von 1867 verhält, dahin nach dem neuen Entwurf über Arbeitercoalitionen entschieden, daß solche Verabredungen keine rechtliche Gültigkeit haben sollen. -- Preußen: noch immer Strafbarkeit nach der Gewerbeordnung von 1845 §. 181--184. Hier mangelt noch allenthalben die freie Auffassung (Stein, Vereinsrecht S. 194).
b) Neben dem Arbeitervereinsrecht hat die Arbeiterordnung die Aufgabe, die rechtlichen Bedingungen für die Verhältnisse zwischen den einzelnen Arbeitern und der Unternehmung herzustellen. Diese Arbeiterordnung hat drei Hauptgebiete.
1) Die Arbeitsbücher sollen zunächst den rein polizeilichen Zweck haben, die Identität der Arbeiter und den Bestand wie die Dauer des Arbeits- und Lohnvertrages zu constatiren. Die Gesetzgebung hat sich daneben der Hoffnung hingegeben, daß sie zugleich als Arbeits- zeugniß einen heilsamen Einfluß auf die Arbeiter haben werden, und daraus hauptsächlich ist das Recht der Arbeitsbücher entstanden. Die Principien dieses Rechts sind erstlich die Verpflichtung zum Besitz eines solchen Arbeits- oder Dienstbuches und zum Eintragen des über- nommenen oder aufgegebenen Dienstes mit Zeit und Ort; zweitens das Recht der Unternehmer oder Arbeitgeber überhaupt, ein direktes oder indirektes Zeugniß über den Arbeiter auszustellen. Die Praxis hat gezeigt, daß das erstere nur dann zu erzielen ist, wenn die Interessen der Arbeiter und der Arbeitgeber es ihnen selbst wünschenswerth machen, daß aber das zweite fast ganz nutzlos ist. Während daher gesetzlich die Arbeitsbücher fortbestehen, haben sie praktisch fast alle Bedeutung für die Arbeiterfrage verloren, und erscheinen nur noch als Heimathsausweise und persönliche Legitimationsurkunde.
Das französische Recht ist die eigentliche Quelle der Jurisprudenz der Arbeitsbücher, während die Sache aus den deutschen Wanderbüchern stammt. Die Aufhebung aller Zünfte und Innungen stellte in Frankreich die Gesellen und Arbeiter gleich, und schon das Decret vom 22. Germ. XI. stellte für alle Arbeiter die gleiche Verpflichtung zur Führung des livret d'ouvrier fest, deren Rechtsverhältnisse durch Gesetz vom 14. Mai 1851 und 22. Juni 1854 neu geordnet wurden; Ausführungsordnung: Decret vom 30. April 1855. -- Oesterreich hat das System derselben in der Gewerbeordnung von 1859 auf- genommen und die Arbeitsbücher vorzugsweise vom Standpunkt eines Arbeits- zeugnißbuches durchgeführt (Anhang zur Gewerbeordnung §. 1--8), dem die übrigen Gewerbeordnungen gefolgt sind; praktische Erfolge hat das ganze System für diesen Standpunkt so wenig erzielt, als die Gesindezeugnisse. -- K. Sachsen: Arbeitsbücherordnung (Verordnung vom 20. Mai 1864). -- Braunschweig: Einführung derselben durch Verordnung vom 11. Nov. 1864.
2) Die Bestimmung der Arbeitszeit durch die Gesetze kann nicht das freie Uebereinkommen über dieselbe aufheben, sondern hat nur den
von 1867 verhält, dahin nach dem neuen Entwurf über Arbeitercoalitionen entſchieden, daß ſolche Verabredungen keine rechtliche Gültigkeit haben ſollen. — Preußen: noch immer Strafbarkeit nach der Gewerbeordnung von 1845 §. 181—184. Hier mangelt noch allenthalben die freie Auffaſſung (Stein, Vereinsrecht S. 194).
b) Neben dem Arbeitervereinsrecht hat die Arbeiterordnung die Aufgabe, die rechtlichen Bedingungen für die Verhältniſſe zwiſchen den einzelnen Arbeitern und der Unternehmung herzuſtellen. Dieſe Arbeiterordnung hat drei Hauptgebiete.
1) Die Arbeitsbücher ſollen zunächſt den rein polizeilichen Zweck haben, die Identität der Arbeiter und den Beſtand wie die Dauer des Arbeits- und Lohnvertrages zu conſtatiren. Die Geſetzgebung hat ſich daneben der Hoffnung hingegeben, daß ſie zugleich als Arbeits- zeugniß einen heilſamen Einfluß auf die Arbeiter haben werden, und daraus hauptſächlich iſt das Recht der Arbeitsbücher entſtanden. Die Principien dieſes Rechts ſind erſtlich die Verpflichtung zum Beſitz eines ſolchen Arbeits- oder Dienſtbuches und zum Eintragen des über- nommenen oder aufgegebenen Dienſtes mit Zeit und Ort; zweitens das Recht der Unternehmer oder Arbeitgeber überhaupt, ein direktes oder indirektes Zeugniß über den Arbeiter auszuſtellen. Die Praxis hat gezeigt, daß das erſtere nur dann zu erzielen iſt, wenn die Intereſſen der Arbeiter und der Arbeitgeber es ihnen ſelbſt wünſchenswerth machen, daß aber das zweite faſt ganz nutzlos iſt. Während daher geſetzlich die Arbeitsbücher fortbeſtehen, haben ſie praktiſch faſt alle Bedeutung für die Arbeiterfrage verloren, und erſcheinen nur noch als Heimathsausweiſe und perſönliche Legitimationsurkunde.
