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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.

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als Inhaberpapier dem Schuldner für die Ueberlassung des Wer-
thes seiner Güter an den Verein übergeben wird. Durch den Pfand-
brief ist die Möglichkeit für den Schuldner gegeben, so lange und so
weit Eigenthümer seines eigenen Werthes zu sein, als er will; dem
Gläubiger die, den durch den Kauf dieses Werthes erworbenen Werth
jeden Augenblick zu verkaufen; dem Werthe endlich die, zur Waare zu
werden, und dadurch das zu finden, dessen der Werth der Immobilien
so gut bedarf wie ein jedes andere Gut, seinen Markt (Börse) und
seinen Preis (der Curs der Pfandbriefe). Und damit ist das Mittel
gefunden, für jedes Immobile Credit zu erhalten, da gerade die durch
den Markt-(Börsen)-Verkehr mit dem Werthe im Pfandbriefe her-
gestellte Möglichkeit, denselben gleichgültig gegen den Nominalbetrag
des Pfandbriefes mit seinem Preise durch den Curs in Harmonie
zu bringen
, das Capital für jeden Grundwerth in jedem Augenblick
finden läßt.

b) Zugleich aber muß der Pfandbrief die Gewißheit geben, daß,
möge sein Preis (Curs) sein welcher er wolle, der Werth desselben
wirklich vorhanden ist. Es ist die wesentlichste Aufgabe des Vereins,
vermöge der Grundsätze seiner Verwaltung eben diese Sicherheit als
integrirenden Theil dem Pfandbriefe mitzugeben, und zwar sowohl für
das Capital als für seinen Ertrag, den Zins. Diese Aufgabe ist so noth-
wendig, daß die Grundsätze für ihre Erfüllung mit dem Realcreditwesen
gleichzeitig entstanden, und stets anerkannt sind. Dieselben sind folgende.

Erstlich genaue Schätzung jedes Gutes, und Feststellung --
meist Auszahlung -- seiner bisherigen Hypothekenschulden, als Grund-
lage für die richtige Berechnung der Höhe des in den Pfandbriefen
zu gebenden Darlehens.

Zweitens die Verwaltung der Zinsen und Rückzahlung
durch den Verein, ausgedrückt in den Coupons und ihren von der
Zahlung der Vereinsschuldner ganz unabhängigen Zahlungsverpflichtung
durch den Verein selbst.

Drittens aber in dem Grundsatze, welche dem Verein die Inne-
haltung dieser seiner Verpflichtung möglich machen, und die mithin
als die Grundlage der ganzen Vereinsverwaltung angesehen werden.
Diese nun sind; erstlich die solidarische Haftung aller Schuldner mit
ihrem ganzen Vermögen für jeden Pfandbrief; zweitens die Verbin-
dung der Rückzahlung mit der Zinszahlung des Schuldners, das Amor-
tisations-Procent; drittens endlich die Bildung eines selbständigen
Capitals, das für den Fall des Ausbleibens der Einzelzahlung dem
Verein die Zahlung von Zins und Schuld dennoch möglich macht
(Garantie und Reservefond).

als Inhaberpapier dem Schuldner für die Ueberlaſſung des Wer-
thes ſeiner Güter an den Verein übergeben wird. Durch den Pfand-
brief iſt die Möglichkeit für den Schuldner gegeben, ſo lange und ſo
weit Eigenthümer ſeines eigenen Werthes zu ſein, als er will; dem
Gläubiger die, den durch den Kauf dieſes Werthes erworbenen Werth
jeden Augenblick zu verkaufen; dem Werthe endlich die, zur Waare zu
werden, und dadurch das zu finden, deſſen der Werth der Immobilien
ſo gut bedarf wie ein jedes andere Gut, ſeinen Markt (Börſe) und
ſeinen Preis (der Curs der Pfandbriefe). Und damit iſt das Mittel
gefunden, für jedes Immobile Credit zu erhalten, da gerade die durch
den Markt-(Börſen)-Verkehr mit dem Werthe im Pfandbriefe her-
geſtellte Möglichkeit, denſelben gleichgültig gegen den Nominalbetrag
des Pfandbriefes mit ſeinem Preiſe durch den Curs in Harmonie
zu bringen
, das Capital für jeden Grundwerth in jedem Augenblick
finden läßt.

b) Zugleich aber muß der Pfandbrief die Gewißheit geben, daß,
möge ſein Preis (Curs) ſein welcher er wolle, der Werth deſſelben
wirklich vorhanden iſt. Es iſt die weſentlichſte Aufgabe des Vereins,
vermöge der Grundſätze ſeiner Verwaltung eben dieſe Sicherheit als
integrirenden Theil dem Pfandbriefe mitzugeben, und zwar ſowohl für
das Capital als für ſeinen Ertrag, den Zins. Dieſe Aufgabe iſt ſo noth-
wendig, daß die Grundſätze für ihre Erfüllung mit dem Realcreditweſen
gleichzeitig entſtanden, und ſtets anerkannt ſind. Dieſelben ſind folgende.

