Vereinsrechts (Bd. I. Tit. 3), der zweite als Theil des eigentlichen Handels- rechts (Bd. IV. Tit. 4 und 5) mit der Literatur des Handelsrechts; theils aber durch die Bildung und Thätigkeit des Vereins deutscher Eisenbahnen (Vereinsreglement vom 1. Dec. 1856, im wesentlichen unverändert, bei Beschorner und Koch). Doch mangelt bei großer technischer Bildung noch durch- aus die administrative für das Eisenbahnwesen, und es ist falsch, zu glauben, daß hier Nationalökonomie und Statistik genügen.
Für das Verständniß der ersteren wäre festzuhalten, daß das gesammte Bahnrecht sich aus dem Zusammenwirken von Regierung und Vereins- wesen bildet. Das Folgende gibt nur die das Einzelne beherrschenden Ge- sichtspunkte.
1) Organisation des Bahnwesens.
Jenes doppelte Element des ganzen Bahnwesens erscheint nun zu- nächst in der Organisation desselben.
Jede Bahn ist zuerst ein selbständiger Vereinsorganismus, der durch das Wesen des Aktienvereins und durch die Bedürfnisse des Unternehmens gegeben ist. Aus dem ersten gehen die bekannten Kate- gorien der Generalversammlung, des Präsidenten und des Verwaltungs- rathes, aus dem zweiten die der Direktion, der Angestellten und der Bediensteten hervor. Der Unterschied in dieser Beziehung ist im Bahn- wesen des gesammten Europas ein sehr geringer.
Jede Bahn ist aber zugleich ein öffentlicher Verwaltungskörper. Alle Bahnen unterstehen daher in Concession, Bau und Betrieb dem (Handels)Ministerium, das meistens für das Bahnwesen eine eigene Sektion hat. Die Vertretung der Regierung bei den Thätigkeiten der Gesellschaft in Generalversammlung und Verwaltungsrath hat der Regierungscommissär, bei dem Betriebe die Inspektion. Recht und Competenz beider großen Faktoren sind an sich und ihrem gegen- seitigen Verhältniß noch unbestimmt, haben sich aber allmählig zu einem festen System durch die selbständige Entwicklung des Baues und Be- triebes ausgebildet.
England. Das Board of Trade schon seit 1840 als höchste Behörde (Abtheilung des Privy Council); genehmigendes Organ; die Einführung der Inspectors schon 3. 4. Vict. 97; später genauer definirt. Recht auf bye laws ausdrücklich in die Railway Regul. Act unter Genehmigung des Board of Trade anerkannt. Vergl. Gneist, Englisches Verwaltungsrecht II. §. 106. -- In Frankreich Unterordnung unter das Ministere des travaux publics; so gut als gar keine Verfügungsgewalt. -- In Preußen bis 1851 mit dem öffentlichen Bauwesen vereinigt; seit 1851 Abth. II. des Handelsministeriums; Eisenbahnconcession schon durch das Gesetz von 1838. -- In Oesterreich unter dem Handelsministerium mit Generalinspektion. -- Das Vereinswesen der Bahnen in England zu dem selbständigen, aber nur mit der Verrechnung
Vereinsrechts (Bd. I. Tit. 3), der zweite als Theil des eigentlichen Handels- rechts (Bd. IV. Tit. 4 und 5) mit der Literatur des Handelsrechts; theils aber durch die Bildung und Thätigkeit des Vereins deutſcher Eiſenbahnen (Vereinsreglement vom 1. Dec. 1856, im weſentlichen unverändert, bei Beſchorner und Koch). Doch mangelt bei großer techniſcher Bildung noch durch- aus die adminiſtrative für das Eiſenbahnweſen, und es iſt falſch, zu glauben, daß hier Nationalökonomie und Statiſtik genügen.
Für das Verſtändniß der erſteren wäre feſtzuhalten, daß das geſammte Bahnrecht ſich aus dem Zuſammenwirken von Regierung und Vereins- weſen bildet. Das Folgende gibt nur die das Einzelne beherrſchenden Ge- ſichtspunkte.
1) Organiſation des Bahnweſens.
Jenes doppelte Element des ganzen Bahnweſens erſcheint nun zu- nächſt in der Organiſation deſſelben.
Jede Bahn iſt zuerſt ein ſelbſtändiger Vereinsorganismus, der durch das Weſen des Aktienvereins und durch die Bedürfniſſe des Unternehmens gegeben iſt. Aus dem erſten gehen die bekannten Kate- gorien der Generalverſammlung, des Präſidenten und des Verwaltungs- rathes, aus dem zweiten die der Direktion, der Angeſtellten und der Bedienſteten hervor. Der Unterſchied in dieſer Beziehung iſt im Bahn- weſen des geſammten Europas ein ſehr geringer.
