Princip der Allgemeinheit derselben, welche ihre Benützung jedem zugänglich macht; und das Princip der volkswirthschaftlichen Entwick- lung erzeugt den Grundsatz der vollen Gleichheit und Freiheit in der Benützung derselben für jeden Einzelnen. Diese leitenden obersten Grundsätze erscheinen nun in jedem Theile wieder und das höhere Wesen jedes dieser Theile ist eben die gleichmäßigere Geltendmachung jener Grundsätze für jeden der großen Zweige des Verkehrswesens, deren organische Einheit das System des letzteren bildet.
Charakter der staatswissenschaftlichen Literatur: Zersplitterung in einzelne Gebiete, theils in die Finanzwissenschaft, theils in die Volkswirthschaftspflege, wo sie meist, wie bei Rau und Roscher, nur in ihrer Verbindung mit der Landwirthschaft dargestellt werden. Nur die Polizeiwissenschaft (Mohl) hält die Idee der Selbständigkeit fest, ohne jedoch zu einem System zu gelangen. Da- neben ausgezeichnete Einzelarbeiten, die jedoch entweder nur den volkswirth- schaftlichen oder den technischen Standpunkt durchführen. Aufgabe: die einheitliche Idee der Verwaltung für das Ganze zur Geltung zu bringen.
III. Das öffentliche und das bürgerliche Verwaltungsrecht des Verkehrswesens.
Die Verwirklichung dieser großen Principien, die als eines der wichtigsten Resultate der neueren Staatengeschichte betrachtet werden müssen, hat nun zwei Grundformen.
Die erste entsteht dadurch, daß der Staat selbst die Bedingungen des Verkehrs durch seine Thätigkeit herstellt und dann die Benützung dieser Bedingungen durch die Einzelnen im Gesammtinteresse rechtlich ordnet. Das nun wird vollzogen durch alle drei Organe der voll- ziehenden Gewalt zugleich, und zwar im Großen und Ganzen der Natur derselben entsprechend in der Weise, daß die Gesetzgebung die leiten- den Principien gibt, die Regierung die Einheit und Gleichheit in dem vielfältigen Organismus des Verkehrswesens aufrecht hält, die Selbstverwaltung die örtlich begränzte Ausführung übernimmt und das Vereinswesen da eintritt, wo es sich um einzelne bestimmte Aufgaben und Zwecke handelt. Die öffentlich rechtlichen Bestimmungen, nach denen jedes dieser Organe das Verkehrswesen innerhalb seines Gebietes ordnet, bildet dann das öffentliche Verkehrsrecht. Jeder Theil desselben hat daher erstlich sein System, dann seinen Organismus und endlich wieder seine Geschichte, und es ist Sache der Wissenschaft, den unendlich reichen Inhalt all dieser Theile in Eins zusammenzufassen, während eine Codifikation schon für die einzelnen Gebiete schwierig, für das Ganze aber unmöglich erscheint. Dieß nun hat das Folgende zu zeigen.
Stein, Handbuch der Verwaltungslehre. 12
Princip der Allgemeinheit derſelben, welche ihre Benützung jedem zugänglich macht; und das Princip der volkswirthſchaftlichen Entwick- lung erzeugt den Grundſatz der vollen Gleichheit und Freiheit in der Benützung derſelben für jeden Einzelnen. Dieſe leitenden oberſten Grundſätze erſcheinen nun in jedem Theile wieder und das höhere Weſen jedes dieſer Theile iſt eben die gleichmäßigere Geltendmachung jener Grundſätze für jeden der großen Zweige des Verkehrsweſens, deren organiſche Einheit das Syſtem des letzteren bildet.
Charakter der ſtaatswiſſenſchaftlichen Literatur: Zerſplitterung in einzelne Gebiete, theils in die Finanzwiſſenſchaft, theils in die Volkswirthſchaftspflege, wo ſie meiſt, wie bei Rau und Roſcher, nur in ihrer Verbindung mit der Landwirthſchaft dargeſtellt werden. Nur die Polizeiwiſſenſchaft (Mohl) hält die Idee der Selbſtändigkeit feſt, ohne jedoch zu einem Syſtem zu gelangen. Da- neben ausgezeichnete Einzelarbeiten, die jedoch entweder nur den volkswirth- ſchaftlichen oder den techniſchen Standpunkt durchführen. Aufgabe: die einheitliche Idee der Verwaltung für das Ganze zur Geltung zu bringen.
III. Das öffentliche und das bürgerliche Verwaltungsrecht des Verkehrsweſens.
Die Verwirklichung dieſer großen Principien, die als eines der wichtigſten Reſultate der neueren Staatengeſchichte betrachtet werden müſſen, hat nun zwei Grundformen.
