3) Die Wegelast als Summe der Leistungen für die Herstellung der Wege hat sich dadurch organisirt, daß eben durch sie aus dem ur- sprünglich rein rechtlichen System der Reichs-(Heer)straßen, Land- straßen und Gemeindewege ein System der Wegeverwaltung mit dem Princip der Verpflichtung zur Herstellung brauchbarer Wege geworden ist. Die Verwirklichung dieses Princips hatte nun die Classi- fikation der Wege für diesen Zweck zur Voraussetzung und zwar in der Weise, daß Wegelasten und Wegeeinnahmen je nach der Classe des Weges dem Staate, dem Lande, der Gemeinde, oder gemeinschaftlich beiden zufallen und in dieser Beziehung ist Frankreich mit seiner for- malen Eintheilung das Muster geworden. In Deutschland hat sich dagegen noch vielfach leider das aus dem grundherrlichen Wegewesen entstandene Recht der Wegefrohnden erhalten. Daran hat sich dann das System der Unterstützung der Gemeinden aus Staatsmitteln für den Wegebau gebildet, mit Unrecht von Adam Smith (V. B.) gänzlich verurtheilt, und ebenso mit Unrecht von Say unbedingt ver- treten, dem in oft unklarer Weise die deutsche Literatur zu sehr gefolgt ist. Das Richtige liegt offenbar darin, daß bei guter Classifika- tion die Unterstützung nur Ausnahme sein kann, dann aber ein- treten soll.
Der Wegelast gegenüber steht dann das System der Wegeab- gaben oder der Mauth als ein Theil des Gebührensystems. Die Wegeabgaben sind gerechtfertigt, wenn sie zur Herstellung der Wege wirklich benützt werden. Bei Brücken sind sie an sich immer richtig, wenn sie auch nicht immer durchführbar sind. -- Das Recht auf Wege- abgaben für die Benützung von Wegen und Brücken, welche Private erbauen, ist begründet, bedarf aber der Zustimmung der Behörde. Die Form der Erhebung ist am besten die Verpachtung; die Straßenmauthen gehören in Princip und Ausführung der Selbst- verwaltung.
Die einzige systematische Sammlung für Preußen: Rönne, Wegepolizei vergl. dessen Staatsrecht §. 415--418. Das Preuß. Allgem. Landrecht II. 15 ist mit all seinen Mängeln und Unklarheiten noch immer die Grundlage des Wegerechts und hat zuerst das Princip ausgesprochen, daß alle Orte mit öffentlichen Wegen verbunden sein sollen. Die Classifikation als Grundlage der einheitlichen Verwaltung fehlt. Zerstreute Angaben bei Mayer, Verwal- tungsrecht (bayerische Verordnung vom 18. Febr. 1835); Kunststraßenordnung (kurhessische Verordnung von 1858, S. 171--174); Pözl, bayerisches Ver- waltungsrecht §. 166. 167; Mohl, württembergisches Verwaltungsrecht II. §. 116 (Straßenbauinspektion) und §. 246 (Verwaltung); Römer, kursächsisches Staats- recht II. 807; Weiß, sächsisches Staatsrecht II. 191. Ueber die frühere Literatur s. Klüber, Literatur S. 426. Neuere für Frankreich: Mohl, Literatur
3) Die Wegelaſt als Summe der Leiſtungen für die Herſtellung der Wege hat ſich dadurch organiſirt, daß eben durch ſie aus dem ur- ſprünglich rein rechtlichen Syſtem der Reichs-(Heer)ſtraßen, Land- ſtraßen und Gemeindewege ein Syſtem der Wegeverwaltung mit dem Princip der Verpflichtung zur Herſtellung brauchbarer Wege geworden iſt. Die Verwirklichung dieſes Princips hatte nun die Claſſi- fikation der Wege für dieſen Zweck zur Vorausſetzung und zwar in der Weiſe, daß Wegelaſten und Wegeeinnahmen je nach der Claſſe des Weges dem Staate, dem Lande, der Gemeinde, oder gemeinſchaftlich beiden zufallen und in dieſer Beziehung iſt Frankreich mit ſeiner for- malen Eintheilung das Muſter geworden. In Deutſchland hat ſich dagegen noch vielfach leider das aus dem grundherrlichen Wegeweſen entſtandene Recht der Wegefrohnden erhalten. Daran hat ſich dann das Syſtem der Unterſtützung der Gemeinden aus Staatsmitteln für den Wegebau gebildet, mit Unrecht von Adam Smith (V. B.) gänzlich verurtheilt, und ebenſo mit Unrecht von Say unbedingt ver- treten, dem in oft unklarer Weiſe die deutſche Literatur zu ſehr gefolgt iſt. Das Richtige liegt offenbar darin, daß bei guter Claſſifika- tion die Unterſtützung nur Ausnahme ſein kann, dann aber ein- treten ſoll.
