amtliche Ausführung auf Kosten des Betreffenden nicht thunlich ist. Aehnlich denkt sich wohl das preußische Gesetz vom 11. Mai 1850 die Sache (§. 20): "Wer es unterläßt, dasjenige zu thun, was ihm von der Polizeibehörde in Ausübung ihrer Befugniß geboten ist, hat zu gewärtigen, daß es auf seine Kosten zur Ausführung gebracht werde, vorbehältlich der etwa verwirkten Strafen und der Verpflichtung zum Schadensersatze." Siehe bei RönneII. §. 52 die daran sich schließenden Verordnungen. Ebenso das neue Bayerische Polizeistrafgesetzbuch I. §. 28, wo noch der Anspruch auf Schadensersatz dem Betreffenden vorbehalten ist (§. 20).
Wo endlich ein förmliches Polizeistrafgesetzbuch besteht, da ist ohnehin ein förmliches Gesetz vorhanden, welches ein Maximum und Minimum der Strafe setzt, die durch die Polizei angedroht werden kann. Hier kann daher das Recht zur Strafandrohung nicht zweifelhaft sein; dagegen muß man fest- halten, daß eben mit einem solchen Gesetzbuche das ganze Zwangsverfahren auch dem Rechte der reinen Vollziehung entzogen, und zu einem Gegenstande der Rechtspflege geworden ist, und mithin nicht mehr hierher gehört. Das Verhältniß, das daraus entsteht, muß nun in folgender Weise betrachtet werden.
Sowie ein Polizeirecht einer Behörde das Recht der Strafandrohung gibt, so ist die wirklich ausgesprochene Strafandrohung ein gesetzliches Recht, und keine Verordnung, und es ist daher consequent, daß ein förmliches Ver- fahren über den betreffenden Fall eingeleitet wird. Damit entsteht eine selb- ständige Kategorie des Unrechts, die Polizeiübertretungen, deren Ge- setzbuch eben das Polizeistrafgesetz ist. Auf diesem Standpunkt steht die ganze Police correctionnelle in Frankreich, dem unsere deutschen Polizeirechte nach- gebildet sind. Etwas wunderlich klingt dabei im Bayerischen Polizeistraf- gesetzbuch der Art. 39: "Keine Verordnung darf mit Gesetzen, keine orts-, distrikts- oder oberpolizeiliche Vorschrift mit Gesetzen, mit den über denselben Gegenstand zulässigen Verordnungen oder mit competenzmäßigen Vorschriften einer höheren Behörde im Widerspruch stehen" -- natürlich nicht; die Frage ist nur, ob Klage oder Beschwerde in beiden Fällen eintreten, und welche Be- hörde daher competent ist oder sein sollte? Einfacher wäre die Sache gewesen, wenn das Gesetzbuch gesagt hätte: "Nicht bloß die Entschädigung wegen Ueber- schreitung des Polizeirechts (Pötzl, Verwaltungsrecht §. 138), sondern jeder Akt der Polizeigewalt kann vor dem ordentlichen Gericht belangt werden, wenn die Partei meint, daß er mit einem Gesetze in Widerspruch steht; wo dagegen ein Widerspruch mit einer Verordnung angenommen wird, tritt der Weg der Beschwerde ein; bei der Frage dagegen, ob ein Akt der Polizei in die Bestim- mungen des Polizeistrafgesetzbuches falle, ist eben die Polizeibehörde selbst die erste gerichtliche Instanz. Die Competenz für die Anwendung des Zwanges ist übrigens namentlich in der Finanzverwaltung in den meisten Staaten ohnehin sehr genau bestimmt, und hier muß angenommen werden, daß der Befehl durch einfache Hinweisung auf die ordnungsmäßig erlassenen Vollzugsverordnungen den Charakter und Inhalt eines Vollzugsdokumentes erhält.
