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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.

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dehnung aber entsteht ein allgemeines öffentliches Recht des Gesellschafts-
wesens, und das Recht scheidet sich um so bestimmter von dem übri-
gen Privatrecht, je klarer der Unternehmungscredit seine selbständige
Function einnimmt. Die daraus entstehende Gesetzgebung bilden die
Handelsgesetzbücher. Die Handelsgesetzbücher sind daher das syste-
matische Recht der Organisation des Unternehmungsc
redits,
wie die Wechselrechtsordnungen das des Zahlungscredits.

Es ist klar, daß das ganze Gebiet zu seiner ersten Voraussetzung das
Vereinswesen und seine systematische Organisation hat, da das ganze Ge-
sellschaftswesen einen Theil desselben bildet. Wir müssen hiefür auf unser
"System des Vereinswesens und Vereinsrechts" (1869, vollz. Gewalt 3. Thl.)
verweisen. Die Fragen ferner, welche die obige Auffassung sowohl an die
geschichtliche Behandlung des Handelsrechts als an die Interpretation der
Handelsgesetzbücher vom Standpunkte der Creditlehre stellen muß, namentlich
die Entstehung und das Recht der Firma und den Zeitpunkt ihrer Scheidung
von der societas, sind sehr einschneidender Natur, und scheinen uns eben so
wenig genügend behandelt, als die nach der Geschichte der Aktiengesetzgebung.
Ueber die letztere und die Mängel der Handelsgesetzbücher s. unser Vereins-
wesen
S. 63 u. a. Erste Anregung in Deutschland von Friedrich Har-
kort
(über Volksbanken 1851).

2) Der organische Unternehmungscredit und die Creditanstalten.

Während nun das ganze Gesellschaftswesen nur noch den einem
einzelnen bestimmten Unternehmen zum Grunde liegenden Credit
enthält, wächst das Bedürfniß nach dem Unternehmungscredit zu einem
allgemeinen, und die Möglichkeit, für jedes Unternehmen Credit zu
gewinnen, wird namentlich in der internationalen Concurrenz eine Be-
dingung aller Entwicklung der Volkswirthschaft. Der Unternehmungs-
credit wird daher als solcher Gegenstand von Unternehmungen,
ohne sich auf eine bestimmte Unternehmung zu beschränken; der all-
gemeine
Unternehmungscredit fordert und erzeugt seine Organe so
gut wie der besondere, und die auf diese Weise für den Unternehmungs-
credit überhaupt gebildeten Gesellschaften sind die (eigentlichen) Credit-
anstalten
.

Aus dieser Natur der Funktion der Creditanstalten folgen nun
zunächst die wirthschaftlichen Grundsätze, welche für ihre Thätigkeit
gelten, und welche als nothwendige Bedingungen der Erfüllung ihrer
Aufgabe sie sowohl von den Zahlungs- als von den Vorschußanstalten
scheiden.

Zuerst kann sie Darlehen geben; allein nur als Discont oder
Lombard, um nicht dauernd das Capital zu binden. Dafür aber sind

dehnung aber entſteht ein allgemeines öffentliches Recht des Geſellſchafts-
weſens, und das Recht ſcheidet ſich um ſo beſtimmter von dem übri-
gen Privatrecht, je klarer der Unternehmungscredit ſeine ſelbſtändige
Function einnimmt. Die daraus entſtehende Geſetzgebung bilden die
Handelsgeſetzbücher. Die Handelsgeſetzbücher ſind daher das ſyſte-
matiſche Recht der Organiſation des Unternehmungsc
redits,
wie die Wechſelrechtsordnungen das des Zahlungscredits.

Es iſt klar, daß das ganze Gebiet zu ſeiner erſten Vorausſetzung das
Vereinsweſen und ſeine ſyſtematiſche Organiſation hat, da das ganze Ge-
ſellſchaftsweſen einen Theil deſſelben bildet. Wir müſſen hiefür auf unſer
„Syſtem des Vereinsweſens und Vereinsrechts“ (1869, vollz. Gewalt 3. Thl.)
verweiſen. Die Fragen ferner, welche die obige Auffaſſung ſowohl an die
geſchichtliche Behandlung des Handelsrechts als an die Interpretation der
Handelsgeſetzbücher vom Standpunkte der Creditlehre ſtellen muß, namentlich
die Entſtehung und das Recht der Firma und den Zeitpunkt ihrer Scheidung
von der societas, ſind ſehr einſchneidender Natur, und ſcheinen uns eben ſo
wenig genügend behandelt, als die nach der Geſchichte der Aktiengeſetzgebung.
Ueber die letztere und die Mängel der Handelsgeſetzbücher ſ. unſer Vereins-
weſen
S. 63 u. a. Erſte Anregung in Deutſchland von Friedrich Har-
kort
(über Volksbanken 1851).

