aus dieser Natur der Notenbank folgen nun die wirthschaftlichen Grund- sätze ihrer Verwaltung, welche zugleich die Verwaltung des Zah- lungscredits in der Volkswirthschaft enthalten.
Die Form nämlich, in welcher die Bank ihren Credit in Noten gibt, ist die des eigentlichen Zahlungscredits im Gegensatz zum Unter- nehmungscredit. Die Bank darf kein Darlehen geben, anders als gegen Inhaberpapiere, sondern sie discontirt die Wechsel, und zwar wesentlich die Wechsel der Bankhäuser, die den gegen ihr Accept von der Bank entnommenen Notenbetrag den einzelnen Unternehmungen creditiren. Für das Urtheil über die Zahlungs- (nicht bloß Credit-) Fähigkeit der Aussteller ist das Organ der Censoren bestimmt. Die Summe des in der Form der discontirten Wechsel dem allgemeinen Credit zugeführten Notenmasse ist das Portefeuille der Bank; die Summe der gegen Inhaberpapiere dargeliehenen Noten ist der Lom- bard. Die Zeit, für welche der Zahlungscredit bewilligt wird, ist die Sicht. Es darf, wie gesagt, keine lange Sicht des Bankaccepts geben. Wenn jedoch das Creditbedürfniß der einzelnen Unterneh- mungen größer wird als das Capital der Bankhäuser, das sie selbst oder die Bank besitzen, muß der Credit statt mit wirklichem Gelde, mit Zahlungsanweisungen gegeben werden, welche die Bank auf sich selber ausstellt. Die Bedingung dafür, daß diese Anweisungen die Funktion des Geldes übernehmen, und daher dem Credit dienen können, besteht in der Fähigkeit der Bank, dieselben einzulösen. Die Grund- sätze und Errichtungen, welche diese Fähigkeit sichern, bilden die Fun- dation der Bank; die Summe, welche dafür zunächst bestimmt ist, ist der Bankfonds. Die auf die unmittelbare Zahlung durch den Bankfonds lautenden Anweisungen der Bank sind die Noten, und die für die Ausgabe von solchen Noten bestimmte Bank ist die Notenbank. Erst mit der Note wird die Bank ein Creditverein. Denn die Vor- stellung, daß irgend eine Bank ihre Noten wirklich gegen Münze ein- lösen könne und solle, ist bekanntlich durchaus falsch und gehört der niederen Entwicklung der Volkswirthschaft. Die Fähigkeit der Note, als Zahlungsmittel zu dienen, beruht vielmehr darauf, daß der erste Empfänger der Note Forderungen an Dritte hat, durch deren Zahlung er seine Verpflichtung gegen die Bank deckt, während sein Schuldner wieder Gläubiger von Dritten ist, und so fort. Die wahre Sicherheit der Note ist daher die gegenseitige Zahlungsfähigkeit aller Unterneh- mungen, welche die Noten brauchen. Die Fähigkeit der Noten aber, dem Credit zu dienen, besteht darin, daß sie für die Anlage in der Unternehmung bestimmt sind. Der Lombard muß stets auf kurze Kündigung gelten. Der Preis, den die Bank für ihren Credit in Noten
aus dieſer Natur der Notenbank folgen nun die wirthſchaftlichen Grund- ſätze ihrer Verwaltung, welche zugleich die Verwaltung des Zah- lungscredits in der Volkswirthſchaft enthalten.
Die Form nämlich, in welcher die Bank ihren Credit in Noten gibt, iſt die des eigentlichen Zahlungscredits im Gegenſatz zum Unter- nehmungscredit. Die Bank darf kein Darlehen geben, anders als gegen Inhaberpapiere, ſondern ſie discontirt die Wechſel, und zwar weſentlich die Wechſel der Bankhäuſer, die den gegen ihr Accept von der Bank entnommenen Notenbetrag den einzelnen Unternehmungen creditiren. Für das Urtheil über die Zahlungs- (nicht bloß Credit-) Fähigkeit der Ausſteller iſt das Organ der Cenſoren beſtimmt. Die Summe des in der Form der discontirten Wechſel dem allgemeinen Credit zugeführten Notenmaſſe iſt das Portefeuille der Bank; die Summe der gegen Inhaberpapiere dargeliehenen Noten iſt der Lom- bard. Die Zeit, für welche der Zahlungscredit bewilligt wird, iſt die Sicht. Es darf, wie geſagt, keine lange Sicht des Bankaccepts geben. Wenn jedoch das Creditbedürfniß der einzelnen Unterneh- mungen größer wird als das Capital der Bankhäuſer, das ſie ſelbſt oder die Bank beſitzen, muß der Credit ſtatt mit wirklichem Gelde, mit Zahlungsanweiſungen gegeben werden, welche die Bank auf ſich ſelber ausſtellt. Die Bedingung dafür, daß dieſe Anweiſungen die Funktion des Geldes übernehmen, und daher dem Credit dienen können, beſteht in der