oder wo die sonverainete der Einheit mit der Auslegung des Gesetzes in Col- lision kommt, da muß die vollziehende Gewalt sich selbst ihre Rechtsordnung bilden und verwalten. Die Gesammtheit dieser, die Verordnung und Voll- ziehung umfassenden Thätigkeiten ist nun der ächt französische Begriff der administration. Dieselbe bedeutet demnach keineswegs bloß die Vollziehung des Gesetzes, sondern sie ist die Verwirklichung der souverainete une et indivisible, der Staatsidee, des Staatsinteresses gegenüber auch dem bürgerlichen Rechte. Wo beide in Conflict mit einander gerathen, da muß mithin das Einzelrecht dem öffentlichen Recht, das Einzelinteresse sich dem öffentlichen In- teresse unterordnen, und da nun der Organismus der Administration der Träger und Vertreter dieses öffentlichen Rechts und Interesses gegenüber eben dem Einzelnen ist, so muß derselbe auch das Recht haben, das Maß dieses öffent- lichen Rechts und Interesses zu bestimmen, d. h. die Verordnungsgewalt geht demnach so weit, wie das öffentliche Interesse es fordert. Damit erhält die Administration ein, auf ihrer Auffassung des öffentlichen Interesses beruhendes Recht; und da nun die Gerichte nur über das positive Gesetz entscheiden, so folgt, daß es jetzt nach der Revolution eben so unmöglich ist, ihnen eine Juris- diction über die obige Verordnungsgewalt der Verwaltung ein- zuräumen, als es das vorher war. Das droit administratif bildet daher einen Körper für sich; es ist das, durch die Verordnungsgewalt bestimmte, in den Verordnungen enthaltene Recht des öffentlichen Interesses gegenüber dem Einzelnen, oder, wie Block es in seinem Dictionnaire kurz und klar definirt: "Le droit administratif est cette partie du droit qui regle les rapports des citoyens avec les services publics et des services publics entre eux" und (v. administration) "l'administration est chargee des interets generaux tandis que la jusctice a pour mission la solution des difficultes qui s'elevent entre des interets prives" (s. auch oben unter Verwaltungsrecht).
Die Folge dieses Grundsatzes war zuerst, daß eine objektive Gränze zwischen Gesetz und Verordnung für die Verhältnisse, in welchen interets publics und prives einander berühren, nicht gefunden werden konnte. Denn eine Menge der letzteren, selbst wo sie vom Gesetz geordnet sind, fiel natürlich unter die ersteren; hätte man daher das Princip durchführen und für jede Aktion der Administration ein Klagrecht einräumen wollen, wo ein gesetzlich anerkanntes Privatrecht existirte, so würde man die Funktion der einheitlichen Administration damit im Geiste der französischen Staatsbildung eigentlich vernichtet haben. Die französische Gesetzgebung kam daher schon unter der Revolution zu dem strenge formulirten, im Gesetze vom 17--22. August 1790 ausgesprochenen Grundsatz, daß das Gericht niemals über Handlungen der Administration urtheilen könne und dürfe (s. oben). Dieser Grundsatz wird nun ganz entschieden festgehalten; das Princip des französischen Verwaltungsrechts ist daher: es gibt kein bür- gerliches Klagrecht gegen die Verordnungen.
Natürlich folgte nun aus diesem Satze, daß, da man die Verordnungen denn doch nicht ohne Recht lassen wollte und konnte, nun ein eigenes und selbständiges Gebiet des Verordnungsrechts neben dem Gebiete des bürger- lichen Rechts entstehen mußte. Und zwar enthielt dieß Gebiet nicht bloß das
oder wo die sonveraineté der Einheit mit der Auslegung des Geſetzes in Col- liſion kommt, da muß die vollziehende Gewalt ſich ſelbſt ihre Rechtsordnung bilden und verwalten. Die Geſammtheit dieſer, die Verordnung und Voll- ziehung umfaſſenden Thätigkeiten iſt nun der ächt franzöſiſche Begriff der administration. Dieſelbe bedeutet demnach keineswegs bloß die Vollziehung des Geſetzes, ſondern ſie iſt die Verwirklichung der souveraineté une et indivisible, der Staatsidee, des Staatsintereſſes gegenüber auch dem bürgerlichen Rechte. Wo beide in Conflict mit einander gerathen, da muß mithin das Einzelrecht dem öffentlichen Recht, das Einzelintereſſe ſich dem öffentlichen In- tereſſe unterordnen, und da nun der Organismus der Adminiſtration der Träger und Vertreter dieſes öffentlichen Rechts und Intereſſes gegenüber eben dem Einzelnen iſt, ſo muß derſelbe auch das Recht haben, das Maß dieſes öffent- lichen Rechts und Intereſſes zu beſtimmen, d. h. die Verordnungsgewalt geht demnach ſo weit, wie das öffentliche Intereſſe es fordert. Damit erhält die Adminiſtration ein, auf ihrer Auffaſſung des öffentlichen Intereſſes beruhendes Recht; und da nun die Gerichte nur über das poſitive Geſetz entſcheiden, ſo folgt, daß es jetzt nach der Revolution eben ſo unmöglich iſt, ihnen eine Juris- diction über die obige Verordnungsgewalt der Verwaltung ein- zuräumen, als es das vorher war. Das droit administratif bildet daher einen Körper für ſich; es iſt das, durch die Verordnungsgewalt beſtimmte, in den Verordnungen enthaltene Recht des öffentlichen Intereſſes gegenüber dem Einzelnen, oder, wie Block es in ſeinem Dictionnaire kurz und klar definirt: „Le droit administratif est cette partie du droit qui règle les rapports des citoyens avec les services publics et des services publics entre eux“ und (v. administration) „l’administration est chargée des intérêts généraux tandis que la jusctice a pour mission la solution des difficultés qui s’élèvent entre des intérêts privés“ (ſ. auch oben unter Verwaltungsrecht).
