der Genehmigung jeder Dampfkesselverwendung; Forderung der technischen Bildung für die Maschinenführer, und systematische Kesselprobe. Preußen: RönneII. 402. -- Oesterreich: Regulativ vom 11. Febr. 1854 (Stuben- rauchI. §. 221). -- Bayern: Verordnung vom 9. Sept. 1852 (Pözl, Verwaltungsrecht II. §. 113; vergl. Stein, Sicherheitspolizei S. 169 f.).
II. Die Arbeiterordnung. Während die oben berührte Frage die Verhältnisse des in der Industrie thätigen Capitals betreffen, ent- steht nun das zweite Gebiet dadurch, daß vermöge der Industrie sich die Arbeit selbständig vom Capital trennt, und daß dadurch inner- halb derselben ihre beiden großen Faktoren als zwei selbständige Körper, und zwar mit entgegengesetztem Interesse scheiden. Die Form, in der dieß geschieht, und die Verhältnisse, die dadurch entstehen, be- zeichnen wir als die Arbeiterfrage.
Die Arbeiterfrage kann nun nur dann richtig gelöst werden, wenn man ihren doppelten Inhalt scheidet. Sie ist zuerst ein rein wirth- schaftliches Interessenverhältniß; sie ist aber zweitens auch eine gesellschaftliche Erscheinung. Es ist klar, daß nur der erste Ge- sichtspunkt hierher gehört.
Für diesen nun hat die Verwaltung davon auszugehen, daß es sich dabei um einen Gegensatz der Interessen handelt, dessen Inhalt von Seiten der Unternehmung der möglichst geringe Lohn bei möglichst großer Arbeitszeit, von Seiten der Arbeiter dagegen umgekehrt der möglichst hohe Lohn bei möglichst geringer Arbeitszeit ist. Nun können allerdings durch einzelne, mehr oder weniger begünstigte Anstrengungen hier zeitweilige außerordentliche Erfolge von der einen oder andern Seite gewonnen werden; allein die Wissenschaft des Güterlebens ist weit genug, um mit absoluter Gewißheit behaupten zu können, daß das Verhältniß zwischen Arbeit und Lohn sich durch keine menschliche Willkür und kein Einzelinteresse definitiv feststellt, sondern daß hier am letzten Orte ein unwandelbares Gesetz entscheidet. Der Lohn der Arbeit kann nie größer sein, als der im Preise des Pro- dukts ausgedrückte Werth derselben; und nie geringer, als die Summe des durch die Art und das Maß der Arbeit gesetz- ten Bedürfnisses.
Ist das nun richtig, so folgt, daß es niemals Aufgabe der Ver- waltung sein kann, in die Preisverhältnisse der Arbeiter direkt einzu- greifen, sondern daß sie vielmehr die Regelung der wirthschaftlichen Arbeiterfrage der zwar langsamen aber unwiderstehlichen Wirkung jenes auch für sie unabänderlichen Gesetzes zu überlassen hat. Sie kann und soll ferner eben so wenig die Erscheinungen jener entgegengesetzten Interessen des Capitals und der Arbeit beseitigen oder
der Genehmigung jeder Dampfkeſſelverwendung; Forderung der techniſchen Bildung für die Maſchinenführer, und ſyſtematiſche Keſſelprobe. Preußen: RönneII. 402. — Oeſterreich: Regulativ vom 11. Febr. 1854 (Stuben- rauchI. §. 221). — Bayern: Verordnung vom 9. Sept. 1852 (Pözl, Verwaltungsrecht II. §. 113; vergl. Stein, Sicherheitspolizei S. 169 f.).
II. Die Arbeiterordnung. Während die oben berührte Frage die Verhältniſſe des in der Induſtrie thätigen Capitals betreffen, ent- ſteht nun das zweite Gebiet dadurch, daß vermöge der Induſtrie ſich die Arbeit ſelbſtändig vom Capital trennt, und daß dadurch inner- halb derſelben ihre beiden großen Faktoren als zwei ſelbſtändige Körper, und zwar mit entgegengeſetztem Intereſſe ſcheiden. Die Form, in der dieß geſchieht, und die Verhältniſſe, die dadurch entſtehen, be- zeichnen wir als die Arbeiterfrage.
Die Arbeiterfrage kann nun nur dann richtig gelöst werden, wenn man ihren doppelten Inhalt ſcheidet. Sie iſt zuerſt ein rein wirth- ſchaftliches Intereſſenverhältniß; ſie iſt aber zweitens auch eine geſellſchaftliche Erſcheinung. Es iſt klar, daß nur der erſte Ge- ſichtspunkt hierher gehört.