amtliche Ausführung auf Koſten des Betreffenden nicht thunlich iſt. Aehnlich denkt ſich wohl das preußiſche Geſetz vom 11. Mai 1850 die Sache (§. 20): „Wer es unterläßt, dasjenige zu thun, was ihm von der Polizeibehörde in Ausübung ihrer Befugniß geboten iſt, hat zu gewärtigen, daß es auf ſeine Koſten zur Ausführung gebracht werde, vorbehältlich der etwa verwirkten Strafen und der Verpflichtung zum Schadenserſatze.“ Siehe bei RönneII. §. 52 die daran ſich ſchließenden Verordnungen. Ebenſo das neue Bayeriſche Polizeiſtrafgeſetzbuch I. §. 28, wo noch der Anſpruch auf Schadenserſatz dem Betreffenden vorbehalten iſt (§. 20).
Wo endlich ein förmliches Polizeiſtrafgeſetzbuch beſteht, da iſt ohnehin ein förmliches Geſetz vorhanden, welches ein Maximum und Minimum der Strafe ſetzt, die durch die Polizei angedroht werden kann. Hier kann daher das Recht zur Strafandrohung nicht zweifelhaft ſein; dagegen muß man feſt- halten, daß eben mit einem ſolchen Geſetzbuche das ganze Zwangsverfahren auch dem Rechte der reinen Vollziehung entzogen, und zu einem Gegenſtande der Rechtspflege geworden iſt, und mithin nicht mehr hierher gehört. Das Verhältniß, das daraus entſteht, muß nun in folgender Weiſe betrachtet werden.
Sowie ein Polizeirecht einer Behörde das Recht der Strafandrohung gibt, ſo iſt die wirklich ausgeſprochene Strafandrohung ein geſetzliches Recht, und keine Verordnung, und es iſt daher conſequent, daß ein förmliches Ver- fahren über den betreffenden Fall eingeleitet wird. Damit entſteht eine ſelb- ſtändige Kategorie des Unrechts, die Polizeiübertretungen, deren Ge- ſetzbuch eben das Polizeiſtrafgeſetz iſt. Auf dieſem Standpunkt ſteht die ganze Police correctionnelle in Frankreich, dem unſere deutſchen Polizeirechte nach- gebildet ſind. Etwas wunderlich klingt dabei im Bayeriſchen Polizeiſtraf- geſetzbuch der Art. 39: „Keine Verordnung darf mit Geſetzen, keine orts-, diſtrikts- oder oberpolizeiliche Vorſchrift mit Geſetzen, mit den über denſelben Gegenſtand zuläſſigen Verordnungen oder mit competenzmäßigen Vorſchriften einer höheren Behörde im Widerſpruch ſtehen“ — natürlich nicht; die Frage iſt nur, ob Klage oder Beſchwerde in beiden Fällen eintreten, und welche Be- hörde daher competent iſt oder ſein ſollte? Einfacher wäre die Sache geweſen, wenn das Geſetzbuch geſagt hätte: „Nicht bloß die Entſchädigung wegen Ueber- ſchreitung des Polizeirechts (Pötzl, Verwaltungsrecht §. 138), ſondern jeder Akt der Polizeigewalt kann vor dem ordentlichen Gericht belangt werden, wenn die Partei meint, daß er mit einem Geſetze in Widerſpruch ſteht; wo dagegen ein Widerſpruch mit einer Verordnung angenommen wird, tritt der Weg der Beſchwerde ein; bei der Frage dagegen, ob ein Akt der Polizei in die Beſtim- mungen des Polizeiſtrafgeſetzbuches falle, iſt eben die Polizeibehörde ſelbſt die erſte gerichtliche Inſtanz. Die Competenz für die Anwendung des Zwanges iſt übrigens namentlich in der Finanzverwaltung in den meiſten Staaten ohnehin ſehr genau beſtimmt, und hier muß angenommen werden, daß der Befehl durch einfache Hinweiſung auf die ordnungsmäßig erlaſſenen Vollzugsverordnungen den Charakter und Inhalt eines Vollzugsdokumentes erhält.