Erſtlich genaue Schätzung jedes Gutes, und Feſtſtellung —
meiſt Auszahlung — ſeiner bisherigen Hypothekenſchulden, als Grund-
lage für die richtige Berechnung der Höhe des in den Pfandbriefen
zu gebenden Darlehens.

Zweitens die Verwaltung der Zinſen und Rückzahlung
durch den Verein, ausgedrückt in den Coupons und ihren von der
Zahlung der Vereinsſchuldner ganz unabhängigen Zahlungsverpflichtung
durch den Verein ſelbſt.

Drittens aber in dem Grundſatze, welche dem Verein die Inne-
haltung dieſer ſeiner Verpflichtung möglich machen, und die mithin
als die Grundlage der ganzen Vereinsverwaltung angeſehen werden.
Dieſe nun ſind; erſtlich die ſolidariſche Haftung aller Schuldner mit
ihrem ganzen Vermögen für jeden Pfandbrief; zweitens die Verbin-
dung der Rückzahlung mit der Zinszahlung des Schuldners, das Amor-
tiſations-Procent; drittens endlich die Bildung eines ſelbſtändigen
Capitals, das für den Fall des Ausbleibens der Einzelzahlung dem
Verein die Zahlung von Zins und Schuld dennoch möglich macht
(Garantie und Reſervefond).

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[280/0304] als Inhaberpapier dem Schuldner für die Ueberlaſſung des Wer- thes ſeiner Güter an den Verein übergeben wird. Durch den Pfand- brief iſt die Möglichkeit für den Schuldner gegeben, ſo lange und ſo weit Eigenthümer ſeines eigenen Werthes zu ſein, als er will; dem Gläubiger die, den durch den Kauf dieſes Werthes erworbenen Werth jeden Augenblick zu verkaufen; dem Werthe endlich die, zur Waare zu werden, und dadurch das zu finden, deſſen der Werth der Immobilien ſo gut bedarf wie ein jedes andere Gut, ſeinen Markt (Börſe) und ſeinen Preis (der Curs der Pfandbriefe). Und damit iſt das Mittel gefunden, für jedes Immobile Credit zu erhalten, da gerade die durch den Markt-(Börſen)-Verkehr mit dem Werthe im Pfandbriefe her- geſtellte Möglichkeit, denſelben gleichgültig gegen den Nominalbetrag des Pfandbriefes mit ſeinem Preiſe durch den Curs in Harmonie zu bringen, das Capital für jeden Grundwerth in jedem Augenblick finden läßt. b) Zugleich aber muß der Pfandbrief die Gewißheit geben, daß, möge ſein Preis (Curs) ſein welcher er wolle, der Werth deſſelben wirklich vorhanden iſt. Es iſt die weſentlichſte Aufgabe des Vereins, vermöge der Grundſätze ſeiner Verwaltung eben dieſe Sicherheit als integrirenden Theil dem Pfandbriefe mitzugeben, und zwar ſowohl für das Capital als für ſeinen Ertrag, den Zins. Dieſe Aufgabe iſt ſo noth- wendig, daß die Grundſätze für ihre Erfüllung mit dem Realcreditweſen gleichzeitig entſtanden, und ſtets anerkannt ſind. Dieſelben ſind folgende. Erſtlich genaue Schätzung jedes Gutes, und Feſtſtellung — meiſt Auszahlung — ſeiner bisherigen Hypothekenſchulden, als Grund- lage für die richtige Berechnung der Höhe des in den Pfandbriefen zu gebenden Darlehens. Zweitens die Verwaltung der Zinſen und Rückzahlung durch den Verein, ausgedrückt in den Coupons und ihren von der Zahlung der Vereinsſchuldner ganz unabhängigen Zahlungsverpflichtung durch den Verein ſelbſt. Drittens aber in dem Grundſatze, welche dem Verein die Inne- haltung dieſer ſeiner Verpflichtung möglich machen, und die mithin als die Grundlage der ganzen Vereinsverwaltung angeſehen werden. Dieſe nun ſind; erſtlich die ſolidariſche Haftung aller Schuldner mit ihrem ganzen Vermögen für jeden Pfandbrief; zweitens die Verbin- dung der Rückzahlung mit der Zinszahlung des Schuldners, das Amor- tiſations-Procent; drittens endlich die Bildung eines ſelbſtändigen Capitals, das für den Fall des Ausbleibens der Einzelzahlung dem Verein die Zahlung von Zins und Schuld dennoch möglich macht (Garantie und Reſervefond).

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/304>, abgerufen am 22.11.2024.