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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.

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erscheinen die Organisation, die Anlage, der Betrieb und der
Verkehr der Bahnen. Allerdings sind nun hier die obersten Prin-
cipien ziemlich gleichartig in ganz Europa; allein der specifische Cha-
rakter der drei großen Culturvölker wiederholt sich auch in seinem
Eisenbahnwesen. Während in England das Bahnwesen als Sache der
Gesellschaften angesehen wird, und der Staat sich zu keiner Unter-
stützung herbeiläßt, dafür aber auch kein Heimfallsrecht beansprucht,
sondern die Bahn wie ein Privatunternehmen unter öffentlicher Ober-
aufsicht behandelt, sind in Frankreich und Deutschland die meisten
Bahnen mit Unterstützung entstanden, heimfallsverpflichtet, und unter
Mitwirkung der Regierung in Bau und Betrieb. Nur ist das System
viel weiter ausgebildet in Frankreich als in Deutschland, wo die Bahnen
nie ihrer Selbständigkeit beraubt worden sind, so daß man sagen kann,
daß die Bahnen in Frankreich durch die Intervention der Regierung
nur noch als Erwerbsgesellschaften erscheinen, während sie in Deutsch-
land als Verwaltungsvereine auftreten. Auf diesem Charakter
beruht der Unterschied im Systeme des Bahnwesens und seinen einzelnen
Theilen.

England. Der Gang der Eisenbahngesetzgebung Englands ist unzweifel-
haft der belehrendste von allen. Die erste Railway Act für Pferdebahnen
(Wandsworth-Crowden) ist von 1801, erste Concession für die Locomotivbahn
von Darlington nach Stockton 1823; Liverpool-Manchester-Concession 1825;
1836 waren 490 miles in England und 50 in Schottland. Kosten: 13,300,000
Pfund Sterling; 1840 (3. 4. Vict. 97); Uebertragung des Concessionsrechts
an den Board of Trade (organische Gesetzgebung 1844); die Companies Clauses
Act (8. Vict.
16); Aufbringung des Anlagecapitals, die Lands Clauses Act
(8. Vict. 18. Expropriation) und die Railways Clauses Act (8. Vict. 20.
Bauordnung mit sect. 76 über Vicinalbahnen). Die genaueren Bestimmungen
bei jeder Bahn in den einzelnen Concessionen jeder Bahn, die Private Acts,
aus denen die französischen Cahiers de Charge entstanden sind (s. unten).
1846 Einsetzung der Board of Commissioners of Railways, dem die Compe-
tenz des Board of Trade übertragen wird, speciell in Beziehung auf Conces-
sionen; Einsetzung des Clearing House 1847; die Traffic Act, (1853) verbietet
die Bevorzugung einzelner Parteien. Die Verschiedenheit des Inhaltes der
Concessionen erzeugte dann die Nothwendigkeit gesetzlich für alle Bahnen gül-
tige Betriebsordnungen aufzustellen (die Railw. Comp. Powers Act) und die
Bauordnung gleichförmig zu machen (die Railw. Construction Facilities Act)
1858, 27. 28. Vict. 120 und 121. Die Railw. Comp. Securities Act 1866
schreibt die halbjährliche Angabe über die Anlehen und Schulden der Bahnen
bei der Registratur der Joint Stock Companies vor; die neueste Betriebsordnung
ist dann die Bill von 1868 (31. 32. Vict. 119). S. Report der Royal Com-
mission on Railways 1867. p. I--CXXVI
und die Minutes of evidence (Ver-
nehmungen) vom März 1865 bis Mai 1866 S. 1--889.

erſcheinen die Organiſation, die Anlage, der Betrieb und der
Verkehr der Bahnen. Allerdings ſind nun hier die oberſten Prin-
cipien ziemlich gleichartig in ganz Europa; allein der ſpecifiſche Cha-
rakter der drei großen Culturvölker wiederholt ſich auch in ſeinem
Eiſenbahnweſen. Während in England das Bahnweſen als Sache der
Geſellſchaften angeſehen wird, und der Staat ſich zu keiner Unter-
ſtützung herbeiläßt, dafür aber auch kein Heimfallsrecht beanſprucht,
ſondern die Bahn wie ein Privatunternehmen unter öffentlicher Ober-
aufſicht behandelt, ſind in Frankreich und Deutſchland die meiſten
Bahnen mit Unterſtützung entſtanden, heimfallsverpflichtet, und unter
Mitwirkung der Regierung in Bau und Betrieb. Nur iſt das Syſtem
viel weiter ausgebildet in Frankreich als in Deutſchland, wo die Bahnen
nie ihrer Selbſtändigkeit beraubt worden ſind, ſo daß man ſagen kann,
daß die Bahnen in Frankreich durch die Intervention der Regierung
nur noch als Erwerbsgeſellſchaften erſcheinen, während ſie in Deutſch-
land als Verwaltungsvereine auftreten. Auf dieſem Charakter
beruht der Unterſchied im Syſteme des Bahnweſens und ſeinen einzelnen
Theilen.

