Störung des Werthes hervorruft. Grundgewicht und Münzfuß sowie die Stückelung sind an sich gleichgültig, und gewinnen erst Bedeutung, wo der Weltverkehr die Münzsysteme der Völker in allgemeine Berüh- rung bringt. Die Scheidemünze behält unter allen Umständen den Charakter einer örtlichen Münze.
Mit diesen an sich höchst einfachen Begriffen wäre nun das ganze Münzwesen rein der ausführenden Technik der Münzämter überwiesen, wenn sich nicht im Laufe der Geschichte zwei Fragen ergeben hätten, durch welche eigentlich die Welt erst zum Bewußtsein der hohen Be- deutung des Münzwesens gekommen ist.
1) Offenbar ist die Voraussetzung jeder Geltung der Münze die Prägung. Daraus ist auf den unteren Stufen der wirthschaftlichen Bildung die Meinung entstanden, daß es auch die Prägung sei, welche der Münze den Werth gebe. Die Consequenz davon war der Versuch der Regierungen, bei eintretendem Geldmangel den Münzfuß zu ändern, und theils zwar offen, indem man das Grundgewicht in mehr Theile theilte, aber der so entstandenen leichteren Hauptmünze den Werth der schwereren gesetzlich beilegte, obwohl sie ihn faktisch nicht hatte; theils heimlich, indem man ohne Gesetz mehr Münzen aus dem Grundgewicht schlug, als der Münzfuß zuließ. Damit begann jener merkwürdige Kampf der Regierungen mit der höheren Natur des Geldes. Die letztere ließ sich aber nicht bewältigen. Der Verkehr, der ohne einen festen Maßstab des Werthes nicht bestehen kann, ließ die gesetzlichen Werthbestimmungen der Münze fallen, und berechnete sie sofort durch Reducirung ihres wirklichen Feingehalts auf das Grundgewicht nur nach dem letzteren, während da, wo einmal ein leichter Münzfuß ge- setzlich eingeführt war, und der alte Name der Hauptmünze daher auch für die neue leichtere Münze blieb, der Nominalpreis der Güter stieg, während ihr Werth der gleiche blieb. So gewannen die Regierungen nichts, da sie immer mindestens dasselbe Quantum edler Metalle, wenn auch in anderer Form, zahlen mußten; der Verkehr aber verlor die Sicherheit seines Werthmaßstabes, und der Nachtheil dieses Ver- lustes war für das Gesammtleben ein so großer, daß endlich mit unserem Jahrhundert die absolute Unverletzlichkeit der höchstmöglichen Genauigkeit der Ausbringung für alle europäischen Staaten feststeht. Die Geschichte des Münzwesens ist bis auf die neueste Zeit fast nur die Geschichte dieses merkwürdigen Kampfes zwischen Staat und National- ökonomie, in welchem die letztere den entschiedenen Sieg davon trägt.
Aus demselben Princip ist mit dem neunzehnten Jahrhundert der Schlagschatz aufgehoben; die Gestehungskosten der Münze sind jetzt Verwaltungskosten, da der Werth der absolut genauen Ausbringung
Störung des Werthes hervorruft. Grundgewicht und Münzfuß ſowie die Stückelung ſind an ſich gleichgültig, und gewinnen erſt Bedeutung, wo der Weltverkehr die Münzſyſteme der Völker in allgemeine Berüh- rung bringt. Die Scheidemünze behält unter allen Umſtänden den Charakter einer örtlichen Münze.
Mit dieſen an ſich höchſt einfachen Begriffen wäre nun das ganze Münzweſen rein der ausführenden Technik der Münzämter überwieſen, wenn ſich nicht im Laufe der Geſchichte zwei Fragen ergeben hätten, durch welche eigentlich die Welt erſt zum Bewußtſein der hohen Be- deutung des Münzweſens gekommen iſt.
