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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865.

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Unklarheit, welche von der Unklarheit der Theorie über diese Frage
begleitet ist. Von ihm aus lassen sich dann ferner die Elemente der
wirklichen Eintheilung bestimmen. Und hier erst gewinnt die letztere
ihre Bedeutung.

Zuerst nämlich zeigt sie uns in ihren Grundformen die wesent-
lichsten Lebensverhältnisse des Staats; es ist das Leben desselben selbst,
in der Eintheilung in Ministerien wieder gegeben. Sie führt uns ferner
darauf, wie und weßhalb neue Ministerien entstehen, und welches die
Berechtigung und Bedeutung der Herstellung eines neuen Ministeriums
sein muß. Sie zeigt uns endlich die Grundsätze, welche über die im
Einzelnen schwierigste Frage, die Frage nach den natürlichen Gränzen
der einzelnen Ministerien gegen einander, zu entscheiden haben.

Was nun den ersten Punkt, die nothwendigen Ministerien
betrifft, so erscheinen als die Grundverhältnisse des staatlichen Lebens
und demnach als die nothwendigen Ministerien fünf Gebiete: das Ver-
hältniß des einzelnen Staates zu dem Gesammtleben der Staaten, die
Waffenmacht, die Staatswirthschaft, die Rechtspflege, und endlich die
innere Verwaltung. Diesen fünf Gebieten entsprechen die fünf Haupt-
ministerien, ohne welche ein Ministerialsystem nicht gedacht werden kann.
Ja man kann so weit gehen, zu sagen, daß ein Staat, dessen Größe
nicht einmal die Aufstellung dieser fünf Ministerien gestattet, gar kein
Staat im Sinne unserer Zeit genannt werden kann. In der That
sind jene Verhältnisse so spezifisch verschieden, daß es nicht möglich ist,
eine parlamentarische Verantwortlichkeit für mehr als eines derselben zu
übernehmen.

Dagegen ist mit diesen fünf Gebieten -- zu denen ein sechstes durch
die Scheidung der militärischen Macht in Land- und Seemacht hinzu-
kommen kann, was aber nur die Zahl und nicht das System ändert --
die Entwicklung nicht abgeschlossen.

Zunächst entsteht für die Reiche, welche Colonien haben, ein Mini-
sterium der Colonien. Ein solches Ministerium ist vielmehr eine Ver-
waltungsbehörde im höchsten Style, als ein wahres Ministerium. Die
Volksvertretung der Colonien kann aus örtlichen Gründen niemals mit
der eigenen Volksvertretung zusammengefaßt werden; eine wahre Ver-
antwortlichkeit ist daher hier schwer möglich, weil ein Urtheil über die
Verhältnisse so entfernter Länder schwer denkbar ist. Die Verwaltung
der Colonien wird daher ihr Haupt in den Colonien selbst haben, und
entweder sich zu einem parlamentarischen System entwickeln oder in die
Kategorie einer behördlichen Verwaltung hinabsinken. Jeder dritte Zustand
muß als Uebergangszustand betrachtet werden. In der Reihe der parla-
mentarischen Minister wird ein Colonialminister niemals dauernd auftreten.


Unklarheit, welche von der Unklarheit der Theorie über dieſe Frage
begleitet iſt. Von ihm aus laſſen ſich dann ferner die Elemente der
wirklichen Eintheilung beſtimmen. Und hier erſt gewinnt die letztere
ihre Bedeutung.

Zuerſt nämlich zeigt ſie uns in ihren Grundformen die weſent-
lichſten Lebensverhältniſſe des Staats; es iſt das Leben deſſelben ſelbſt,
in der Eintheilung in Miniſterien wieder gegeben. Sie führt uns ferner
darauf, wie und weßhalb neue Miniſterien entſtehen, und welches die
Berechtigung und Bedeutung der Herſtellung eines neuen Miniſteriums
ſein muß. Sie zeigt uns endlich die Grundſätze, welche über die im
Einzelnen ſchwierigſte Frage, die Frage nach den natürlichen Gränzen
der einzelnen Miniſterien gegen einander, zu entſcheiden haben.

Was nun den erſten Punkt, die nothwendigen Miniſterien
betrifft, ſo erſcheinen als die Grundverhältniſſe des ſtaatlichen Lebens
und demnach als die nothwendigen Miniſterien fünf Gebiete: das Ver-
hältniß des einzelnen Staates zu dem Geſammtleben der Staaten, die
Waffenmacht, die Staatswirthſchaft, die Rechtspflege, und endlich die
innere Verwaltung. Dieſen fünf Gebieten entſprechen die fünf Haupt-
miniſterien, ohne welche ein Miniſterialſyſtem nicht gedacht werden kann.
Ja man kann ſo weit gehen, zu ſagen, daß ein Staat, deſſen Größe
nicht einmal die Aufſtellung dieſer fünf Miniſterien geſtattet, gar kein
Staat im Sinne unſerer Zeit genannt werden kann. In der That
ſind jene Verhältniſſe ſo ſpezifiſch verſchieden, daß es nicht möglich iſt,
eine parlamentariſche Verantwortlichkeit für mehr als eines derſelben zu
übernehmen.

