überdieß eine trias politica aufstellt, welche die oberaufsehende mit enthält §. 41. Zachariä, deutsches bürgerliches Recht a. a. O. und andre. Dennoch ist ein gewisser Drang da, aus all diesen Unklarheiten herauszukommen. Dieser erscheint in der Reducirung aller jener Vorstellungen auf die einfache Vorstellung von der "Staatsgewalt" wie bei Zöpfl Staatsrecht Abschnitt IV.Mohl, Encyclopädie der Staatswissenschaften §. 11 und 15 (der sogar von "Eigenschaften" der Staatsgewalt -- vier hat sie, mehr nicht -- redet). Der Begriff dieser Staatsgewalt hat sich aber historisch gebildet, wie wir unten in der Geschichte der vollziehenden Gewalt zeigen werden, und konnte daher in seiner eigenen Unbestimmtheit, mit der er das ganze Staatsleben umfaßte, den Unterschied der einzelnen Gewalten nicht weiter erklären. Wir dürfen hoffen, daß das nun anders wird. Wesentlich wird dazu der Gedanke beitragen, den wir Mohls Württemb. Staatsrecht verdanken, den er aber nicht festzuhalten vermochte, daß Verfassung und Verwaltung zwei selbständige Gebiete des Staatslebens seyen. Es ergibt sich aus allem, daß der Begriff der "Gewalt" an sich ein ganz richtiger ist; daß der Fehler nur darin lag, daß man das Wesen des Staats aus der Gewalt, statt die Gewalt aus dem Wesen des Staats ent- wickeln wollte; hat man die organischen Grundgedanken des Staatslebens, so ordnen sich diese Begriffe von selber. Und da es uns hier nur auf das Erstere ankam, so dürfen wir die Erläuterungen der Begriffe von Staatsgewalt, Re- gierung, vollziehender Gewalt u. s. w. jetzt an ihre besondere Stellen verweisen.
Der Begriff der Regierungslehre. Die drei Gebiete der Verwaltung.
Jede vollziehende Gewalt nämlich ist zwar ein selbständiges Moment in der organisch gegliederten Persönlichkeit des Staats; allein sie steht nicht für sich da. Ihre Quelle ist eben der, in seinem wirklichen Leben sich verwirklichende Staat; ihr Inhalt kann daher auch kein anderer, als die Verwirklichung der Staatsidee sein. Sie wird diesen Inhalt stets zunächst in dem bestimmt formulirten Willen des Staats, dem Gesetze suchen; allein sie kann und darf nicht bloß mit dem formellen Gesetze sich begnügen. Sie muß vielmehr von den Forde- rungen, welche die Idee des Staats stellt, durchdrungen sein; sie muß nichts wollen, als was sie selbst als Inhalt des letzteren erkennt; sie widerspricht ihrem eigenen Wesen, wenn sie etwas anderes will; sie muß daher die gesammte Aufgabe, welche diese Idee verwirklichen will, sich selber zum Bewußtsein erheben; und das Durchdrungensein von dieser Idee, von diesem Bewußtsein ist eben dasjenige, was sie zu einem lebendigen Gliede des Staatsorganismus macht. Dieß Bewußtsein gestaltet sich nun für die wirkliche Thätigkeit zu gewissen, dieselben im Einzelnen leitenden, für jede derselben zur gleichmäßigen Gültigkeit
überdieß eine trias politica aufſtellt, welche die oberaufſehende mit enthält §. 41. Zachariä, deutſches bürgerliches Recht a. a. O. und andre. Dennoch iſt ein gewiſſer Drang da, aus all dieſen Unklarheiten herauszukommen. Dieſer erſcheint in der Reducirung aller jener Vorſtellungen auf die einfache Vorſtellung von der „Staatsgewalt“ wie bei Zöpfl Staatsrecht Abſchnitt IV.Mohl, Encyclopädie der Staatswiſſenſchaften §. 11 und 15 (der ſogar von „Eigenſchaften“ der Staatsgewalt — vier hat ſie, mehr nicht — redet). Der Begriff dieſer Staatsgewalt hat ſich aber hiſtoriſch gebildet, wie wir unten in der Geſchichte der vollziehenden Gewalt zeigen werden, und konnte daher in ſeiner eigenen Unbeſtimmtheit, mit der er das ganze Staatsleben umfaßte, den Unterſchied der einzelnen Gewalten nicht weiter erklären. Wir dürfen hoffen, daß das nun anders wird. Weſentlich wird dazu der Gedanke beitragen, den wir Mohls Württemb. Staatsrecht verdanken, den er aber nicht feſtzuhalten vermochte, daß Verfaſſung und Verwaltung zwei ſelbſtändige Gebiete des Staatslebens ſeyen. Es ergibt ſich aus allem, daß der Begriff der „Gewalt“ an ſich ein ganz richtiger iſt; daß der Fehler nur darin lag, daß man das Weſen des Staats aus der Gewalt, ſtatt die Gewalt aus dem Weſen des Staats ent- wickeln wollte; hat man die organiſchen Grundgedanken des Staatslebens, ſo ordnen ſich dieſe Begriffe von ſelber. Und da es uns hier nur auf das Erſtere ankam, ſo dürfen wir die Erläuterungen der Begriffe von Staatsgewalt, Re- gierung, vollziehender Gewalt u. ſ. w. jetzt an ihre beſondere Stellen verweiſen.
