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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.

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Das dritte Moment ist die Maß- und Gewichtspolizei. Das
Objekt dieser Polizei sind die Maße und Gewichte des Kleinverkehrs;
die Ausübung derselben ist theils der polizeiliche Grundsatz, daß nur
gestempelte Maße und Gewichte gebraucht werden dürfen, theils die
polizeiliche Ueberwachung der wirklich in Gebrauch befindlichen Maße;
die Sicherung gegen falsches Maß und Gewicht besteht dann in den
Ordnungsstrafen für den Gebrauch derselben.

Es liegt nun in der Natur der Sache, daß die gesetzliche Ordnung
und das Recht von Maß und Gewicht von der Regierung ausgehen,
während die örtliche Ueberwachung Sache der Selbstverwaltung ist.
Das Bedeutsame dabei ist eben der Gang der Entwicklung im Ganzen,
der zugleich von der volkswirthschaftlichen Bewegung, von der Staaten-
bildung und der Wissenschaft bedingt erscheint. Man kann dabei drei
Grundformen unterscheiden.

Die erste Gestalt alles öffentlichen Rechts von Maß und Gewicht
geht immer von den Städten aus und ihr Objekt sind stets zuerst
gewerbliche Produkte, die durch Pfund und Elle gemessen werden können,
während die Bodenprodukte des Landmannes meist ganz örtliche, jedoch
auch hier stets an die Produktionsverhältnisse sich anschließende Maße
zeigen. Die Ausbreitung des einzelnen Maßsystems schließt sich dann
an die des einzelnen städtischen Handelsgebietes; die großen Städte
werden für den Weltverkehr maßgebend, wogegen die kleinen meist ihre
eigenen Maße und Gewichte für den Verkehr zwischen Land und Stadt
beibehalten. Die Maß- und Gewichtspolizei ist dabei vorwiegend eine
Markt- und Kleinhandelpolizei; doch bestehen öffentliche Maß- und
Gewichtstypen (unsere Ellen an den Kirchen und Rathhäusern, Raths-
wagen u. s. w.).

Mit dem Eintreten der Staatenbildung tritt auch die Erkenntniß
ein, daß ein einheitliches Maß- und Gewichtssystem einen volkswirth-
schaftlichen Werth habe. Das ist die große Epoche des Merkantilsystems.
Sie ist charakterisirt durch die ersten Versuche, ein gemeingültiges Maß
und Gewicht zunächst innerhalb des eigenen Staats gesetzlich festzustellen.
Der geringe Erfolg beruht in den meisten Fällen darauf, daß das Ver-
hältniß
der letzteren zu den ortsüblichen Maßen und Gewichten nicht
genau angegeben ist. Daher treten in dieser Zeit die gesetzlichen Maße
und Gewichte fast nur für den Großhandel ein, während der ganze
Kleinhandel noch an den ortsüblichen Maßen festhält.

So wie dagegen der eigentliche Weltverkehr beginnt, ergreift der-
selbe auch die verschiedenen bestehenden Maß- und Gewichtssysteme.
Die Berührung der Nationen fordert eine klare, allgemein anerkannte
Form, um die mehr oder weniger selbständigen Maß- und Gewichts-

Das dritte Moment iſt die Maß- und Gewichtspolizei. Das
Objekt dieſer Polizei ſind die Maße und Gewichte des Kleinverkehrs;
die Ausübung derſelben iſt theils der polizeiliche Grundſatz, daß nur
geſtempelte Maße und Gewichte gebraucht werden dürfen, theils die
polizeiliche Ueberwachung der wirklich in Gebrauch befindlichen Maße;
die Sicherung gegen falſches Maß und Gewicht beſteht dann in den
Ordnungsſtrafen für den Gebrauch derſelben.

Es liegt nun in der Natur der Sache, daß die geſetzliche Ordnung
und das Recht von Maß und Gewicht von der Regierung ausgehen,
während die örtliche Ueberwachung Sache der Selbſtverwaltung iſt.
Das Bedeutſame dabei iſt eben der Gang der Entwicklung im Ganzen,
der zugleich von der volkswirthſchaftlichen Bewegung, von der Staaten-
bildung und der Wiſſenſchaft bedingt erſcheint. Man kann dabei drei
Grundformen unterſcheiden.

Die erſte Geſtalt alles öffentlichen Rechts von Maß und Gewicht
geht immer von den Städten aus und ihr Objekt ſind ſtets zuerſt
gewerbliche Produkte, die durch Pfund und Elle gemeſſen werden können,
während die Bodenprodukte des Landmannes meiſt ganz örtliche, jedoch
auch hier ſtets an die Produktionsverhältniſſe ſich anſchließende Maße
zeigen. Die Ausbreitung des einzelnen Maßſyſtems ſchließt ſich dann
an die des einzelnen ſtädtiſchen Handelsgebietes; die großen Städte
werden für den Weltverkehr maßgebend, wogegen die kleinen meiſt ihre
eigenen Maße und Gewichte für den Verkehr zwiſchen Land und Stadt
beibehalten. Die Maß- und Gewichtspolizei iſt dabei vorwiegend eine
Markt- und Kleinhandelpolizei; doch beſtehen öffentliche Maß- und
Gewichtstypen (unſere Ellen an den Kirchen und Rathhäuſern, Raths-
wagen u. ſ. w.).

