der Verwaltungslehre Klarheit bringen. Die beiden Beispiele des eigentlichen Staatspapiergeldes: die preußischen Kassenscheine, bloß mit halber Währung und reiner Steuerfundation, die österr. Banknoten, welche die Steuer- fundation mit der Bankfundation verbinden, und die Staatsnoten, welche nur Steuerfundation haben; letztere beide Arten haben dagegen die volle Staats- und Verkehrswährung. Daneben ist durch Erlaß vom 4. März 1866 auch den Coupons der Staatsobligationen die Staatswährung gegeben (Steuerzahlungsmittel an allen Kassen). Damit ist der Unterschied zwischen halber und voller Währung eine der praktischen Finanzwelt vollkommen bekannte Thatsache; der Theorie ist sie noch immer unbekannt geblieben.
Allerdings gestaltet sich auf dieser Basis nun auch das ganze Creditpapier- wesen als Theil der Verwaltung ganz anders, als in der gewöhnlichen Theorie.
IV. Das Inhaberpapier.
Während nun das Geld in seinen verschiedenen Formen den Werth an sich darstellt und im Umlauf erhält, erscheint das Inhaber- papier da, wo der Werth eines bestimmten Gutes oder einer bestimmten Leistung Gegenstand des allgemeinen Verkehrs wird. Die Form, in der dieß geschieht, ist das Werthpapier als Beweismittel des Eigen- thums an dem vom Gute getrennten Werth. So wie man überhaupt den Werth als von jedem Gute trennbar und somit als selbständigen Verkehrsgegenstand erkennt, hat das Verständniß der Sache keine Schwierigkeit. Im Beginne des Verkehrs indeß erscheint der Umlauf des Werthes durch das Werthpapier im obigen Sinne stets als Ueber- tragung desselben an eine bestimmte Person, und setzt daher einen Ver- trag und somit den Beweis des geschlossenen Vertrags voraus, der durch den Beweis des auf Annahme des betreffenden Werthpapieres be- stimmten Aktes zu führen ist. In den höhern Stadien der wirthschaft- lichen Entwicklung dagegen löst sich der Werth der Güter, Leistungen und Unternehmungen vollständig von demselben los, und wird dann selbständig Gegenstand des Verkehrs. Es ist kein Zweifel, daß darin eines der mäch- tigsten und wichtigsten Elemente des wirthschaftlichen Fortschrittes besteht; allein die erste Bedingung dafür ist, daß dieser Werth die Natur und damit auch das Recht des Geldes empfange, so weit dieses durch die Natur des Werthpapieres möglich ist. Nun enthält des Werthpapier zwei recht- liche Hauptmomente: zuerst das Recht auf den Werth eines bestimmten Gutes, und dann die Berechtigung seines Besitzers auf diesen Werth. In der ersten Beziehung kann das Werthpapier, ohne sein Wesen zu verlieren, überhaupt nie die Natur des Geldes annehmen, das princi- piell nur den Werth an sich enthält; in der zweiten Beziehung da- gegen ist die Identificirung mit dem Gelde möglich; und diese geschieht,
der Verwaltungslehre Klarheit bringen. Die beiden Beiſpiele des eigentlichen Staatspapiergeldes: die preußiſchen Kaſſenſcheine, bloß mit halber Währung und reiner Steuerfundation, die öſterr. Banknoten, welche die Steuer- fundation mit der Bankfundation verbinden, und die Staatsnoten, welche nur Steuerfundation haben; letztere beide Arten haben dagegen die volle Staats- und Verkehrswährung. Daneben iſt durch Erlaß vom 4. März 1866 auch den Coupons der Staatsobligationen die Staatswährung gegeben (Steuerzahlungsmittel an allen Kaſſen). Damit iſt der Unterſchied zwiſchen halber und voller Währung eine der praktiſchen Finanzwelt vollkommen bekannte Thatſache; der Theorie iſt ſie noch immer unbekannt geblieben.
Allerdings geſtaltet ſich auf dieſer Baſis nun auch das ganze Creditpapier- weſen als Theil der Verwaltung ganz anders, als in der gewöhnlichen Theorie.
