den Einzelnen aus der Verpflichtung entstehen, das Postregal sich für ihre Anforderungen zu unterwerfen. Die Hauptmomente dieser Post- pflicht sind die Pflicht zur Aufnahme und wirklichen Beförderung der Objekte des Postregals, die Innehaltung der Lieferzeit, und endlich das Postgarantiesystem als Haftungsrecht der Post für die ihr übergebenen Briefe und Güter. Dieses Garantiesystem hat zur Aufgabe, erstlich die Haftung für den einfachen Brief, dann für die ihm gleichstehenden Sendungen (Zeitungen, Muster etc.), dann diejenige für rekommandirte und Werthbriefe zu bestimmen. Das einfachste ist freilich, wenn die Postgesetzgebung die erste überhaupt abweist, die zweite nur nach einseitig von ihr bestimmten Tarifen anerkennt, während sie für Lieferungszeit etc. gar keine Haftung übernimmt. So hat sich das gegenwärtige System gebildet, daß sie unbedingt für ihren Postbetrieb das Verordnungs- und Verfügungsrecht hat, ohne daß aber mit dem Inhalt einmal erlassener gültiger Verordnungen auch das Klagerecht der Einzelnen gegen die Post verbunden wäre, was aber um so mehr eintreten sollte, als eben jenes Verordnungsrecht der Post die Möglichkeit gibt, sich selber die Bedingungen ihrer Haf- tung vorzuschreiben. Auch hier ist daher eine Postgesetzgebung als Grundlage der Postverordnungen im höchsten Grade wünschenswerth und nothwendig.
3) Das Poststrafrecht enthält seinerseits die Strafbestimmungen für die Verletzung des Postregals; auch diese können und sollen nur als Gesetze erlassen werden. Es ist natürlich, daß das Poststrafrecht in dem Maße verschwindet, in welcher die freie Concurrenz der Privat- unternehmungen neben dem staatlichen Postbetrieb zugelassen wird.
4) Das Postnothrecht endlich ist das Recht des Postbetriebes im Falle elementarer Gefährdung des Postbetriebes die Einzelnen zu zwingen, der Post Hülfe zu leisten, oder ihren Betrieb auch auf eigenem Grund und Boden zuzulassen. Die Entschädigung bleibt hier wie bei dem Staatsnothrecht überhaupt vorbehalten. Die Befreiung von Wegeabgaben u. s. w. ist jedoch eigentlich durch die admini- strative Natur der Post begründet.
Eine systematische Behandlung des Postregals vom Standpunkt der obigen einzelnen Punkte mangelt. In der That haben sich namentlich die Begriffe der Posthaftung erst in unserem Jahrhundert entwickelt und bilden jetzt zum Theil ein völliges und eingreifendes System von Rechtssätzen. Die Frage nach dem Postzwang erscheint erst im vorigen Jahrhundert als Gegenstand der Gesetzgebung, indem der Zweifel Platz greift, ob überhaupt das Postregal ver- nünftig und berechtigt sei. (Vergl. über den Standpunkt der Mitte des vorigen Jahrhunderts in dieser Beziehung Justi, Polizeiwissenschaft 4. Bd. 16. Hauptst.
den Einzelnen aus der Verpflichtung entſtehen, das Poſtregal ſich für ihre Anforderungen zu unterwerfen. Die Hauptmomente dieſer Poſt- pflicht ſind die Pflicht zur Aufnahme und wirklichen Beförderung der Objekte des Poſtregals, die Innehaltung der Lieferzeit, und endlich das Poſtgarantieſyſtem als Haftungsrecht der Poſt für die ihr übergebenen Briefe und Güter. Dieſes Garantieſyſtem hat zur Aufgabe, erſtlich die Haftung für den einfachen Brief, dann für die ihm gleichſtehenden Sendungen (Zeitungen, Muſter ꝛc.), dann diejenige für rekommandirte und Werthbriefe zu beſtimmen. Das einfachſte iſt freilich, wenn die Poſtgeſetzgebung die erſte überhaupt abweist, die zweite nur nach einſeitig von ihr beſtimmten Tarifen anerkennt, während ſie für Lieferungszeit ꝛc. gar keine Haftung übernimmt. So hat ſich das gegenwärtige Syſtem gebildet, daß ſie unbedingt für ihren Poſtbetrieb das Verordnungs- und Verfügungsrecht hat, ohne daß aber mit dem Inhalt einmal erlaſſener gültiger Verordnungen auch das Klagerecht der Einzelnen gegen die Poſt verbunden wäre, was aber um ſo mehr eintreten ſollte, als eben jenes Verordnungsrecht der Poſt die Möglichkeit gibt, ſich ſelber die Bedingungen ihrer Haf- tung vorzuſchreiben. Auch hier iſt daher eine Poſtgeſetzgebung als Grundlage der Poſtverordnungen im höchſten Grade wünſchenswerth und nothwendig.