2) Der organiſche Unternehmungscredit und die Creditanſtalten.

Während nun das ganze Geſellſchaftsweſen nur noch den einem
einzelnen beſtimmten Unternehmen zum Grunde liegenden Credit
enthält, wächst das Bedürfniß nach dem Unternehmungscredit zu einem
allgemeinen, und die Möglichkeit, für jedes Unternehmen Credit zu
gewinnen, wird namentlich in der internationalen Concurrenz eine Be-
dingung aller Entwicklung der Volkswirthſchaft. Der Unternehmungs-
credit wird daher als ſolcher Gegenſtand von Unternehmungen,
ohne ſich auf eine beſtimmte Unternehmung zu beſchränken; der all-
gemeine
Unternehmungscredit fordert und erzeugt ſeine Organe ſo
gut wie der beſondere, und die auf dieſe Weiſe für den Unternehmungs-
credit überhaupt gebildeten Geſellſchaften ſind die (eigentlichen) Credit-
anſtalten
.

Aus dieſer Natur der Funktion der Creditanſtalten folgen nun
zunächſt die wirthſchaftlichen Grundſätze, welche für ihre Thätigkeit
gelten, und welche als nothwendige Bedingungen der Erfüllung ihrer
Aufgabe ſie ſowohl von den Zahlungs- als von den Vorſchußanſtalten
ſcheiden.

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[303/0327] dehnung aber entſteht ein allgemeines öffentliches Recht des Geſellſchafts- weſens, und das Recht ſcheidet ſich um ſo beſtimmter von dem übri- gen Privatrecht, je klarer der Unternehmungscredit ſeine ſelbſtändige Function einnimmt. Die daraus entſtehende Geſetzgebung bilden die Handelsgeſetzbücher. Die Handelsgeſetzbücher ſind daher das ſyſte- matiſche Recht der Organiſation des Unternehmungscredits, wie die Wechſelrechtsordnungen das des Zahlungscredits. Es iſt klar, daß das ganze Gebiet zu ſeiner erſten Vorausſetzung das Vereinsweſen und ſeine ſyſtematiſche Organiſation hat, da das ganze Ge- ſellſchaftsweſen einen Theil deſſelben bildet. Wir müſſen hiefür auf unſer „Syſtem des Vereinsweſens und Vereinsrechts“ (1869, vollz. Gewalt 3. Thl.) verweiſen. Die Fragen ferner, welche die obige Auffaſſung ſowohl an die geſchichtliche Behandlung des Handelsrechts als an die Interpretation der Handelsgeſetzbücher vom Standpunkte der Creditlehre ſtellen muß, namentlich die Entſtehung und das Recht der Firma und den Zeitpunkt ihrer Scheidung von der societas, ſind ſehr einſchneidender Natur, und ſcheinen uns eben ſo wenig genügend behandelt, als die nach der Geſchichte der Aktiengeſetzgebung. Ueber die letztere und die Mängel der Handelsgeſetzbücher ſ. unſer Vereins- weſen S. 63 u. a. Erſte Anregung in Deutſchland von Friedrich Har- kort (über Volksbanken 1851). 2) Der organiſche Unternehmungscredit und die Creditanſtalten. Während nun das ganze Geſellſchaftsweſen nur noch den einem einzelnen beſtimmten Unternehmen zum Grunde liegenden Credit enthält, wächst das Bedürfniß nach dem Unternehmungscredit zu einem allgemeinen, und die Möglichkeit, für jedes Unternehmen Credit zu gewinnen, wird namentlich in der internationalen Concurrenz eine Be- dingung aller Entwicklung der Volkswirthſchaft. Der Unternehmungs- credit wird daher als ſolcher Gegenſtand von Unternehmungen, ohne ſich auf eine beſtimmte Unternehmung zu beſchränken; der all- gemeine Unternehmungscredit fordert und erzeugt ſeine Organe ſo gut wie der beſondere, und die auf dieſe Weiſe für den Unternehmungs- credit überhaupt gebildeten Geſellſchaften ſind die (eigentlichen) Credit- anſtalten. Aus dieſer Natur der Funktion der Creditanſtalten folgen nun zunächſt die wirthſchaftlichen Grundſätze, welche für ihre Thätigkeit gelten, und welche als nothwendige Bedingungen der Erfüllung ihrer Aufgabe ſie ſowohl von den Zahlungs- als von den Vorſchußanſtalten ſcheiden. Zuerſt kann ſie Darlehen geben; allein nur als Discont oder Lombard, um nicht dauernd das Capital zu binden. Dafür aber ſind

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/327>, abgerufen am 25.11.2024.