IV. Das Inhaberpapier.
Während nun das Geld in ſeinen verſchiedenen Formen den Werth an ſich darſtellt und im Umlauf erhält, erſcheint das Inhaber- papier da, wo der Werth eines beſtimmten Gutes oder einer beſtimmten Leiſtung Gegenſtand des allgemeinen Verkehrs wird. Die Form, in der dieß geſchieht, iſt das Werthpapier als Beweismittel des Eigen- thums an dem vom Gute getrennten Werth. So wie man überhaupt den Werth als von jedem Gute trennbar und ſomit als ſelbſtändigen Verkehrsgegenſtand erkennt, hat das Verſtändniß der Sache keine Schwierigkeit. Im Beginne des Verkehrs indeß erſcheint der Umlauf des Werthes durch das Werthpapier im obigen Sinne ſtets als Ueber- tragung deſſelben an eine beſtimmte Perſon, und ſetzt daher einen Ver- trag und ſomit den Beweis des geſchloſſenen Vertrags voraus, der durch den Beweis des auf Annahme des betreffenden Werthpapieres be- ſtimmten Aktes zu führen iſt. In den höhern Stadien der wirthſchaft- lichen Entwicklung dagegen löst ſich der Werth der Güter, Leiſtungen und Unternehmungen vollſtändig von demſelben los, und wird dann ſelbſtändig Gegenſtand des Verkehrs. Es iſt kein Zweifel, daß darin eines der mäch- tigſten und wichtigſten Elemente des wirthſchaftlichen Fortſchrittes beſteht; allein die erſte Bedingung dafür iſt, daß dieſer Werth die Natur und damit auch das Recht des Geldes empfange, ſo weit dieſes durch die Natur des Werthpapieres möglich iſt. Nun enthält des Werthpapier zwei recht- liche Hauptmomente: zuerſt das Recht auf den Werth eines beſtimmten Gutes, und dann die Berechtigung ſeines Beſitzers auf dieſen Werth. In der erſten Beziehung kann das Werthpapier, ohne ſein Weſen zu verlieren, überhaupt nie die Natur des Geldes annehmen, das princi- piell nur den Werth an ſich enthält; in der zweiten Beziehung da- gegen iſt die Identificirung mit dem Gelde möglich; und dieſe geſchieht,
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fundation mit der Bankfundation verbinden, und die Staatsnoten, welche
nur Steuerfundation haben; letztere beide Arten haben dagegen die volle
Staats- und Verkehrswährung. Daneben iſt durch Erlaß vom 4. März 1866
auch den Coupons der Staatsobligationen die Staatswährung gegeben
(Steuerzahlungsmittel an allen Kaſſen). Damit iſt der Unterſchied zwiſchen
halber und voller Währung eine der praktiſchen Finanzwelt vollkommen bekannte
Thatſache; der Theorie iſt ſie noch immer unbekannt geblieben.
Allerdings geſtaltet ſich auf dieſer Baſis nun auch das ganze Creditpapier-
weſen als Theil der Verwaltung ganz anders, als in der gewöhnlichen Theorie.
IV. Das Inhaberpapier.
Während nun das Geld in ſeinen verſchiedenen Formen den
Werth an ſich darſtellt und im Umlauf erhält, erſcheint das Inhaber-
papier da, wo der Werth eines beſtimmten Gutes oder einer beſtimmten
Leiſtung Gegenſtand des allgemeinen Verkehrs wird. Die Form, in
der dieß geſchieht, iſt das Werthpapier als Beweismittel des Eigen-
thums an dem vom Gute getrennten Werth. So wie man überhaupt
den Werth als von jedem Gute trennbar und ſomit als ſelbſtändigen
Verkehrsgegenſtand erkennt, hat das Verſtändniß der Sache keine
Schwierigkeit. Im Beginne des Verkehrs indeß erſcheint der Umlauf
des Werthes durch das Werthpapier im obigen Sinne ſtets als Ueber-
tragung deſſelben an eine beſtimmte Perſon, und ſetzt daher einen Ver-
trag und ſomit den Beweis des geſchloſſenen Vertrags voraus, der
durch den Beweis des auf Annahme des betreffenden Werthpapieres be-
ſtimmten Aktes zu führen iſt. In den höhern Stadien der wirthſchaft-
lichen Entwicklung dagegen löst ſich der Werth der Güter, Leiſtungen und
Unternehmungen vollſtändig von demſelben los, und wird dann ſelbſtändig
Gegenſtand des Verkehrs. Es iſt kein Zweifel, daß darin eines der mäch-
tigſten und wichtigſten Elemente des wirthſchaftlichen Fortſchrittes beſteht;
allein die erſte Bedingung dafür iſt, daß dieſer Werth die Natur und damit
auch das Recht des Geldes empfange, ſo weit dieſes durch die Natur des
Werthpapieres möglich iſt. Nun enthält des Werthpapier zwei recht-
liche Hauptmomente: zuerſt das Recht auf den Werth eines beſtimmten
Gutes, und dann die Berechtigung ſeines Beſitzers auf dieſen Werth.
In der erſten Beziehung kann das Werthpapier, ohne ſein Weſen zu
verlieren, überhaupt nie die Natur des Geldes annehmen, das princi-
piell nur den Werth an ſich enthält; in der zweiten Beziehung da-
gegen iſt die Identificirung mit dem Gelde möglich; und dieſe geſchieht,
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/266>, abgerufen am 19.11.2024.
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