ihre Competenz. Das Recht der Competenz wird sich daher hier ganz anders gestalten müssen, als in England, und hat es auch wirklich gethan.
Ohne uns bei den früheren Verhältnissen aufzuhalten, über welche wir auf das Repertoire de jurisprudence (1784, 17 Bände, 4.) v. Competence verwiesen, so wie auf mehrere Andeutungen bei To- quevilleL'ancien regime (1856) und l'Organisation civile (1822) beginnen wir bei der Zeit der Revolution, in welcher der früher histo- risch begründete Rechtszustand sich zu einer formell gültigen Gesetz- gebung zusammenfaßt.
Als die französische Revolution begann, blieben bekanntlich eine Zeitlang die alten Gerichte, länger noch die alten Richter in Funktion. Diesen nun war ein Rechtszustand nicht klar, in welchem die Fluth der Gesetze alles bestehende, und namentlich in Beziehung auf das Privat- eigenthum das bisher unbezweifelte Recht der großen Grundherrn ver- nichtete. Sie verhielten sich daher vorzüglich im Innern Frankreichs gegen die neuen Gesetze so weit möglich sehr negativ, und versuchten vielfach die Vollziehung derselben durch richterliche Sprüche zu hindern. Die Assemblee constituante fühlte das sehr deutlich hieraus. Sie empfand daher das Bedürfniß, einerseits die Gerichte neu zu organisiren, andererseits die Vollziehung der Gesetze auch gegenüber den neuen Ge- richten zu sichern. Beide Aufgaben zugleich sollte das Gesetz vom 16--24. August 1790 (T. II.) über die neue Organisation der Gerichte lösen. Dieses Gesetz ist eines der merkwürdigsten in der ganzen Revo- lution. Es stellte nämlich die Organisation der Gerichte auf; es stellte aber daneben den Grundsatz hin: "que les tribunaux ne peuvent prendre indirectement ou directement aucune part a l'exercice du pouvoir legislatif, ni empecher ou suspendre l'execution des lois" (a. 10) -- "que les fonctions judiciaires seraient distinctes et demeu- reraient toujours separees des fonctions administratives" und nament- lich, "que les juges ne pourraient, a peine de forfaiture, troubler de quelque maniere que ce soit les operations des corps administratifs, ni citer devant eux les administrateurs pour raison de leurs fonctions" (a. 12). Dieser Grundsatz ward nun mehrfach und ausdrücklich wieder- holt; so im Gesetz vom 2. September 1795 -- "iteratives defenses aux tribunaux de connaeitre des actes administratifs, de quelque espece qu'ils fussent" und öfter. Eine solche Bestimmung war nur historisch zu erklären, aber ihr Inhalt war allerdings unzweifelhaft genug. Jede Competenzfrage über die Verwaltungsakte einer voll- ziehenden Behörde ist definitiv den Gerichten entzogen, und den Verwaltungsbehörden übergeben. Mit diesem Princip
ihre Competenz. Das Recht der Competenz wird ſich daher hier ganz anders geſtalten müſſen, als in England, und hat es auch wirklich gethan.
Ohne uns bei den früheren Verhältniſſen aufzuhalten, über welche wir auf das Répertoire de jurisprudence (1784, 17 Bände, 4.) v. Compétence verwieſen, ſo wie auf mehrere Andeutungen bei To- quevilleL’ancien régime (1856) und l’Organisation civile (1822) beginnen wir bei der Zeit der Revolution, in welcher der früher hiſto- riſch begründete Rechtszuſtand ſich zu einer formell gültigen Geſetz- gebung zuſammenfaßt.
