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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.

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Cameralwissenschaft, bis sich in unserem Jahrhundert eigene Muster-
wirthschaften und dann selbständige Lehranstalten entwickeln. Doch
fehlt noch immer die Hauptsache, die vernünftige Verbindung der Ele-
mente der Landwirthschaftslehre mit dem höheren Volksschulwesen
auf dem Lande. Die allgemeine landwirthschaftliche Fortbildung hat
in den Ausstellungen jetzt ihr öffentliches Hauptorgan, die durch
die Vereine veranstaltet und geleitet werden, während die Lehranstalten
dem Staate gehören, eben so wie die Musterwirthschaften.

Aeltere Zustände: Berg, Polizeirecht III. S. 251. Erste eigentliche Land-
wirthschaftsschule von Thaer gegründet in Mögelin 1804; dann Anstalten
in Eldena 1825 und Poppelsdorf 1847 (Preußen) nebst mehreren andern;
Oesterreich: Altenburg in Ungarn 1849; Sachsen: Tharand; Württemberg:
Hohenheim 1818; Bayern: Weihenstephan (vergl. Rau §. 145; Rönne
II. §. 229; Pözl §. 148; Stubenrauch, Verwaltungsgesetzkunde II. §. 412;
Roscher §. 172). Landwirthschaftliche Lehranstalten in Deutschland (Allgemeine
Zeitung, März 1865).

b) Besonderer Theil.

Der besondere Theil der Landwirthschaftspflege entsteht nun durch
die Anwendung der Grundsätze und Einrichtungen des allgemeinen
Theils auf die einzelnen Zweige der Landwirthschaft. Es ist klar,
daß dazu eine ganze Reihe von Fachkenntnissen gehört, und daß eben
deßhalb die Regierung nur sehr wenig dafür thun kann. Hier ist das
eigentliche Gebiet des Vereinswesens, das theils durch seine Fach-
versammlungen, theils durch periodische Organe, theils aber und nament-
lich in der neuesten Zeit durch Ausstellungen mit Prämien und sonstigen
Anregungen thätig ist, und hier hat das letztere bisher auch bei weitem
am meisten geleistet, da sich hier je nach Verhältnissen Wünsche und
Bedürfnisse der Menschen und Dinge geltend machen. Die Hauptgebiete
sind: 1) Der Gartenbau mit seinen Vereinen für Nutzgewächse und
Blumen; 2) Viehzucht, in der namentlich die Pferdezucht eine
wesentliche Stelle einnimmt, die unter allen Zweigen der Landwirth-
schaft die meiste direkte Unterstützung von der Regierung empfängt
(Gestüte, Beschälwesen, Pferderennen); 3) Handelsgewächse, nament-
lich in Verbindung mit dem Seidenbau; 4) Obstbaumzucht;
5) Bienenzucht. Es wäre sehr wesentlich, alle diese verschiedenen
Vereine um die allgemeinen landwirthschaftlichen Vereine zu centrali-
siren. Die Einheit fehlt in allen diesen Dingen.

Specielle Berücksichtigung namentlich der Viehzucht schon im vorigen
Jahrhundert. Berg a. a. O. Außer den Fachschriften s. Rau, Volkswirth-
schaftspflege 1. Buch, Hauptst. 2 und Roscher, Nationalökonomie Buch 3.

Cameralwiſſenſchaft, bis ſich in unſerem Jahrhundert eigene Muſter-
wirthſchaften und dann ſelbſtändige Lehranſtalten entwickeln. Doch
fehlt noch immer die Hauptſache, die vernünftige Verbindung der Ele-
mente der Landwirthſchaftslehre mit dem höheren Volksſchulweſen
auf dem Lande. Die allgemeine landwirthſchaftliche Fortbildung hat
in den Ausſtellungen jetzt ihr öffentliches Hauptorgan, die durch
die Vereine veranſtaltet und geleitet werden, während die Lehranſtalten
dem Staate gehören, eben ſo wie die Muſterwirthſchaften.

Aeltere Zuſtände: Berg, Polizeirecht III. S. 251. Erſte eigentliche Land-
wirthſchaftsſchule von Thaer gegründet in Mögelin 1804; dann Anſtalten
in Eldena 1825 und Poppelsdorf 1847 (Preußen) nebſt mehreren andern;
Oeſterreich: Altenburg in Ungarn 1849; Sachſen: Tharand; Württemberg:
Hohenheim 1818; Bayern: Weihenſtephan (vergl. Rau §. 145; Rönne
II. §. 229; Pözl §. 148; Stubenrauch, Verwaltungsgeſetzkunde II. §. 412;
Roſcher §. 172). Landwirthſchaftliche Lehranſtalten in Deutſchland (Allgemeine
Zeitung, März 1865).

b) Beſonderer Theil.

