das Ganze auch in ihrem Gebiete fern zu halten. In dieser Beziehung unterscheidet sich die Selbstverwaltung vom Vereinswesen principiell genau so, wie die staatliche, wenn auch das Folgende viele objektive Berührungen zwischen Selbstverwaltung und Verein begründet, die zwischen Staat und Verein seltener zur Erscheinung gelangen. Eben so bestimmt, aber vielleicht klarer, ist der Unterschied in Beziehung auf die Aufgaben beider Organismen selbst. Während nämlich die Selbst- verwaltung alle Staatsaufgaben umfaßt, so weit sie nur eine örtliche Vollziehung bedingen, und die Selbstverwaltungskörper daher dem amt- lichen Organismus in ihrer örtlichen Gränze entsprechen, hat ein Verein immer nur Eine, ganz bestimmte, zwar von ihm selbst gesetzte, aber auch durch ihn nicht willkürlich zu erweiternde Aufgabe. Diese Aufgabe eines Vereins wird nun zwar in vielen Fällen eine örtliche Gränze haben; aber diese örtliche Begränzung des Vereinszweckes liegt nicht, wie bei der Selbstverwaltung, im Wesen des Vereins, sondern nur in seinem eigenen Willen; dem Wesen des Vereins nach ist jeder Vereins- zweck ein örtlich unbegränzter, so daß, wenn er nicht selbst seine örtliche Gränze sich ausdrücklich gesetzt hat, dieselbe als für ihn nicht vorhanden angesehen werden muß. Und diese beiden Momente sind ihrerseits wieder ganz wesentlich für die organische Stellung des Ver- einswesens. Denn aus dem ersten Punkt folgt dadurch, daß er sich auf bestimmte örtliche Verhältnisse beziehen kann, seine einzelne Be- deutung; aus dem zweiten Punkte seine allgemeine Macht. Er kann die gesammelte Kraft aller Einzelnen auf ein ganz bestimmt gegebenes örtliches Verhältniß hinlenken, und dadurch einen Einfluß auf die Selbstverwaltung gewinnen, der größer ist als die Kraft, welche die Organe der Selbstverwaltung ihm entgegenzusetzen haben. Er kann daher für seine Vereinszwecke die Herrschaft in der Selbstverwaltung gewinnen, das heißt, einen bestimmten einzelnen Zweck zur Hauptauf- gabe der Selbstverwaltung machen. Es ist möglich, daß das im ein- zelnen Falle sehr nützlich ist; es ist aber dem Princip nach eine Störung des organischen Lebens der Verwaltung, und hier ist der Punkt, wo die Staatsgewalt die Selbstverwaltung vor der einseitigen Beherrschung durch das Vereinswesen zu schützen, und damit die Harmonie zwischen den großen Organen der Verwaltung aufrecht zu halten hat. Faßt man nun diese verschiedenen Verhältnisse zusammen, so ergibt sich wieder eine Reihe von organischen Beziehungen, einerseits der Staatsgewalt zum Vereinswesen als solchen, andererseits der Mitglieder zum Verein als Ganzen; und die Gesammtheit dieser Beziehungen zu einer festen rechtlichen Ordnung erhoben, und auf jene tieferen Unterschiede des Wesens von der staatlichen und Selbstverwaltung basirt, bildet das Vereinsrecht.
das Ganze auch in ihrem Gebiete fern zu halten. In dieſer Beziehung unterſcheidet ſich die Selbſtverwaltung vom Vereinsweſen principiell genau ſo, wie die ſtaatliche, wenn auch das Folgende viele objektive Berührungen zwiſchen Selbſtverwaltung und Verein begründet, die zwiſchen Staat und Verein ſeltener zur Erſcheinung gelangen. Eben ſo beſtimmt, aber vielleicht klarer, iſt der Unterſchied in Beziehung auf die Aufgaben beider Organismen ſelbſt. Während nämlich die Selbſt- verwaltung alle Staatsaufgaben umfaßt, ſo weit ſie nur eine örtliche Vollziehung bedingen, und die Selbſtverwaltungskörper daher dem amt- lichen Organismus in ihrer örtlichen Gränze entſprechen, hat ein Verein immer nur Eine, ganz beſtimmte, zwar von ihm ſelbſt geſetzte, aber auch durch ihn nicht willkürlich zu erweiternde Aufgabe. Dieſe Aufgabe eines Vereins wird nun zwar in vielen Fällen eine örtliche Gränze haben; aber dieſe örtliche Begränzung des Vereinszweckes liegt nicht, wie bei der Selbſtverwaltung, im Weſen des Vereins, ſondern nur in ſeinem eigenen Willen; dem Weſen des Vereins nach iſt jeder Vereins- zweck ein örtlich unbegränzter, ſo daß, wenn er nicht ſelbſt ſeine örtliche Gränze ſich ausdrücklich geſetzt hat, dieſelbe als für ihn nicht vorhanden angeſehen werden muß. Und dieſe beiden Momente ſind ihrerſeits wieder ganz weſentlich für die organiſche Stellung des Ver- einsweſens. Denn aus dem erſten Punkt folgt dadurch, daß er ſich auf beſtimmte örtliche Verhältniſſe beziehen kann, ſeine einzelne Be- deutung; aus dem zweiten Punkte ſeine allgemeine Macht. Er kann die geſammelte Kraft aller Einzelnen auf ein ganz beſtimmt gegebenes örtliches Verhältniß hinlenken, und dadurch einen Einfluß auf die Selbſtverwaltung gewinnen, der größer iſt als die Kraft, welche die Organe der Selbſtverwaltung ihm entgegenzuſetzen haben. Er kann daher für ſeine Vereinszwecke die Herrſchaft in der Selbſtverwaltung gewinnen, das heißt, einen beſtimmten einzelnen Zweck zur Hauptauf- gabe der Selbſtverwaltung machen. Es iſt möglich, daß das im ein- zelnen Falle ſehr nützlich iſt; es iſt aber dem Princip nach eine Störung des organiſchen Lebens der Verwaltung, und hier iſt der Punkt, wo die Staatsgewalt die Selbſtverwaltung vor der einſeitigen Beherrſchung durch das Vereinsweſen zu ſchützen, und damit die Harmonie zwiſchen den großen Organen der Verwaltung aufrecht zu halten hat. Faßt man nun dieſe verſchiedenen Verhältniſſe zuſammen, ſo ergibt ſich wieder eine Reihe von organiſchen Beziehungen, einerſeits der Staatsgewalt zum Vereinsweſen als ſolchen, andererſeits der Mitglieder zum Verein als Ganzen; und die Geſammtheit dieſer Beziehungen zu einer feſten rechtlichen Ordnung erhoben, und auf jene tieferen Unterſchiede des Weſens von der ſtaatlichen und Selbſtverwaltung baſirt, bildet das Vereinsrecht.