Das franzöſiſche Recht iſt die eigentliche Quelle der Jurisprudenz der Arbeitsbücher, während die Sache aus den deutſchen Wanderbüchern ſtammt. Die Aufhebung aller Zünfte und Innungen ſtellte in Frankreich die Geſellen und Arbeiter gleich, und ſchon das Decret vom 22. Germ. XI. ſtellte für alle Arbeiter die gleiche Verpflichtung zur Führung des livret d’ouvrier feſt, deren Rechtsverhältniſſe durch Geſetz vom 14. Mai 1851 und 22. Juni 1854 neu geordnet wurden; Ausführungsordnung: Decret vom 30. April 1855. — Oeſterreich hat das Syſtem derſelben in der Gewerbeordnung von 1859 auf- genommen und die Arbeitsbücher vorzugsweiſe vom Standpunkt eines Arbeits- zeugnißbuches durchgeführt (Anhang zur Gewerbeordnung §. 1—8), dem die übrigen Gewerbeordnungen gefolgt ſind; praktiſche Erfolge hat das ganze Syſtem für dieſen Standpunkt ſo wenig erzielt, als die Geſindezeugniſſe. — K. Sachſen: Arbeitsbücherordnung (Verordnung vom 20. Mai 1864). — Braunſchweig: Einführung derſelben durch Verordnung vom 11. Nov. 1864.
2) Die Beſtimmung der Arbeitszeit durch die Geſetze kann nicht das freie Uebereinkommen über dieſelbe aufheben, ſondern hat nur den
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— Preußen: noch immer Strafbarkeit nach der Gewerbeordnung von 1845
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Vereinsrecht S. 194).
b) Neben dem Arbeitervereinsrecht hat die Arbeiterordnung
die Aufgabe, die rechtlichen Bedingungen für die Verhältniſſe zwiſchen
den einzelnen Arbeitern und der Unternehmung herzuſtellen. Dieſe
Arbeiterordnung hat drei Hauptgebiete.
1) Die Arbeitsbücher ſollen zunächſt den rein polizeilichen Zweck
haben, die Identität der Arbeiter und den Beſtand wie die Dauer des
Arbeits- und Lohnvertrages zu conſtatiren. Die Geſetzgebung hat ſich
daneben der Hoffnung hingegeben, daß ſie zugleich als Arbeits-
zeugniß einen heilſamen Einfluß auf die Arbeiter haben werden,
und daraus hauptſächlich iſt das Recht der Arbeitsbücher entſtanden.
Die Principien dieſes Rechts ſind erſtlich die Verpflichtung zum Beſitz
eines ſolchen Arbeits- oder Dienſtbuches und zum Eintragen des über-
nommenen oder aufgegebenen Dienſtes mit Zeit und Ort; zweitens das
Recht der Unternehmer oder Arbeitgeber überhaupt, ein direktes oder
indirektes Zeugniß über den Arbeiter auszuſtellen. Die Praxis hat
gezeigt, daß das erſtere nur dann zu erzielen iſt, wenn die Intereſſen
der Arbeiter und der Arbeitgeber es ihnen ſelbſt wünſchenswerth
machen, daß aber das zweite faſt ganz nutzlos iſt. Während daher
geſetzlich die Arbeitsbücher fortbeſtehen, haben ſie praktiſch faſt alle
Bedeutung für die Arbeiterfrage verloren, und erſcheinen nur noch als
Heimathsausweiſe und perſönliche Legitimationsurkunde.
Das franzöſiſche Recht iſt die eigentliche Quelle der Jurisprudenz der
Arbeitsbücher, während die Sache aus den deutſchen Wanderbüchern ſtammt.
Die Aufhebung aller Zünfte und Innungen ſtellte in Frankreich die Geſellen
und Arbeiter gleich, und ſchon das Decret vom 22. Germ. XI. ſtellte für alle
Arbeiter die gleiche Verpflichtung zur Führung des livret d’ouvrier feſt, deren
Rechtsverhältniſſe durch Geſetz vom 14. Mai 1851 und 22. Juni 1854 neu
geordnet wurden; Ausführungsordnung: Decret vom 30. April 1855. —
Oeſterreich hat das Syſtem derſelben in der Gewerbeordnung von 1859 auf-
genommen und die Arbeitsbücher vorzugsweiſe vom Standpunkt eines Arbeits-
zeugnißbuches durchgeführt (Anhang zur Gewerbeordnung §. 1—8), dem die
übrigen Gewerbeordnungen gefolgt ſind; praktiſche Erfolge hat das ganze Syſtem
für dieſen Standpunkt ſo wenig erzielt, als die Geſindezeugniſſe. — K. Sachſen:
Arbeitsbücherordnung (Verordnung vom 20. Mai 1864). — Braunſchweig:
Einführung derſelben durch Verordnung vom 11. Nov. 1864.
2) Die Beſtimmung der Arbeitszeit durch die Geſetze kann nicht
das freie Uebereinkommen über dieſelbe aufheben, ſondern hat nur den
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/385>, abgerufen am 16.02.2025.
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