einerseits des Schiffes und andererseits der Mannschaft zu einem ganzen System von Bestimmungen aus, die dann bis auf die neueste Zeit beibehalten werden. Beide Systeme der direkten und indirekten Prohi- bition werden dann seit dem achtzehnten Jahrhundert schrittweise ge- mildert und abgeschwächt durch die Handels- und Schifffahrts- verträge, deren Basis fast immer die Gegenseitigkeit in dem Erlaß der Differentialabgaben ("Gleichstellung mit den meist begünstigten Nationen") ist; nur in dem System der Küstenschifffahrt (Cabotage) bleibt die Ausschließung des Fremden bestehen, und auch das nur für einzelne Länder. So geht die Entwicklung auf diesem Gebiete der Frei- heit des Verkehrs entgegen, und der Schwerpunkt der Verwaltung fällt mit unserem Jahrhundert in das Gebiet des zweiten folgenden Theiles.
B. Die Förderung der Schifffahrt beginnt allerdings auch hier mit dem Versuch, durch Belohnungen aufzumuntern, der jedoch bald verschwindet und in vielen Ländern gar nicht Platz greift. Anstatt derselben entwickelt sich allmählig aber sicher ein System von Anstalten, deren Grundlage mehr und mehr der einzig richtige Gedanke ist, daß die Verwaltung nie die Sache selbst, sondern nur die Bedingungen ihrer Entwicklung zu geben hat. Jeder der Theile dieses Systems hat nun wieder seine Geschichte und seine Ordnung: die wesentlichen sind folgende.
Zuerst haben die Verwaltungen des Continents in den Navi- gationsschulen ein Fachbildungssystem hergestellt, und zugleich die letzteren in der Form von Zeugnissen (Patenten) zur rechtlichen Bedin- gung der Schiffsführung gemacht (Steuermannsexamen; Patente für kurze und lange Fahrt etc.) -- Zweitens beziehen sich die öffent- lichen Einrichtungen auf Hülfsanstalten für die Fahrt der Schiffe, je mit eigener Ordnung; Lootsenwesen, Leuchtfeuer und Thürme; Baken- wesen. -- Drittens entstehen Hülfsanstalten und Ordnungen theils für die elementaren Seegefahren, Rettungsanstalten u. s. w.; theils für erwerbsunfähig gewordene Seeleute in den Marinehospitälern. -- Viertens endlich ist die eigentliche Schifffahrtspolizei syste- matisch entwickelt, und zwar wieder theils für die Fahrten in den ge- setzlich sanktionirten Signalordnungen, theils für die Häfen in den Hafenordnungen, theils für die Dampfschifffahrt in der Polizei der Dampfmaschine, theils endlich für Mannschaft und Passagiere in der Ueberwachung der Proviantvorräthe und der Pflicht zur Auf- stellung von Schiffsärzten. Für die Vollziehung dieser Anordnungen, sowie überhaupt für thätige Ausführung der Schifffahrtsverwaltung sind eigene Organe geschaffen; die Vertretung der Interessen der Schifffahrt in fremden Häfen ist einem sehr ausgebildeten Consulat-
Stein, Handbuch der Verwaltungslehre. 13
einerſeits des Schiffes und andererſeits der Mannſchaft zu einem ganzen Syſtem von Beſtimmungen aus, die dann bis auf die neueſte Zeit beibehalten werden. Beide Syſteme der direkten und indirekten Prohi- bition werden dann ſeit dem achtzehnten Jahrhundert ſchrittweiſe ge- mildert und abgeſchwächt durch die Handels- und Schifffahrts- verträge, deren Baſis faſt immer die Gegenſeitigkeit in dem Erlaß der Differentialabgaben („Gleichſtellung mit den meiſt begünſtigten Nationen“) iſt; nur in dem Syſtem der Küſtenſchifffahrt (Cabotage) bleibt die Ausſchließung des Fremden beſtehen, und auch das nur für einzelne Länder. So geht die Entwicklung auf dieſem Gebiete der Frei- heit des Verkehrs entgegen, und der Schwerpunkt der Verwaltung fällt mit unſerem Jahrhundert in das Gebiet des zweiten folgenden Theiles.
B. Die Förderung der Schifffahrt beginnt allerdings auch hier mit dem Verſuch, durch Belohnungen aufzumuntern, der jedoch bald verſchwindet und in vielen Ländern gar nicht Platz greift. Anſtatt derſelben entwickelt ſich allmählig aber ſicher ein Syſtem von Anſtalten, deren Grundlage mehr und mehr der einzig richtige Gedanke iſt, daß die Verwaltung nie die Sache ſelbſt, ſondern nur die Bedingungen ihrer Entwicklung zu geben hat. Jeder der Theile dieſes Syſtems hat nun wieder ſeine Geſchichte und ſeine Ordnung: die weſentlichen ſind folgende.
