Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.Sinn, die Arbeitsdauer da festzustellen, wo sie nicht ausdrücklich be- Beginn der Gesetzgebung über die Arbeitszeit in Frankreich mit dem 3) Die Aufstellung eigener Arbeitergerichte für den Fall der Ursprüngliche Idee der französischen Gesetzgebung: Ersatz der alten Rechte Sinn, die Arbeitsdauer da feſtzuſtellen, wo ſie nicht ausdrücklich be- Beginn der Geſetzgebung über die Arbeitszeit in Frankreich mit dem 3) Die Aufſtellung eigener Arbeitergerichte für den Fall der Urſprüngliche Idee der franzöſiſchen Geſetzgebung: Erſatz der alten Rechte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p><pb facs="#f0386" n="362"/> Sinn, die Arbeitsdauer da feſtzuſtellen, wo ſie nicht ausdrücklich be-<lb/> dungen iſt, und zweitens ſie für <hi rendition="#g">Frauen</hi> und <hi rendition="#g">Kinder</hi> aus geſund-<lb/> heitspolizeilichen oder geiſtigen Rückſichten auf ein beſtimmtes Maß zu<lb/> reduciren. Die Beſtimmung der Arbeitszeit im erſten Fall ſoll daher<lb/> eben ſo wenig Gegenſtand der Geſetzgebung ſein, als die des Arbeits-<lb/> lohnes; im zweiten Falle iſt ſie durch höhere Rückſichten als die des<lb/> Erwerbes geboten und mit Recht durch das Verwaltungsrecht beſtimmt.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Beginn</hi> der Geſetzgebung über die Arbeitszeit in <hi rendition="#g">Frankreich</hi> mit dem<lb/> Geſetz vom 22. März 1841. Verſuch der Aufſtellung von öffentlichen <hi rendition="#g">Lohn-<lb/> tagen</hi> ſchon im Reichsarchiv 1517; <hi rendition="#g">Berg</hi>, Polizeiordn. <hi rendition="#aq">I.</hi> 352; <hi rendition="#g">Rau</hi> <hi rendition="#aq">II.</hi> 317.<lb/><hi rendition="#g">Erſte</hi> allgemeine Auffaſſung der Kinderarbeit vom ſocialen Standpunkt nebſt<lb/> Geſetzgebung: <hi rendition="#g">Gerando</hi>, <hi rendition="#aq">Bienf. publ. VI.</hi> 540 ff. — <hi rendition="#g">England</hi>: Haupt-<lb/> geſetz 7. 8. <hi rendition="#aq">Vict.</hi> 15. nebſt vielen einzelnen Beſtimmungen. — <hi rendition="#g">Oeſterreich</hi>:<lb/> Gewerbeordnung von 1859 Art. 87. — <hi rendition="#g">Preußen</hi>: Geſetz vom 16. Mai 1853<lb/> (ſ. <hi rendition="#g">Stein</hi>, Geſundheitsweſen S. 74—76 und dazu <hi rendition="#g">Stein</hi>, Polizeirecht S. 170,<lb/> 171; <hi rendition="#g">Rau</hi>, Volkswirthſchaftspflege <hi rendition="#aq">II.</hi> §. 202).</p><lb/> <p>3) Die Aufſtellung eigener <hi rendition="#g">Arbeitergerichte</hi> für den Fall der<lb/> Streitigkeit der einzelnen Arbeiter mit den Arbeitgebern beruht darauf,<lb/> daß zur richtigen Entſcheidung in den meiſten Fällen eigene Fachkenntniß<lb/> nothwendig, der gewöhnliche Gerichtsgang dagegen zu koſtſpielig und<lb/> ſchleppend iſt. Offenbar nun iſt dieſe Inſtitution da von Bedeutung,<lb/> wo es ſich um Streitigkeiten über den <hi rendition="#g">Stücklohn</hi> oder Arbeit auf<lb/><hi rendition="#g">Lieferung</hi> handelt, und über die Qualität Streit entſteht, während<lb/> in allen andern Fällen das ſummariſche gerichtliche Verfahren vorzu-<lb/> ziehen iſt. So lange es ferner noch Arbeitsbücher mit Zeugniſſen gibt,<lb/> kann eine Thätigkeit derſelben auch hier gedacht werden. In jedem<lb/> Falle erſcheint ihr moraliſcher Werth größer als ihr praktiſcher.</p><lb/> <p>Urſprüngliche Idee der franzöſiſchen Geſetzgebung: Erſatz der alten Rechte<lb/> des Meiſters in der Werkſtatt durch das gewählte <hi rendition="#aq">Conseil des prudhommes:<lb/> „Tout délit tendant à troubler l’ordre et la discipline de l’atelier peut<lb/> ètre <hi rendition="#g">puni</hi> par les prudhommes“</hi> (Geſetz vom 3. Auguſt 1810 und Geſetz<lb/> vom 18. März 1806); dann bloß <hi rendition="#g">Rechtsſ</hi>treitigkeiten: Geſetz vom 22. Febr.<lb/> und 14. Mai 1831; Wahl und Organiſation (Geſetz vom 1. Juni 1853). Lite-<lb/> ratur bei <hi rendition="#g">Block</hi>, <hi rendition="#aq">Droit admin.