Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.namentlich in Oesterreich und Preußen sehr genau ausgebildet ist. Die Literatur. Fast nur im vorigen Jahrhundert von Bedeutung. Süß- Gesetzgebung. Die deutsche Gesetzgebung ist der englischen und fran- namentlich in Oeſterreich und Preußen ſehr genau ausgebildet iſt. Die Literatur. Faſt nur im vorigen Jahrhundert von Bedeutung. Süß- Geſetzgebung. Die deutſche Geſetzgebung iſt der engliſchen und fran- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0093" n="69"/> namentlich in Oeſterreich und Preußen ſehr genau ausgebildet iſt. Die<lb/> Grundlagen dieſer Geſetzgebung beziehen ſich 1) auf die Form der<lb/><hi rendition="#g">Führung</hi> dieſer Regiſter, welche ſo eingerichtet ſein muß, daß ſie die<lb/> Elemente des juriſtiſchen <hi rendition="#g">Beweiſes</hi> in ihrem Inhalt geben, alſo die<lb/> amtliche (kirchliche oder behördliche) Conſtatirung der Identität der Per-<lb/> ſonen, und die Zuziehung von <hi rendition="#g">Zeugen</hi>; 2) auf die adminiſtrative<lb/><hi rendition="#g">Oberaufſicht</hi> und <hi rendition="#g">Benützung</hi> derſelben für allgemeine Reſultate<lb/> durch Reviſion und durch Sammlung und Publicirung ihrer Reſultate;<lb/> 3) auf die Anerkennung ihres <hi rendition="#g">Rechts</hi> als Beweismittel, verbunden<lb/> mit der Beſtimmung über ihre <hi rendition="#g">Benützung</hi> durch den Einzelnen.<lb/> Die Frage, ob und welche <hi rendition="#g">andere</hi> Geſichtspunkte und Thatſachen bei<lb/> dieſer Führung noch in die Standesregiſter aufgenommen werden kön-<lb/> nen und ſollen, namentlich in populationiſtiſcher Hinſicht (Alter, Er-<lb/> werbsfähigkeit, Todesart, eheliche und uneheliche Kinder) iſt <hi rendition="#g">nicht</hi><lb/> gleichmäßig entſchieden. Die Theorie hat ſich faſt ausſchließlich mit<lb/> dem Geſichtspunkte der Volkszählung bei demſelben beſchäftigt, und<lb/> nur die Geſetzgebung den nicht weniger bedeutſamen des Beweisrechts<lb/> conſequent feſtgehalten.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Literatur</hi>. Faſt nur im vorigen Jahrhundert von Bedeutung. <hi rendition="#g">Süß-<lb/> milch</hi> erkennt <hi rendition="#g">zuerſt</hi> die hohe Wichtigkeit der Geburts- und Todtenregiſter;<lb/> erſte Verbindung mit dem <hi rendition="#g">Verſicherungsweſen. Juſti</hi> <hi rendition="#aq">II.</hi> 6. 1 erſter<lb/> eigentlicher Syſtematiker für dieſelben, jedoch noch ohne Beziehung auf das<lb/> juriſtiſche Element. <hi rendition="#g">Mohl</hi>, Polizeiwiſſenſchaft <hi rendition="#aq">I.</hi> 16. <hi rendition="#g">Gerſtner</hi>, Bevölkerungs-<lb/> lehre S. 73. — In den übrigen Lehren der Staatswiſſenſchaft fehlend.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Geſetzgebung</hi>. Die <hi rendition="#g">deutſche</hi> Geſetzgebung iſt der engliſchen und fran-<lb/> zöſiſchen weit voraus und als Gründerin des ganzen Syſtems anzuſehen.<lb/><hi rendition="#g">Oeſterreich</hi>: Beginn der Geſetzgebung (Dekret vom 10. Mai 1774); <hi rendition="#g">Haupt-<lb/> geſetz</hi>, noch gegenwärtig auf der Höhe der Zeit (Patent vom 20. Februar<lb/> 1784); Einführung für alle Confeſſionen in gleichartiger Form; Reviſion; for-<lb/> melle Scheidung von Ehe, Geburt und Tod; jährliche <hi rendition="#g">Summarien</hi> über<lb/> die Bevölkerungsbewegung (<hi rendition="#g">Kopetz</hi>, Polizeigeſetzkunde <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 74—86; <hi rendition="#g">Stuben-<lb/> rauch</hi> 167—176). Das Geſetz hat ſpäter nur geringer Zuſätze bedurft. —<lb/><hi rendition="#g">Preußen</hi>, doppeltes Recht: im <hi rendition="#g">Oſten</hi> Einführung (allgemeines Landrecht<lb/><hi rendition="#aq">II.</hi> 11. 27); juriſtiſche Beweiskraft nur für <hi rendition="#g">anerkannte</hi> Religionsgeſellſchaften<lb/> (Religionsedikt vom 9. Juli 1788); dieß iſt erſt geändert durch Patent vom<lb/> 30. März 1847; <hi rendition="#g">Juden</hi>-Verordnung vom 23. Juli 1847. Im <hi rendition="#g">Weſten</hi> das<lb/> franzöſiſche Recht (<hi rendition="#g">Rönne</hi>, Staatsrecht <hi rendition="#aq">I. §. 