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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865.

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sofern sie in neuerer Zeit noch diesen Namen verdienen, dem Finanz-
ministerium oder dem Verwaltungsministerium zufallen soll. Zu diesen
Regalien ist in neuerer Zeit noch das Eisenbahn- und Telegraphen-
wesen hinzugekommen. Es ist kein Zweifel, daß mit dem Wegfallen
der Ursache, das sie in die Finanzverwaltung hinüberschob, und vermöge
dessen sie als Quelle der Einnahme betrachtet wurden, jeder haltbare
Grund, sie als Gebiete der Staatswirthschaft zu betrachten, wegfallen
muß. Alle diese Regalien gehören jetzt ihrem Wesen nach dem Mini-
sterium der Verwaltung, und innerhalb desselben dem volkswirthschaft-
lichen Ministerium, da sie sich auf die Bedingungen der volkswirth-
schaftlichen Entwicklung beziehen. Dazu gehören daher nicht bloß das
Post-, Münz-, Eisenbahn- und Telegraphenwesen, sondern auch die
Verwaltung der Zettelbanken. Die Verbindung der Verwaltung
der letzteren mit dem Finanzministerium hat nur einen historischen Grund,
und ist jetzt viel mehr eine Gefahr für den Kredit der Noten, als ein
Vortheil für das Bankwesen.

Die zweite Frage betrifft das Verhältniß der Verwaltungsmini-
sterien, der Polizei, der geistigen Angelegenheiten, der Volkswirthschaft
und des Innern im engern Sinne. Erster Grundsatz ist hier, daß die
Trennung dieser Ministerien überhaupt nur von dem Gesichtspunkte
der Zweckmäßigkeit beurtheilt werden muß; je nach den gegebenen Ver-
hältnissen kann jeder Staat sie trennen oder verbinden, wie es ihm
angemessen ist. Sind sie aber getrennt, so handelt es sich darum,
was ihnen nach der Natur der Sache zukommt; denn die richtige Be-
stimmung ihres Umfanges wird dann eine der Bedingungen ihrer guten
Verwaltung.

Zuerst muß man sagen, daß ein eigenes Polizeiministerium nur
in großen Staaten zweckmäßig ist. Die Aufgabe des Polizeiministeriums,
der öffentliche Schutz, erscheint in zwei Gebieten. Einerseits soll es die
Sicherung der Bevölkerung herstellen, und das kann allerdings wesent-
lich durch die Körper der Selbstverwaltung erzielt werden; andererseits
soll es den Staat gegen den Einzelnen sichern, und das ist da, wo
es nöthig ist, allerdings eine selbständige Aufgabe. Nöthig aber erscheint
dieß immer da, wo die gegebene Verfassung mit Neubildungen in der
Gesellschaft in Gegensatz tritt; denn die letzteren pflegen sich in der
Regel zuerst als Versuche Einzelner zum Umsturz des Bestehenden zu
äußern. Ein eigenes Polizeiministerium wird daher der Regel nach in
dem Grade zweckmäßiger, in welchem die Verfassung durch sociale oder
nationale Bewegungen gefährdet erscheint, während es um so über-
flüssiger ist, je gleichartiger die Verhältnisse eines Staates in dieser
Beziehung erscheinen. In diesem Falle gehört sein Gebiet unter das

ſofern ſie in neuerer Zeit noch dieſen Namen verdienen, dem Finanz-
miniſterium oder dem Verwaltungsminiſterium zufallen ſoll. Zu dieſen
Regalien iſt in neuerer Zeit noch das Eiſenbahn- und Telegraphen-
weſen hinzugekommen. Es iſt kein Zweifel, daß mit dem Wegfallen
der Urſache, das ſie in die Finanzverwaltung hinüberſchob, und vermöge
deſſen ſie als Quelle der Einnahme betrachtet wurden, jeder haltbare
Grund, ſie als Gebiete der Staatswirthſchaft zu betrachten, wegfallen
muß. Alle dieſe Regalien gehören jetzt ihrem Weſen nach dem Mini-
ſterium der Verwaltung, und innerhalb deſſelben dem volkswirthſchaft-
lichen Miniſterium, da ſie ſich auf die Bedingungen der volkswirth-
ſchaftlichen Entwicklung beziehen. Dazu gehören daher nicht bloß das
Poſt-, Münz-, Eiſenbahn- und Telegraphenweſen, ſondern auch die
Verwaltung der Zettelbanken. Die Verbindung der Verwaltung
der letzteren mit dem Finanzminiſterium hat nur einen hiſtoriſchen Grund,
und iſt jetzt viel mehr eine Gefahr für den Kredit der Noten, als ein
Vortheil für das Bankweſen.

Die zweite Frage betrifft das Verhältniß der Verwaltungsmini-
ſterien, der Polizei, der geiſtigen Angelegenheiten, der Volkswirthſchaft
und des Innern im engern Sinne. Erſter Grundſatz iſt hier, daß die
Trennung dieſer Miniſterien überhaupt nur von dem Geſichtspunkte
der Zweckmäßigkeit beurtheilt werden muß; je nach den gegebenen Ver-
hältniſſen kann jeder Staat ſie trennen oder verbinden, wie es ihm
angemeſſen iſt. Sind ſie aber getrennt, ſo handelt es ſich darum,
was ihnen nach der Natur der Sache zukommt; denn die richtige Be-
ſtimmung ihres Umfanges wird dann eine der Bedingungen ihrer guten
Verwaltung.

