tungen gegen denselben, speciell ihre Verpflichtung zur Armen- unterstützung anzuerkennen hat. Die Grundsätze für das Heimaths- recht sind an sich einfach. Das Heimathsrecht wird in der ganzen Welt unbedingt erworben durch Geburt und Erwerb von Grundbesitz (natürliches Heimathsrecht); es kann erworben werden durch gewerb- lichen, längeren Aufenthalt (gewerbliches Heimathsrecht). Da nun das gewerbliche Heimathsrecht das Recht auf die Armenunterstützung und mithin eine Verpflichtung für die Gemeinde enthält, so ist von jeher die Frage entstanden, unter welchen Bedingungen der gewerb- liche Aufenthalt das Armenheimathsrecht erzeugen soll. Das Interesse der Gemeinden hat dabei stets gefordert, daß dieser Erwerb des Hei- mathsrechts von der Zustimmung der Gemeinde abhängig sein, und daher der letzteren das Recht der Ausweisung bei drohender Ver- armung zustehen solle; das Interesse des freien Verkehrs dagegen fordert, daß der Einzelne in der Wahl und Dauer seines dauernden Aufenthalts nicht beschränkt werde. Alle positiven Heimathsrechte laufen darauf hinaus, zwischen diesen Forderungen eine den gerechten Grund- lagen beider entsprechende Gränze zu finden. Je strenger nun die Armenpflicht der Gemeinde ist, desto strenger wird dieselbe ihrerseits auf dem Recht der Ausweisung bei drohender Verarmung bestehen; je rascher die örtliche Bewegung der Bevölkerung erscheint, desto mehr wird das Interesse der freien Arbeit mit dem Rechte der Ausweisung in Kampf gerathen. Daher denn eine große Verschiedenheit der Gesetz- gebung, aber doch zugleich eine entschiedene Hinneigung zur Beschrän- kung des Ausweisungsrechts, oder zur Erleichterung des Erwerbes des Heimathsrechts für die capitallose Arbeit. Die Lösung der Frage liegt ohne Zweifel in der Aufstellung von großen Verwal- tungsgemeinden für das Armenwesen an der Stelle der ausschließlich armenpflichtigen Ortsgemeinden, so wie in der Aufstellung einer ein- heitlichen Verwaltung für den ganzen Staat. Bis dahin reduciren sich naturgemäß die Grundsätze für den Erwerb des gewerblichen Heimaths- rechts zwischen den armenpflichtigen Ortsgemeinden auf folgende drei mehr oder weniger durchgreifend angenommene Grundsätze: 1) Be- stimmung der Zeit, innerhalb deren das Heimathsrecht erworben wird; 2) Recht der Ausweisung, wenn innerhalb dieser Zeit die Unter- stützung faktisch eintritt, unter Aufhebung des Rechts auf die Ehebe- willigungen der Gemeinden; 3) Recht auf unbedingten Aufenthalt gegen Heimathsscheine.
Literatur und Gesetzgebung. England: Kries, Englisches Armenwesen (1856). -- Die Settlements Act von 1672. 14. Ch. II. 12. Einführung der Heimathscheine (35 G. III. 101). Die Irremoveable Paupers
tungen gegen denſelben, ſpeciell ihre Verpflichtung zur Armen- unterſtützung anzuerkennen hat. Die Grundſätze für das Heimaths- recht ſind an ſich einfach. Das Heimathsrecht wird in der ganzen Welt unbedingt erworben durch Geburt und Erwerb von Grundbeſitz (natürliches Heimathsrecht); es kann erworben werden durch gewerb- lichen, längeren Aufenthalt (gewerbliches Heimathsrecht). Da nun das gewerbliche Heimathsrecht das Recht auf die Armenunterſtützung und mithin eine Verpflichtung für die Gemeinde enthält, ſo iſt von jeher die Frage entſtanden, unter welchen Bedingungen der gewerb- liche Aufenthalt das Armenheimathsrecht erzeugen ſoll. Das Intereſſe der Gemeinden hat dabei ſtets gefordert, daß dieſer Erwerb des Hei- mathsrechts von der Zuſtimmung der Gemeinde abhängig ſein, und daher der letzteren das Recht der Ausweiſung bei drohender Ver- armung zuſtehen ſolle; das Intereſſe des freien Verkehrs dagegen fordert, daß der Einzelne in der Wahl und Dauer ſeines dauernden Aufenthalts nicht beſchränkt werde. Alle poſitiven Heimathsrechte laufen darauf hinaus, zwiſchen dieſen Forderungen eine den gerechten Grund- lagen beider entſprechende Gränze zu finden. Je ſtrenger nun die Armenpflicht der Gemeinde iſt, deſto ſtrenger wird dieſelbe ihrerſeits auf dem Recht der Ausweiſung bei drohender Verarmung beſtehen; je raſcher die örtliche Bewegung der Bevölkerung erſcheint, deſto mehr wird das Intereſſe der freien Arbeit mit dem Rechte der Ausweiſung in Kampf gerathen. Daher denn eine große Verſchiedenheit der Geſetz- gebung, aber doch zugleich eine entſchiedene Hinneigung zur Beſchrän- kung des Ausweiſungsrechts, oder zur Erleichterung des Erwerbes des Heimathsrechts für die capitalloſe Arbeit. Die Löſung der Frage liegt ohne Zweifel in der Aufſtellung von großen Verwal- tungsgemeinden für das Armenweſen an der Stelle der ausſchließlich armenpflichtigen Ortsgemeinden, ſo wie in der Aufſtellung einer ein- heitlichen Verwaltung für den ganzen Staat. Bis dahin reduciren ſich naturgemäß die Grundſätze für den Erwerb des gewerblichen Heimaths- rechts zwiſchen den armenpflichtigen Ortsgemeinden auf folgende drei mehr oder weniger durchgreifend angenommene Grundſätze: 1) Be- ſtimmung der Zeit, innerhalb deren das Heimathsrecht erworben wird; 2) Recht der Ausweiſung, wenn innerhalb dieſer Zeit die Unter- ſtützung faktiſch eintritt, unter Aufhebung des Rechts auf die Ehebe- willigungen der Gemeinden; 3) Recht auf unbedingten Aufenthalt gegen Heimathsſcheine.