Zuerſt haben die Verwaltungen des Continents in den Navi- gationsſchulen ein Fachbildungsſyſtem hergeſtellt, und zugleich die letzteren in der Form von Zeugniſſen (Patenten) zur rechtlichen Bedin- gung der Schiffsführung gemacht (Steuermannsexamen; Patente für kurze und lange Fahrt ꝛc.) — Zweitens beziehen ſich die öffent- lichen Einrichtungen auf Hülfsanſtalten für die Fahrt der Schiffe, je mit eigener Ordnung; Lootſenweſen, Leuchtfeuer und Thürme; Baken- weſen. — Drittens entſtehen Hülfsanſtalten und Ordnungen theils für die elementaren Seegefahren, Rettungsanſtalten u. ſ. w.; theils für erwerbsunfähig gewordene Seeleute in den Marinehoſpitälern. — Viertens endlich iſt die eigentliche Schifffahrtspolizei ſyſte- matiſch entwickelt, und zwar wieder theils für die Fahrten in den ge- ſetzlich ſanktionirten Signalordnungen, theils für die Häfen in den Hafenordnungen, theils für die Dampfſchifffahrt in der Polizei der Dampfmaſchine, theils endlich für Mannſchaft und Paſſagiere in der Ueberwachung der Proviantvorräthe und der Pflicht zur Auf- ſtellung von Schiffsärzten. Für die Vollziehung dieſer Anordnungen, ſowie überhaupt für thätige Ausführung der Schifffahrtsverwaltung ſind eigene Organe geſchaffen; die Vertretung der Intereſſen der Schifffahrt in fremden Häfen iſt einem ſehr ausgebildeten Conſulat-
Stein, Handbuch der Verwaltungslehre. 13
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einerſeits des Schiffes und andererſeits der Mannſchaft zu einem ganzen
Syſtem von Beſtimmungen aus, die dann bis auf die neueſte Zeit
beibehalten werden. Beide Syſteme der direkten und indirekten Prohi-
bition werden dann ſeit dem achtzehnten Jahrhundert ſchrittweiſe ge-
mildert und abgeſchwächt durch die Handels- und Schifffahrts-
verträge, deren Baſis faſt immer die Gegenſeitigkeit in dem Erlaß
der Differentialabgaben („Gleichſtellung mit den meiſt begünſtigten
Nationen“) iſt; nur in dem Syſtem der Küſtenſchifffahrt (Cabotage)
bleibt die Ausſchließung des Fremden beſtehen, und auch das nur für
einzelne Länder. So geht die Entwicklung auf dieſem Gebiete der Frei-
heit des Verkehrs entgegen, und der Schwerpunkt der Verwaltung fällt
mit unſerem Jahrhundert in das Gebiet des zweiten folgenden Theiles.
B. Die Förderung der Schifffahrt beginnt allerdings auch hier
mit dem Verſuch, durch Belohnungen aufzumuntern, der jedoch bald
verſchwindet und in vielen Ländern gar nicht Platz greift. Anſtatt
derſelben entwickelt ſich allmählig aber ſicher ein Syſtem von Anſtalten,
deren Grundlage mehr und mehr der einzig richtige Gedanke iſt, daß
die Verwaltung nie die Sache ſelbſt, ſondern nur die Bedingungen
ihrer Entwicklung zu geben hat. Jeder der Theile dieſes Syſtems hat
nun wieder ſeine Geſchichte und ſeine Ordnung: die weſentlichen ſind
folgende.
Zuerſt haben die Verwaltungen des Continents in den Navi-
gationsſchulen ein Fachbildungsſyſtem hergeſtellt, und zugleich die
letzteren in der Form von Zeugniſſen (Patenten) zur rechtlichen Bedin-
gung der Schiffsführung gemacht (Steuermannsexamen; Patente
für kurze und lange Fahrt ꝛc.) — Zweitens beziehen ſich die öffent-
lichen Einrichtungen auf Hülfsanſtalten für die Fahrt der Schiffe, je
mit eigener Ordnung; Lootſenweſen, Leuchtfeuer und Thürme; Baken-
weſen. — Drittens entſtehen Hülfsanſtalten und Ordnungen theils
für die elementaren Seegefahren, Rettungsanſtalten u. ſ. w.; theils
für erwerbsunfähig gewordene Seeleute in den Marinehoſpitälern.
— Viertens endlich iſt die eigentliche Schifffahrtspolizei ſyſte-
matiſch entwickelt, und zwar wieder theils für die Fahrten in den ge-
ſetzlich ſanktionirten Signalordnungen, theils für die Häfen in
den Hafenordnungen, theils für die Dampfſchifffahrt in der Polizei
der Dampfmaſchine, theils endlich für Mannſchaft und Paſſagiere
in der Ueberwachung der Proviantvorräthe und der Pflicht zur Auf-
ſtellung von Schiffsärzten. Für die Vollziehung dieſer Anordnungen,
ſowie überhaupt für thätige Ausführung der Schifffahrtsverwaltung
ſind eigene Organe geſchaffen; die Vertretung der Intereſſen der
Schifffahrt in fremden Häfen iſt einem ſehr ausgebildeten Conſulat-
Stein, Handbuch der Verwaltungslehre. 13
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/217>, abgerufen am 29.11.2024.
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