3) Das Poſtſtrafrecht enthält ſeinerſeits die Strafbeſtimmungen für die Verletzung des Poſtregals; auch dieſe können und ſollen nur als Geſetze erlaſſen werden. Es iſt natürlich, daß das Poſtſtrafrecht in dem Maße verſchwindet, in welcher die freie Concurrenz der Privat- unternehmungen neben dem ſtaatlichen Poſtbetrieb zugelaſſen wird.
4) Das Poſtnothrecht endlich iſt das Recht des Poſtbetriebes im Falle elementarer Gefährdung des Poſtbetriebes die Einzelnen zu zwingen, der Poſt Hülfe zu leiſten, oder ihren Betrieb auch auf eigenem Grund und Boden zuzulaſſen. Die Entſchädigung bleibt hier wie bei dem Staatsnothrecht überhaupt vorbehalten. Die Befreiung von Wegeabgaben u. ſ. w. iſt jedoch eigentlich durch die admini- ſtrative Natur der Poſt begründet.
Eine ſyſtematiſche Behandlung des Poſtregals vom Standpunkt der obigen einzelnen Punkte mangelt. In der That haben ſich namentlich die Begriffe der Poſthaftung erſt in unſerem Jahrhundert entwickelt und bilden jetzt zum Theil ein völliges und eingreifendes Syſtem von Rechtsſätzen. Die Frage nach dem Poſtzwang erſcheint erſt im vorigen Jahrhundert als Gegenſtand der Geſetzgebung, indem der Zweifel Platz greift, ob überhaupt das Poſtregal ver- nünftig und berechtigt ſei. (Vergl. über den Standpunkt der Mitte des vorigen Jahrhunderts in dieſer Beziehung Juſti, Polizeiwiſſenſchaft 4. Bd. 16. Hauptſt.
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der Objekte des Poſtregals, die Innehaltung der Lieferzeit, und
endlich das Poſtgarantieſyſtem als Haftungsrecht der Poſt für die
ihr übergebenen Briefe und Güter. Dieſes Garantieſyſtem hat zur
Aufgabe, erſtlich die Haftung für den einfachen Brief, dann für die
ihm gleichſtehenden Sendungen (Zeitungen, Muſter ꝛc.), dann diejenige
für rekommandirte und Werthbriefe zu beſtimmen. Das einfachſte
iſt freilich, wenn die Poſtgeſetzgebung die erſte überhaupt abweist,
die zweite nur nach einſeitig von ihr beſtimmten Tarifen anerkennt,
während ſie für Lieferungszeit ꝛc. gar keine Haftung übernimmt. So
hat ſich das gegenwärtige Syſtem gebildet, daß ſie unbedingt für ihren
Poſtbetrieb das Verordnungs- und Verfügungsrecht hat, ohne
daß aber mit dem Inhalt einmal erlaſſener gültiger Verordnungen auch
das Klagerecht der Einzelnen gegen die Poſt verbunden wäre, was
aber um ſo mehr eintreten ſollte, als eben jenes Verordnungsrecht
der Poſt die Möglichkeit gibt, ſich ſelber die Bedingungen ihrer Haf-
tung vorzuſchreiben. Auch hier iſt daher eine Poſtgeſetzgebung als
Grundlage der Poſtverordnungen im höchſten Grade wünſchenswerth
und nothwendig.
3) Das Poſtſtrafrecht enthält ſeinerſeits die Strafbeſtimmungen
für die Verletzung des Poſtregals; auch dieſe können und ſollen nur
als Geſetze erlaſſen werden. Es iſt natürlich, daß das Poſtſtrafrecht
in dem Maße verſchwindet, in welcher die freie Concurrenz der Privat-
unternehmungen neben dem ſtaatlichen Poſtbetrieb zugelaſſen wird.
4) Das Poſtnothrecht endlich iſt das Recht des Poſtbetriebes
im Falle elementarer Gefährdung des Poſtbetriebes die Einzelnen zu
zwingen, der Poſt Hülfe zu leiſten, oder ihren Betrieb auch auf
eigenem Grund und Boden zuzulaſſen. Die Entſchädigung bleibt hier
wie bei dem Staatsnothrecht überhaupt vorbehalten. Die Befreiung
von Wegeabgaben u. ſ. w. iſt jedoch eigentlich durch die admini-
ſtrative Natur der Poſt begründet.
Eine ſyſtematiſche Behandlung des Poſtregals vom Standpunkt der obigen
einzelnen Punkte mangelt. In der That haben ſich namentlich die Begriffe
der Poſthaftung erſt in unſerem Jahrhundert entwickelt und bilden jetzt zum
Theil ein völliges und eingreifendes Syſtem von Rechtsſätzen. Die Frage nach
dem Poſtzwang erſcheint erſt im vorigen Jahrhundert als Gegenſtand der
Geſetzgebung, indem der Zweifel Platz greift, ob überhaupt das Poſtregal ver-
nünftig und berechtigt ſei. (Vergl. über den Standpunkt der Mitte des vorigen
Jahrhunderts in dieſer Beziehung Juſti, Polizeiwiſſenſchaft 4. Bd. 16. Hauptſt.
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/231>, abgerufen am 28.11.2024.
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