</hi> Aufnahme des Gedankens in der <hi rendition="#g">öſterreich</hi>.<lb/> Gewerbeordnung (§. 102); den Genoſſenſchaften iſt die „Entſcheidung über Streitig-<lb/> keiten zwiſchen Gewerbtreibenden und Geſellen und Lehrlingen“ übertragen;<lb/> doch ohne rechte Anwendung überhaupt, am wenigſten auf die Induſtrie zu<lb/> finden. — In <hi rendition="#g">Preußen</hi> auf Grund der Verfaſſung Art. 91 allerdings durch<lb/> Verordnung vom 2. Jan. 1849 eine Anzahl ſolcher Gerichte eingeſetzt; ſie haben<lb/> aber den Erwartungen <hi rendition="#g">nicht</hi> entſprochen und ſind allmählig eingegangen.<lb/><hi rendition="#g">Rönne</hi> <hi rendition="#aq">II.</hi> §. 274; <hi rendition="#g">Meißner</hi>, Fabrikgerichte. 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Sinn, die Arbeitsdauer da feſtzuſtellen, wo ſie nicht ausdrücklich be-
dungen iſt, und zweitens ſie für Frauen und Kinder aus geſund-
heitspolizeilichen oder geiſtigen Rückſichten auf ein beſtimmtes Maß zu
reduciren. Die Beſtimmung der Arbeitszeit im erſten Fall ſoll daher
eben ſo wenig Gegenſtand der Geſetzgebung ſein, als die des Arbeits-
lohnes; im zweiten Falle iſt ſie durch höhere Rückſichten als die des
Erwerbes geboten und mit Recht durch das Verwaltungsrecht beſtimmt.
Beginn der Geſetzgebung über die Arbeitszeit in Frankreich mit dem
Geſetz vom 22. März 1841. Verſuch der Aufſtellung von öffentlichen Lohn-
tagen ſchon im Reichsarchiv 1517; Berg, Polizeiordn. I. 352; Rau II. 317.
Erſte allgemeine Auffaſſung der Kinderarbeit vom ſocialen Standpunkt nebſt
Geſetzgebung: Gerando, Bienf. publ. VI. 540 ff. — England: Haupt-
geſetz 7. 8. Vict. 15. nebſt vielen einzelnen Beſtimmungen. — Oeſterreich:
Gewerbeordnung von 1859 Art. 87. — Preußen: Geſetz vom 16. Mai 1853
(ſ. Stein, Geſundheitsweſen S. 74—76 und dazu Stein, Polizeirecht S. 170,
171; Rau, Volkswirthſchaftspflege II. §. 202).
3) Die Aufſtellung eigener Arbeitergerichte für den Fall der
Streitigkeit der einzelnen Arbeiter mit den Arbeitgebern beruht darauf,
daß zur richtigen Entſcheidung in den meiſten Fällen eigene Fachkenntniß
nothwendig, der gewöhnliche Gerichtsgang dagegen zu koſtſpielig und
ſchleppend iſt. Offenbar nun iſt dieſe Inſtitution da von Bedeutung,
wo es ſich um Streitigkeiten über den Stücklohn oder Arbeit auf
Lieferung handelt, und über die Qualität Streit entſteht, während
in allen andern Fällen das ſummariſche gerichtliche Verfahren vorzu-
ziehen iſt. So lange es ferner noch Arbeitsbücher mit Zeugniſſen gibt,
kann eine Thätigkeit derſelben auch hier gedacht werden. In jedem
Falle erſcheint ihr moraliſcher Werth größer als ihr praktiſcher.
Urſprüngliche Idee der franzöſiſchen Geſetzgebung: Erſatz der alten Rechte
des Meiſters in der Werkſtatt durch das gewählte Conseil des prudhommes:
„Tout délit tendant à troubler l’ordre et la discipline de l’atelier peut
ètre puni par les prudhommes“ (Geſetz vom 3. Auguſt 1810 und Geſetz
vom 18. März 1806); dann bloß Rechtsſtreitigkeiten: Geſetz vom 22. Febr.
und 14. Mai 1831; Wahl und Organiſation (Geſetz vom 1. Juni 1853). Lite-
ratur bei Block, Droit admin. Aufnahme des Gedankens in der öſterreich.
Gewerbeordnung (§. 102); den Genoſſenſchaften iſt die „Entſcheidung über Streitig-
keiten zwiſchen Gewerbtreibenden und Geſellen und Lehrlingen“ übertragen;
doch ohne rechte Anwendung überhaupt, am wenigſten auf die Induſtrie zu
finden. — In Preußen auf Grund der Verfaſſung Art. 91 allerdings durch
Verordnung vom 2. Jan. 1849 eine Anzahl ſolcher Gerichte eingeſetzt; ſie haben
aber den Erwartungen nicht entſprochen und ſind allmählig eingegangen.
Rönne II. §. 274; Meißner, Fabrikgerichte. Auffaſſung der Arbeiterfrage
vom rein polizeilichen Standpunkt bei Jacob, Grundſätze der National-
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