Der Begriff der Regierungslehre. Die drei Gebiete der Verwaltung.
Jede vollziehende Gewalt nämlich iſt zwar ein ſelbſtändiges Moment in der organiſch gegliederten Perſönlichkeit des Staats; allein ſie ſteht nicht für ſich da. Ihre Quelle iſt eben der, in ſeinem wirklichen Leben ſich verwirklichende Staat; ihr Inhalt kann daher auch kein anderer, als die Verwirklichung der Staatsidee ſein. Sie wird dieſen Inhalt ſtets zunächſt in dem beſtimmt formulirten Willen des Staats, dem Geſetze ſuchen; allein ſie kann und darf nicht bloß mit dem formellen Geſetze ſich begnügen. Sie muß vielmehr von den Forde- rungen, welche die Idee des Staats ſtellt, durchdrungen ſein; ſie muß nichts wollen, als was ſie ſelbſt als Inhalt des letzteren erkennt; ſie widerſpricht ihrem eigenen Weſen, wenn ſie etwas anderes will; ſie muß daher die geſammte Aufgabe, welche dieſe Idee verwirklichen will, ſich ſelber zum Bewußtſein erheben; und das Durchdrungenſein von dieſer Idee, von dieſem Bewußtſein iſt eben dasjenige, was ſie zu einem lebendigen Gliede des Staatsorganismus macht. Dieß Bewußtſein geſtaltet ſich nun für die wirkliche Thätigkeit zu gewiſſen, dieſelben im Einzelnen leitenden, für jede derſelben zur gleichmäßigen Gültigkeit
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[13/0037]
überdieß eine trias politica aufſtellt, welche die oberaufſehende mit enthält §. 41.
Zachariä, deutſches bürgerliches Recht a. a. O. und andre. Dennoch iſt
ein gewiſſer Drang da, aus all dieſen Unklarheiten herauszukommen. Dieſer
erſcheint in der Reducirung aller jener Vorſtellungen auf die einfache Vorſtellung
von der „Staatsgewalt“ wie bei Zöpfl Staatsrecht Abſchnitt IV. Mohl,
Encyclopädie der Staatswiſſenſchaften §. 11 und 15 (der ſogar von „Eigenſchaften“
der Staatsgewalt — vier hat ſie, mehr nicht — redet). Der Begriff dieſer
Staatsgewalt hat ſich aber hiſtoriſch gebildet, wie wir unten in der Geſchichte
der vollziehenden Gewalt zeigen werden, und konnte daher in ſeiner eigenen
Unbeſtimmtheit, mit der er das ganze Staatsleben umfaßte, den Unterſchied
der einzelnen Gewalten nicht weiter erklären. Wir dürfen hoffen, daß das nun
anders wird. Weſentlich wird dazu der Gedanke beitragen, den wir Mohls
Württemb. Staatsrecht verdanken, den er aber nicht feſtzuhalten vermochte,
daß Verfaſſung und Verwaltung zwei ſelbſtändige Gebiete des Staatslebens
ſeyen. Es ergibt ſich aus allem, daß der Begriff der „Gewalt“ an ſich ein
ganz richtiger iſt; daß der Fehler nur darin lag, daß man das Weſen des
Staats aus der Gewalt, ſtatt die Gewalt aus dem Weſen des Staats ent-
wickeln wollte; hat man die organiſchen Grundgedanken des Staatslebens, ſo
ordnen ſich dieſe Begriffe von ſelber. Und da es uns hier nur auf das Erſtere
ankam, ſo dürfen wir die Erläuterungen der Begriffe von Staatsgewalt, Re-
gierung, vollziehender Gewalt u. ſ. w. jetzt an ihre beſondere Stellen verweiſen.
Der Begriff der Regierungslehre. Die drei Gebiete der
Verwaltung.
Jede vollziehende Gewalt nämlich iſt zwar ein ſelbſtändiges Moment
in der organiſch gegliederten Perſönlichkeit des Staats; allein ſie ſteht
nicht für ſich da. Ihre Quelle iſt eben der, in ſeinem wirklichen Leben
ſich verwirklichende Staat; ihr Inhalt kann daher auch kein anderer,
als die Verwirklichung der Staatsidee ſein. Sie wird dieſen Inhalt
ſtets zunächſt in dem beſtimmt formulirten Willen des Staats,
dem Geſetze ſuchen; allein ſie kann und darf nicht bloß mit dem
formellen Geſetze ſich begnügen. Sie muß vielmehr von den Forde-
rungen, welche die Idee des Staats ſtellt, durchdrungen ſein; ſie muß
nichts wollen, als was ſie ſelbſt als Inhalt des letzteren erkennt; ſie
widerſpricht ihrem eigenen Weſen, wenn ſie etwas anderes will; ſie
muß daher die geſammte Aufgabe, welche dieſe Idee verwirklichen will,
ſich ſelber zum Bewußtſein erheben; und das Durchdrungenſein von
dieſer Idee, von dieſem Bewußtſein iſt eben dasjenige, was ſie zu einem
lebendigen Gliede des Staatsorganismus macht. Dieß Bewußtſein
geſtaltet ſich nun für die wirkliche Thätigkeit zu gewiſſen, dieſelben im
Einzelnen leitenden, für jede derſelben zur gleichmäßigen Gültigkeit
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/37>, abgerufen am 24.11.2024.
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