Es folgt, daß der Erfinder das Recht auf Geheimhaltung seiner Er- findung habe. Es folgt, daß die Commission berechtigt sein muß, zu erklären, daß die Erfindung nichts Neues enthalte. Es folgt aber nicht, daß das Recht auf eine Erfindung nur dann bestehe, wenn die Commission sich darüber ausgesprochen hat, sondern consequent muß es jedem freistehen, vor jedem Gericht den Beweis zu führen, daß er zuerst die Erfindung gemacht, daß sie etwas Neues enthalte, und daß derjenige, der sie benützt, nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen zur Hinausgabe des Vortheils verbunden sei, den er durch die Erfindung gewonnen. Allerdings aber kann die Gesetzgebung aus naheliegenden Gründen der Zweckmäßigkeit bestimmen, daß wegen des öffentlichen Nutzens die Nachahmung einer solchen Erfindung, sogar bei Strafe, verboten sein soll. Nur wo das der Fall ist, hat die Gesetzgebung aus denselben Gründen der Zweckmäßigkeit das Recht, diesem Verbote auch eine bestimmte Zeitdauer vorzuschreiben; das Recht auf die Er- findung an sich ist allerdings wie das des Eigenthums ein ewiges. Natürlich muß die Commission ein Prüfungsrecht haben, und zweck- mäßig ist entschieden die Veröffentlichung. Allein es scheint kein Zweifel, daß das Patentrecht und Verfahren gegenüber dem reinen Erfindungs- recht nur einen subsidiären Charakter hat. Die wahre Schwierigkeit der Sache besteht eigentlich darin, das Privatrecht von dem öffentlichen Recht zu scheiden, und dazu hat die französische Auffassung, daß das Patent stets als "cause d'utilite publique" gegeben wird, das meiste beigetragen. Die Gesetzgebungen der verschiedenen Staaten sind übri- gens im Wesentlichen übereinstimmend, da es sich hier eben um Maß- regeln der Zweckmäßigkeit und nicht des Rechts handelt.
Beginn des Patentrechts schon im 17. Jahrhundert, in England 1623. In Nordamerika: der Auftrag an den Congreß ein Gesetz zum Schutze der Erfindungen zu erlassen 1787; Erlaß des Gesetzes selbst 1793. -- Frankreich: Anregung schon 1787; dann das erste Hauptgesetz vom 7. Jan. 1791. Bei diesem Gesetz erscheint zuerst die Frage nach dem Eigenthum: Rap. von Boufflers: der Erfinder sei Eigenthümer der Erfindung, und habe das Recht des propriete; dagegen heftige Opposition; gegenwärtiges Recht (Gesetz vom 3. Juli 1844) mit sehr genauen und für den Erfinder sehr günstigen Bestim- mungen (s. Kleinschrod, internationale Patentgesetzgebung 1855, S. 105 ff.). An dieses Gesetz schloß sich aufs neue der Streit über das Eigenthumsrecht, das zuerst von Jobard in seinem Monautopol industriel, artistique, com- mercial et industriel 1844 im vollen Umfange vertreten wurde; vergl. auch Kleinschrod S. 6; modificirt in Tilliere, Traite theorique et pratique des brevets d'invention 1854 (Commission zum belgischen Patentgesetz). Dagegen erhoben sich andere, welche die völlige Freiheit der Nachahmung theils aus der praktischen Unmöglichkeit, die Erfindungen zu unterscheiden, theils vermöge