Für dieſen nun hat die Verwaltung davon auszugehen, daß es ſich dabei um einen Gegenſatz der Intereſſen handelt, deſſen Inhalt von Seiten der Unternehmung der möglichſt geringe Lohn bei möglichſt großer Arbeitszeit, von Seiten der Arbeiter dagegen umgekehrt der möglichſt hohe Lohn bei möglichſt geringer Arbeitszeit iſt. Nun können allerdings durch einzelne, mehr oder weniger begünſtigte Anſtrengungen hier zeitweilige außerordentliche Erfolge von der einen oder andern Seite gewonnen werden; allein die Wiſſenſchaft des Güterlebens iſt weit genug, um mit abſoluter Gewißheit behaupten zu können, daß das Verhältniß zwiſchen Arbeit und Lohn ſich durch keine menſchliche Willkür und kein Einzelintereſſe definitiv feſtſtellt, ſondern daß hier am letzten Orte ein unwandelbares Geſetz entſcheidet. Der Lohn der Arbeit kann nie größer ſein, als der im Preiſe des Pro- dukts ausgedrückte Werth derſelben; und nie geringer, als die Summe des durch die Art und das Maß der Arbeit geſetz- ten Bedürfniſſes.
Iſt das nun richtig, ſo folgt, daß es niemals Aufgabe der Ver- waltung ſein kann, in die Preisverhältniſſe der Arbeiter direkt einzu- greifen, ſondern daß ſie vielmehr die Regelung der wirthſchaftlichen Arbeiterfrage der zwar langſamen aber unwiderſtehlichen Wirkung jenes auch für ſie unabänderlichen Geſetzes zu überlaſſen hat. Sie kann und ſoll ferner eben ſo wenig die Erſcheinungen jener entgegengeſetzten Intereſſen des Capitals und der Arbeit beſeitigen oder
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der Genehmigung jeder Dampfkeſſelverwendung; Forderung der techniſchen
Bildung für die Maſchinenführer, und ſyſtematiſche Keſſelprobe. Preußen:
Rönne II. 402. — Oeſterreich: Regulativ vom 11. Febr. 1854 (Stuben-
rauch I. §. 221). — Bayern: Verordnung vom 9. Sept. 1852 (Pözl,
Verwaltungsrecht II. §. 113; vergl. Stein, Sicherheitspolizei S. 169 f.).
II. Die Arbeiterordnung. Während die oben berührte Frage
die Verhältniſſe des in der Induſtrie thätigen Capitals betreffen, ent-
ſteht nun das zweite Gebiet dadurch, daß vermöge der Induſtrie ſich
die Arbeit ſelbſtändig vom Capital trennt, und daß dadurch inner-
halb derſelben ihre beiden großen Faktoren als zwei ſelbſtändige Körper,
und zwar mit entgegengeſetztem Intereſſe ſcheiden. Die Form,
in der dieß geſchieht, und die Verhältniſſe, die dadurch entſtehen, be-
zeichnen wir als die Arbeiterfrage.
Die Arbeiterfrage kann nun nur dann richtig gelöst werden, wenn
man ihren doppelten Inhalt ſcheidet. Sie iſt zuerſt ein rein wirth-
ſchaftliches Intereſſenverhältniß; ſie iſt aber zweitens auch eine
geſellſchaftliche Erſcheinung. Es iſt klar, daß nur der erſte Ge-
ſichtspunkt hierher gehört.
Für dieſen nun hat die Verwaltung davon auszugehen, daß es
ſich dabei um einen Gegenſatz der Intereſſen handelt, deſſen Inhalt
von Seiten der Unternehmung der möglichſt geringe Lohn bei möglichſt
großer Arbeitszeit, von Seiten der Arbeiter dagegen umgekehrt der
möglichſt hohe Lohn bei möglichſt geringer Arbeitszeit iſt. Nun können
allerdings durch einzelne, mehr oder weniger begünſtigte Anſtrengungen
hier zeitweilige außerordentliche Erfolge von der einen oder andern
Seite gewonnen werden; allein die Wiſſenſchaft des Güterlebens iſt
weit genug, um mit abſoluter Gewißheit behaupten zu können, daß
das Verhältniß zwiſchen Arbeit und Lohn ſich durch keine menſchliche
Willkür und kein Einzelintereſſe definitiv feſtſtellt, ſondern daß hier
am letzten Orte ein unwandelbares Geſetz entſcheidet. Der Lohn der
Arbeit kann nie größer ſein, als der im Preiſe des Pro-
dukts ausgedrückte Werth derſelben; und nie geringer, als die
Summe des durch die Art und das Maß der Arbeit geſetz-
ten Bedürfniſſes.
Iſt das nun richtig, ſo folgt, daß es niemals Aufgabe der Ver-
waltung ſein kann, in die Preisverhältniſſe der Arbeiter direkt einzu-
greifen, ſondern daß ſie vielmehr die Regelung der wirthſchaftlichen
Arbeiterfrage der zwar langſamen aber unwiderſtehlichen Wirkung
jenes auch für ſie unabänderlichen Geſetzes zu überlaſſen
hat. Sie kann und ſoll ferner eben ſo wenig die Erſcheinungen jener
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/382>, abgerufen am 16.07.2024.
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