1) Offenbar iſt die Vorausſetzung jeder Geltung der Münze die Prägung. Daraus iſt auf den unteren Stufen der wirthſchaftlichen Bildung die Meinung entſtanden, daß es auch die Prägung ſei, welche der Münze den Werth gebe. Die Conſequenz davon war der Verſuch der Regierungen, bei eintretendem Geldmangel den Münzfuß zu ändern, und theils zwar offen, indem man das Grundgewicht in mehr Theile theilte, aber der ſo entſtandenen leichteren Hauptmünze den Werth der ſchwereren geſetzlich beilegte, obwohl ſie ihn faktiſch nicht hatte; theils heimlich, indem man ohne Geſetz mehr Münzen aus dem Grundgewicht ſchlug, als der Münzfuß zuließ. Damit begann jener merkwürdige Kampf der Regierungen mit der höheren Natur des Geldes. Die letztere ließ ſich aber nicht bewältigen. Der Verkehr, der ohne einen feſten Maßſtab des Werthes nicht beſtehen kann, ließ die geſetzlichen Werthbeſtimmungen der Münze fallen, und berechnete ſie ſofort durch Reducirung ihres wirklichen Feingehalts auf das Grundgewicht nur nach dem letzteren, während da, wo einmal ein leichter Münzfuß ge- ſetzlich eingeführt war, und der alte Name der Hauptmünze daher auch für die neue leichtere Münze blieb, der Nominalpreis der Güter ſtieg, während ihr Werth der gleiche blieb. So gewannen die Regierungen nichts, da ſie immer mindeſtens daſſelbe Quantum edler Metalle, wenn auch in anderer Form, zahlen mußten; der Verkehr aber verlor die Sicherheit ſeines Werthmaßſtabes, und der Nachtheil dieſes Ver- luſtes war für das Geſammtleben ein ſo großer, daß endlich mit unſerem Jahrhundert die abſolute Unverletzlichkeit der höchſtmöglichen Genauigkeit der Ausbringung für alle europäiſchen Staaten feſtſteht. Die Geſchichte des Münzweſens iſt bis auf die neueſte Zeit faſt nur die Geſchichte dieſes merkwürdigen Kampfes zwiſchen Staat und National- ökonomie, in welchem die letztere den entſchiedenen Sieg davon trägt.
Aus demſelben Princip iſt mit dem neunzehnten Jahrhundert der Schlagſchatz aufgehoben; die Geſtehungskoſten der Münze ſind jetzt Verwaltungskoſten, da der Werth der abſolut genauen Ausbringung
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Störung des Werthes hervorruft. Grundgewicht und Münzfuß ſowie
die Stückelung ſind an ſich gleichgültig, und gewinnen erſt Bedeutung,
wo der Weltverkehr die Münzſyſteme der Völker in allgemeine Berüh-
rung bringt. Die Scheidemünze behält unter allen Umſtänden den
Charakter einer örtlichen Münze.
Mit dieſen an ſich höchſt einfachen Begriffen wäre nun das ganze
Münzweſen rein der ausführenden Technik der Münzämter überwieſen,
wenn ſich nicht im Laufe der Geſchichte zwei Fragen ergeben hätten,
durch welche eigentlich die Welt erſt zum Bewußtſein der hohen Be-
deutung des Münzweſens gekommen iſt.
1) Offenbar iſt die Vorausſetzung jeder Geltung der Münze die
Prägung. Daraus iſt auf den unteren Stufen der wirthſchaftlichen
Bildung die Meinung entſtanden, daß es auch die Prägung ſei, welche
der Münze den Werth gebe. Die Conſequenz davon war der Verſuch
der Regierungen, bei eintretendem Geldmangel den Münzfuß zu ändern,
und theils zwar offen, indem man das Grundgewicht in mehr Theile
theilte, aber der ſo entſtandenen leichteren Hauptmünze den Werth der
ſchwereren geſetzlich beilegte, obwohl ſie ihn faktiſch nicht hatte; theils
heimlich, indem man ohne Geſetz mehr Münzen aus dem Grundgewicht
ſchlug, als der Münzfuß zuließ. Damit begann jener merkwürdige
Kampf der Regierungen mit der höheren Natur des Geldes. Die
letztere ließ ſich aber nicht bewältigen. Der Verkehr, der ohne einen
feſten Maßſtab des Werthes nicht beſtehen kann, ließ die geſetzlichen
Werthbeſtimmungen der Münze fallen, und berechnete ſie ſofort durch
Reducirung ihres wirklichen Feingehalts auf das Grundgewicht nur
nach dem letzteren, während da, wo einmal ein leichter Münzfuß ge-
ſetzlich eingeführt war, und der alte Name der Hauptmünze daher auch
für die neue leichtere Münze blieb, der Nominalpreis der Güter ſtieg,
während ihr Werth der gleiche blieb. So gewannen die Regierungen
nichts, da ſie immer mindeſtens daſſelbe Quantum edler Metalle,
wenn auch in anderer Form, zahlen mußten; der Verkehr aber verlor
die Sicherheit ſeines Werthmaßſtabes, und der Nachtheil dieſes Ver-
luſtes war für das Geſammtleben ein ſo großer, daß endlich mit unſerem
Jahrhundert die abſolute Unverletzlichkeit der höchſtmöglichen
Genauigkeit der Ausbringung für alle europäiſchen Staaten feſtſteht.
Die Geſchichte des Münzweſens iſt bis auf die neueſte Zeit faſt nur
die Geſchichte dieſes merkwürdigen Kampfes zwiſchen Staat und National-
ökonomie, in welchem die letztere den entſchiedenen Sieg davon trägt.
Aus demſelben Princip iſt mit dem neunzehnten Jahrhundert der
Schlagſchatz aufgehoben; die Geſtehungskoſten der Münze ſind jetzt
Verwaltungskoſten, da der Werth der abſolut genauen Ausbringung
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/256>, abgerufen am 25.11.2024.
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