Zuerſt muß man ſagen, daß ein eigenes Polizeiminiſterium nur
in großen Staaten zweckmäßig iſt. Die Aufgabe des Polizeiminiſteriums,
der öffentliche Schutz, erſcheint in zwei Gebieten. Einerſeits ſoll es die
Sicherung der Bevölkerung herſtellen, und das kann allerdings weſent-
lich durch die Körper der Selbſtverwaltung erzielt werden; andererſeits
ſoll es den Staat gegen den Einzelnen ſichern, und das iſt da, wo
es nöthig iſt, allerdings eine ſelbſtändige Aufgabe. Nöthig aber erſcheint
dieß immer da, wo die gegebene Verfaſſung mit Neubildungen in der
Geſellſchaft in Gegenſatz tritt; denn die letzteren pflegen ſich in der
Regel zuerſt als Verſuche Einzelner zum Umſturz des Beſtehenden zu
äußern. Ein eigenes Polizeiminiſterium wird daher der Regel nach in
dem Grade zweckmäßiger, in welchem die Verfaſſung durch ſociale oder
nationale Bewegungen gefährdet erſcheint, während es um ſo über-
flüſſiger iſt, je gleichartiger die Verhältniſſe eines Staates in dieſer
Beziehung erſcheinen. In dieſem Falle gehört ſein Gebiet unter das

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[316/0340] ſofern ſie in neuerer Zeit noch dieſen Namen verdienen, dem Finanz- miniſterium oder dem Verwaltungsminiſterium zufallen ſoll. Zu dieſen Regalien iſt in neuerer Zeit noch das Eiſenbahn- und Telegraphen- weſen hinzugekommen. Es iſt kein Zweifel, daß mit dem Wegfallen der Urſache, das ſie in die Finanzverwaltung hinüberſchob, und vermöge deſſen ſie als Quelle der Einnahme betrachtet wurden, jeder haltbare Grund, ſie als Gebiete der Staatswirthſchaft zu betrachten, wegfallen muß. Alle dieſe Regalien gehören jetzt ihrem Weſen nach dem Mini- ſterium der Verwaltung, und innerhalb deſſelben dem volkswirthſchaft- lichen Miniſterium, da ſie ſich auf die Bedingungen der volkswirth- ſchaftlichen Entwicklung beziehen. Dazu gehören daher nicht bloß das Poſt-, Münz-, Eiſenbahn- und Telegraphenweſen, ſondern auch die Verwaltung der Zettelbanken. Die Verbindung der Verwaltung der letzteren mit dem Finanzminiſterium hat nur einen hiſtoriſchen Grund, und iſt jetzt viel mehr eine Gefahr für den Kredit der Noten, als ein Vortheil für das Bankweſen. Die zweite Frage betrifft das Verhältniß der Verwaltungsmini- ſterien, der Polizei, der geiſtigen Angelegenheiten, der Volkswirthſchaft und des Innern im engern Sinne. Erſter Grundſatz iſt hier, daß die Trennung dieſer Miniſterien überhaupt nur von dem Geſichtspunkte der Zweckmäßigkeit beurtheilt werden muß; je nach den gegebenen Ver- hältniſſen kann jeder Staat ſie trennen oder verbinden, wie es ihm angemeſſen iſt. Sind ſie aber getrennt, ſo handelt es ſich darum, was ihnen nach der Natur der Sache zukommt; denn die richtige Be- ſtimmung ihres Umfanges wird dann eine der Bedingungen ihrer guten Verwaltung. Zuerſt muß man ſagen, daß ein eigenes Polizeiminiſterium nur in großen Staaten zweckmäßig iſt. Die Aufgabe des Polizeiminiſteriums, der öffentliche Schutz, erſcheint in zwei Gebieten. Einerſeits ſoll es die Sicherung der Bevölkerung herſtellen, und das kann allerdings weſent- lich durch die Körper der Selbſtverwaltung erzielt werden; andererſeits ſoll es den Staat gegen den Einzelnen ſichern, und das iſt da, wo es nöthig iſt, allerdings eine ſelbſtändige Aufgabe. Nöthig aber erſcheint dieß immer da, wo die gegebene Verfaſſung mit Neubildungen in der Geſellſchaft in Gegenſatz tritt; denn die letzteren pflegen ſich in der Regel zuerſt als Verſuche Einzelner zum Umſturz des Beſtehenden zu äußern. Ein eigenes Polizeiminiſterium wird daher der Regel nach in dem Grade zweckmäßiger, in welchem die Verfaſſung durch ſociale oder nationale Bewegungen gefährdet erſcheint, während es um ſo über- flüſſiger iſt, je gleichartiger die Verhältniſſe eines Staates in dieſer Beziehung erſcheinen. In dieſem Falle gehört ſein Gebiet unter das

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/340>, abgerufen am 24.11.2024.