Dagegen iſt mit dieſen fünf Gebieten — zu denen ein ſechstes durch
die Scheidung der militäriſchen Macht in Land- und Seemacht hinzu-
kommen kann, was aber nur die Zahl und nicht das Syſtem ändert —
die Entwicklung nicht abgeſchloſſen.

Zunächſt entſteht für die Reiche, welche Colonien haben, ein Mini-
ſterium der Colonien. Ein ſolches Miniſterium iſt vielmehr eine Ver-
waltungsbehörde im höchſten Style, als ein wahres Miniſterium. Die
Volksvertretung der Colonien kann aus örtlichen Gründen niemals mit
der eigenen Volksvertretung zuſammengefaßt werden; eine wahre Ver-
antwortlichkeit iſt daher hier ſchwer möglich, weil ein Urtheil über die
Verhältniſſe ſo entfernter Länder ſchwer denkbar iſt. Die Verwaltung
der Colonien wird daher ihr Haupt in den Colonien ſelbſt haben, und
entweder ſich zu einem parlamentariſchen Syſtem entwickeln oder in die
Kategorie einer behördlichen Verwaltung hinabſinken. Jeder dritte Zuſtand
muß als Uebergangszuſtand betrachtet werden. In der Reihe der parla-
mentariſchen Miniſter wird ein Colonialminiſter niemals dauernd auftreten.


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[313/0337] Unklarheit, welche von der Unklarheit der Theorie über dieſe Frage begleitet iſt. Von ihm aus laſſen ſich dann ferner die Elemente der wirklichen Eintheilung beſtimmen. Und hier erſt gewinnt die letztere ihre Bedeutung. Zuerſt nämlich zeigt ſie uns in ihren Grundformen die weſent- lichſten Lebensverhältniſſe des Staats; es iſt das Leben deſſelben ſelbſt, in der Eintheilung in Miniſterien wieder gegeben. Sie führt uns ferner darauf, wie und weßhalb neue Miniſterien entſtehen, und welches die Berechtigung und Bedeutung der Herſtellung eines neuen Miniſteriums ſein muß. Sie zeigt uns endlich die Grundſätze, welche über die im Einzelnen ſchwierigſte Frage, die Frage nach den natürlichen Gränzen der einzelnen Miniſterien gegen einander, zu entſcheiden haben. Was nun den erſten Punkt, die nothwendigen Miniſterien betrifft, ſo erſcheinen als die Grundverhältniſſe des ſtaatlichen Lebens und demnach als die nothwendigen Miniſterien fünf Gebiete: das Ver- hältniß des einzelnen Staates zu dem Geſammtleben der Staaten, die Waffenmacht, die Staatswirthſchaft, die Rechtspflege, und endlich die innere Verwaltung. Dieſen fünf Gebieten entſprechen die fünf Haupt- miniſterien, ohne welche ein Miniſterialſyſtem nicht gedacht werden kann. Ja man kann ſo weit gehen, zu ſagen, daß ein Staat, deſſen Größe nicht einmal die Aufſtellung dieſer fünf Miniſterien geſtattet, gar kein Staat im Sinne unſerer Zeit genannt werden kann. In der That ſind jene Verhältniſſe ſo ſpezifiſch verſchieden, daß es nicht möglich iſt, eine parlamentariſche Verantwortlichkeit für mehr als eines derſelben zu übernehmen. Dagegen iſt mit dieſen fünf Gebieten — zu denen ein ſechstes durch die Scheidung der militäriſchen Macht in Land- und Seemacht hinzu- kommen kann, was aber nur die Zahl und nicht das Syſtem ändert — die Entwicklung nicht abgeſchloſſen. Zunächſt entſteht für die Reiche, welche Colonien haben, ein Mini- ſterium der Colonien. Ein ſolches Miniſterium iſt vielmehr eine Ver- waltungsbehörde im höchſten Style, als ein wahres Miniſterium. Die Volksvertretung der Colonien kann aus örtlichen Gründen niemals mit der eigenen Volksvertretung zuſammengefaßt werden; eine wahre Ver- antwortlichkeit iſt daher hier ſchwer möglich, weil ein Urtheil über die Verhältniſſe ſo entfernter Länder ſchwer denkbar iſt. Die Verwaltung der Colonien wird daher ihr Haupt in den Colonien ſelbſt haben, und entweder ſich zu einem parlamentariſchen Syſtem entwickeln oder in die Kategorie einer behördlichen Verwaltung hinabſinken. Jeder dritte Zuſtand muß als Uebergangszuſtand betrachtet werden. In der Reihe der parla- mentariſchen Miniſter wird ein Colonialminiſter niemals dauernd auftreten.

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/337>, abgerufen am 24.11.2024.