Die Folge dieſes Grundſatzes war zuerſt, daß eine objektive Gränze zwiſchen Geſetz und Verordnung für die Verhältniſſe, in welchen intérêts publics und privés einander berühren, nicht gefunden werden konnte. Denn eine Menge der letzteren, ſelbſt wo ſie vom Geſetz geordnet ſind, fiel natürlich unter die erſteren; hätte man daher das Princip durchführen und für jede Aktion der Adminiſtration ein Klagrecht einräumen wollen, wo ein geſetzlich anerkanntes Privatrecht exiſtirte, ſo würde man die Funktion der einheitlichen Adminiſtration damit im Geiſte der franzöſiſchen Staatsbildung eigentlich vernichtet haben. Die franzöſiſche Geſetzgebung kam daher ſchon unter der Revolution zu dem ſtrenge formulirten, im Geſetze vom 17—22. Auguſt 1790 ausgeſprochenen Grundſatz, daß das Gericht niemals über Handlungen der Adminiſtration urtheilen könne und dürfe (ſ. oben). Dieſer Grundſatz wird nun ganz entſchieden feſtgehalten; das Princip des franzöſiſchen Verwaltungsrechts iſt daher: es gibt kein bür- gerliches Klagrecht gegen die Verordnungen.
Natürlich folgte nun aus dieſem Satze, daß, da man die Verordnungen denn doch nicht ohne Recht laſſen wollte und konnte, nun ein eigenes und ſelbſtändiges Gebiet des Verordnungsrechts neben dem Gebiete des bürger- lichen Rechts entſtehen mußte. Und zwar enthielt dieß Gebiet nicht bloß das
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Geſetzes, ſondern ſie iſt die Verwirklichung der souveraineté une et indivisible,
der Staatsidee, des Staatsintereſſes gegenüber auch dem bürgerlichen
Rechte. Wo beide in Conflict mit einander gerathen, da muß mithin das
Einzelrecht dem öffentlichen Recht, das Einzelintereſſe ſich dem öffentlichen In-
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und Vertreter dieſes öffentlichen Rechts und Intereſſes gegenüber eben dem
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demnach ſo weit, wie das öffentliche Intereſſe es fordert. Damit erhält die
Adminiſtration ein, auf ihrer Auffaſſung des öffentlichen Intereſſes beruhendes
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daher einen Körper für ſich; es iſt das, durch die Verordnungsgewalt beſtimmte,
in den Verordnungen enthaltene Recht des öffentlichen Intereſſes
gegenüber dem Einzelnen, oder, wie Block es in ſeinem Dictionnaire kurz und
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entre eux“ und (v. administration) „l’administration est chargée des intérêts
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qui s’élèvent entre des intérêts privés“ (ſ. auch oben unter Verwaltungsrecht).
Die Folge dieſes Grundſatzes war zuerſt, daß eine objektive Gränze
zwiſchen Geſetz und Verordnung für die Verhältniſſe, in welchen intérêts publics
und privés einander berühren, nicht gefunden werden konnte. Denn eine Menge
der letzteren, ſelbſt wo ſie vom Geſetz geordnet ſind, fiel natürlich unter die
erſteren; hätte man daher das Princip durchführen und für jede Aktion der
Adminiſtration ein Klagrecht einräumen wollen, wo ein geſetzlich anerkanntes
Privatrecht exiſtirte, ſo würde man die Funktion der einheitlichen Adminiſtration
damit im Geiſte der franzöſiſchen Staatsbildung eigentlich vernichtet haben. Die
franzöſiſche Geſetzgebung kam daher ſchon unter der Revolution zu dem ſtrenge
formulirten, im Geſetze vom 17—22. Auguſt 1790 ausgeſprochenen Grundſatz,
daß das Gericht niemals über Handlungen der Adminiſtration urtheilen könne
und dürfe (ſ. oben). Dieſer Grundſatz wird nun ganz entſchieden feſtgehalten;
das Princip des franzöſiſchen Verwaltungsrechts iſt daher: es gibt kein bür-
gerliches Klagrecht gegen die Verordnungen.
Natürlich folgte nun aus dieſem Satze, daß, da man die Verordnungen
denn doch nicht ohne Recht laſſen wollte und konnte, nun ein eigenes und
ſelbſtändiges Gebiet des Verordnungsrechts neben dem Gebiete des bürger-
lichen Rechts entſtehen mußte. Und zwar enthielt dieß Gebiet nicht bloß das
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/160>, abgerufen am 22.11.2024.
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