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„Wer es unterläßt, dasjenige zu thun, was ihm von der Polizeibehörde in
Ausübung ihrer Befugniß geboten iſt, hat zu gewärtigen, daß es auf ſeine
Koſten zur Ausführung gebracht werde, vorbehältlich der etwa verwirkten
Strafen und der Verpflichtung zum Schadenserſatze.“ Siehe bei Rönne II.
§. 52 die daran ſich ſchließenden Verordnungen. Ebenſo das neue Bayeriſche
Polizeiſtrafgeſetzbuch I. §. 28, wo noch der Anſpruch auf Schadenserſatz dem
Betreffenden vorbehalten iſt (§. 20).
Wo endlich ein förmliches Polizeiſtrafgeſetzbuch beſteht, da iſt ohnehin
ein förmliches Geſetz vorhanden, welches ein Maximum und Minimum der
Strafe ſetzt, die durch die Polizei angedroht werden kann. Hier kann daher
das Recht zur Strafandrohung nicht zweifelhaft ſein; dagegen muß man feſt-
halten, daß eben mit einem ſolchen Geſetzbuche das ganze Zwangsverfahren
auch dem Rechte der reinen Vollziehung entzogen, und zu einem Gegenſtande
der Rechtspflege geworden iſt, und mithin nicht mehr hierher gehört.
Das Verhältniß, das daraus entſteht, muß nun in folgender Weiſe betrachtet
werden.
Sowie ein Polizeirecht einer Behörde das Recht der Strafandrohung gibt,
ſo iſt die wirklich ausgeſprochene Strafandrohung ein geſetzliches Recht,
und keine Verordnung, und es iſt daher conſequent, daß ein förmliches Ver-
fahren über den betreffenden Fall eingeleitet wird. Damit entſteht eine ſelb-
ſtändige Kategorie des Unrechts, die Polizeiübertretungen, deren Ge-
ſetzbuch eben das Polizeiſtrafgeſetz iſt. Auf dieſem Standpunkt ſteht die ganze
Police correctionnelle in Frankreich, dem unſere deutſchen Polizeirechte nach-
gebildet ſind. Etwas wunderlich klingt dabei im Bayeriſchen Polizeiſtraf-
geſetzbuch der Art. 39: „Keine Verordnung darf mit Geſetzen, keine orts-,
diſtrikts- oder oberpolizeiliche Vorſchrift mit Geſetzen, mit den über denſelben
Gegenſtand zuläſſigen Verordnungen oder mit competenzmäßigen Vorſchriften
einer höheren Behörde im Widerſpruch ſtehen“ — natürlich nicht; die Frage iſt
nur, ob Klage oder Beſchwerde in beiden Fällen eintreten, und welche Be-
hörde daher competent iſt oder ſein ſollte? Einfacher wäre die Sache geweſen,
wenn das Geſetzbuch geſagt hätte: „Nicht bloß die Entſchädigung wegen Ueber-
ſchreitung des Polizeirechts (Pötzl, Verwaltungsrecht §. 138), ſondern jeder
Akt der Polizeigewalt kann vor dem ordentlichen Gericht belangt werden, wenn
die Partei meint, daß er mit einem Geſetze in Widerſpruch ſteht; wo dagegen
ein Widerſpruch mit einer Verordnung angenommen wird, tritt der Weg der
Beſchwerde ein; bei der Frage dagegen, ob ein Akt der Polizei in die Beſtim-
mungen des Polizeiſtrafgeſetzbuches falle, iſt eben die Polizeibehörde ſelbſt die
erſte gerichtliche Inſtanz. Die Competenz für die Anwendung des Zwanges
iſt übrigens namentlich in der Finanzverwaltung in den meiſten Staaten ohnehin
ſehr genau beſtimmt, und hier muß angenommen werden, daß der Befehl durch
einfache Hinweiſung auf die ordnungsmäßig erlaſſenen Vollzugsverordnungen
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/232>, abgerufen am 21.12.2024.
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