Der Wegelaſt gegenüber ſteht dann das Syſtem der Wegeab- gaben oder der Mauth als ein Theil des Gebührenſyſtems. Die Wegeabgaben ſind gerechtfertigt, wenn ſie zur Herſtellung der Wege wirklich benützt werden. Bei Brücken ſind ſie an ſich immer richtig, wenn ſie auch nicht immer durchführbar ſind. — Das Recht auf Wege- abgaben für die Benützung von Wegen und Brücken, welche Private erbauen, iſt begründet, bedarf aber der Zuſtimmung der Behörde. Die Form der Erhebung iſt am beſten die Verpachtung; die Straßenmauthen gehören in Princip und Ausführung der Selbſt- verwaltung.
Die einzige ſyſtematiſche Sammlung für Preußen: Rönne, Wegepolizei vergl. deſſen Staatsrecht §. 415—418. Das Preuß. Allgem. Landrecht II. 15 iſt mit all ſeinen Mängeln und Unklarheiten noch immer die Grundlage des Wegerechts und hat zuerſt das Princip ausgeſprochen, daß alle Orte mit öffentlichen Wegen verbunden ſein ſollen. Die Claſſifikation als Grundlage der einheitlichen Verwaltung fehlt. Zerſtreute Angaben bei Mayer, Verwal- tungsrecht (bayeriſche Verordnung vom 18. Febr. 1835); Kunſtſtraßenordnung (kurheſſiſche Verordnung von 1858, S. 171—174); Pözl, bayeriſches Ver- waltungsrecht §. 166. 167; Mohl, württembergiſches Verwaltungsrecht II. §. 116 (Straßenbauinſpektion) und §. 246 (Verwaltung); Römer, kurſächſiſches Staats- recht II. 807; Weiß, ſächſiſches Staatsrecht II. 191. Ueber die frühere Literatur ſ. Klüber, Literatur S. 426. Neuere für Frankreich: Mohl, Literatur
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3) Die Wegelaſt als Summe der Leiſtungen für die Herſtellung
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ſprünglich rein rechtlichen Syſtem der Reichs-(Heer)ſtraßen, Land-
ſtraßen und Gemeindewege ein Syſtem der Wegeverwaltung mit
dem Princip der Verpflichtung zur Herſtellung brauchbarer Wege
geworden iſt. Die Verwirklichung dieſes Princips hatte nun die Claſſi-
fikation der Wege für dieſen Zweck zur Vorausſetzung und zwar in
der Weiſe, daß Wegelaſten und Wegeeinnahmen je nach der Claſſe des
Weges dem Staate, dem Lande, der Gemeinde, oder gemeinſchaftlich
beiden zufallen und in dieſer Beziehung iſt Frankreich mit ſeiner for-
malen Eintheilung das Muſter geworden. In Deutſchland hat ſich
dagegen noch vielfach leider das aus dem grundherrlichen Wegeweſen
entſtandene Recht der Wegefrohnden erhalten. Daran hat ſich dann
das Syſtem der Unterſtützung der Gemeinden aus Staatsmitteln
für den Wegebau gebildet, mit Unrecht von Adam Smith (V. B.)
gänzlich verurtheilt, und ebenſo mit Unrecht von Say unbedingt ver-
treten, dem in oft unklarer Weiſe die deutſche Literatur zu ſehr gefolgt
iſt. Das Richtige liegt offenbar darin, daß bei guter Claſſifika-
tion die Unterſtützung nur Ausnahme ſein kann, dann aber ein-
treten ſoll.
Der Wegelaſt gegenüber ſteht dann das Syſtem der Wegeab-
gaben oder der Mauth als ein Theil des Gebührenſyſtems. Die
Wegeabgaben ſind gerechtfertigt, wenn ſie zur Herſtellung der Wege
wirklich benützt werden. Bei Brücken ſind ſie an ſich immer richtig,
wenn ſie auch nicht immer durchführbar ſind. — Das Recht auf Wege-
abgaben für die Benützung von Wegen und Brücken, welche Private
erbauen, iſt begründet, bedarf aber der Zuſtimmung der Behörde.
Die Form der Erhebung iſt am beſten die Verpachtung; die
Straßenmauthen gehören in Princip und Ausführung der Selbſt-
verwaltung.
Die einzige ſyſtematiſche Sammlung für Preußen: Rönne, Wegepolizei
vergl. deſſen Staatsrecht §. 415—418. Das Preuß. Allgem. Landrecht II. 15
iſt mit all ſeinen Mängeln und Unklarheiten noch immer die Grundlage des
Wegerechts und hat zuerſt das Princip ausgeſprochen, daß alle Orte mit
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der einheitlichen Verwaltung fehlt. Zerſtreute Angaben bei Mayer, Verwal-
tungsrecht (bayeriſche Verordnung vom 18. Febr. 1835); Kunſtſtraßenordnung
(kurheſſiſche Verordnung von 1858, S. 171—174); Pözl, bayeriſches Ver-
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ſ. Klüber, Literatur S. 426. Neuere für Frankreich: Mohl, Literatur
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/209>, abgerufen am 04.12.2024.
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