Fähigkeit der Bank, dieſelben einzulöſen. Die Grund- ſätze und Errichtungen, welche dieſe Fähigkeit ſichern, bilden die Fun- dation der Bank; die Summe, welche dafür zunächſt beſtimmt iſt, iſt der Bankfonds. Die auf die unmittelbare Zahlung durch den Bankfonds lautenden Anweiſungen der Bank ſind die Noten, und die für die Ausgabe von ſolchen Noten beſtimmte Bank iſt die Notenbank. Erſt mit der Note wird die Bank ein Creditverein. Denn die Vor- ſtellung, daß irgend eine Bank ihre Noten wirklich gegen Münze ein- löſen könne und ſolle, iſt bekanntlich durchaus falſch und gehört der niederen Entwicklung der Volkswirthſchaft. Die Fähigkeit der Note, als Zahlungsmittel zu dienen, beruht vielmehr darauf, daß der erſte Empfänger der Note Forderungen an Dritte hat, durch deren Zahlung er ſeine Verpflichtung gegen die Bank deckt, während ſein Schuldner wieder Gläubiger von Dritten iſt, und ſo fort. Die wahre Sicherheit der Note iſt daher die gegenſeitige Zahlungsfähigkeit aller Unterneh- mungen, welche die Noten brauchen. Die Fähigkeit der Noten aber, dem Credit zu dienen, beſteht darin, daß ſie für die Anlage in der Unternehmung beſtimmt ſind. Der Lombard muß ſtets auf kurze Kündigung gelten. Der Preis, den die Bank für ihren Credit in Noten
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aus dieſer Natur der Notenbank folgen nun die wirthſchaftlichen Grund-
ſätze ihrer Verwaltung, welche zugleich die Verwaltung des Zah-
lungscredits in der Volkswirthſchaft enthalten.
Die Form nämlich, in welcher die Bank ihren Credit in Noten
gibt, iſt die des eigentlichen Zahlungscredits im Gegenſatz zum Unter-
nehmungscredit. Die Bank darf kein Darlehen geben, anders als
gegen Inhaberpapiere, ſondern ſie discontirt die Wechſel, und
zwar weſentlich die Wechſel der Bankhäuſer, die den gegen ihr Accept
von der Bank entnommenen Notenbetrag den einzelnen Unternehmungen
creditiren. Für das Urtheil über die Zahlungs- (nicht bloß Credit-)
Fähigkeit der Ausſteller iſt das Organ der Cenſoren beſtimmt. Die
Summe des in der Form der discontirten Wechſel dem allgemeinen
Credit zugeführten Notenmaſſe iſt das Portefeuille der Bank; die
Summe der gegen Inhaberpapiere dargeliehenen Noten iſt der Lom-
bard. Die Zeit, für welche der Zahlungscredit bewilligt wird, iſt die
Sicht. Es darf, wie geſagt, keine lange Sicht des Bankaccepts
geben. Wenn jedoch das Creditbedürfniß der einzelnen Unterneh-
mungen größer wird als das Capital der Bankhäuſer, das ſie ſelbſt
oder die Bank beſitzen, muß der Credit ſtatt mit wirklichem Gelde,
mit Zahlungsanweiſungen gegeben werden, welche die Bank auf ſich
ſelber ausſtellt. Die Bedingung dafür, daß dieſe Anweiſungen die
Funktion des Geldes übernehmen, und daher dem Credit dienen können,
beſteht in der Fähigkeit der Bank, dieſelben einzulöſen. Die Grund-
ſätze und Errichtungen, welche dieſe Fähigkeit ſichern, bilden die Fun-
dation der Bank; die Summe, welche dafür zunächſt beſtimmt iſt,
iſt der Bankfonds. Die auf die unmittelbare Zahlung durch den
Bankfonds lautenden Anweiſungen der Bank ſind die Noten, und die
für die Ausgabe von ſolchen Noten beſtimmte Bank iſt die Notenbank.
Erſt mit der Note wird die Bank ein Creditverein. Denn die Vor-
ſtellung, daß irgend eine Bank ihre Noten wirklich gegen Münze ein-
löſen könne und ſolle, iſt bekanntlich durchaus falſch und gehört der
niederen Entwicklung der Volkswirthſchaft. Die Fähigkeit der Note,
als Zahlungsmittel zu dienen, beruht vielmehr darauf, daß der erſte
Empfänger der Note Forderungen an Dritte hat, durch deren Zahlung
er ſeine Verpflichtung gegen die Bank deckt, während ſein Schuldner
wieder Gläubiger von Dritten iſt, und ſo fort. Die wahre Sicherheit
der Note iſt daher die gegenſeitige Zahlungsfähigkeit aller Unterneh-
mungen, welche die Noten brauchen. Die Fähigkeit der Noten aber,
dem Credit zu dienen, beſteht darin, daß ſie für die Anlage in der
Unternehmung beſtimmt ſind. Der Lombard muß ſtets auf kurze
Kündigung gelten. Der Preis, den die Bank für ihren Credit in Noten
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/317>, abgerufen am 22.11.2024.
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