Der beſondere Theil der Landwirthſchaftspflege entſteht nun durch
die Anwendung der Grundſätze und Einrichtungen des allgemeinen
Theils auf die einzelnen Zweige der Landwirthſchaft. Es iſt klar,
daß dazu eine ganze Reihe von Fachkenntniſſen gehört, und daß eben
deßhalb die Regierung nur ſehr wenig dafür thun kann. Hier iſt das
eigentliche Gebiet des Vereinsweſens, das theils durch ſeine Fach-
verſammlungen, theils durch periodiſche Organe, theils aber und nament-
lich in der neueſten Zeit durch Ausſtellungen mit Prämien und ſonſtigen
Anregungen thätig iſt, und hier hat das letztere bisher auch bei weitem
am meiſten geleiſtet, da ſich hier je nach Verhältniſſen Wünſche und
Bedürfniſſe der Menſchen und Dinge geltend machen. Die Hauptgebiete
ſind: 1) Der Gartenbau mit ſeinen Vereinen für Nutzgewächſe und
Blumen; 2) Viehzucht, in der namentlich die Pferdezucht eine
weſentliche Stelle einnimmt, die unter allen Zweigen der Landwirth-
ſchaft die meiſte direkte Unterſtützung von der Regierung empfängt
(Geſtüte, Beſchälweſen, Pferderennen); 3) Handelsgewächſe, nament-
lich in Verbindung mit dem Seidenbau; 4) Obſtbaumzucht;
5) Bienenzucht. Es wäre ſehr weſentlich, alle dieſe verſchiedenen
Vereine um die allgemeinen landwirthſchaftlichen Vereine zu centrali-
ſiren. Die Einheit fehlt in allen dieſen Dingen.

Specielle Berückſichtigung namentlich der Viehzucht ſchon im vorigen
Jahrhundert. Berg a. a. O. Außer den Fachſchriften ſ. Rau, Volkswirth-
ſchaftspflege 1. Buch, Hauptſt. 2 und Roſcher, Nationalökonomie Buch 3.

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[338/0362] Cameralwiſſenſchaft, bis ſich in unſerem Jahrhundert eigene Muſter- wirthſchaften und dann ſelbſtändige Lehranſtalten entwickeln. Doch fehlt noch immer die Hauptſache, die vernünftige Verbindung der Ele- mente der Landwirthſchaftslehre mit dem höheren Volksſchulweſen auf dem Lande. Die allgemeine landwirthſchaftliche Fortbildung hat in den Ausſtellungen jetzt ihr öffentliches Hauptorgan, die durch die Vereine veranſtaltet und geleitet werden, während die Lehranſtalten dem Staate gehören, eben ſo wie die Muſterwirthſchaften. Aeltere Zuſtände: Berg, Polizeirecht III. S. 251. Erſte eigentliche Land- wirthſchaftsſchule von Thaer gegründet in Mögelin 1804; dann Anſtalten in Eldena 1825 und Poppelsdorf 1847 (Preußen) nebſt mehreren andern; Oeſterreich: Altenburg in Ungarn 1849; Sachſen: Tharand; Württemberg: Hohenheim 1818; Bayern: Weihenſtephan (vergl. Rau §. 145; Rönne II. §. 229; Pözl §. 148; Stubenrauch, Verwaltungsgeſetzkunde II. §. 412; Roſcher §. 172). Landwirthſchaftliche Lehranſtalten in Deutſchland (Allgemeine Zeitung, März 1865). b) Beſonderer Theil. Der beſondere Theil der Landwirthſchaftspflege entſteht nun durch die Anwendung der Grundſätze und Einrichtungen des allgemeinen Theils auf die einzelnen Zweige der Landwirthſchaft. Es iſt klar, daß dazu eine ganze Reihe von Fachkenntniſſen gehört, und daß eben deßhalb die Regierung nur ſehr wenig dafür thun kann. Hier iſt das eigentliche Gebiet des Vereinsweſens, das theils durch ſeine Fach- verſammlungen, theils durch periodiſche Organe, theils aber und nament- lich in der neueſten Zeit durch Ausſtellungen mit Prämien und ſonſtigen Anregungen thätig iſt, und hier hat das letztere bisher auch bei weitem am meiſten geleiſtet, da ſich hier je nach Verhältniſſen Wünſche und Bedürfniſſe der Menſchen und Dinge geltend machen. Die Hauptgebiete ſind: 1) Der Gartenbau mit ſeinen Vereinen für Nutzgewächſe und Blumen; 2) Viehzucht, in der namentlich die Pferdezucht eine weſentliche Stelle einnimmt, die unter allen Zweigen der Landwirth- ſchaft die meiſte direkte Unterſtützung von der Regierung empfängt (Geſtüte, Beſchälweſen, Pferderennen); 3) Handelsgewächſe, nament- lich in Verbindung mit dem Seidenbau; 4) Obſtbaumzucht; 5) Bienenzucht. Es wäre ſehr weſentlich, alle dieſe verſchiedenen Vereine um die allgemeinen landwirthſchaftlichen Vereine zu centrali- ſiren. Die Einheit fehlt in allen dieſen Dingen. Specielle Berückſichtigung namentlich der Viehzucht ſchon im vorigen Jahrhundert. Berg a. a. O. Außer den Fachſchriften ſ. Rau, Volkswirth- ſchaftspflege 1. Buch, Hauptſt. 2 und Roſcher, Nationalökonomie Buch 3.

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/362>, abgerufen am 17.09.2024.