Literatur und Geſetzgebung. England: Kries, Engliſches Armenweſen (1856). — Die Settlements Act von 1672. 14. Ch. II. 12. Einführung der Heimathſcheine (35 G. III. 101). Die Irremoveable Paupers
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tungen gegen denſelben, ſpeciell ihre Verpflichtung zur Armen-
unterſtützung anzuerkennen hat. Die Grundſätze für das Heimaths-
recht ſind an ſich einfach. Das Heimathsrecht wird in der ganzen
Welt unbedingt erworben durch Geburt und Erwerb von Grundbeſitz
(natürliches Heimathsrecht); es kann erworben werden durch gewerb-
lichen, längeren Aufenthalt (gewerbliches Heimathsrecht). Da nun
das gewerbliche Heimathsrecht das Recht auf die Armenunterſtützung
und mithin eine Verpflichtung für die Gemeinde enthält, ſo iſt von
jeher die Frage entſtanden, unter welchen Bedingungen der gewerb-
liche Aufenthalt das Armenheimathsrecht erzeugen ſoll. Das Intereſſe
der Gemeinden hat dabei ſtets gefordert, daß dieſer Erwerb des Hei-
mathsrechts von der Zuſtimmung der Gemeinde abhängig ſein, und
daher der letzteren das Recht der Ausweiſung bei drohender Ver-
armung zuſtehen ſolle; das Intereſſe des freien Verkehrs dagegen
fordert, daß der Einzelne in der Wahl und Dauer ſeines dauernden
Aufenthalts nicht beſchränkt werde. Alle poſitiven Heimathsrechte laufen
darauf hinaus, zwiſchen dieſen Forderungen eine den gerechten Grund-
lagen beider entſprechende Gränze zu finden. Je ſtrenger nun
die Armenpflicht der Gemeinde iſt, deſto ſtrenger wird dieſelbe ihrerſeits
auf dem Recht der Ausweiſung bei drohender Verarmung beſtehen; je
raſcher die örtliche Bewegung der Bevölkerung erſcheint, deſto mehr
wird das Intereſſe der freien Arbeit mit dem Rechte der Ausweiſung
in Kampf gerathen. Daher denn eine große Verſchiedenheit der Geſetz-
gebung, aber doch zugleich eine entſchiedene Hinneigung zur Beſchrän-
kung des Ausweiſungsrechts, oder zur Erleichterung des Erwerbes
des Heimathsrechts für die capitalloſe Arbeit. Die Löſung
der Frage liegt ohne Zweifel in der Aufſtellung von großen Verwal-
tungsgemeinden für das Armenweſen an der Stelle der ausſchließlich
armenpflichtigen Ortsgemeinden, ſo wie in der Aufſtellung einer ein-
heitlichen Verwaltung für den ganzen Staat. Bis dahin reduciren ſich
naturgemäß die Grundſätze für den Erwerb des gewerblichen Heimaths-
rechts zwiſchen den armenpflichtigen Ortsgemeinden auf folgende drei
mehr oder weniger durchgreifend angenommene Grundſätze: 1) Be-
ſtimmung der Zeit, innerhalb deren das Heimathsrecht erworben wird;
2) Recht der Ausweiſung, wenn innerhalb dieſer Zeit die Unter-
ſtützung faktiſch eintritt, unter Aufhebung des Rechts auf die Ehebe-
willigungen der Gemeinden; 3) Recht auf unbedingten Aufenthalt
gegen Heimathsſcheine.
Literatur und Geſetzgebung. England: Kries, Engliſches
Armenweſen (1856). — Die Settlements Act von 1672. 14. Ch. II. 12.
Einführung der Heimathſcheine (35 G. III. 101). Die Irremoveable Paupers
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/91>, abgerufen am 22.11.2024.
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