Als die franzöſiſche Revolution begann, blieben bekanntlich eine Zeitlang die alten Gerichte, länger noch die alten Richter in Funktion. Dieſen nun war ein Rechtszuſtand nicht klar, in welchem die Fluth der Geſetze alles beſtehende, und namentlich in Beziehung auf das Privat- eigenthum das bisher unbezweifelte Recht der großen Grundherrn ver- nichtete. Sie verhielten ſich daher vorzüglich im Innern Frankreichs gegen die neuen Geſetze ſo weit möglich ſehr negativ, und verſuchten vielfach die Vollziehung derſelben durch richterliche Sprüche zu hindern. Die Assemblée constituante fühlte das ſehr deutlich hieraus. Sie empfand daher das Bedürfniß, einerſeits die Gerichte neu zu organiſiren, andererſeits die Vollziehung der Geſetze auch gegenüber den neuen Ge- richten zu ſichern. Beide Aufgaben zugleich ſollte das Geſetz vom 16—24. Auguſt 1790 (T. II.) über die neue Organiſation der Gerichte löſen. Dieſes Geſetz iſt eines der merkwürdigſten in der ganzen Revo- lution. Es ſtellte nämlich die Organiſation der Gerichte auf; es ſtellte aber daneben den Grundſatz hin: „que les tribunaux ne peuvent prendre indirectement ou directement aucune part à l’exercice du pouvoir législatif, ni empêcher ou suspendre l’exécution des lois“ (a. 10) — „que les fonctions judiciaires seraient distinctes et demeu- reraient toujours separées des fonctions administratives“ und nament- lich, „que les juges ne pourraient, à peine de forfaiture, troubler de quelque manière que ce soit les opérations des corps administratifs, ni citer devant eux les administrateurs pour raison de leurs fonctions“ (a. 12). Dieſer Grundſatz ward nun mehrfach und ausdrücklich wieder- holt; ſo im Geſetz vom 2. September 1795 — „itératives défenses aux tribunaux de connaître des actes administratifs, de quelque espèce qu’ils fussent“ und öfter. Eine ſolche Beſtimmung war nur hiſtoriſch zu erklären, aber ihr Inhalt war allerdings unzweifelhaft genug. Jede Competenzfrage über die Verwaltungsakte einer voll- ziehenden Behörde iſt definitiv den Gerichten entzogen, und den Verwaltungsbehörden übergeben. Mit dieſem Princip
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ihre Competenz. Das Recht der Competenz wird ſich daher hier ganz
anders geſtalten müſſen, als in England, und hat es auch wirklich
gethan.
Ohne uns bei den früheren Verhältniſſen aufzuhalten, über welche
wir auf das Répertoire de jurisprudence (1784, 17 Bände, 4.)
v. Compétence verwieſen, ſo wie auf mehrere Andeutungen bei To-
queville L’ancien régime (1856) und l’Organisation civile (1822)
beginnen wir bei der Zeit der Revolution, in welcher der früher hiſto-
riſch begründete Rechtszuſtand ſich zu einer formell gültigen Geſetz-
gebung zuſammenfaßt.
Als die franzöſiſche Revolution begann, blieben bekanntlich eine
Zeitlang die alten Gerichte, länger noch die alten Richter in Funktion.
Dieſen nun war ein Rechtszuſtand nicht klar, in welchem die Fluth der
Geſetze alles beſtehende, und namentlich in Beziehung auf das Privat-
eigenthum das bisher unbezweifelte Recht der großen Grundherrn ver-
nichtete. Sie verhielten ſich daher vorzüglich im Innern Frankreichs
gegen die neuen Geſetze ſo weit möglich ſehr negativ, und verſuchten
vielfach die Vollziehung derſelben durch richterliche Sprüche zu hindern.
Die Assemblée constituante fühlte das ſehr deutlich hieraus. Sie
empfand daher das Bedürfniß, einerſeits die Gerichte neu zu organiſiren,
andererſeits die Vollziehung der Geſetze auch gegenüber den neuen Ge-
richten zu ſichern. Beide Aufgaben zugleich ſollte das Geſetz vom
16—24. Auguſt 1790 (T. II.) über die neue Organiſation der Gerichte
löſen. Dieſes Geſetz iſt eines der merkwürdigſten in der ganzen Revo-
lution. Es ſtellte nämlich die Organiſation der Gerichte auf; es ſtellte
aber daneben den Grundſatz hin: „que les tribunaux ne peuvent
prendre indirectement ou directement aucune part à l’exercice du
pouvoir législatif, ni empêcher ou suspendre l’exécution des lois“
(a. 10) — „que les fonctions judiciaires seraient distinctes et demeu-
reraient toujours separées des fonctions administratives“ und nament-
lich, „que les juges ne pourraient, à peine de forfaiture, troubler de
quelque manière que ce soit les opérations des corps administratifs,
ni citer devant eux les administrateurs pour raison de leurs fonctions“
(a. 12). Dieſer Grundſatz ward nun mehrfach und ausdrücklich wieder-
holt; ſo im Geſetz vom 2. September 1795 — „itératives défenses
aux tribunaux de connaître des actes administratifs, de quelque
espèce qu’ils fussent“ und öfter. Eine ſolche Beſtimmung war nur
hiſtoriſch zu erklären, aber ihr Inhalt war allerdings unzweifelhaft
genug. Jede Competenzfrage über die Verwaltungsakte einer voll-
ziehenden Behörde iſt definitiv den Gerichten entzogen, und
den Verwaltungsbehörden übergeben. Mit dieſem Princip
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/198>, abgerufen am 22.11.2024.
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