Es folgt, daß der Erfinder das Recht auf Geheimhaltung ſeiner Er- findung habe. Es folgt, daß die Commiſſion berechtigt ſein muß, zu erklären, daß die Erfindung nichts Neues enthalte. Es folgt aber nicht, daß das Recht auf eine Erfindung nur dann beſtehe, wenn die Commiſſion ſich darüber ausgeſprochen hat, ſondern conſequent muß es jedem freiſtehen, vor jedem Gericht den Beweis zu führen, daß er zuerſt die Erfindung gemacht, daß ſie etwas Neues enthalte, und daß derjenige, der ſie benützt, nach allgemeinen Rechtsgrundſätzen zur Hinausgabe des Vortheils verbunden ſei, den er durch die Erfindung gewonnen. Allerdings aber kann die Geſetzgebung aus naheliegenden Gründen der Zweckmäßigkeit beſtimmen, daß wegen des öffentlichen Nutzens die Nachahmung einer ſolchen Erfindung, ſogar bei Strafe, verboten ſein ſoll. Nur wo das der Fall iſt, hat die Geſetzgebung aus denſelben Gründen der Zweckmäßigkeit das Recht, dieſem Verbote auch eine beſtimmte Zeitdauer vorzuſchreiben; das Recht auf die Er- findung an ſich iſt allerdings wie das des Eigenthums ein ewiges. Natürlich muß die Commiſſion ein Prüfungsrecht haben, und zweck- mäßig iſt entſchieden die Veröffentlichung. Allein es ſcheint kein Zweifel, daß das Patentrecht und Verfahren gegenüber dem reinen Erfindungs- recht nur einen ſubſidiären Charakter hat. Die wahre Schwierigkeit der Sache beſteht eigentlich darin, das Privatrecht von dem öffentlichen Recht zu ſcheiden, und dazu hat die franzöſiſche Auffaſſung, daß das Patent ſtets als „cause d’utilité publique“ gegeben wird, das meiſte beigetragen. Die Geſetzgebungen der verſchiedenen Staaten ſind übri- gens im Weſentlichen übereinſtimmend, da es ſich hier eben um Maß- regeln der Zweckmäßigkeit und nicht des Rechts handelt.
Beginn des Patentrechts ſchon im 17. Jahrhundert, in England 1623. In Nordamerika: der Auftrag an den Congreß ein Geſetz zum Schutze der Erfindungen zu erlaſſen 1787; Erlaß des Geſetzes ſelbſt 1793. — Frankreich: Anregung ſchon 1787; dann das erſte Hauptgeſetz vom 7. Jan. 1791. Bei dieſem Geſetz erſcheint zuerſt die Frage nach dem Eigenthum: Rap. von Boufflers: der Erfinder ſei Eigenthümer der Erfindung, und habe das Recht des propriété; dagegen heftige Oppoſition; gegenwärtiges Recht (Geſetz vom 3. Juli 1844) mit ſehr genauen und für den Erfinder ſehr günſtigen Beſtim- mungen (ſ. Kleinſchrod, internationale Patentgeſetzgebung 1855, S. 105 ff.). An dieſes Geſetz ſchloß ſich aufs neue der Streit über das Eigenthumsrecht, das zuerſt von Jobard in ſeinem Monautopol industriel, artistique, com- mercial et industriel 1844 im vollen Umfange vertreten wurde; vergl. auch Kleinſchrod S. 6; modificirt in Tillière, Traité théorique et pratique des brevêts d’invention 1854 (Commiſſion zum belgiſchen Patentgeſetz). Dagegen erhoben ſich andere, welche die völlige Freiheit der Nachahmung theils aus der praktiſchen Unmöglichkeit, die Erfindungen zu unterſcheiden, theils vermöge
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><p><pbfacs="#f0414"n="390"/>
Es folgt, daß der Erfinder das Recht auf Geheimhaltung ſeiner Er-<lb/>
findung habe. Es folgt, daß die Commiſſion berechtigt ſein muß, zu<lb/>
erklären, daß die Erfindung <hirendition="#g">nichts</hi> Neues enthalte. Es folgt aber<lb/><hirendition="#g">nicht</hi>, daß das Recht auf eine Erfindung nur dann beſtehe, wenn die<lb/>