Mit dem Eintreten der Staatenbildung tritt auch die Erkenntniß
ein, daß ein einheitliches Maß- und Gewichtsſyſtem einen volkswirth-
ſchaftlichen Werth habe. Das iſt die große Epoche des Merkantilſyſtems.
Sie iſt charakteriſirt durch die erſten Verſuche, ein gemeingültiges Maß
und Gewicht zunächſt innerhalb des eigenen Staats geſetzlich feſtzuſtellen.
Der geringe Erfolg beruht in den meiſten Fällen darauf, daß das Ver-
hältniß
der letzteren zu den ortsüblichen Maßen und Gewichten nicht
genau angegeben iſt. Daher treten in dieſer Zeit die geſetzlichen Maße
und Gewichte faſt nur für den Großhandel ein, während der ganze
Kleinhandel noch an den ortsüblichen Maßen feſthält.

So wie dagegen der eigentliche Weltverkehr beginnt, ergreift der-
ſelbe auch die verſchiedenen beſtehenden Maß- und Gewichtsſyſteme.
Die Berührung der Nationen fordert eine klare, allgemein anerkannte
Form, um die mehr oder weniger ſelbſtändigen Maß- und Gewichts-

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[226/0250] Das dritte Moment iſt die Maß- und Gewichtspolizei. Das Objekt dieſer Polizei ſind die Maße und Gewichte des Kleinverkehrs; die Ausübung derſelben iſt theils der polizeiliche Grundſatz, daß nur geſtempelte Maße und Gewichte gebraucht werden dürfen, theils die polizeiliche Ueberwachung der wirklich in Gebrauch befindlichen Maße; die Sicherung gegen falſches Maß und Gewicht beſteht dann in den Ordnungsſtrafen für den Gebrauch derſelben. Es liegt nun in der Natur der Sache, daß die geſetzliche Ordnung und das Recht von Maß und Gewicht von der Regierung ausgehen, während die örtliche Ueberwachung Sache der Selbſtverwaltung iſt. Das Bedeutſame dabei iſt eben der Gang der Entwicklung im Ganzen, der zugleich von der volkswirthſchaftlichen Bewegung, von der Staaten- bildung und der Wiſſenſchaft bedingt erſcheint. Man kann dabei drei Grundformen unterſcheiden. Die erſte Geſtalt alles öffentlichen Rechts von Maß und Gewicht geht immer von den Städten aus und ihr Objekt ſind ſtets zuerſt gewerbliche Produkte, die durch Pfund und Elle gemeſſen werden können, während die Bodenprodukte des Landmannes meiſt ganz örtliche, jedoch auch hier ſtets an die Produktionsverhältniſſe ſich anſchließende Maße zeigen. Die Ausbreitung des einzelnen Maßſyſtems ſchließt ſich dann an die des einzelnen ſtädtiſchen Handelsgebietes; die großen Städte werden für den Weltverkehr maßgebend, wogegen die kleinen meiſt ihre eigenen Maße und Gewichte für den Verkehr zwiſchen Land und Stadt beibehalten. Die Maß- und Gewichtspolizei iſt dabei vorwiegend eine Markt- und Kleinhandelpolizei; doch beſtehen öffentliche Maß- und Gewichtstypen (unſere Ellen an den Kirchen und Rathhäuſern, Raths- wagen u. ſ. w.). Mit dem Eintreten der Staatenbildung tritt auch die Erkenntniß ein, daß ein einheitliches Maß- und Gewichtsſyſtem einen volkswirth- ſchaftlichen Werth habe. Das iſt die große Epoche des Merkantilſyſtems. Sie iſt charakteriſirt durch die erſten Verſuche, ein gemeingültiges Maß und Gewicht zunächſt innerhalb des eigenen Staats geſetzlich feſtzuſtellen. Der geringe Erfolg beruht in den meiſten Fällen darauf, daß das Ver- hältniß der letzteren zu den ortsüblichen Maßen und Gewichten nicht genau angegeben iſt. Daher treten in dieſer Zeit die geſetzlichen Maße und Gewichte faſt nur für den Großhandel ein, während der ganze Kleinhandel noch an den ortsüblichen Maßen feſthält. So wie dagegen der eigentliche Weltverkehr beginnt, ergreift der- ſelbe auch die verſchiedenen beſtehenden Maß- und Gewichtsſyſteme. Die Berührung der Nationen fordert eine klare, allgemein anerkannte Form, um die mehr oder weniger ſelbſtändigen Maß- und Gewichts-

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/250>, abgerufen am 22.11.2024.