97. II.</hi> 318). Im übrigen<lb/> Deutſchland zum Theil Unklarheit und Verſchiedenheit der Beſtimmungen, weil<lb/> man nach franzöſiſchem Vorgange die Eintragung der <hi rendition="#g">Ehe</hi> in die Standes-<lb/> regiſter nicht als amtliche Conſtatirung, ſondern als Eingehung der Ehe ſelbſt<lb/> anſehen wollte. Daher <hi rendition="#g">keine</hi> Einigung (Reichsverfaſſung von 1849. §. 150).<lb/> Anerkennung: <hi rendition="#g">preußiſche</hi> Verfaſſungsurkunde von 1850, §. 19 (Hinweiſung<lb/> auf ein beſonderes Geſetz). <hi rendition="#g">Anhalt-Bernburg</hi>, Verfaſſungsurkunde von 1850.<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [69/0093]
namentlich in Oeſterreich und Preußen ſehr genau ausgebildet iſt. Die
Grundlagen dieſer Geſetzgebung beziehen ſich 1) auf die Form der
Führung dieſer Regiſter, welche ſo eingerichtet ſein muß, daß ſie die
Elemente des juriſtiſchen Beweiſes in ihrem Inhalt geben, alſo die
amtliche (kirchliche oder behördliche) Conſtatirung der Identität der Per-
ſonen, und die Zuziehung von Zeugen; 2) auf die adminiſtrative
Oberaufſicht und Benützung derſelben für allgemeine Reſultate
durch Reviſion und durch Sammlung und Publicirung ihrer Reſultate;
3) auf die Anerkennung ihres Rechts als Beweismittel, verbunden
mit der Beſtimmung über ihre Benützung durch den Einzelnen.
Die Frage, ob und welche andere Geſichtspunkte und Thatſachen bei
dieſer Führung noch in die Standesregiſter aufgenommen werden kön-
nen und ſollen, namentlich in populationiſtiſcher Hinſicht (Alter, Er-
werbsfähigkeit, Todesart, eheliche und uneheliche Kinder) iſt nicht
gleichmäßig entſchieden. Die Theorie hat ſich faſt ausſchließlich mit
dem Geſichtspunkte der Volkszählung bei demſelben beſchäftigt, und
nur die Geſetzgebung den nicht weniger bedeutſamen des Beweisrechts
conſequent feſtgehalten.
Literatur. Faſt nur im vorigen Jahrhundert von Bedeutung. Süß-
milch erkennt zuerſt die hohe Wichtigkeit der Geburts- und Todtenregiſter;
erſte Verbindung mit dem Verſicherungsweſen. Juſti II. 6. 1 erſter
eigentlicher Syſtematiker für dieſelben, jedoch noch ohne Beziehung auf das
juriſtiſche Element. Mohl, Polizeiwiſſenſchaft I. 16. Gerſtner, Bevölkerungs-
lehre S. 73. — In den übrigen Lehren der Staatswiſſenſchaft fehlend.
Geſetzgebung. Die deutſche Geſetzgebung iſt der engliſchen und fran-
zöſiſchen weit voraus und als Gründerin des ganzen Syſtems anzuſehen.
Oeſterreich: Beginn der Geſetzgebung (Dekret vom 10. Mai 1774); Haupt-
geſetz, noch gegenwärtig auf der Höhe der Zeit (Patent vom 20. Februar
1784); Einführung für alle Confeſſionen in gleichartiger Form; Reviſion; for-
melle Scheidung von Ehe, Geburt und Tod; jährliche Summarien über
die Bevölkerungsbewegung (Kopetz, Polizeigeſetzkunde II. S. 74—86; Stuben-
rauch 167—176). Das Geſetz hat ſpäter nur geringer Zuſätze bedurft. —
Preußen, doppeltes Recht: im Oſten Einführung (allgemeines Landrecht
II. 11. 27); juriſtiſche Beweiskraft nur für anerkannte Religionsgeſellſchaften
(Religionsedikt vom 9. Juli 1788); dieß iſt erſt geändert durch Patent vom
30. März 1847; Juden-Verordnung vom 23. Juli 1847. Im Weſten das
franzöſiſche Recht (Rönne, Staatsrecht I. §. 97. II. 318). Im übrigen
Deutſchland zum Theil Unklarheit und Verſchiedenheit der Beſtimmungen, weil
man nach franzöſiſchem Vorgange die Eintragung der Ehe in die Standes-
regiſter nicht als amtliche Conſtatirung, ſondern als Eingehung der Ehe ſelbſt
anſehen wollte. Daher keine Einigung (Reichsverfaſſung von 1849. §. 150).
Anerkennung: preußiſche Verfaſſungsurkunde von 1850, §. 19 (Hinweiſung
auf ein beſonderes Geſetz). Anhalt-Bernburg, Verfaſſungsurkunde von 1850.
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