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das Ganze auch in ihrem Gebiete fern zu halten. In dieſer Beziehung
unterſcheidet ſich die Selbſtverwaltung vom Vereinsweſen principiell
genau ſo, wie die ſtaatliche, wenn auch das Folgende viele objektive
Berührungen zwiſchen Selbſtverwaltung und Verein begründet, die
zwiſchen Staat und Verein ſeltener zur Erſcheinung gelangen. Eben
ſo beſtimmt, aber vielleicht klarer, iſt der Unterſchied in Beziehung auf
die Aufgaben beider Organismen ſelbſt. Während nämlich die Selbſt-
verwaltung alle Staatsaufgaben umfaßt, ſo weit ſie nur eine örtliche
Vollziehung bedingen, und die Selbſtverwaltungskörper daher dem amt-
lichen Organismus in ihrer örtlichen Gränze entſprechen, hat ein Verein
immer nur Eine, ganz beſtimmte, zwar von ihm ſelbſt geſetzte, aber
auch durch ihn nicht willkürlich zu erweiternde Aufgabe. Dieſe Aufgabe
eines Vereins wird nun zwar in vielen Fällen eine örtliche Gränze
haben; aber dieſe örtliche Begränzung des Vereinszweckes liegt nicht,
wie bei der Selbſtverwaltung, im Weſen des Vereins, ſondern nur in
ſeinem eigenen Willen; dem Weſen des Vereins nach iſt jeder Vereins-
zweck ein örtlich unbegränzter, ſo daß, wenn er nicht ſelbſt ſeine
örtliche Gränze ſich ausdrücklich geſetzt hat, dieſelbe als für ihn nicht
vorhanden angeſehen werden muß. Und dieſe beiden Momente ſind
ihrerſeits wieder ganz weſentlich für die organiſche Stellung des Ver-
einsweſens. Denn aus dem erſten Punkt folgt dadurch, daß er ſich
auf beſtimmte örtliche Verhältniſſe beziehen kann, ſeine einzelne Be-
deutung; aus dem zweiten Punkte ſeine allgemeine Macht. Er kann
die geſammelte Kraft aller Einzelnen auf ein ganz beſtimmt gegebenes
örtliches Verhältniß hinlenken, und dadurch einen Einfluß auf die
Selbſtverwaltung gewinnen, der größer iſt als die Kraft, welche die
Organe der Selbſtverwaltung ihm entgegenzuſetzen haben. Er kann
daher für ſeine Vereinszwecke die Herrſchaft in der Selbſtverwaltung
gewinnen, das heißt, einen beſtimmten einzelnen Zweck zur Hauptauf-
gabe der Selbſtverwaltung machen. Es iſt möglich, daß das im ein-
zelnen Falle ſehr nützlich iſt; es iſt aber dem Princip nach eine Störung
des organiſchen Lebens der Verwaltung, und hier iſt der Punkt, wo
die Staatsgewalt die Selbſtverwaltung vor der einſeitigen Beherrſchung
durch das Vereinsweſen zu ſchützen, und damit die Harmonie zwiſchen
den großen Organen der Verwaltung aufrecht zu halten hat. Faßt
man nun dieſe verſchiedenen Verhältniſſe zuſammen, ſo ergibt ſich wieder
eine Reihe von organiſchen Beziehungen, einerſeits der Staatsgewalt
zum Vereinsweſen als ſolchen, andererſeits der Mitglieder zum Verein als
Ganzen; und die Geſammtheit dieſer Beziehungen zu einer feſten rechtlichen
Ordnung erhoben, und auf jene tieferen Unterſchiede des Weſens von
der ſtaatlichen und Selbſtverwaltung baſirt, bildet das Vereinsrecht.
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 524. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/548>, abgerufen am 25.11.2024.
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