vereinsweſens, wie die folgenden nach einer andern Seite. c) Die dritte große Gruppe der Hülfsvereine können wir mit einem Worte als die ſocialen Kreditvereine bezeichnen. Das Weſen derſelben, und ihr Unterſchied von den früher erwähnten, die im Gegen- ſatze zu denſelben Kapitals-Kreditvereine heißen können, beſteht darin, daß dieſe die Grundlage ihres Kredits in irgend einem bei dem Kredit- nehmer vorhandenen Kapitale ſetzen, während die ſocialen Kreditvereine die Aufgaben haben, den Kredit zu geben, wo nur ein perſönliches Kapital vorhanden iſt. Ihre Stellung im ſocialen Organismus be- ſteht mithin darin, dem Elemente der perſönlichen, aber kapitalloſen

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 564. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/588>, abgerufen am 22.11.2024.