Commiſſion ſich darüber ausgeſprochen hat, ſondern conſequent muß es<lb/><hirendition="#g">jedem</hi> freiſtehen, vor jedem Gericht den Beweis zu führen, daß er<lb/><hirendition="#g">zuerſt</hi> die Erfindung gemacht, daß ſie etwas Neues enthalte, und<lb/>
daß derjenige, der ſie benützt, nach allgemeinen Rechtsgrundſätzen zur<lb/>
Hinausgabe des Vortheils verbunden ſei, den er durch die Erfindung<lb/>
gewonnen. Allerdings aber kann die Geſetzgebung aus naheliegenden<lb/>
Gründen der Zweckmäßigkeit beſtimmen, daß wegen des öffentlichen<lb/>
Nutzens die Nachahmung einer ſolchen Erfindung, ſogar bei Strafe,<lb/><hirendition="#g">verboten</hi>ſein ſoll. Nur wo <hirendition="#g">das</hi> der Fall iſt, hat die Geſetzgebung<lb/>
aus denſelben Gründen der Zweckmäßigkeit das Recht, dieſem Verbote<lb/>
auch eine beſtimmte <hirendition="#g">Zeitdauer</hi> vorzuſchreiben; das Recht auf die Er-<lb/>
findung an ſich iſt allerdings wie das des Eigenthums ein ewiges.<lb/>
Natürlich <hirendition="#g">muß</hi> die Commiſſion ein Prüfungsrecht haben, und zweck-<lb/>
mäßig iſt entſchieden die Veröffentlichung. Allein es ſcheint kein Zweifel,<lb/>
daß das Patentrecht und Verfahren gegenüber dem reinen Erfindungs-<lb/>
recht nur einen ſubſidiären Charakter hat. Die wahre Schwierigkeit der<lb/>
Sache beſteht eigentlich darin, das Privatrecht von dem öffentlichen<lb/>
Recht zu <hirendition="#g">ſcheiden</hi>, und dazu hat die franzöſiſche Auffaſſung, daß das<lb/>
Patent ſtets als <hirendition="#aq">„cause d’utilité publique“</hi> gegeben wird, das meiſte<lb/>
beigetragen. Die Geſetzgebungen der verſchiedenen Staaten ſind übri-<lb/>
gens im Weſentlichen übereinſtimmend, da es ſich hier eben um Maß-<lb/>
regeln der Zweckmäßigkeit und nicht des Rechts handelt.</p><lb/><p>Beginn des Patentrechts ſchon im 17. Jahrhundert, in <hirendition="#g">England</hi> 1623.<lb/>
In <hirendition="#g">Nordamerika</hi>: der Auftrag an den Congreß ein Geſetz zum Schutze der<lb/>
Erfindungen zu erlaſſen 1787; Erlaß des Geſetzes ſelbſt 1793. —<hirendition="#g">Frankreich</hi>:<lb/>
Anregung ſchon 1787; dann das <hirendition="#g">erſte</hi> Hauptgeſetz vom 7. Jan. 1791. Bei<lb/>
dieſem Geſetz erſcheint zuerſt die Frage nach dem <hirendition="#g">Eigenthum</hi>: Rap. von<lb/><hirendition="#g">Boufflers</hi>: der Erfinder ſei Eigenthümer der Erfindung, und habe das Recht<lb/>
des <hirendition="#aq">propriété;</hi> dagegen heftige Oppoſition; gegenwärtiges Recht (Geſetz vom<lb/>
3. Juli 1844) mit ſehr genauen und für den Erfinder ſehr günſtigen Beſtim-<lb/>
mungen (ſ. <hirendition="#g">Kleinſchrod</hi>, internationale Patentgeſetzgebung 1855, S. 105 ff.).<lb/>
An dieſes Geſetz ſchloß ſich aufs neue der Streit über das Eigenthumsrecht,<lb/>
das zuerſt von <hirendition="#g">Jobard</hi> in ſeinem <hirendition="#aq">Monautopol industriel, artistique, com-<lb/>
mercial et industriel</hi> 1844 im vollen Umfange vertreten wurde; vergl. auch<lb/><hirendition="#g">Kleinſchrod</hi> S. 6; modificirt in <hirendition="#g">Tilli<hirendition="#aq">è</hi>re</hi>, <hirendition="#aq">Traité théorique et pratique des<lb/>
brevêts d’invention</hi> 1854 (Commiſſion zum belgiſchen Patentgeſetz). Dagegen<lb/>
erhoben ſich andere, welche die <hirendition="#g">völlige</hi> Freiheit der Nachahmung theils aus<lb/>