England. Der Gang der Eiſenbahngeſetzgebung Englands iſt unzweifel-
haft der belehrendſte von allen. Die erſte Railway Act für Pferdebahnen
(Wandsworth-Crowden) iſt von 1801, erſte Conceſſion für die Locomotivbahn
von Darlington nach Stockton 1823; Liverpool-Mancheſter-Conceſſion 1825;
1836 waren 490 miles in England und 50 in Schottland. Koſten: 13,300,000
Pfund Sterling; 1840 (3. 4. Vict. 97); Uebertragung des Conceſſionsrechts
an den Board of Trade (organiſche Geſetzgebung 1844); die Companies Clauses
Act (8. Vict.
16); Aufbringung des Anlagecapitals, die Lands Clauses Act
(8. Vict. 18. Expropriation) und die Railways Clauses Act (8. Vict. 20.
Bauordnung mit sect. 76 über Vicinalbahnen). Die genaueren Beſtimmungen
bei jeder Bahn in den einzelnen Conceſſionen jeder Bahn, die Private Acts,
aus denen die franzöſiſchen Cahiers de Charge entſtanden ſind (ſ. unten).
1846 Einſetzung der Board of Commissioners of Railways, dem die Compe-
tenz des Board of Trade übertragen wird, ſpeciell in Beziehung auf Conceſ-
ſionen; Einſetzung des Clearing House 1847; die Traffic Act, (1853) verbietet
die Bevorzugung einzelner Parteien. Die Verſchiedenheit des Inhaltes der
Conceſſionen erzeugte dann die Nothwendigkeit geſetzlich für alle Bahnen gül-
tige Betriebsordnungen aufzuſtellen (die Railw. Comp. Powers Act) und die
Bauordnung gleichförmig zu machen (die Railw. Construction Facilities Act)
1858, 27. 28. Vict. 120 und 121. Die Railw. Comp. Securities Act 1866
ſchreibt die halbjährliche Angabe über die Anlehen und Schulden der Bahnen
bei der Regiſtratur der Joint Stock Companies vor; die neueſte Betriebsordnung
iſt dann die Bill von 1868 (31. 32. Vict. 119). S. Report der Royal Com-
mission on Railways 1867. p. I—CXXVI
und die Minutes of evidence (Ver-
nehmungen) vom März 1865 bis Mai 1866 S. 1—889.

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[212/0236] erſcheinen die Organiſation, die Anlage, der Betrieb und der Verkehr der Bahnen. Allerdings ſind nun hier die oberſten Prin- cipien ziemlich gleichartig in ganz Europa; allein der ſpecifiſche Cha- rakter der drei großen Culturvölker wiederholt ſich auch in ſeinem Eiſenbahnweſen. Während in England das Bahnweſen als Sache der Geſellſchaften angeſehen wird, und der Staat ſich zu keiner Unter- ſtützung herbeiläßt, dafür aber auch kein Heimfallsrecht beanſprucht, ſondern die Bahn wie ein Privatunternehmen unter öffentlicher Ober- aufſicht behandelt, ſind in Frankreich und Deutſchland die meiſten Bahnen mit Unterſtützung entſtanden, heimfallsverpflichtet, und unter Mitwirkung der Regierung in Bau und Betrieb. Nur iſt das Syſtem viel weiter ausgebildet in Frankreich als in Deutſchland, wo die Bahnen nie ihrer Selbſtändigkeit beraubt worden ſind, ſo daß man ſagen kann, daß die Bahnen in Frankreich durch die Intervention der Regierung nur noch als Erwerbsgeſellſchaften erſcheinen, während ſie in Deutſch- land als Verwaltungsvereine auftreten. Auf dieſem Charakter beruht der Unterſchied im Syſteme des Bahnweſens und ſeinen einzelnen Theilen. England. Der Gang der Eiſenbahngeſetzgebung Englands iſt unzweifel- haft der belehrendſte von allen. Die erſte Railway Act für Pferdebahnen (Wandsworth-Crowden) iſt von 1801, erſte Conceſſion für die Locomotivbahn von Darlington nach Stockton 1823; Liverpool-Mancheſter-Conceſſion 1825; 1836 waren 490 miles in England und 50 in Schottland. Koſten: 13,300,000 Pfund Sterling; 1840 (3. 4. Vict. 97); Uebertragung des Conceſſionsrechts an den Board of Trade (organiſche Geſetzgebung 1844); die Companies Clauses Act (8. Vict. 16); Aufbringung des Anlagecapitals, die Lands Clauses Act (8. Vict. 18. Expropriation) und die Railways Clauses Act (8. Vict. 20. Bauordnung mit sect. 76 über Vicinalbahnen). Die genaueren Beſtimmungen bei jeder Bahn in den einzelnen Conceſſionen jeder Bahn, die Private Acts, aus denen die franzöſiſchen Cahiers de Charge entſtanden ſind (ſ. unten). 1846 Einſetzung der Board of Commissioners of Railways, dem die Compe- tenz des Board of Trade übertragen wird, ſpeciell in Beziehung auf Conceſ- ſionen; Einſetzung des Clearing House 1847; die Traffic Act, (1853) verbietet die Bevorzugung einzelner Parteien. Die Verſchiedenheit des Inhaltes der Conceſſionen erzeugte dann die Nothwendigkeit geſetzlich für alle Bahnen gül- tige Betriebsordnungen aufzuſtellen (die Railw. Comp. Powers Act) und die Bauordnung gleichförmig zu machen (die Railw. Construction Facilities Act) 1858, 27. 28. Vict. 120 und 121. Die Railw. Comp. Securities Act 1866 ſchreibt die halbjährliche Angabe über die Anlehen und Schulden der Bahnen bei der Regiſtratur der Joint Stock Companies vor; die neueſte Betriebsordnung iſt dann die Bill von 1868 (31. 32. Vict. 119). S. Report der Royal Com- mission on Railways 1867. p. I—CXXVI und die Minutes of evidence (Ver- nehmungen) vom März 1865 bis Mai 1866 S. 1—889.

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/236>, abgerufen am 28.11.2024.