Die erſte entſteht dadurch, daß der Staat ſelbſt die Bedingungen des Verkehrs durch ſeine Thätigkeit herſtellt und dann die Benützung dieſer Bedingungen durch die Einzelnen im Geſammtintereſſe rechtlich ordnet. Das nun wird vollzogen durch alle drei Organe der voll- ziehenden Gewalt zugleich, und zwar im Großen und Ganzen der Natur derſelben entſprechend in der Weiſe, daß die Geſetzgebung die leiten- den Principien gibt, die Regierung die Einheit und Gleichheit in dem vielfältigen Organismus des Verkehrsweſens aufrecht hält, die Selbſtverwaltung die örtlich begränzte Ausführung übernimmt und das Vereinsweſen da eintritt, wo es ſich um einzelne beſtimmte Aufgaben und Zwecke handelt. Die öffentlich rechtlichen Beſtimmungen, nach denen jedes dieſer Organe das Verkehrsweſen innerhalb ſeines Gebietes ordnet, bildet dann das öffentliche Verkehrsrecht. Jeder Theil deſſelben hat daher erſtlich ſein Syſtem, dann ſeinen Organismus und endlich wieder ſeine Geſchichte, und es iſt Sache der Wiſſenſchaft, den unendlich reichen Inhalt all dieſer Theile in Eins zuſammenzufaſſen, während eine Codifikation ſchon für die einzelnen Gebiete ſchwierig, für das Ganze aber unmöglich erſcheint. Dieß nun hat das Folgende zu zeigen.
Stein, Handbuch der Verwaltungslehre. 12
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Grundſätze erſcheinen nun in jedem Theile wieder und das höhere
Weſen jedes dieſer Theile iſt eben die gleichmäßigere Geltendmachung
jener Grundſätze für jeden der großen Zweige des Verkehrsweſens,
deren organiſche Einheit das Syſtem des letzteren bildet.
Charakter der ſtaatswiſſenſchaftlichen Literatur: Zerſplitterung in einzelne
Gebiete, theils in die Finanzwiſſenſchaft, theils in die Volkswirthſchaftspflege,
wo ſie meiſt, wie bei Rau und Roſcher, nur in ihrer Verbindung mit der
Landwirthſchaft dargeſtellt werden. Nur die Polizeiwiſſenſchaft (Mohl) hält die
Idee der Selbſtändigkeit feſt, ohne jedoch zu einem Syſtem zu gelangen. Da-
neben ausgezeichnete Einzelarbeiten, die jedoch entweder nur den volkswirth-
ſchaftlichen oder den techniſchen Standpunkt durchführen. Aufgabe: die einheitliche
Idee der Verwaltung für das Ganze zur Geltung zu bringen.
III. Das öffentliche und das bürgerliche Verwaltungsrecht des
Verkehrsweſens.
Die Verwirklichung dieſer großen Principien, die als eines der
wichtigſten Reſultate der neueren Staatengeſchichte betrachtet werden
müſſen, hat nun zwei Grundformen.
Die erſte entſteht dadurch, daß der Staat ſelbſt die Bedingungen
des Verkehrs durch ſeine Thätigkeit herſtellt und dann die Benützung
dieſer Bedingungen durch die Einzelnen im Geſammtintereſſe rechtlich
ordnet. Das nun wird vollzogen durch alle drei Organe der voll-
ziehenden Gewalt zugleich, und zwar im Großen und Ganzen der Natur
derſelben entſprechend in der Weiſe, daß die Geſetzgebung die leiten-
den Principien gibt, die Regierung die Einheit und Gleichheit in
dem vielfältigen Organismus des Verkehrsweſens aufrecht hält, die
Selbſtverwaltung die örtlich begränzte Ausführung übernimmt und
das Vereinsweſen da eintritt, wo es ſich um einzelne beſtimmte
Aufgaben und Zwecke handelt. Die öffentlich rechtlichen Beſtimmungen,
nach denen jedes dieſer Organe das Verkehrsweſen innerhalb ſeines
Gebietes ordnet, bildet dann das öffentliche Verkehrsrecht. Jeder
Theil deſſelben hat daher erſtlich ſein Syſtem, dann ſeinen Organismus
und endlich wieder ſeine Geſchichte, und es iſt Sache der Wiſſenſchaft,
den unendlich reichen Inhalt all dieſer Theile in Eins zuſammenzufaſſen,
während eine Codifikation ſchon für die einzelnen Gebiete ſchwierig,
für das Ganze aber unmöglich erſcheint. Dieß nun hat das Folgende
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/201>, abgerufen am 23.02.2025.
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