der praktiſchen Unmöglichkeit, die Erfindungen zu unterſcheiden, theils vermöge<lb/></p></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[390/0414]
Es folgt, daß der Erfinder das Recht auf Geheimhaltung ſeiner Er-
findung habe. Es folgt, daß die Commiſſion berechtigt ſein muß, zu
erklären, daß die Erfindung nichts Neues enthalte. Es folgt aber
nicht, daß das Recht auf eine Erfindung nur dann beſtehe, wenn die
Commiſſion ſich darüber ausgeſprochen hat, ſondern conſequent muß es
jedem freiſtehen, vor jedem Gericht den Beweis zu führen, daß er
zuerſt die Erfindung gemacht, daß ſie etwas Neues enthalte, und
daß derjenige, der ſie benützt, nach allgemeinen Rechtsgrundſätzen zur
Hinausgabe des Vortheils verbunden ſei, den er durch die Erfindung
gewonnen. Allerdings aber kann die Geſetzgebung aus naheliegenden
Gründen der Zweckmäßigkeit beſtimmen, daß wegen des öffentlichen
Nutzens die Nachahmung einer ſolchen Erfindung, ſogar bei Strafe,
verboten ſein ſoll. Nur wo das der Fall iſt, hat die Geſetzgebung
aus denſelben Gründen der Zweckmäßigkeit das Recht, dieſem Verbote
auch eine beſtimmte Zeitdauer vorzuſchreiben; das Recht auf die Er-
findung an ſich iſt allerdings wie das des Eigenthums ein ewiges.
Natürlich muß die Commiſſion ein Prüfungsrecht haben, und zweck-
mäßig iſt entſchieden die Veröffentlichung. Allein es ſcheint kein Zweifel,
daß das Patentrecht und Verfahren gegenüber dem reinen Erfindungs-
recht nur einen ſubſidiären Charakter hat. Die wahre Schwierigkeit der
Sache beſteht eigentlich darin, das Privatrecht von dem öffentlichen
Recht zu ſcheiden, und dazu hat die franzöſiſche Auffaſſung, daß das
Patent ſtets als „cause d’utilité publique“ gegeben wird, das meiſte
beigetragen. Die Geſetzgebungen der verſchiedenen Staaten ſind übri-
gens im Weſentlichen übereinſtimmend, da es ſich hier eben um Maß-
regeln der Zweckmäßigkeit und nicht des Rechts handelt.
Beginn des Patentrechts ſchon im 17. Jahrhundert, in England 1623.
In Nordamerika: der Auftrag an den Congreß ein Geſetz zum Schutze der
Erfindungen zu erlaſſen 1787; Erlaß des Geſetzes ſelbſt 1793. — Frankreich:
Anregung ſchon 1787; dann das erſte Hauptgeſetz vom 7. Jan. 1791. Bei
dieſem Geſetz erſcheint zuerſt die Frage nach dem Eigenthum: Rap. von
Boufflers: der Erfinder ſei Eigenthümer der Erfindung, und habe das Recht
des propriété; dagegen heftige Oppoſition; gegenwärtiges Recht (Geſetz vom
3. Juli 1844) mit ſehr genauen und für den Erfinder ſehr günſtigen Beſtim-
mungen (ſ. Kleinſchrod, internationale Patentgeſetzgebung 1855, S. 105 ff.).
An dieſes Geſetz ſchloß ſich aufs neue der Streit über das Eigenthumsrecht,
das zuerſt von Jobard in ſeinem Monautopol industriel, artistique, com-
mercial et industriel 1844 im vollen Umfange vertreten wurde; vergl. auch
Kleinſchrod S. 6; modificirt in Tillière, Traité théorique et pratique des
brevêts d’invention 1854 (Commiſſion zum belgiſchen Patentgeſetz). Dagegen
erhoben ſich andere, welche die völlige Freiheit der Nachahmung theils aus
der praktiſchen Unmöglichkeit, die Erfindungen zu unterſcheiden, theils vermöge
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/414>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.