Jede Bahn iſt aber zugleich ein öffentlicher Verwaltungskörper. Alle Bahnen unterſtehen daher in Conceſſion, Bau und Betrieb dem (Handels)Miniſterium, das meiſtens für das Bahnweſen eine eigene Sektion hat. Die Vertretung der Regierung bei den Thätigkeiten der Geſellſchaft in Generalverſammlung und Verwaltungsrath hat der Regierungscommiſſär, bei dem Betriebe die Inſpektion. Recht und Competenz beider großen Faktoren ſind an ſich und ihrem gegen- ſeitigen Verhältniß noch unbeſtimmt, haben ſich aber allmählig zu einem feſten Syſtem durch die ſelbſtändige Entwicklung des Baues und Be- triebes ausgebildet.
England. Das Board of Trade ſchon ſeit 1840 als höchſte Behörde (Abtheilung des Privy Council); genehmigendes Organ; die Einführung der Inspectors ſchon 3. 4. Vict. 97; ſpäter genauer definirt. Recht auf bye laws ausdrücklich in die Railway Regul. Act unter Genehmigung des Board of Trade anerkannt. Vergl. Gneiſt, Engliſches Verwaltungsrecht II. §. 106. — In Frankreich Unterordnung unter das Ministère des travaux publics; ſo gut als gar keine Verfügungsgewalt. — In Preußen bis 1851 mit dem öffentlichen Bauweſen vereinigt; ſeit 1851 Abth. II. des Handelsminiſteriums; Eiſenbahnconceſſion ſchon durch das Geſetz von 1838. — In Oeſterreich unter dem Handelsminiſterium mit Generalinſpektion. — Das Vereinsweſen der Bahnen in England zu dem ſelbſtändigen, aber nur mit der Verrechnung
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rechts (Bd. IV. Tit. 4 und 5) mit der Literatur des Handelsrechts; theils
aber durch die Bildung und Thätigkeit des Vereins deutſcher Eiſenbahnen
(Vereinsreglement vom 1. Dec. 1856, im weſentlichen unverändert, bei
Beſchorner und Koch). Doch mangelt bei großer techniſcher Bildung noch durch-
aus die adminiſtrative für das Eiſenbahnweſen, und es iſt falſch, zu glauben,
daß hier Nationalökonomie und Statiſtik genügen.
Für das Verſtändniß der erſteren wäre feſtzuhalten, daß das geſammte
Bahnrecht ſich aus dem Zuſammenwirken von Regierung und Vereins-
weſen bildet. Das Folgende gibt nur die das Einzelne beherrſchenden Ge-
ſichtspunkte.
1) Organiſation des Bahnweſens.
Jenes doppelte Element des ganzen Bahnweſens erſcheint nun zu-
nächſt in der Organiſation deſſelben.
Jede Bahn iſt zuerſt ein ſelbſtändiger Vereinsorganismus, der
durch das Weſen des Aktienvereins und durch die Bedürfniſſe des
Unternehmens gegeben iſt. Aus dem erſten gehen die bekannten Kate-
gorien der Generalverſammlung, des Präſidenten und des Verwaltungs-
rathes, aus dem zweiten die der Direktion, der Angeſtellten und der
Bedienſteten hervor. Der Unterſchied in dieſer Beziehung iſt im Bahn-
weſen des geſammten Europas ein ſehr geringer.
Jede Bahn iſt aber zugleich ein öffentlicher Verwaltungskörper.
Alle Bahnen unterſtehen daher in Conceſſion, Bau und Betrieb dem
(Handels)Miniſterium, das meiſtens für das Bahnweſen eine eigene
Sektion hat. Die Vertretung der Regierung bei den Thätigkeiten der
Geſellſchaft in Generalverſammlung und Verwaltungsrath hat der
Regierungscommiſſär, bei dem Betriebe die Inſpektion. Recht
und Competenz beider großen Faktoren ſind an ſich und ihrem gegen-
ſeitigen Verhältniß noch unbeſtimmt, haben ſich aber allmählig zu einem
feſten Syſtem durch die ſelbſtändige Entwicklung des Baues und Be-
triebes ausgebildet.
England. Das Board of Trade ſchon ſeit 1840 als höchſte Behörde
(Abtheilung des Privy Council); genehmigendes Organ; die Einführung der
Inspectors ſchon 3. 4. Vict. 97; ſpäter genauer definirt. Recht auf bye laws
ausdrücklich in die Railway Regul. Act unter Genehmigung des Board of
Trade anerkannt. Vergl. Gneiſt, Engliſches Verwaltungsrecht II. §. 106. —
In Frankreich Unterordnung unter das Ministère des travaux publics; ſo
gut als gar keine Verfügungsgewalt. — In Preußen bis 1851 mit dem
öffentlichen Bauweſen vereinigt; ſeit 1851 Abth. II. des Handelsminiſteriums;
Eiſenbahnconceſſion ſchon durch das Geſetz von 1838. — In Oeſterreich
unter dem Handelsminiſterium mit Generalinſpektion. — Das Vereinsweſen
der Bahnen in England zu dem ſelbſtändigen, aber nur mit der Verrechnung
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/238>, abgerufen am 15.08.2024.
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